Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablösung einer Versorgungsordnung. Drei-Stufen-Prüfungsschema. Begriff der sachlich-proportionalen Gründe. Anforderungen an die Substantiierung
Leitsatz (redaktionell)
Zur Änderung einer Versorgungsregelung für noch nicht erdiente, dienstzeitabhängige Zuwächse benötigt der Arbeitgeber sachlich-proportionale Gründe, die dann vorliegen, wenn wirtschaftliche Schwierigkeiten bestehen, auf die ein vernünftiger Unternehmer reagieren darf, und der Eingriff in die betriebliche Altersversorgung in der eingetretenen wirtschaftlichen Situation nicht unverhältnismäßig ist.
Normenkette
BetrAVG § 1 Ablösung, § 2 Abs. 1, 5, § 16
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. Februar 2013 – 4 Sa 96/11 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, nach welcher Versorgungsordnung sich die Ansprüche der Klägerin auf betriebliche Altersversorgung richten.
Die im April 1959 geborene Klägerin ist seit dem 1. Januar 1993 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis begann bei der Nw S Aktiengesellschaft (im Folgenden NWS AG). Bei dieser galt zuletzt die „Betriebsvereinbarung über die Versorgungsordnung der Nw S AG, für vor 01.01.1997 bei der Nw Aktiengesellschaft (NW) eingetretene Betriebsangehörige” vom 12. Dezember 1997 (im Folgenden BV 1997). Diese bestimmt:
Die Nw S AG (NWS) gewährt ihren Betriebsangehörigen, die vor 01.01.1997 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit den NW eingegangen sind, auf Kosten der Gesellschaft eine zusätzliche
Alters-, Invaliditäts- |
und Hinterbliebenenversorgung |
in folgendem Umfang:
§ 1 |
Voraussetzungen des Versorgungsanspruchs |
1. |
Der Versorgungsanspruch entsteht, wenn der unter den jeweils für die NWS geltenden Manteltarifvertrag fallende Betriebsangehörige nach Vollendung des 20. Lebensjahres eine 10jährige ununterbrochene Dienstzeit bei den NWS erreicht hat. In diesem Fall gibt das Unternehmen dem betreffenden Betriebsangehörigen spätestens nach Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die zehnjährige Dienstzeit erfüllt ist, eine entsprechende schriftliche Mitteilung. |
… |
|
§ 2 |
Versorgungsleistungen |
Der Betriebsangehörige bzw. seine Angehörigen haben – vorbehaltlich der Bestimmungen in §§ 7 und 8 Ziffer 2 und 5 – bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Versorgungsanspruch einen Rechtsanspruch auf folgende Leistungen:
Alters- und Invaliditätsversorgung |
(§§ 3, 4), |
Hinterbliebenenversorgung |
(§ 5). |
§ 3 |
Alters- und Invaliditätsversorgung |
- Der versorgungsberechtigte Betriebsangehörige erhält ein Ruhegeld, wenn er in den Ruhestand tritt.
Der Eintritt in den Ruhestand erfolgt:
auf Wunsch der NWS oder des Betriebsangehörigen, wenn der Betriebsangehörige
- das 65. Lebensjahr vollendet hat (feste Altersgrenze) oder
- vor Vollendung des 65. Lebensjahres Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe in Anspruch nimmt
oder
- wenn der Betriebsangehörige infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd unfähig geworden ist, seine bisherige Dienstpflicht voll zu erfüllen, und auch nicht in der Lage ist, andere gleichwertige Leistungen zu erbringen.
Über die Dienstunfähigkeit entscheidet der Vorstand aufgrund des Zeugnisses eines Vertragsarztes. Dienstunfähigkeit liegt aber auf jeden Fall vor, wenn der Betriebsangehörige eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der Sozialversicherung bezieht.
- Das Ruhegeld erlischt mit dem Ende des Monats, in dem die Voraussetzungen für die Gewährung wegfallen, spätestens in dem der Versorgungsberechtigte stirbt. An das Ruhegeld schließt sich bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen die Hinterbliebenenversorgung gemäß § 5 an.
§ 4 |
Höhe und Berechnung des Ruhegeldes |
- Das Ruhegeld beträgt nach Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 monatlich 15 % des letzten ruhegeldberechtigten Einkommens. Es steigert sich für jedes weitere Dienstjahr um 1 %, höchstens jedoch auf insgesamt 40 %.
- Der in der gesetzlichen Rentenversicherung bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente maßgebende Zugangsfaktor wird für das NWS-Ruhegeld übernommen; dies gilt nicht für Betriebsangehörige, die am 01.01.1992 bereits einen Versorgungsanspruch im Sinne des § 1 haben.
Die Gesamtversorgung (Sozialversicherungsrenten, Versorgungsleistungen auf früheren Tätigkeiten und NWS-Ruhegeld) darf 75 % des letzten ruhegeldberechtigten Einkommens nicht übersteigen. Bei Betriebsangehörigen, die am 01.01.1992 bereits einen Versorgungsanspruch im Sinne des § 1 haben, ist die Sozialversicherungsrente dabei immer mit dem Rentenzugangsfaktor 1,0 zu berücksichtigen. Bei der Berechnung der Gesamtversorgung bleiben außer Ansatz:
- der Teil der Sozialversicherungsrente, der auf freiwilligen Beitragszahlungen des Betriebsangehörigen für Zeiten beruht, in denen er wegen Überschreitung der Pflichtversicherungsgrenze nicht beitragspflichtig war;
- der Teil der Sozialversicherungsrente, der auf freiwilligen Höherversicherungsbeiträgen beruht;
- Erhöhung oder Verminderung der Sozialversicherungsrente als Folge eines Versorgungsausgleichs anläßlich einer Ehescheidung;
- Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz.
Der Versorgungsberechtigte ist verpflichtet, seine Ansprüche gegenüber den Sozialversicherungsträgern und den früheren Arbeitgebern rechtzeitig geltend zu machen.
An die Stelle des gemäß lit. a bis c ermittelten Ruhegeldes tritt ein monatliches Ruhegeld nach folgender Staffelung, wenn der sich danach ergebende Betrag höher ist:
Bei einer Dienstzeit von bis zu 34 vollendeten Dienstjahren DM 3,–/Dienstjahr, bei einer Dienstzeit von 35 und mehr vollendeten Dienstjahren DM 4,–/Dienstjahr.
Der Festsetzung des ruhegeldberechtigten Einkommens wird zugrunde gelegt: die tarifliche bzw. außertarifliche Monatsvergütung zuzüglich Umstellungs-, Leistungs- und Familienzulagen.
Sonderzuwendungen bleiben außer Ansatz.
…
§ 5 |
Hinterbliebenenversorgung |
1. |
Nach dem Tode eines versorgungsberechtigten Betriebsangehörigen erhalten seine Angehörigen eine Hinterbliebenenversorgung, die sich aus Witwengeld, Witwergeld und Waisengeld zusammensetzt. |
…” |
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Mit Beschluss der Hauptversammlung von März 2002 gliederte die NWS AG das operative Geschäft in fünf Tochtergesellschaften aus. Diese wurden durch Verschmelzungsverträge auf die jeweiligen Paralleleinzelgesellschaften des E-Konzerns übertragen. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging auf diese Weise zunächst auf die NWS AG & Co. KG über. Im Jahr 2003 folgte der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die E K AG, die eine 100%ige Tochter der Beklagten war. Gegenstand des Unternehmens der Beklagten war bis zum 30. April 2014 „die Leitung einer Gruppe von Unternehmen, die insbesondere in den Wirtschaftszweigen Energieversorgung, Wasserversorgung und Entsorgung tätig sind, und zwar einschließlich Erzeugung bzw. Gewinnung oder Beschaffung, Übertragung und Verteilung bzw. Transport, Vertrieb und Handel sowie der Erbringung von Dienstleistungen in diesen Geschäftsfeldern”. Im E-Konzern war ein Konzernbetriebsrat nicht gebildet. Zwischen der E K AG – als beherrschter Gesellschaft – und der Beklagten – als herrschender Gesellschaft – bestand bis zum 30. April 2014 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Die E K AG wurde als übertragender Rechtsträger aufgrund Verschmelzungsvertrages vom 18. März 2014 im Wege der Verschmelzung zur Aufnahme mit der Beklagten verschmolzen. Die Verschmelzung wurde am 30. April 2014 in das Handelsregister eingetragen.
Die E AG erstellte im Jahr 2003 unter dem Namen „TOP FIT” ein „Ergebnisverbesserungs- und Sparprogramm”, dessen Ziel die konzernweite Einsparung von 1 Mrd. Euro jährlich war, wozu der gesamte Personalbereich mit 350 Mio. Euro beitragen sollte. Auf die betriebliche Altersversorgung sollten 10 Mio. Euro entfallen.
Die E K AG kündigte mit Schreiben vom 23. September 2003 gegenüber dem Gesamtbetriebsrat „sämtliche Regelwerke über betriebliche Altersversorgung”. In anderen konzernangehörigen Gesellschaften gingen die Arbeitgeber vergleichbar vor. Am 26. November 2004 schlossen die Beklagte und ihre Tochtergesellschaften, darunter auch die E K AG, und die bei diesen bestehenden (Gesamt-)Betriebsräte die „Betriebsvereinbarung zur Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung” (im Folgenden BV Neuordnung). Diese lautet auszugsweise:
„Präambel
Am 23.09.2003/19.05.2004 bzw. 30.09.2003/29.06.2004 hatten die Vorstände/Geschäftsführer der Gesellschaften die Betriebsvereinbarungen zur firmenfinanzierten betrieblichen Altersversorgung gekündigt. Zum 01.10.2003/ 02.10.2003 sind die operativen NWS-Gesellschaften auf die spiegelbildlichen E-Gesellschaften verschmolzen worden. …
Im Juni 2004 haben die Verhandlungskommissionen der Gesellschaften der E sowie des Arbeitskreises Energie der Betriebsräte bzw. Gesamtbetriebsräte der E-Gesellschaften Verhandlungen zur Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung aufgenommen. In der Verhandlungsrunde vom 19.07.2004 haben sich die Verhandlungskommissionen auf die nachfolgende Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung geeinigt, durch welche die Wirkungen der Kündigungen zugunsten der betroffenen Mitarbeiter nicht eintreten werden.
Die Verhandlungskommissionen sowie die Parteien dieser Betriebsvereinbarung gehen davon aus, dass mit dieser Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung ein wesentlicher Beitrag zur nachhaltigen Sicherung der Finanzierbarkeit der betrieblichen Versorgungsleistungen im Sinne des Ergebnisverbesserungs-Programms Top-Fit geleistet wird und zugleich die Eingriffe in die bestehenden Versorgungsanwartschaften in moderater und sozial verträglicher Weise erfolgen.
Dies vorausgeschickt regeln die Parteien Folgendes:
A. |
Neuordnung der Anwartschaften nach den einzelnen Ruhegeldordnungen (RO) |
… |
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9. |
Gesamtbetriebsvereinbarung vom 12.12.1997 über die Versorgungsordnung der Nw S AG für vor 01.01.1997 bei der Nw Aktiengesellschaft (NW) eingetretene Betriebsangehörige |
9.1 |
Die Wirkungen der Kündigung vom 23.09.2003/ 19.05.2004 (dort Buchstabe C) werden einvernehmlich zum 31.12.2004 nicht eintreten. |
9.2 |
Statt dessen werden die Anwartschaften der nach der oben genannten Betriebsvereinbarung berechtigten Mitarbeiter für die Zukunft wie folgt von der Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung abgekoppelt: |
9.2.1 |
Für jeden nach der oben genannten Betriebsvereinbarung berechtigten Mitarbeiter erfolgt eine Berechnung der im Alter 65 erreichbaren Gesamtversorgung nach Maßgabe der Regelungen der oben genannten Betriebsvereinbarung und auf Basis des individuellen ruhegeldberechtigten Einkommens (im Sinne des § 4 der oben genannten Betriebsvereinbarung) des Mitarbeiters zum Zeitpunkt 31.12.2004. Die anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird auf Basis einer individuellen Rentenauskunft mit Stand 31.12.2004 im Rahmen dieser Berechnung auf Alter 65 hochgerechnet und sodann angerechnet bzw. die Gesamtversorgung limitiert. Für sonstige gemäß der RO in die Anrechnung bzw. Limitierung einzubeziehende Renten ist die garantierte Leistung zu berücksichtigten. Bei Leistungen aus befreienden Lebensversicherungen entspricht dies der Garantieleistung zuzüglich der bis zum 31.12.2004 angefallenen Gewinnanteile. Das auf diese Weise errechnete erreichbare Ruhegeld wird als Prozentsatz des individuellen ruhegeldberechtigten Einkommens des Mitarbeiters zum 31.12.2004 (‚festgeschriebener Versorgungsprozentsatz’) ausgewiesen und jedem betroffenen Mitarbeiter im zweiten Halbjahr 2005 schriftlich mitgeteilt, sofern eine Rentenauskunft auf der Basis eines geklärten Rentenkontos bzw. Nachweise über die Höhe der sonstigen anzurechnenden Renten vorliegen. |
9.2.2 |
Bei Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente im Sinne von § 6 BetrAVG wird abweichend von § 4 Ziffer 1 b Satz 1, erster Teilsatz der oben genannten Betriebsvereinbarung nicht der bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente in der gesetzlichen Rentenversicherung maßgebende Zugangsfaktor für das betriebliche Ruhegeld übernommen. Statt dessen wird der nach Absatz 2 berechnete Betrag für jeden Monat des Bezuges vor Beginn des regulären Altersruhegeldes (Ruhegeld ab Alter 65) um 0,15 % seines Wertes, maximal um 5 % seines Wertes, für die gesamte Dauer des Rentenbezuges gekürzt. Bei schwerbehinderten Mitarbeitern mit einem Behinderungsgrad von 50 % und mehr beträgt die Kürzung lediglich 0,075 % pro Monat, maximal 2,5 %. Eine zusätzliche Nettolimitierung im Sinne von § 4 der oben genannten Betriebsvereinbarung erfolgt bei keinem der oben genannten Versorgungsfälle. |
9.2.3 |
Sofern ein Mitarbeiter vor Eintritt eines Versorgungsfalles mit gesetzlich unverfallbarer Anwartschaft ausscheidet, wird die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft wie folgt ermittelt: Der festgeschriebene Versorgungsprozentsatz wird mit dem individuellen ruhegeldberechtigten Einkommen im Zeitpunkt des Ausscheidens multipliziert. Von diesem Betrag wird der Teil als unverfallbare Anwartschaft aufrecht erhalten, der dem Verhältnis der Dauer der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres entspricht. |
… |
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B. |
Allgemeine Regelungen für sämtliche Anwartschaften nach den oben unter Ziffern 1 bis Ziffer 14 aufgeführten Ruhegeldordnungen |
1. |
Fortgeltung der bisherigen Regelungen im Übrigen Soweit nicht oben unter A. Ziffern 1 bis 14 etwas anderes geregelt ist, finden die Regelungen der oben unter A. Ziffern 1 bis 14 aufgeführten Betriebsvereinbarungen für die Anwartschaften der nach diesen Betriebsvereinbarungen jeweils berechtigten Mitarbeiter unverändert Anwendung. |
2. |
Höchstbegrenzung Für sämtliche Neuregelungen der Versorgungsanwartschaften nach A. Ziffern 1 bis 14 gilt grundsätzlich, dass der einzelne Mitarbeiter bzw. dessen Hinterbliebene im Versorgungsfall höchstens 100 % der betrieblichen Versorgungsleistungen erhalten, welche er/sie ohne Berücksichtigung der vorliegenden Betriebsvereinbarung nach der jeweils einschlägigen Gesamt-/ Betriebsvereinbarung (Ruhegeldordnung) im jeweiligen Versorgungsfall erhalten hätte. |
3. |
Rentennahe Jahrgänge Für die Versorgungsfälle, welche nach den oben unter A. Ziffern 1 bis 13 aufgeführten Betriebsvereinbarungen bis zum 31.12.2009 eintreten sowie für sämtliche Frühruhestands- und Altersteilzeitfälle, bei denen bis zum 30.06.2004 ein Antrag auf Abschluss eines entsprechenden Vertrages gestellt wurde, gilt die für den jeweiligen Mitarbeiter einschlägige Gesamt-/ Betriebsvereinbarung (Ruhegeldordnung) in unveränderter Form fort, ohne Berücksichtigung der vorliegenden Betriebsvereinbarung und ohne Berücksichtigung der Kündigungen vom 23.09.2003/19.05.2004 bzw. 30.09.2003/ 29.06.2004. |
C. |
Ab 01.01.2005 neu eintretende Mitarbeiter |
… |
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E. |
In-Kraft-Treten und Kündigungsfrist |
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Die vorliegende Betriebsvereinbarung tritt zum 01.01.2005 in Kraft und ist mit einer Frist von drei Monaten jeweils zum Ende eines Kalenderjahres kündbar.” |
Mit Schreiben vom 16. November 2005 teilte die E AG der Klägerin ihren auf der Grundlage der BV Neuordnung festgeschriebenen Versorgungsprozentsatz mit 21,06 % mit.
Unter dem 15. Januar 2013 gab der Arbeitsdirektor und Mitglied des Vorstands der Beklagten für diese und alle Konzerngesellschaften, die die BV Neuordnung unterzeichnet hatten, folgende „Erklärung Zur Betriebsvereinbarung zur Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung vom 26. November 2004” ab:
„Es wird bestätigt, dass im Rahmen der Neuregelung der Anwartschaften betrieblicher Altersversorgung durch die ‚Betriebsvereinbarung zur Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung’ vom 26.11.2004 bezogen auf die Änderungsregelungen zu den Gesamtversorgungssystemen (Ziffern A 4, A 5, A 8, A 9, A 11), es von Anfang an die gemeinsame Vorstellung der Betriebsparteien war, dass in jedem Fall der zeitratierliche dynamische Besitzstand gewährleistet ist.
Insoweit wird nochmals bestätigt, dass arbeitgeberseits zugesichert ist, dass im Versorgungsfall mindestens der dynamische Besitzstand auf Basis der tatsächlichen Entwicklung des individuellen ruhegeldfähigen Einkommens und der tatsächlichen Entwicklung der individuellen gesetzlichen Rente, berechnet nach § 2 Abs. 1 BetrAVG ohne Festschreibeeffekt nach § 2 Abs. 5 BetrAVG bezogen auf den Neuordnungszeitpunkt (31.12.2004) aufrechterhalten wird.”
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass sich ihre Versorgungsansprüche weiterhin nach der BV 1997 richten. Diese sei durch die BV Neuordnung nicht wirksam abgelöst worden. Die BV Neuordnung greife unzulässig in die erdiente Dynamik ein. Die für einen solchen Eingriff erforderlichen triftigen Gründe lägen nicht vor. Aber auch dann, wenn die BV Neuordnung nur zu einem Eingriff in die noch nicht erdienten dienstzeitabhängigen Zuwächse führen sollte, scheide eine Ablösung der BV 1997 durch die BV Neuordnung aus, da es der Beklagten an sachlich-proportionalen Gründen für einen Eingriff auf dieser Besitzstandsstufe fehle.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ein Ruhegeld nach der Betriebsvereinbarung über die Versorgungsordnung der Nw S AG vom 12. Dezember 1997 über vor dem 1. Januar 1997 bei der Nw Aktiengesellschaft (NW) eingetretene Betriebsangehörige zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Ansicht vertreten, die Versorgungsansprüche der Klägerin richteten sich nach der BV Neuordnung. Diese habe die BV 1997 wirksam abgelöst. Die BV Neuordnung greife weder in den erdienten Teilbetrag noch in die erdiente Dynamik ein. Für den Fall, dass die Ablösung zu einem Eingriff in die erdiente Dynamik führen sollte, werde anerkannt, dass der Klägerin bei Eintritt des Versorgungsfalls jedenfalls der dynamische Mindestbesitzstand gemäß der tatsächlichen Entwicklung ihres ruhegeldfähigen Einkommens sowie gemäß der tatsächlichen Entwicklung ihrer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit zwischen dem Neuordnungsstichtag und dem Versorgungsfall zustehe. Für einen Eingriff in die noch nicht erdienten dienstzeitabhängigen Zuwächse stünden ihr sachlich-proportionale Gründe zur Seite. Die Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung durch die BV Neuordnung sei Teil des Maßnahmepakets, das sie im Jahr 2003 im Rahmen des „TOP FIT”-Ergebnisverbesserungs- und Sparprogramms für den Konzern aufgelegt habe. Der E-Konzern habe sich in den Jahren 2003 und 2004 in einer äußerst ungünstigen wirtschaftlichen Lage befunden. Die konzernweite Eigenkapitalquote sei in den Jahren 1998 bis 2003 kontinuierlich gesunken. Die Nettoverschuldung des Konzerns habe sich zum Ende des Jahres 2003 auf 1,8 Mrd. Euro belaufen. Die E-Aktie sei kontinuierlich gefallen, wegen der von der E gehaltenen eigenen Aktien habe die konkrete Gefahr der Überschuldung und damit der Insolvenz bestanden. Vor diesem Hintergrund sei der Beschluss gefasst worden, das „TOP FIT”-Programm aufzulegen. Ziel dieses Programms sei es in erster Linie gewesen, die Eigenkapitalquote wieder auf ein gesundes Maß zurückzuführen. Von dem Gesamteinsparvolumen iHv. 1 Mrd. Euro jährlich habe ein Betrag iHv. 650 Mio. Euro aus Sachaufwand und ein Betrag iHv. 350 Mio. Euro aus Personalaufwand generiert werden können. Mit den Betriebsräten sei im Verlauf der Verhandlungen für die betriebliche Altersversorgung ein Einsparvolumen iHv. 10 Mio. Euro jährlich ausgehandelt worden. Schon wegen des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen ihr und der E K AG komme es für die Beurteilung der Wirksamkeit der Ablösung der BV 1997 durch die BV Neuordnung ausschließlich auf die wirtschaftliche Lage des Konzerns an. Sachlich-proportionale Gründe für den Eingriff auf der dritten Besitzstandsstufe ergäben sich zudem aus dem Umstand, dass der Betriebsrat an der Neuordnung der betrieblichen Altersversorgung mitgewirkt habe. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass das Niveau der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgegangen sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte der Klage nicht stattgegeben werden. Ob die zulässige Klage begründet ist, kann vom Senat allerdings nicht abschließend beurteilt werden; den Parteien ist Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).
A. Die Klage ist zulässig.
I. Der Klageantrag richtet sich – in der gebotenen Auslegung – auf die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin „bei Eintritt des Versorgungsfalls” ein Ruhegeld nach der BV 1997 zu zahlen. § 3 der BV 1997 setzt für den Bezug der Leistungen voraus, dass entweder der Versorgungsfall „Alter” oder der der „Invalidität” eingetreten ist, sodass die Zahlung eines Ruhegeldes nur dann verlangt werden kann, wenn einer dieser Versorgungsfälle eingetreten ist.
II. In dieser Auslegung ist der Klageantrag zulässig.
1. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Die Klägerin hat nicht nur angegeben, nach welcher Versorgungsordnung sich ihre Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung ihrer Auffassung nach richten; in der gebotenen Auslegung des Klageantrags begehrt die Klägerin entsprechende Zahlungen erst ab Eintritt des Versorgungsfalls. Damit ist auch der Zeitpunkt, ab dem die Beklagte die Zahlungen schuldet, konkret bestimmt.
2. Der Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken, sondern kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. etwa BAG 15. Oktober 2013 – 3 AZR 294/11 – Rn. 14 mwN, BAGE 146, 200). Im Streitfall geht es um die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin bei Eintritt des Versorgungsfalls ein Ruhegeld nach einer bestimmten Versorgungsordnung, nämlich der BV 1997 zu zahlen.
3. Der Feststellungsantrag weist auch das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse auf. Die Beklagte bestreitet, der Klägerin bei Eintritt des Versorgungsfalls eine Versorgungsleistung nach der BV 1997 zu schulden. Dass der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, ist unerheblich (vgl. BAG 15. Mai 2012 – 3 AZR 11/10 – Rn. 20, BAGE 141, 259; 21. April 2009 – 3 AZR 640/07 – Rn. 19, BAGE 130, 202; 7. März 1995 – 3 AZR 282/94 – zu A III 2 der Gründe, BAGE 79, 236). Der Vorrang der Leistungsklage greift vorliegend schon deshalb nicht ein, weil der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist.
B. Ob die Klage begründet ist, kann vom Senat nicht abschließend entschieden werden. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zu Recht erkannt, dass die BV Neuordnung nicht in den erdienten Teilbetrag der von der Klägerin nach der BV 1997 erworbenen Betriebsrentenanwartschaft eingreift. Zudem führt eine Anwendung der BV Neuordnung im Fall der Klägerin nicht zu einem Eingriff in die erdiente Dynamik. Soweit das Landesarbeitsgericht allerdings angenommen hat, der Eingriff in die noch nicht erdienten dienstzeitabhängigen Zuwächse sei nicht durch sachlich-proportionale Gründe gerechtfertigt, hält dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsbegriff der sachlich-proportionalen Gründe verkannt und infolgedessen zu hohe Anforderungen an die Substantiierung des Vorbringens der Beklagten gestellt. Ob ein möglicher Eingriff in die noch nicht erdienten dienstzeitabhängigen Zuwächse durch sachlich-proportionale Gründe gerechtfertigt ist, kann vom Senat auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts jedoch nicht abschließend entschieden werden. Den Parteien ist vielmehr Gelegenheit zu neuem Vorbringen zu geben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).
I. Regeln – wie hier – mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Betriebsvereinbarungen denselben Gegenstand, gilt zwar das Ablösungsprinzip. Danach löst eine neue Betriebsvereinbarung eine ältere grundsätzlich auch dann ab, wenn die Neuregelung für den Arbeitnehmer ungünstiger ist (st. Rspr., vgl. ua. BAG 29. Oktober 2002 – 1 AZR 573/01 – zu I 2 a der Gründe mwN, BAGE 103, 187). Das Ablösungsprinzip ermöglicht allerdings nicht jede Änderung. Soweit in bestehende Besitzstände eingegriffen wird, sind die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zu beachten (BAG 10. Februar 2009 – 3 AZR 653/07 – Rn. 18). Deshalb unterliegen Betriebsvereinbarungen, die Versorgungsansprüche aus einer früheren Betriebsvereinbarung einschränken, einer entsprechenden Rechtskontrolle (vgl. BAG 29. Oktober 2002 – 1 AZR 573/01 – aaO; 18. September 2001 – 3 AZR 728/00 – zu II 2 c der Gründe, BAGE 99, 75).
1. Die bei Einschnitten in Betriebsrentenanwartschaften zu beachtenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit hat das Bundesarbeitsgericht durch ein dreistufiges Prüfungsschema präzisiert (st. Rspr. seit BAG 17. April 1985 – 3 AZR 72/83 – zu B II 3 c der Gründe, BAGE 49, 57). Den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer sind entsprechend abgestufte, unterschiedlich gewichtete Eingriffsgründe des Arbeitgebers gegenüberzustellen (BAG 9. Dezember 2008 – 3 AZR 384/07 – Rn. 30). Der unter der Geltung der bisherigen Ordnung und in dem Vertrauen auf deren Inhalt bereits erdiente und entsprechend § 2 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 BetrAVG ermittelte Teilbetrag kann hiernach nur in seltenen Ausnahmefällen eingeschränkt oder entzogen werden. Der Eingriff setzt zwingende Gründe voraus. Zuwächse, die sich – wie etwa bei endgehaltsbezogenen Zusagen – dienstzeitunabhängig aus variablen Berechnungsfaktoren ergeben (erdiente Dynamik), können nur aus triftigen Gründen geschmälert werden. Für Eingriffe in dienstzeitabhängige, noch nicht erdiente Zuwachsraten genügen sachlich-proportionale Gründe (vgl. etwa BAG 15. Mai 2012 – 3 AZR 11/10 – Rn. 25, BAGE 141, 259).
2. Ob eine spätere Betriebsvereinbarung in Besitzstände eingreift und deshalb eine Überprüfung anhand des dreistufigen Prüfungsschemas erforderlich ist, kann nur im jeweiligen Einzelfall und auf das Einzelfallergebnis bezogen festgestellt werden (vgl. BAG 15. Mai 2012 – 3 AZR 11/10 – Rn. 26, BAGE 141, 259; 21. April 2009 – 3 AZR 674/07 – Rn. 36). Dazu ist es erforderlich, die Versorgungsansprüche bzw. -anwartschaften nach den beiden unterschiedlichen Versorgungsordnungen zu berechnen und einander gegenüberzustellen. Deshalb kann insbesondere bei endgehaltsbezogenen Versorgungszusagen regelmäßig erst beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis festgestellt werden, ob mit der ablösenden Neuregelung in bestehende Besitzstände eingegriffen wird. In diesen Fällen kann regelmäßig erst zu diesem Zeitpunkt beurteilt werden, welche Versorgungsordnung sich als günstiger erweist (vgl. für einen Eingriff in die erdiente Dynamik BAG 11. Dezember 2001 – 3 AZR 128/01 – BAGE 100, 105).
II. Die BV Neuordnung lässt den unter Geltung der BV 1997 im Vertrauen auf deren Inhalt bereits erdienten und nach den Grundsätzen des § 2 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 BetrAVG ermittelten Teilbetrag der Versorgungsanwartschaft der Klägerin zum Ablösungsstichtag 31. Dezember 2004 unberührt. Hiervon gehen beide Parteien aus. Insbesondere hat die Klägerin zu keiner Zeit einen unzulässigen Eingriff in den erdienten Teilbetrag gerügt. Ein solcher Eingriff ist auch nicht ersichtlich. Dabei kommt es nicht darauf an, ob nach der Altregelung bereits ein bestimmter Prozentsatz der Gesamtversorgung erreicht war. Maßgeblich ist vielmehr, welche Betriebsrente nach der Altregelung als fiktive Vollrente bei Erreichen der festen Altersgrenze erreichbar war. Diese ist dann zeitratierlich nach dem Anteil der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zum Ablösezeitpunkt an der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze erdient (vgl. BAG 17. September 2008 – 3 AZR 1061/06 – Rn. 26).
III. Eine Anwendung der BV Neuordnung führt auch nicht zu einem Eingriff in die erdiente Dynamik der Betriebsrentenanwartschaft der Klägerin.
1. Zwar kann es durch die BV Neuordnung grundsätzlich zu einem Eingriff in die erdiente Dynamik kommen. Die BV Neuordnung greift zwar nicht in den Berechnungsfaktor „Endgehalt” ein. Der Endgehaltsbezug der Versorgungszusage nach der BV 1997 bleibt vielmehr bei der ablösenden BV Neuordnung vollständig erhalten. Allerdings verändert die BV Neuordnung die Dynamik der Versorgungszusage insoweit, als sie den Ruhegeldanspruch von der weiteren Entwicklung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung abkoppelt und damit jedenfalls diesen variablen Berechnungsfaktor nicht fortschreibt. Die ursprünglich gegebene Zusage eines Ruhegeldes, das zusammen mit der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Gesamtversorgung iHv. 75 vH des letzten ruhegeldfähigen Einkommens erreicht, besteht damit nicht mehr (vgl. etwa BAG 15. Januar 2013 – 3 AZR 705/10 – Rn. 25).
2. Im Streitfall führt die Anwendung der BV Neuordnung allerdings nicht zu einem Eingriff in die erdiente Dynamik der Klägerin. Die Beklagte hat nicht nur ausdrücklich „anerkannt”, „dass der Klägerin im Versorgungsfall jedenfalls der dynamische Mindestbesitzstand gemäß der tatsächlichen Entwicklung ihres ruhegeldfähigen Einkommens sowie gemäß der tatsächlichen Entwicklung ihrer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit zwischen Neuordnungsstichtag und Versorgungsfall zusteht”. Sie hat zudem eine Ablichtung der unter dem 15. Januar 2013 vom Arbeitsdirektor und Mitglied des Vorstands der Beklagten für diese und alle Konzerngesellschaften, die die BV Neuordnung unterzeichnet hatten, abgegebenen Erklärung vorgelegt. Diese Zusicherungen muss die Beklagte nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegen sich gelten lassen (vgl. auch BAG 19. Januar 2011 – 3 AZR 111/09 – Rn. 36). Damit ist sichergestellt, dass der Klägerin im Versorgungsfall mindestens der dynamische Besitzstand auf der Basis der tatsächlichen Entwicklung ihres individuellen ruhegeldfähigen Einkommens und der tatsächlichen Entwicklung ihrer gesetzlichen Rente, berechnet nach § 2 Abs. 1 BetrAVG ohne Festschreibeeffekt nach § 2 Abs. 5 BetrAVG, für die Zeit vom Neuordnungsstichtag 1. Januar 2005 bis zum Eintritt des Versorgungsfalls zusteht.
IV. Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, der – damit allein mögliche – Eingriff in die noch nicht erdienten dienstzeitabhängigen Zuwächse sei nicht durch sachlich-proportionale Gründe gerechtfertigt, hält dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsbegriff der sachlich-proportionalen Gründe verkannt und infolgedessen die Anforderungen an die Substantiierung des Vorbringens der Beklagten überspannt. Ob ein möglicher Eingriff in die noch nicht erdienten dienstzeitabhängigen Zuwächse durch sachlich-proportionale Gründe gerechtfertigt ist, kann vom Senat nicht abschließend entschieden werden. Vielmehr ist den Parteien Gelegenheit zu geben, in der Tatsacheninstanz weiter vorzutragen. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht.
1. Die BV Neuordnung könnte – hiervon gehen sowohl die Parteien als auch das Landesarbeitsgericht aus – in künftige dienstzeitabhängige Zuwächse eingreifen. Ob ein solcher Eingriff tatsächlich vorliegt, kann zwar erst durch eine Vergleichsberechnung bei Eintritt des Versorgungsfalls sicher festgestellt werden, er ist aber nahe liegend.
2. Unter sachlich-proportionalen Gründen, die einen Eingriff auf der dritten Besitzstandsstufe rechtfertigen, sind nachvollziehbare, anerkennenswerte und damit willkürfreie Gründe zu verstehen. Diese können auf einer Fehlentwicklung der betrieblichen Altersversorgung oder einer wirtschaftlich ungünstigen Entwicklung des Unternehmens beruhen.
a) Beruft sich der Arbeitgeber auf wirtschaftliche Schwierigkeiten, kommt es zwar grundsätzlich auf die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens an, das Versorgungsschuldner ist. Ist der Arbeitgeber in einen Konzern eingebunden, können Verflechtungen innerhalb des Konzerns allerdings dazu führen, dass eine konzerneinheitliche Betrachtung geboten ist und der Arbeitgeber wirtschaftliche Schwierigkeiten im Konzern zum Anlass für Eingriffe auf der dritten Besitzstandsstufe, mithin für Eingriffe in die noch nicht erdienten dienstzeitabhängigen Zuwächse nehmen darf.
b) Dies folgt allerdings nicht aus den Grundsätzen des Berechnungsdurchgriffs im Konzern. Der Berechnungsdurchgriff spielt im vorliegenden Verfahren keine Rolle; er scheidet bereits nach seinem Inhalt und seinem Zweck aus. Der Berechnungsdurchgriff führt dazu, dass der Versorgungsschuldner, der selbst zur Betriebsrentenanpassung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG nicht imstande ist, dennoch die Betriebsrente anpassen muss, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens, dessen wirtschaftliche Lage er sich zurechnen lassen muss, eine Anpassung zulässt. Mithilfe des Berechnungsdurchgriffs sollen demnach nicht die Konzerne und deren Unternehmen, sondern die Versorgungsberechtigten geschützt werden (vgl. etwa BAG 10. Februar 2009 – 3 AZR 727/07 – Rn. 16, BAGE 129, 292).
c) Da Eingriffe in die noch nicht erdienten dienstzeitabhängigen Zuwächse lediglich sachlich-proportionale Gründe voraussetzen, kann es dem Arbeitgeber zuzugestehen sein, auch auf seine Konzernverflechtungen und die Lage im Gesamtkonzern Rücksicht zu nehmen. Die Voraussetzungen dafür liegen ohne Weiteres dann vor, wenn – wie hier – sämtliche Anteile an dem die Versorgung schuldenden Arbeitgeber – hier der E K AG – von der Führungsgesellschaft des Konzerns – hier der E AG – gehalten werden, deren ausschließlicher Unternehmensgegenstand „die Leitung einer Gruppe von Unternehmen” ist. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass die Führungsgesellschaft die Geschäftstätigkeit der konzernangehörigen Unternehmen an ihren unternehmerischen, ausschließlich auf den Konzern bezogenen Interessen ausrichtet und die konzernangehörigen Unternehmen im Interesse des Gesamtkonzerns steuert, was dazu führt, dass die wirtschaftliche Betätigung des konzernangehörigen Versorgungsschuldners ausschließlich auf die Bedürfnisse des Konzerns zugeschnitten ist.
3. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Eingriff in die noch nicht erdienten dienstzeitabhängigen Zuwächse sei nicht durch sachlichproportionale Gründe gerechtfertigt. Aus der Verknüpfung des Begriffs der „Sachlichkeit” mit dem der „Proportionalität” folge, dass es auf das Verhältnis zwischen den „sachlichen Gründen” und der konkreten Maßnahme, bezogen auf die Schwere des Eingriffs und die Notwendigkeit des konkreten Eingriffs ankomme. Der Arbeitgeber müsse darlegen, dass es nicht zu einem überschießenden Eingriff in das betriebliche Versorgungssystem komme. Hierzu habe er nachvollziehbar darzutun, inwieweit der konkrete Anlass es rechtfertige, die konkret vorgenommenen Maßnahmen durchzuführen und inwieweit die einzelnen Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stünden. Dies habe die Beklagte verabsäumt. Mit dieser Begründung durfte der Klage nicht stattgegeben werden.
a) Die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der sachlichproportionalen Gründe ist grundsätzlich Sache des Berufungsgerichts. Sie kann in der Revision nur beschränkt darauf überprüft werden, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt, bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter den Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder bei der gebotenen Interessenabwägung nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind oder ob das Ergebnis in sich widersprüchlich ist (vgl. BAG 2. September 2014 – 3 AZR 951/12 – Rn. 56 mwN).
b) Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsbegriff der sachlichproportionalen Gründe verkannt und demzufolge die Anforderungen an die Substantiierung des Vorbringens der Beklagten überspannt.
aa) Beruft sich der Arbeitgeber – wie hier – auf wirtschaftliche Schwierigkeiten, müssen die sachlichen Gründe für den Eingriff in die betriebliche Altersversorgung nicht das für einen triftigen Grund erforderliche Gewicht erreicht haben. Eine langfristig unzureichende Eigenkapitalverzinsung oder langfristige Substanzgefährdung ist nicht erforderlich. Dementsprechend liegen sachliche Gründe nicht erst dann vor, wenn die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens konkret gefährdet ist. Zur Rechtfertigung des Eingriffs in die betriebliche Altersversorgung bedarf es auch nicht der Feststellung einer insolvenznahen Lage (vgl. BAG 16. Februar 2010 – 3 AZR 181/08 – Rn. 61, BAGE 133, 181). Entscheidend ist, ob wirtschaftliche Schwierigkeiten vorliegen, auf die ein vernünftiger Unternehmer reagieren darf (vgl. BAG 10. September 2002 – 3 AZR 635/01 – zu III 2 c der Gründe). Dabei kommt es nicht auf eine „vernünftige kaufmännische Beurteilung” iSv. § 253 Abs. 1 HGB an. Ein vernünftiger Unternehmer ist vielmehr ein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zum Wohle des Unternehmens Handelnder.
bb) Darüber hinaus müssen die Gründe für den Eingriff in die betriebliche Altersversorgung „proportional” sein. Beruft sich der Arbeitgeber darauf, wirtschaftliche Schwierigkeiten hätten ihn veranlasst, die Kosten zu reduzieren, stehen ihm sachlich-proportionale Gründe zur Seite, wenn die Eingriffe in die betriebliche Altersversorgung in der eingetretenen wirtschaftlichen Situation nicht unverhältnismäßig waren (vgl. BAG 15. Januar 2013 – 3 AZR 705/10 – Rn. 42). Dies ist dann der Fall, wenn die Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung in die künftigen dienstzeitabhängigen Zuwächse nicht weiter eingreift, als ein vernünftiger Unternehmer dies zur Kosteneinsparung in der konkreten wirtschaftlichen Situation für geboten erachten durfte. Eines ausgewogenen, die Sanierungslasten angemessen verteilenden Sanierungsplans bedarf es nicht (vgl. BAG 16. Februar 2010 – 3 AZR 181/08 – Rn. 61, BAGE 133, 181). Deshalb ist es nicht erforderlich, dass die einzelnen, zur Kosteneinsparung getroffenen Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Vielmehr reicht es aus, dass sich der Eingriff in das betriebliche Versorgungswerk in ein auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage zur Beseitigung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten ausgerichtetes Gesamtkonzept einpasst (vgl. etwa BAG 15. Januar 2013 – 3 AZR 705/10 – Rn. 42) und die Ausgestaltung dieses Gesamtkonzepts plausibel ist (vgl. etwa BAG 12. November 2013 – 3 AZR 510/12 – Rn. 52). Anderweitige Maßnahmen zur Kosteneinsparung müssen nicht ausgeschöpft sein, bevor Eingriffe in künftige Zuwächse vorgenommen werden (vgl. BAG 19. April 2005 – 3 AZR 468/04 – zu B II 2 b dd der Gründe). Unternehmerische Entscheidungen, die auf den ersten Blick der Kostenreduzierung zuwiderlaufen, müssen einleuchtend sein (vgl. etwa BAG 15. Januar 2013 – 3 AZR 705/10 – Rn. 41). Dem Arbeitgeber und insbesondere den Betriebsparteien steht bei der Beurteilung der dem Eingriff zugrunde liegenden tatsächlichen Gegebenheiten und der finanziellen Auswirkungen der ergriffenen Maßnahmen eine Einschätzungsprärogative zu. Hinsichtlich der Ausgestaltung des Gesamtkonzepts haben sie einen Beurteilungsspielraum.
cc) Hiervon ausgehend hat der Arbeitgeber im Prozess substantiiert darzutun, welche wirtschaftlichen Schwierigkeiten vorliegen, in welchem Gesamtumfang angesichts dessen eine Kosteneinsparung aus Sicht eines vernünftigen Unternehmers geboten war und wie das notwendige Einsparvolumen ermittelt wurde. Darüber hinaus hat er sein Gesamtkonzept zu erläutern. Hierzu hat er sämtliche anderen Maßnahmen im Einzelnen darzulegen, die zur Kosteneinsparung getroffen wurden. Zudem ist vorzutragen, in welchem Umfang diese Maßnahmen bei prognostischer Betrachtung zur Einsparung beitragen und wie das auf die durchgeführten Maßnahmen entfallende Einsparpotential ermittelt wurde. Ferner ist darzutun, in welchem Umfang die Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung zur Kosteneinsparung beiträgt und nach welchen Kriterien das prognostizierte Einsparvolumen ermittelt wurde. Auf entsprechenden Einwand des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber erläutern, weshalb anderweitige Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten nicht getroffen wurden (vgl. etwa BAG 12. November 2013 – 3 AZR 510/12 – Rn. 52) und unternehmerische Entscheidungen, die auf den ersten Blick dem Ziel der Kostenreduzierung zuwiderlaufen, erklären (vgl. etwa BAG 15. Januar 2013 – 3 AZR 705/10 – Rn. 41).
4. Daran gemessen hat das Landesarbeitsgericht die Anforderungen an die Substantiierung des Vorbringens der Beklagten überspannt. Ob die zulässige Klage begründet ist, weil der Beklagten keine sachlich-proportionalen Gründe für einen Eingriff in die dienstzeitabhängigen Zuwächse zur Seite standen, kann vom Senat nicht abschließend entschieden werden. Im Hinblick auf die vom Senat in diesem Verfahren vorgenommene Klarstellung und Konkretisierung des Begriffs der sachlich-proportionalen Gründe und des zu ihrer Darlegung notwendigen Vorbringens des Arbeitgebers ist aus Gründen des fairen Verfahrens beiden Parteien Gelegenheit zu weiterem berücksichtigungsfähigen Vortrag zu geben. Die Schriftsätze der Beklagten vom 24. April 2015 und der Klägerin vom 7. Juni 2015 geben keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Der dort gehaltene Vortrag kann vom Senat seiner Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden, weil es sich insoweit in weiten Teilen um neuen Sachvortrag handelt, der zwischen den Parteien nicht unstreitig ist (vgl. statt vieler BAG 10. Februar 2015 – 9 AZR 554/13 – Rn. 26; 24. Juli 2001 – 3 AZR 716/00 – zu B III 2 der Gründe). Argumente gegen eine Zurückverweisung sind nicht vorgebracht.
Unterschriften
Zwanziger, Schlewing, Spinner, Hormel, Schepers
Fundstellen