Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweisung auf Tarifvertrag. Gleichstellungsabrede. Betriebliche Übung
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach der früheren ständigen Rechtsprechung des Senats ist die Bezugnahme in einem von einem tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifverträge in der jeweiligen Fassung regelmäßig als Gleichstellungsabrede auszulegen, wenn andere für die Auslegung der vertraglichen Bezugnahme gem. §§ 133, 157 BGB bedeutsame Umstände dem nicht entgegenstehen. Die Auslegungsregel beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer Bezugnahmeklausel in einem Arbeitsvertrag eines tarifgebundenen Arbeitgebers nur die möglicherweise fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers ersetzt werden soll.
2. In der Entscheidung vom 14.12.2005 (– 4 AZR 536/04 – aaO) hat der Senat angekündigt, die fragliche Auslegungsregel nicht mehr anzuwenden, sondern einzelvertragliche Verweisungsklauseln auf einschlägige Tarifwerke auch bei tarifgebundenen Arbeitgebern nur dann als Gleichstellungsabreden anzusehen, wenn der Gleichstellungswille, d.h. die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers und der Wille, das Tarifwerk nur für die Dauer dieser Tarifgebundenheit dynamisch anzuwenden, hinreichend deutlich aus den Erklärungen der Arbeitsvertragsparteien oder den für beide Seiten erkennbaren Umständen des Vertragsschlusses hervorgeht.
3. Wegen der durch die bisherige Rechtsprechung geschaffenen Vertrauenslage sei aus rechtsstaatlichen Erwägungen die Auslegungsregel auf dynamische Verweisungsklauseln, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden seien (sog. Altverträge), jedoch weiterhin anzuwenden.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 611; TVG § 1 Tarifverträge: DRK
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Urteil vom 28.07.2005; Aktenzeichen 7 Sa 1866/04) |
ArbG Hannover (Urteil vom 24.08.2004; Aktenzeichen 11 Ca 368/04) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. Juli 2005 – 7 Sa 1866/04 – wird zurückgewiesen.
2. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. Juli 2005 – 7 Sa 1866/04 – aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat.
Unter Zurückweisung der Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 24. August 2004 – 11 Ca 368/04 – auf die Berufung des Beklagten teilweise abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit eines Vergütungstarifvertrages des öffentlichen Dienstes auf ihr Arbeitsverhältnis sowie eine betriebliche Übung der Beklagten und daraus resultierende Vergütungsansprüche des Klägers.
Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di und seit dem 1. August 1980 bei dem Beklagten als Sanitäter beschäftigt. Er erhält Vergütung entsprechend VergGr. Vc der Anl. 10a DRK-TV.
Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 26. März 1980 enthielt ua. folgende Regelung:
“Dem Arbeitsverhältnis liegen die Arbeitsbedingungen für die Angestellten und Arbeiter des Deutschen Roten Kreuzes in der jeweils geltenden Fassung zugrunde. Die Einsichtnahme wird durch Vertragsunterschrift bestätigt.”
Der Beklagte war zunächst Mitglied der DRK-Landestarifgemeinschaft in Niedersachsen GbR (im Folgenden: DRK-LTG Nds). Die DRK-LTG Nds. ist ihrerseits Mitglied der (Bundes-)Tarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes, die mit der Gewerkschaft ver.di (früher der ÖTV) zahlreiche Tarifverträge abgeschlossen hat. Am 31. Januar 1984 hatten die Tarifpartner eine Vereinbarung abgeschlossen, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
“Vereinbarung über Rahmenbedingungen für den Abschluß von Tarifverträgen
Zwischen der
Tarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes, Bonn,
einerseits, und der
Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr – Hauptvorstand –, Stuttgart,
andererseits, wird unter Berücksichtigung der internationalen und nationalen Stellung und Aufgabenstellung des Deutschen Roten Kreuzes folgende Vereinbarung geschlossen:
TEIL I
§ 1
(1) Die Vertragsparteien gehen davon aus, daß gleichzeitig mit dieser Vereinbarung ein Tarifvertrag zwischen ihnen abgeschlossen wird.
(2) Die Vertragsparteien gehen davon aus, daß der Tarifvertrag nach Abs. 1 die Arbeitsbedingungen des DRK darstellt. Die Arbeitsbedingungen enthalten dabei Bestandteile, welche mit den Regelungen des BAT inhaltlich identisch oder im wesentlichen identisch sind (Katalog A), und solche Bestandteile, welche besondere Regelungen für den Bereich der Tarifgemeinschaft des DRK enthalten (Katalog B).
§ 2
Übereinstimmendes Ziel der Vertragsparteien ist es, Arbeitskämpfe im Bereich der Tarifgemeinschaft des DRK nach § 3 Abs. 1 zu vermeiden.
§ 3
(1) Die Vertragsparteien führen Verhandlungen über die Materien, die im Katalog B zu regeln sind.
(2) Soweit die Arbeitsbedingungen des DRK mit den Regelungen des BAT inhaltlich identisch sind (Katalog A), werden zwischen den Vertragspartnern keine Verhandlungen geführt. Die Möglichkeit, im beiderseitigen Einvernehmen Verhandlungen zu führen, bleibt unberührt.
§ 4
(1) Soweit die Arbeitsbedingungen des DRK mit dem BAT inhaltlich nicht identisch sind, verpflichten sich die Vertragsparteien, im Fall der Nichteinigung bei den Tarifverhandlungen alles zu unternehmen, um einen Arbeitskampf zu vermeiden.
(2) Kommt zwischen den Vertragsparteien eine Einigung nicht zustande, so findet das Verfahren nach §§ 5 ff. dieser Vereinbarung Anwendung.
§ 5
(1) Sind zwischen den Parteien die Vertragsverhandlungen gescheitert, oder verweigert eine Vertragspartei Aufnahme oder Fortsetzung von Verhandlungen, dann kann jede der Vertragsparteien die Schlichtungsstelle anrufen.
(2) Das Nähere regelt die gleichzeitig abgeschlossene Schlichtungsvereinbarung.”
Am selben Tage wurde neben der in § 5 Abs. 2 der Vereinbarung über die Rahmenbedingungen (im Folgenden: RahmenV) angesprochene Schlichtungsregelung auch der “Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes” (im Folgenden: DRK-TV) abgeschlossen, dessen Wirkung seit dem 1. Januar 1991 auf das “Tarifgebiet West” (alte Bundesländer) beschränkt ist, und in dem ua. – in weiten Teilen am BAT orientiert – die materiellen Arbeitsbedingungen der DRK-Mitarbeiter normiert sind.
Nach Abschluss der RahmenV und des DRK-TV unterzeichneten die Parteien am 30. April 1985 einen “Nachtrag” zum Arbeitsvertrag, der ua. wie folgt lautet:
“Mit Wirkung vom 01.01.1985 finden auf das bestehende Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes in der jeweiligen Fassung entsprechend Anwendung.”
In der Folgezeit wurden die Tarifabschlüsse für den Bereich BAT Bund/Länder jeweils durch eigene Tarifverträge zwischen der Tarifgemeinschaft des DRK und der Gewerkschaft ÖTV (später: ver.di) vereinbart.
Am 31. Januar 2003 wurde zwischen der Gewerkschaft ver.di und der dbbtarifunion einerseits und dem Bund und der TdL andererseits auf Grund einer am 9. Januar 2003 erzielten Einigung im Rahmen des 78. Änderungstarifvertrages zum BAT der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 (im Folgenden: VTV 35) sowie für die Arbeiter des Bundes und der Länder der Monatslohntarifvertrag Nr. 5 zum MTArb (MLTV Nr. 5) abgeschlossen. In diesen Tarifverträgen wurde ua. eine Erhöhung der Vergütung der Arbeitnehmer in drei Stufen festgesetzt, nämlich ab 1. Januar 2003 (für die Vergütungsgruppen BAT III – I erst ab 1. April 2003) um 2,4 Prozent sowie ab 1. Januar 2004 und ab 1. Mai 2004 um je ein weiteres Prozent.
Das Generalsekretariat des DRK informierte die Landesverbände mit Schreiben vom 14. Januar 2003 über den Tarifabschluss und führte darin aus, dass “gemäß der beim Abschluss des DRK-Tarifvertrages im Jahre 1984 mit den Gewerkschaften vereinbarten Tarifautomatik … das Tarifergebnis der aktuellen Lohnrunde des öffentlichen Dienstes für die tarifgebundenen Verbände automatisch, ohne weitere Verhandlungen in den DRK-Tarifvertrag West zu übernehmen” sei. Ähnlich äußerte sich der Landesverband Niedersachsen e.V. in einem Schreiben ua. an alle DRK-Kreisverbände vom 23. Januar 2003.
Am 6. März 2003 stimmte das Präsidium des DRK “der Übernahme des Tarifabschlusses in die Arbeitsbedingungen des DRK zu vorbehaltlich der Mitwirkung des Präsidialrates”. Dieser fasste am 26. März 2003 folgenden Beschluss:
“1. Die Übernahme des Tarifabschlusses für den Öffentlichen Dienst Bund/Länder 2003 in die DRK Arbeitsbedingungen wird gemäß § 19 Abs. 4 der DRK-Satzung (2. Handlungsvariante gemäß der Vorlage für die Sitzung, die Bestandteil der Niederschrift ist) mit beschlossen.
2. Die DRK-Arbeitsbedingungen Ost werden nicht angepasst.”
Die Gewerkschaften und die Tarifgemeinschaft des DRK traten in Verhandlungen ein, die sich ua. auch mit den sich aus dem VTV 35 und den anderen Tarifverträgen vom 31. Januar 2003 ergebenden Änderungen im öffentlichen Dienst befassten. Es kam jedoch zunächst zu keiner Einigung.
Der Beklagte trat zum 31. März 2003 aus der DRK-LTG Nds. aus. Die Erhöhung von 2,4 Prozent ab dem 1. April 2003 gab er an seine Mitarbeiter ebenso weiter wie die im VTV 35 vorgesehene Einmalzahlung für das Jahr 2003.
Die während des Jahres 2003 zwischen der Tarifgemeinschaft des DRK und der Gewerkschaft ver.di geführten Verhandlungen über einen weiteren Änderungstarifvertrag, der ua. auch die Ergebnisse des VTV 35 in der bisher geübten Weise in den Bereich des DRK übertragen sollte, führten am 19. November und 19. Dezember 2003 zur Unterzeichnung des 23. Tarifvertrages zur Änderung des DRK-TV (im Folgenden: 23. ÄndTV-DRK). Dieser sah (“… gemäß § 3 Absatz 2 der Vereinbarung über Rahmenbedingungen …”) die Übernahme der “für den Bereich des Bundes und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder mit Datum vom 31.01.2003 geschlossenen Tarifverträge zur Anpassung der Vergütungen und Löhne, Ausbildungsvergütungen, Entgelte für Ärzte/Ärztinnen im Praktikum, Praktikantenvergütungen, Orts- und Sozialzuschläge, Zulage usw. einschließlich der Regelung zu einer Einmalzahlung im März 2003” vor; ausdrücklich ausgenommen dagegen wurde die dort gleichfalls vorgesehene Einmalzahlung für November 2004.
Mit dem 1. Januar 2004 stellte der Beklagte die seit dem 1. April 2003 vorgenommene Zahlung der Vergütungserhöhung um 2,4 Prozent ein.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei zur Zahlung der sich aus dem VTV 35 ergebenden Vergütungserhöhung von 2,4 Prozent auch nach dem 1. Januar 2004 sowie weiterer Erhöhungen von je einem Prozent ab 1. Januar 2004 und 1. Mai 2004 verpflichtet. Der Anspruch ergebe sich aus der sog. “Tarifautomatik”, die eine unmittelbare Übernahme der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst durch das Deutsche Rote Kreuz vorsehe. Ferner enthalte die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag der Parteien eine konstitutive Vereinbarung des DRK-TV, ohne dass diese von der Tarifbindung des Beklagten abhängig sei, da sie nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Senatsrechtsprechung auszulegen sei. Der Wegfall der Tarifbindung des Beklagten durch den Austritt aus der DRK-LTG Nds. zum 31. März 2003 sei ohne Bedeutung. Später hat der Kläger seine Ansprüche auf Fortzahlung der 2,4-prozentigen Vergütungserhöhung sowie der weiteren Anhebungen von jeweils einem Prozent ab 1. Januar 2004 und 1. Mai 2004 ergänzend darauf gestützt, dass die Parteien im Arbeitsvertrag vom 26. März 1980 die Arbeitsbedingungen des DRK vereinbart hätten, die zwar textgleich mit dem DRK-TV seien, jedoch nicht identisch. Die Regelungen des VTV 35 seien wirksam in die Arbeitsbedingungen des DRK überführt worden. Der arbeitsvertragliche Nachtrag vom 30. April 1985, in dem “der Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes” in Bezug genommen worden sei, habe die ursprüngliche Bezugnahme auch nicht ersetzt. Vielmehr seien nunmehr beide Regelwerke nebeneinander auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Der Anspruch auf die 2,4-prozentige Erhöhung ab 1. Januar 2004 ergebe sich ferner daraus, dass der Beklagte eine entsprechende betriebliche Übung begründet habe.
Der Kläger hat zuletzt beantragt:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger seit dem 1. Januar 2004 eine Gehaltserhöhung von 2,4 Prozent fortzuentrichten, seit dem 1. Januar 2004 eine weitere Gehaltserhöhung von 1 Prozent sowie ferner seit dem 1. Mai 2004 eine Gehaltserhöhung von 1 Prozent zu zahlen und die monatlichen Differenzbeträge zwischen gezahlter und beantragter Vergütung ab jeweiliger Fälligkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Der Beklagte hat sein Klageabweisungsbegehren damit begründet, dass auf die begehrte Feststellung kein Anspruch bestehe, da er weder zur Zahlung der Erhöhung von 2,4 Prozent noch zur Zahlung der weiteren Erhöhungen von jeweils einem Prozent verpflichtet sei. Eine “Tarifautomatik” bestehe nicht, da es jeweils einer ausdrücklichen, tarifvertraglich vereinbarten Übernahme der Tarifabschlüsse des öffentlichen Dienstes durch das DRK bedürfe. Die Tariferhöhungen vom Januar 2003 seien aber erst nach Austritt des Beklagten aus der DRK-LTG Nds. tarifvertraglich vom DRK übernommen worden. Sie hätten deshalb keinen Einfluss auf das Arbeitsverhältnis. Die Verweisungsklausel sei entsprechend der Senatsrechtsprechung als Gleichstellungsabrede anzusehen und führe im Falle des Wegfalls der Tarifbindung des Arbeitgebers zu einer statischen Fortwirkung der Tariflage, die zu diesem Zeitpunkt bestanden habe. Eine betriebliche Übung sei nicht begründet worden, weil der Beklagte lediglich die für ihn vermeintlich, aber nicht wirklich bestehende Verpflichtung zur Weitergabe der Tariferhöhungen des öffentlichen Dienstes habe erfüllen wollen.
Das Arbeitsgericht hat der – noch auf Zahlung der Vergütungserhöhungen von 2,4 und einem Prozent für die Monate Januar bis April 2004 gerichteten – Klage teilweise, nämlich hinsichtlich der Erhöhung um 2,4 Prozent, stattgegeben. Nach einer Änderung des Klageantrages hat das Landesarbeitsgericht unter Zurückweisung der Berufungen beider Parteien im Übrigen festgestellt, dass der Beklagte zur Weiterzahlung der Erhöhung von 2,4 Prozent nebst Zinsen verpflichtet ist. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Ziel auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung auch der weiteren Erhöhungen von jeweils einem Prozent zum 1. Januar 2004 und zum 1. Mai 2004 weiter. Der Beklagte begehrt mit der von ihm eingelegten Revision die vollständige Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet, die des Beklagten dagegen begründet. Dem Kläger steht die Vergütungserhöhung weder in der von ihm geltend gemachten noch in der vom Landesarbeitsgericht angenommenen Höhe zu.
A. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage in der Form des zuletzt gestellten Feststellungsantrages für zulässig gehalten, weil der Kläger nicht gehalten sei, die im Streit stehenden Ansprüche monatlich durch Leistungsklage geltend zu machen. Auf Grund der Erklärung des Beklagten, er werde einem Feststellungsurteil Folge leisten, sei die Feststellungsklage geeignet, den Streit der Parteien insgesamt beizulegen. Soweit der Kläger die Feststellung der Zahlungsverpflichtung des Beklagten hinsichtlich der Erhöhung von 2,4 Prozent begehre, sei die Klage auch begründet. Der Beklagte habe ohne Rechtsgrund ab dem 1. April 2003 eine Gehaltserhöhung von 2,4 Prozent gewährt und diese ohne Vorbehalt mehr als drei Monate gezahlt. Darin sei die Begründung einer betrieblichen Übung zu sehen, von der der Beklagte sich nicht einseitig lösen könne. Dass dieser sich hierzu möglicherweise auf Grund einer fehlerhaften Annahme der unmittelbaren Wirkung des VTV 35 verpflichtet angesehen habe, sei ohne Bedeutung, da eine solche Annahme für den Kläger nicht erkennbar gewesen sei. Zur Zahlung der weiteren Erhöhungen von je einem Prozent sei der Beklagte jedoch nicht verpflichtet. Bei der Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag handele es sich um eine Gleichstellungsabrede, die bei Ende der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers zum Ende der Tarifdynamik führe. Auch bestehe die von dem Kläger angenommene “Tarifautomatik” der Übertragung der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst auf den Bereich des DRK nicht.
B. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers ist unbegründet, die des Beklagten dagegen begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die im VTV 35 geregelten Vergütungserhöhungen.
I. Der in der Berufungsinstanz gestellte Feststellungsantrag des Klägers ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nur teilweise zulässig.
1. Der Feststellungsantrag des Klägers ist unzulässig, soweit er die Zahlung der Vergütungserhöhung von 2,4 Prozent für den Zeitraum Januar bis April 2004 erfasst. Es mangelt am notwendigen Feststellungsinteresse.
Streitgegenstand der ersten Instanz war der bezifferte Zahlungsantrag des Klägers, der sich auf die Erhöhungen von 2,4 Prozent und von einem Prozent für die Monate Januar bis April 2004 bezog. Hinsichtlich der Leistungsklage auf die Erhöhung von 2,4 Prozent für den genannten Zeitraum war die Klage vor dem Arbeitsgericht erfolgreich. Der Kläger ist mangels erforderlichen Feststellungsinteresses (§ 256 Abs. 1 ZPO) daran gehindert, diesen bereits titulierten Teil des Anspruchs nunmehr durch einen Feststellungsantrag geltend zu machen. Vielmehr ist die Verteidigung dieses Teils des arbeitsgerichtlichen Urteils in der Berufungsinstanz durch den klägerischen Antrag auf Zurückweisung der hiergegen gerichteten Berufung des Beklagten erfolgt. Ihm hat das Landesarbeitsgericht auch stattgegeben. Damit hat es in der Sache über diesen Streitgegenstand zwei Mal entschieden, nämlich einmal durch die diesen Zeitraum umfassende Feststellung, sodann durch die Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen die diesen Zeitraum umfassende Verurteilung zur Zahlung durch das Arbeitsgericht. Dies ist rechtsfehlerhaft.
2. Der Feststellungsantrag des Klägers ist im Übrigen zulässig, auch soweit er sich auf die – vom Arbeitsgericht abgelehnte – Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von einem weiteren Prozent für die Monate Januar bis April 2004 bezieht. Der Kläger war nicht gehindert, insoweit in der Berufungsinstanz von einem Zahlungsantrag auf einen Feststellungsantrag überzugehen, da dieser zukunftsoffen den Zeitraum ab dem 1. Januar 2004 umfasst und ohnehin mangels Fälligkeit für die Zukunft nicht als Leistungsantrag hätte gestellt werden können (vgl. dazu Senat 7. Juni 2006 – 4 AZR 272/05 – AP TVG § 1 Nr. 37 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 43). Das nach § 256 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse des Klägers liegt in dieser weitgehend zukunftsgerichteten Verpflichtung des Beklagten zur weiteren Zahlung der begehrten Erhöhungen. Es ist nach der Erklärung des Beklagten, einem rechtskräftigen Feststellungsurteil Folge zu leisten, auch davon auszugehen, dass der Streit der Parteien durch ein Feststellungsurteil endgültig beigelegt wird (vgl. dazu BAG 16. Juli 1998 – 6 AZR 672/96 – AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 27 mwN), so dass die Aufteilung in einen (bezifferten) Zahlungsanspruch und einen weiteren Feststellungsanspruch nicht erforderlich ist.
II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die vom Kläger begehrte Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, seit dem 1. Januar 2004 eine Gehaltserhöhung von einem Prozent und seit dem 1. Mai 2004 eine weitere Erhöhung von einem Prozent zu leisten, rechtsfehlerfrei abgelehnt.
1. Der Kläger kann sich nicht auf die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel hinsichtlich des DRK-TV berufen. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel der Parteien um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der Senatsrechtsprechung handelt, die bei Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers, etwa – wie hier – durch Verbandsaustritt, dazu führt, dass danach abgeschlossene Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis keine Wirkung mehr entfalten.
a) Nach der früheren ständigen Rechtsprechung des Senats ist die Bezugnahme in einem von einem tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifverträge in der jeweiligen Fassung regelmäßig als Gleichstellungsabrede auszulegen, wenn andere für die Auslegung der vertraglichen Bezugnahme gem. §§ 133, 157 BGB bedeutsame Umstände dem nicht entgegenstehen. Die Auslegungsregel beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer Bezugnahmeklausel in einem Arbeitsvertrag eines tarifgebundenen Arbeitgebers nur die möglicherweise fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers ersetzt werden soll. Sie soll auf schuldrechtlichem Wege zur Anwendung der Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis mit dem Inhalt führen, wie er für die tarifgebundenen Arbeitnehmer in diesen Fällen ohnehin gilt. Der Arbeitnehmer nimmt auf Grund einer Gleichstellungsabrede grundsätzlich an der Tarifentwicklung der in Bezug genommenen einschlägigen Tarifverträge teil. Diese vertragliche Anbindung an die dynamische Entwicklung der tariflich geregelten Arbeitsbedingungen endet aber, wenn sie tarifrechtlich auch für einen tarifgebundenen Arbeitnehmer endet, zB durch den Austritt des Arbeitgebers aus dem zuständigen Arbeitgeberverband, durch das Herausfallen des Betriebes aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrages oder durch den Übergang des Betriebes oder Teilbetriebes, in dem die betroffenen Arbeitnehmer beschäftigt sind, auf einen nicht tarifgebundenen neuen Arbeitgeber. Ebenso wie nach den einschlägigen tarifrechtlichen Regelungen (§ 3 Abs. 3, § 4 Abs. 5 TVG; § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB) in solchen Fallkonstellationen für den tarifgebundenen Arbeitnehmer die weiteren Änderungen oder Ergänzungen der einschlägigen Tarifverträge mangels beiderseitiger Tarifgebundenheit tarifrechtlich nicht mehr gelten, finden sie auf Grund der Gleichstellungsabrede auch nicht mehr in den Arbeitsverhältnissen der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer Anwendung (vgl. die Rechtsprechungsnachweise im Senatsurteil 14. Dezember 2005 – 4 AZR 536/04 – Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 32).
b) In der Entscheidung vom 14. Dezember 2005 (– 4 AZR 536/04 – aaO) hat der Senat angekündigt, die fragliche Auslegungsregel nicht mehr anzuwenden, sondern einzelvertragliche Verweisungsklauseln auf einschlägige Tarifwerke auch bei tarifgebundenen Arbeitgebern nur dann als Gleichstellungsabreden anzusehen, wenn der Gleichstellungswille, dh. die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers und der Wille, das Tarifwerk nur für die Dauer dieser Tarifgebundenheit dynamisch anzuwenden, hinreichend deutlich aus den Erklärungen der Arbeitsvertragsparteien oder den für beide Seiten erkennbaren Umständen des Vertragsschlusses hervorgeht. Wegen der durch die bisherige Rechtsprechung geschaffenen Vertrauenslage sei aus rechtsstaatlichen Erwägungen die Auslegungsregel auf dynamische Verweisungsklauseln, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden seien (sog. Altverträge), jedoch weiterhin anzuwenden.
c) Nach diesen Grundsätzen ist die streitige Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag der Parteien als Gleichstellungsabrede auszulegen. Arbeitsvertrag und Bezugnahmeklausel sind vor dem Stichtag abgeschlossen. Die Revision hat angezweifelt, ob der Vertrauensschutz für Altverträge mit der Übergangsregelung zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes und der damit spätestens zum 1. Januar 2003 bewirkten Erstreckung der AGB-Kontrolle auf das Arbeitsrecht vereinbar sei. Der Senat hat aber bereits in der angeführten Entscheidung vom 14. Dezember 2005 (– 4 AZR 536/04 – Rn. 27, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 32) darauf hingewiesen, dass Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB dem befürworteten Vertrauensschutz nicht entgegensteht. Hiergegen bringt die Revision keine neuen Gesichtspunkte vor. Der Senat hat seine Auffassung im Urteil vom 18. April 2007 (– 4 AZR 652/05 –) noch einmal bestätigt und erläutert.
d) Wegen des Charakters der Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede wird das Arbeitsverhältnis der Parteien von dynamischen Veränderungen des in Bezug genommenen Tarifvertrages nach Ende der Tarifgebundenheit nicht mehr erfasst. Da der Beklagte zum 31. März 2003 aus der DRK-LTG Nds. ausgetreten ist und die Vergütungserhöhungen für die verbleibenden Mitglieder der DRK-LTG Nds. erst mit Abschluss des 23. ÄndTV-DRK am 19. November/19. Dezember 2003 vereinbart worden sind, finden sie auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.
Soweit der Kläger früher darauf abgestellt hat, dass die Regelungen über die Vergütungserhöhungen aus dem VTV 35 bereits mit dessen Abschluss im Januar 2003, also vor dem Austritt des Beklagten aus der DRK-LTG Nds., vermittelt über die sog. “Tarifautomatik” im Arbeitsverhältnis der Parteien Geltung erlangt hätten, hat er diese Auffassung im Revisionsverfahren ausdrücklich aufgegeben, da der Senat in mehreren, dem Kläger bekannten Entscheidungen die dem entgegenstehende Auffassung des Landesarbeitsgerichts bestätigt hat (zB 7. Juni 2006 – 4 AZR 272/05 – AP TVG § 1 Nr. 37 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 43).
2. Entgegen der Auffassung der Revision besteht auch kein Anspruch des Klägers aus der im Arbeitsvertrag der Parteien vom 26. März 1980 vereinbarten Verweisung auf die Arbeitsbedingungen des DRK. Diese Verweisung ist durch die Änderung des Arbeitsvertrages am 30. April 1985, in der die Anwendung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen DRK-TV vereinbart wurde, einvernehmlich aufgehoben worden.
a) Der DRK-TV und die Arbeitsbedingungen des DRK sind zwei verschiedene Regelwerke, auch soweit sie wortgleich sind. Der DRK-TV als Manteltarifvertrag und seine jeweiligen Änderungstarifverträge werden durch die Gewerkschaft einerseits und die Tarifgemeinschaft des DRK andererseits vereinbart und entfalten sodann normative Wirkung. Die im ursprünglichen Arbeitsvertrag angesprochenen Arbeitsbedingungen für Arbeiter und Angestellte des DRK dagegen sind einseitig vom DRK festgesetzte Arbeitsbedingungen, die nur durch vertragliche Vereinbarung Eingang in das Arbeitsverhältnis finden können, denen jedoch keine normative Wirkung zukommt (Senat 27. November 2002 – 4 AZR 663/01 – BAGE 104, 39, 43).
b) Die mit Beschluss des DRK-Präsidiums vom 6. März 2003 und des DRK-Präsidialrates vom 26. März 2003 erfolgte Übernahme der Vergütungserhöhungen des öffentlichen Dienstes vom 31. Januar 2003 ist ohne Bedeutung für das Arbeitsverhältnis der Parteien. Denn die im Arbeitsvertrag vom 26. März 1980 vereinbarte Verweisung auf die Arbeitsbedingungen ist durch die im Änderungsvertrag vom 30. April 1985 vereinbarte Verweisung auf den DRK-TV ersetzt worden. Das ergibt die Auslegung des Änderungsvertrages.
aa) Ausgehend vom Wortlaut ist der objektive Bedeutungsgehalt der Erklärung zu ermitteln. Maßgebend ist der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhangs. In die Auslegung einzubeziehen sind auch die Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Die tatsächliche Handhabung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht ebenfalls Rückschlüsse auf dessen Inhalt. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind schließlich auch der von den Arbeitsvertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die Interessenlage der Beteiligten (Senat 20. April 2005 – 4 AZR 292/04 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 40 mwN).
bb) Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt, dass die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag vom 30. April 1985 diejenige im Arbeitsvertrag vom 26. März 1980 ersetzt hat.
(1) Die Bezugnahme auf die allgemein beim DRK geltenden Arbeitsbedingungen im Jahre 1980 hatte – wie derartige Bezugnahmen in der Regel – die Funktion, den ausdrücklichen Inhalt des Arbeitsvertrages zu ergänzen und für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses eine umfassende, allgemein geltende Regelung bereit zu halten. Zu diesem Zeitpunkt existierte noch kein Tarifvertrag, auf den ebenfalls oder stattdessen hätte Bezug genommen werden können.
(2) Am 31. Januar 1984 wurde der DRK-TV abgeschlossen. Am gleichen Tage unterzeichneten die Tarifvertragsparteien die RahmenV, in der es in Bezug auf den DRK-TV in § 1 Abs. 2 ausdrücklich heißt: “Die Vertragsparteien gehen davon aus, daß der Tarifvertrag nach Abs. 1 (dh. der DRK-TV) die Arbeitsbedingungen des DRK darstellt”. Die bisher allein auf Grund einseitiger Anordnung der satzungsmäßig zuständigen Gremien des DRK geltenden Arbeitsbedingungen bildeten den Inhalt des DRK-TV. Dieser galt jedoch lediglich für die tarifgebundenen Arbeitnehmer und die Mitglieder der DRK-Tarifgemeinschaft. Damit bestanden grundsätzlich zwei Normenwerke nebeneinander, die zwar wortgleich waren, weil die Änderungen des DRK-TV jeweils auf Grund entsprechender Beschlüsse Eingang in die Arbeitsbedingungen gefunden hatten, jedoch eine unterschiedliche Wirkung entfalteten (vgl. dazu Senat 27. November 2002 – 4 AZR 663/01 – BAGE 104, 39, 43 f.).
(3) Wie dem Senat aus zahlreichen Parallelverfahren bekannt ist, wurden nach Inkrafttreten des DRK-TV mit vielen Arbeitnehmern – wie auch vorliegend mit dem Kläger – Änderungsvereinbarungen zu den Arbeitsverträgen abgeschlossen, in denen die Anwendung des nunmehr in Kraft getretenen DRK-TV (rückwirkend zum 1. Januar 1985) vereinbart wurde. Zwar wurde die vorher geltende Bezugnahmeklausel auf die Arbeitsbedingungen nicht ausdrücklich aufgehoben. Dies ergibt sich jedoch aus dem erkennbaren Zweck der Änderung. Wird durch eine Vereinbarung ein komplexes Normenwerk arbeitsvertraglich in Bezug genommen, dann ein zweites Normenwerk mit identischem Regelungsbereich zunächst geschaffen und in einem “Nachtrag” zum Arbeitsvertrag ausdrücklich in Bezug genommen, so ist nach dem Zeitkollisionsprinzip im Zweifel davon auszugehen, dass die frühere Vereinbarung durch die spätere Vereinbarung ersetzt wird. Mit der ändernden Vereinbarung war keine materielle Änderung des Inhaltes des Arbeitsverhältnisses verbunden. Den Parteien konnte es nur um eine Anpassung des Geltungsgrundes an die durch die Vereinbarung des DRK-TV geschaffene Normenlage gehen. Da der Beklagte tarifgebunden war und – wie oben dargelegt – die Bezugnahmeklausel auf den DRK-TV eine Gleichstellungsabrede darstellt, die die Arbeitsbedingungen der bei dem Beklagten beschäftigten tarifgebundenen und nichttarifgebundenen Arbeitnehmer vereinheitlichen sollte, wäre es mit diesem Zweck der Abrede nicht vereinbar, ein bisher geltendes Normenwerk mit gleichem Inhalt nach wie vor gleichwertig gelten zu lassen, mit dem Risiko, dass es hier zu einem Konflikt kommen könnte. Für die Annahme der Revision, die Parteien hätten die beiden Regelwerke ohne jeden erkennbaren Nutzen nebeneinander gelten lassen wollen, fehlt es an jedem Anhaltspunkt. Insbesondere ergibt sich aus dem Wortlaut der Änderungsvereinbarung für diese Sichtweise nichts.
(4) Da der entsprechende Wille der Parteien hinreichend klar zum Ausdruck gekommen ist, besteht für die Anwendung der Unklarheitenregel gem. § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Bestimmung sieht vor, dass Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen. Sie setzt voraus, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel über die Auslegung verbleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar bleiben (BGH 11. März 1997 – X ZR 146/94 – NJW 1997, 3434 mwN). Deren Anwendung ist ausgeschlossen, wenn – wie hier – eine Auslegung den klaren Vorzug vor anderen Verständnismöglichkeiten verdient (BAG 9. November 2005 – 5 AZR 128/05 – AP BGB § 305c Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 3 mwN).
III. Die Revision des Beklagten ist begründet. Soweit die Klage nicht unzulässig ist, ist sie unbegründet. Mit der Zahlung der 2,4-prozentigen Lohnerhöhung von April bis Dezember 2003 hat der Beklagte entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keine betriebliche Übung begründet, auf die der Kläger sich für seinen Feststellungsanspruch über den 1. Januar 2004 hinaus beziehen kann.
1. Nach ständiger Rechtsprechung ist unter betrieblicher Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen (Senat 16. Juni 2004 – 4 AZR 417/03 –; 26. Mai 1993 – 4 AZR 130/93 – BAGE 73, 191, 197; BAG 11. April 2006 – 9 AZR 500/05 – AP BGB § 667 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 667 Nr. 1; 16. Januar 2002 – 5 AZR 715/00 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 56 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 37; 4. Mai 1999 – 10 AZR 290/98 – BAGE 91, 283, 287). Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte (Senat 16. Juni 2004 – 4 AZR 417/03 –; BAG 30. Mai 2006 – 1 AZR 111/05 – AP BetrVG § 77 Nr. 23 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 14; 16. Januar 2002 – 5 AZR 715/00 – aaO). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit einem entsprechenden Verpflichtungswillen gehandelt hat. Die Wirkung einer Willenserklärung im Rechtsverkehr setzt ein, wenn der Erklärende aus der Sicht des Erklärungsempfängers einen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten Willen geäußert hat (BAG 28. Juni 2006 – 10 AZR 385/05 – AP BGB § 242 Nr. 74 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 7). Eine betriebliche Übung entsteht dagegen nicht, wenn der Arbeitgeber zu den zu ihrer Begründung angeführten Verhaltensweisen durch andere Rechtsgrundlagen verpflichtet war (BAG 19. Juni 2001 – 1 AZR 598/00 – EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 67; 27. Juni 1985 – 6 AZR 392/81 – BAGE 49, 151, 159) oder irrtümlich auf Grund einer vermeintlichen Verpflichtung aus einer anderen Rechtsgrundlage sich zur Leistungserbringung verpflichtet glaubte (Senat 16. Juni 2004 – 4 AZR 417/03 –; 16. Oktober 2002 – 4 AZR 467/01 – BAGE 103, 141, 150). Wenn der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar auf Grund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht hat erbringen wollen, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer auch ohne diese Rechtspflicht gewährt werden, (Senat 26. Mai 1993 – 4 AZR 130/93 – BAGE 73, 191, 197 f.; BAG 11. November 1997 – 3 AZR 163/96 –; 30. Mai 2006 – 1 AZR 111/05 – aaO). Auf nicht erkennbare subjektive Vorstellungen des Arbeitgebers allein kommt es nicht an (HWK/Thüsing 2. Aufl. BGB § 611 Rn. 232).
2. Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte mit der Weitergabe der Vergütungserhöhung von 2,4 Prozent von April bis Dezember 2003 keine betriebliche Übung begründet.
a) Die Beurteilung, ob aus den vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen eine betriebliche Übung hinsichtlich der Gewährung von Leistungen entstanden ist oder nicht, unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung (BAG 28. Juni 2006 – 10 AZR 385/05 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 74 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 7 mwN). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des Zehnten Senats und der gleichlautenden herrschenden Auffassung in der Literatur (Müller-Glöge in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 5. Aufl. § 73 Rn. 15; GK-ArbGG/Mikosch Stand März 2007 § 73 Rn. 42; ArbGG-Bepler 2. Aufl. § 73 Rn. 18) an.
b) Die Begründung einer betrieblichen Übung scheidet aus, weil der Beklagte die Leistungen auf Grund einer anderweitigen vermeintlichen Verpflichtung, nämlich des VTV 35 iVm. dem DRK-TV und dem Arbeitsvertrag, erbracht hat. Davon sind die Parteien nach dem 1. April 2003 übereinstimmend ausgegangen. Das ergibt sich aus einer Reihe von Anhaltspunkten.
aa) Die Höhe der Vergütungssteigerung von 2,4 Prozent, die der Beklagte von April bis Dezember 2003 an alle Arbeitnehmer geleistet hat, ist unmittelbar dem VTV 35 entnommen, den für die Arbeitnehmer die Gewerkschaft ver.di, deren Mitglied der Kläger ist, abgeschlossen hat. Ein anderer Bezug der Vergütungserhöhung, insbesondere der konkreten Steigerung um 2,4 Prozent ist nicht zu erkennen.
bb) Der Kläger hat diese Leistung ebenso wie die im VTV 35 vorgesehene und von dem Beklagten geleistete Einmalzahlung als ihm vermeintlich tariflich zustehend bis zum 31. Dezember 2003 entgegengenommen. Als der Beklagte die Zahlung zum 1. Januar 2004 einstellte, hat der Kläger im Forderungsschreiben vom 16. Januar 2004 unter Berufung auf seine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di den Anspruch “auf tarifgerechte Bezahlung”, geltend gemacht und ausdrücklich gefordert, “zu erklären, dass Sie die weiter im Tarifabschluß vom 09.01.2003 vereinbarten Vergütungserhöhungen erfüllen werden”. Anschließend hat er Klage erhoben und sich ausdrücklich und in vielfältiger Weise auf die sich aus dem VTV 35 und der sog. “Tarifautomatik” in Verbindung mit der dynamischen Verweisungsklausel ergebende rechtliche Verpflichtung des Beklagten zur “Weiterzahlung” der Vergütungserhöhung berufen. Der Beklagte habe entgegen der jahrelangen Praxis der automatischen Übernahme der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst die Vergütungserhöhung von einem Prozent zum 1. Januar 2004 nicht weitergegeben, sondern stattdessen noch eine Herabsetzung um 2,4 Prozent vorgenommen. Auch diese eingeforderte Leistung entspricht nicht nur dem Zeitpunkt, sondern auch der Höhe nach der vom Kläger vermuteten Verpflichtung zur unmittelbaren Umsetzung des VTV 35, die bis dahin – aus seiner Sicht – mit der Erhöhung um 2,4 Prozent zum 1. April 2003 unbeanstandet erfolgt war.
cc) Diese Argumentation einer tarifrechtlichen Verpflichtung des Beklagten hat der Kläger trotz der nicht seinem Vorbringen entsprechenden Begründung des arbeitsgerichtlichen Urteils für die Weiterzahlungsverpflichtung von 2,4 Prozent aus betrieblicher Übung noch in der von ihm wegen der weiteren Erhöhung von einem Prozent eingelegten Berufung ausdrücklich verfolgt und ist der Begründung des Beklagten für die Einstellung der Zahlungen am 1. Januar 2004, er sei dazu nicht verpflichtet, gerade mit der Argumentation entgegengetreten, die Verpflichtung zur Weiterzahlung und der zusätzlichen Erhöhungen ergebe sich aus der Geltung des VTV 35, die – entgegen der Auffassung des Beklagten – mit dem Austritt aus der DRK-LTG Nds. nicht entfallen sei.
dd) Die den Kläger in den Vorinstanzen vertretende Gewerkschaft ver.di, bei der die Kläger Mitglied ist, hat in zahlreichen Parallelverfahren vor dem Senat allgemein die Auffassung vertreten, der Beklagte sei durch die sog. “Tarifautomatik” über den DRK-TV unmittelbar an den Abschluss im öffentlichen Dienst gebunden. Darauf hat der Kläger seine Revision im vorliegenden Streitfall auch zunächst ausdrücklich gestützt und ist erst im Verlauf der Revisionsinstanz davon abgegangen, weil aus den genannten Parallelverfahren bekannt wurde, dass der Senat diese Auffassung nicht teilt, sondern davon ausgeht, dass eine jeweilige konstitutive ausdrückliche Übernahme der Tarifabschlüsse des öffentlichen Dienstes in den Bereich des DRK durch einen eigenständigen Tarifvertrag erforderlich war (vgl. nur Senat 7. Juni 2006 – 4 AZR 272/05 – AP TVG § 1 Nr. 37 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 43).
ee) An dem vermeintlichen Normvollzug ändert nichts, dass entgegen der Regelung im VTV 35 die Erhöhung von 2,4 Prozent erst im April 2003 und nicht schon im Januar 2003 gezahlt worden ist. Gegenüber dem Arbeitsgericht hat der Kläger selbst den zutreffenden Zeitpunkt der Erhöhungsverpflichtung nach dem VTV 35 mit dem 1. April 2003 bezeichnet. Der Beklagte hat diese Auffassung geteilt, ebenso das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht. Wenn der Arbeitnehmer den Irrtum seines Arbeitgebers beim vermeintlichen Normvollzug teilt, schließt dies eine Rechtsbindung für die Zukunft aus (Waltermann RdA 2006, 257, 266). Definieren also die Parteien übereinstimmend (wenn auch fehlerhaft) den Beginn einer Leistungsverpflichtung auf den 1. April 2003, so ist die tatsächliche Leistung der geforderten Erhöhung ab 1. April 2003 als (vermeintlicher) Normvollzug anzusehen und wurde von den Arbeitnehmern des Beklagten, wie auch dem Kläger, so angesehen.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Bepler, Wolter, Creutzfeldt, Günther, Görgens
Fundstellen