Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitzuschläge für Schichtarbeit an Feiertagen
Orientierungssatz
Hinweise des Senats:
"Arbeit an Ostersonntag und Pfingstsonntag; vergleiche auch Senatsurteil vom 18. April 1996 (- 6 AZR 593/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bundesbahn Nr 12)."
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des
Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 29. September 1998 -
12 Sa 2544/97 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe dem Kläger Zeitzuschläge für Schichtarbeit am Ostersonntag und am Pfingstsonntag 1996 zustehen.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Krankenpfleger mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) Anwendung. Der Kläger erhält eine Vergütung nach Tarifgruppe KR V a, Stufe 9. Die Stundenvergütung beträgt in dieser Tarifgruppe 22,59 DM.
Der Kläger arbeitet im Schichtdienst. Im Dienstplan sind die Arbeitsstunden so verteilt, daß jeder Arbeitnehmer seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ableistet und dabei auch an Feiertagen arbeiten muß. Für Feiertagsarbeit sind in den folgenden Kalenderwochen freie Tage vorgesehen. Der Umfang der gewährten Freizeit entspricht der geleisteten Feiertagsarbeit.
Hinsichtlich der Arbeit an Sonn- und Feiertagen und ihrer Vergütung enthalten die AVR, soweit hier von Interesse, folgende Regelungen:
"§ 9
Regelmäßige Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen
durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich. Für die Berechnung des
Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist in
der Regel ein Zeitraum von 24 Wochen zugrunde zu legen.
Bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ständige
Wechselschicht- oder Schichtarbeit zu leisten haben, kann ein
längerer Zeitraum zugrunde gelegt werden.
...
(5) In Einrichtungen, deren Aufgaben Sonntags-, Feiertags-,
Wechselschicht-, Schicht- oder Nachtarbeit erfordern, muß
dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich entsprechend gearbeitet
werden.
Bei Sonntags- und Feiertagsarbeit sollen jedoch im Monat zwei
Sonntage arbeitsfrei sein, es sei denn, es stehen dringende
dienstliche oder betriebliche Erfordernisse entgegen. Die
dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeitszeit an einem Sonntag
ist durch eine entsprechende zusammenhängende Freizeit an einem
Werktag der nächsten oder der übernächsten Woche auszugleichen.
Erfolgt der Ausgleich ausnahmsweise an einem Wochenfeiertag, der
auf einen Werktag fällt, wird für jede auszugleichende
Arbeitsstunde die Stundenvergütung (§ 20 a Abs. 3 Unterabs. 1)
gezahlt.
Die dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeitszeit an einem
Wochenfeiertag wird durch eine entsprechende zusammenhängende
Freizeit an einem Werktag der laufenden oder der folgenden Woche
unter Fortzahlung der Vergütung (§ 14 Abs. 1) und der in
Monatsbeträgen festgelegten Zulagen ausgeglichen, wenn die
dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse es zulassen.
...
§ 20 a
Zeitzuschläge, Überstundenvergütung
(1) Die Mitarbeiterin bzw., der Mitarbeiter erhält neben ihrer
bzw. seiner Vergütung (§ 14 Abs. 1) Zeitzuschläge. Sie betragen je
Stunde
...
c) für Arbeit an
aa)Wochenfeiertagen sowie
am Ostersonntag und am
Pfingstsonntag
- ohne 135 v.H.,
Freizeitausgleich
- bei Freizeitausgleich 35 v.H.,
...
der Stundenvergütung, ..."
Der Kläger arbeitete am Ostersonntag und am Pfingstsonntag 1996 entsprechend seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit je 7,7 Stunden. Hierfür erhielt er einen Zeitzuschlag von 35 vH der Stundenvergütung. Er verlangt von der Beklagten für die Arbeit an den beiden Feiertagen Zeitzuschläge in Höhe weiterer 100 vH der Stundenvergütung, was einem Betrag von unstreitig 347,80 DM entspricht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stünden für die am Ostersonntag und am Pfingstsonntag 1996 geleisteten Arbeitsstunden nach § 20 a Abs. 1 Buchst. c Doppelbuchst. aa AVR Zeitzuschläge in Höhe von 135 vH der Stundenvergütung zu, da er keinen Freizeitausgleich erhalten habe. Die dienstplanmäßig vorgesehenen Ruhetage seien kein Freizeitausgleich im Sinne der AVR.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 347,87 DM brutto nebst
4 % Zinsen seit 12. Dezember 1996 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, für die an den beiden Tagen geleisteten Arbeitsstunden habe der Kläger wie für alle auf einen Sonntag fallenden Arbeitsstunden dienstplanmäßig Freizeitausgleich erhalten. Deshalb habe er nur Anspruch auf die gezahlten Zeitzuschläge in Höhe von 35 vH der Stundenvergütung.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage als unbegründet abgewiesen.
Der Kläger hat gegen die Beklagte für die am Ostersonntag und am Pfingstsonntag 1996 geleisteten Arbeitsstunden keinen Anspruch auf Zeitzuschläge in Höhe von 135 vH der Stundenvergütung nach § 20 a Abs. 1 Buchst. c Doppelbuchst. aa AVR, da er Freizeitausgleich im Sinne der AVR erhalten hat.
1. Nach dieser Bestimmung betragen die Zeitzuschläge für Arbeiten an Wochenfeiertagen sowie am Ostersonntag und am Pfingstsonntag ohne Freizeitausgleich 135 vH und bei Freizeitausgleich 35 vH der Stundenvergütung.
Der Kläger hat am Ostersonntag und am Pfingstsonntag 1996 dienstplanmäßig je 7,7 Stunden gearbeitet. Für diese dienstplanmäßige Arbeitszeit hat er den nach § 9 Abs. 5 Unterabs. 2 AVR vorgesehenen Freizeitausgleich erhalten. Nach dieser Bestimmung ist die dienstplanmäßige Arbeit an einem Sonntag durch entsprechende zusammenhängende Freizeit an einem Werktag oder ausnahmsweise an einem Wochenfeiertag der nächsten oder übernächsten Woche auszugleichen. Dieser Freizeitausgleich ist zwingend in Dienstplänen, die Sonntagsarbeit vorsehen, vorzunehmen. Er wurde nach den vom Kläger nicht angegriffenen und damit für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen gewährt. Ein weiterer Freizeitausgleich stand dem Kläger nicht zu. Daraus, daß es sich bei diesen Sonntagen zugleich um Feiertage handelte, kann der Kläger nichts herleiten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den gleichlautenden tariflichen Bestimmungen für Angestellte im öffentlichen Dienst sind für Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen, die auf einen Sonntag fallen, sowie für Arbeit am Ostersonntag oder am Pfingstsonntag nur Zeitzuschläge in Höhe von 35 vH der Stundenvergütung zu zahlen, wenn die dienstplanmäßige Arbeitszeit an diesen Sonntagen durch entsprechende dienstplanmäßige Freizeitgewährung in der nächsten oder übernächsten Woche ausgeglichen wird. Es besteht in diesem Fall kein Anspruch auf einen zusätzlichen freien Tag oder auf zusätzliche Zeitzuschläge in Höhe von 135 vH der Stundenvergütung (BAG 11. Dezember 1980 - 3 AZR 163/78 - AP MTB II § 27 Nr. 2; 22. September 1981 - 3 AZR 330/79 - AP BAT § 35 Nr. 1; 18. März 1986 - 3 AZR 541/84 - AP BAT § 35 Nr. 3; 9. Oktober 1991 - 6 AZR 370/89 - AP BAT § 15 Nr. 17; 18. April 1996 - 6 AZR 593/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bundesbahn Nr. 12). Diese Rechtsprechung hat in der Literatur Zustimmung erfahren (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Stand Mai 2000 § 15 Rn. 77; PK-BAT Pieper 2. Aufl. § 15 Rn. 33 ff.; Scheffer/Mayer Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland 3. Aufl. Stand Januar 1996 § 9 AVR Erl. 5). Die vorliegende Revision bietet keinen Anlaß, von ihr abzuweichen.
Dieser auf Grund des eindeutigen Wortlauts und des Gesamtzusammenhangs zu ermittelnde Inhalt der AVR, die wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen sind, beruht darauf, daß der Schichtdienstleistende die gleiche regelmäßige Arbeitszeit zu leisten hat wie der Mitarbeiter, der nicht zum Schichtdienst eingeteilt ist. Nur erfordert die Notwendigkeit der Sonntagsarbeit im Schichtdienst die Verlagerung der Freizeit, die der nicht Schichtdienstleistende stets am Sonntag hat, auf einen anderen Tag der nächsten oder übernächsten Woche. Im Ergebnis werden also beide Arbeitnehmergruppen im gleichen Umfang zur Arbeitsleistung herangezogen, wie dies in § 9 Abs. 5 AVR vorgesehen ist. Für die regelmäßige Arbeitszeit erhalten sie ihre monatliche Vergütung (hier: KR V a, Stufe 9). Für Sonntagsarbeit steht dem Schichtdienstleistenden allerdings ein Zeitzuschlag von 25 vH und bei Arbeiten an Wochenfeiertagen, wenn sie auf einen Sonntag fallen, sowie an Ostersonntag und an Pfingstsonntag ein Zeitzuschlag in Höhe von 35 vH der Stundenvergütung zu (vgl. Senat 18. April 1996 - 6 AZR 593/95 - aaO). Letztere hat der Kläger erhalten.
2. Entgegen der Revision steht diesem Auslegungsergebnis nicht das Urteil des Dritten Senats vom 22. August 1995 (- 3 AZR 42/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: DRK Nr. 4 = EzA TVG § 4 Rotes Kreuz Nr. 1) zu den die Zeitzuschläge an Wochenfeiertagen regelnden tariflichen Bestimmungen des TV über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes entgegen. In Abgrenzung zu den tariflichen Bestimmungen des BAT, die denen der AVR entsprechen, folgert der Dritte Senat aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, daß Zeitzuschläge für Arbeit an Wochenfeiertagen in Höhe von 35 vH der Stundenvergütung nur dann zu zahlen sind, wenn der Arbeitnehmer zum Ausgleich für die Arbeit an Feiertagen zusätzlich "bezahlte" Freizeit erhält. Dabei geht der Dritte Senat von einer Entlohnung im Stundenlohn aus.
Bei einer monatlichen Vergütung, wie sie der Kläger als Krankenpfleger und damit Mitarbeiter des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland erhält, kommt es hingegen darauf an, ob der monatlichen Vergütung die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit gegenübersteht. Nur wenn die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit durch die Feiertagsarbeit, wie bei der Arbeit an Wochenfeiertagen, die auf die Tage zwischen Montag und Freitag fallen, überschritten wird und dafür keine zusätzliche Freizeit gewährt wird, besteht ein Anspruch auf Zeitzuschläge in Höhe von 135 vH der Stundenvergütung (BAG 18. April 1996 - 6 AZR 593/95 - aaO).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Peifer Dr. Armbrüster Gräfl
R. Schwarck Matiaske
Fundstellen
Haufe-Index 611010 |
ZTR 2001, 172 |