Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösende Bedingung. Rente wegen Erwerbsminderung. Klagfrist
Leitsatz (redaktionell)
§ 21 Abs. 1 MTV Schiene sieht bei Bewilligung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. Eine etwaige Unwirksamkeit dieser auflösenden Bedingung kann gem. §§ 21, 17 S. 1 TzBfG nur binnen drei Wochen nach der tariflich vorgesehenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden. Es bleibt offen, ob § 21 Abs. 1 MTV Schiene mit diesem Inhalt wirksam ist.
Normenkette
TzBfG §§ 17, 21
Verfahrensgang
LAG München (Urteil vom 20.05.2005; Aktenzeichen 3 Sa 1319/04) |
ArbG Augsburg (Urteil vom 08.09.2004; Aktenzeichen 6a Ca 3203/03) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20. Mai 2005 – 3 Sa 1319/04 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis auf Grund auflösender Bedingung geendet hat. Außerdem begehrt der Kläger die Verringerung seiner wöchentlichen Arbeitszeit und Vergütung aus Annahmeverzug.
Der Kläger war seit 1. April 1968 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen als Signalschlosser im Bereich Leit- und Sicherungstechnik mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von zuletzt 37,5 Stunden beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet auf Grund beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer von Schienenverkehrs- und Schieneninfrastrukturunternehmen (MTV Schiene) vom 1. August 2002 Anwendung. Dieser lautet auszugsweise:
Ҥ 21
Ende des Arbeitsverhältnisses
1. Das Arbeitsverhältnis endet
– durch Kündigung,
– nach Ablauf der vereinbarten Zeit,
– durch Auflösung in beiderseitigem Einvernehmen,
– mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet,
– bei Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung mit der Zustellung des Rentenbescheides. Als solcher gilt auch eine vorläufige Mitteilung, mit der Vorschüsse auf die spätere Rente zur laufenden Zahlung angewiesen werden.
Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine befristete Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung gewährt wird.
Im Fall der befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung ruht das Arbeitsverhältnis von dem im Bescheid genannten Zeitpunkt der Feststellung an bis zum Ablauf des Tages, bis zu dem die Rente befristet ist, längstens jedoch bis zum Ablauf des Tages, an dem das Arbeitsverhältnis endet.
Erhält der Arbeitnehmer eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, kann der Arbeitnehmer verlangen, dass seine individuelle vertragliche Arbeitszeit entsprechend dem Teil der Arbeitszeit, für die der Rentenversicherungsträger bei ihm eine Erwerbsminderung festgestellt hat, reduziert wird, sofern betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Die Verringerung der Arbeitszeit ist zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer schriftlich zu vereinbaren. Kommt es zu keiner Vereinbarung über die Verringerung der Arbeitszeit, so ruht das Arbeitsverhältnis.
Das bis zum Zeitpunkt der Zustellung des Rentenbescheides gezahlte Entgelt/Fortzahlungsentgelt gilt als Vorschuß auf die zu gewährende Rente. Der Arbeitnehmer hat insoweit seine Rentenansprüche für diesen Zeitraum an seinen Arbeitgeber abzutreten.
…”
Der Kläger war seit 18. Dezember 2000 arbeitsunfähig erkrankt. Am 27. Dezember 2000 beantragte er bei der Bahnversicherungsanstalt eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Der Rentenantrag wurde seitens der Bahnversicherungsanstalt zunächst zurückgewiesen, ebenso der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers. In dem anschließenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht erkannte die Bahnversicherungsanstalt in der Verhandlung vom 11. November 2002 den Versicherungsfall der teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 20. Dezember 2000 an und erklärte sich bereit, dem Kläger ab 1. Januar 2001 eine unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit dem Grunde nach zu gewähren. Ein entsprechender Rentenbescheid wurde am 5. Dezember 2002 erlassen. Der Kläger informierte die Beklagte mit Schreiben vom 10. März 2003 über die Rentenbewilligung und bot gleichzeitig seine Arbeitskraft im Umfang von fünf Stunden arbeitstäglich an. Die Beklagte lehnte dieses Angebot mit Schreiben vom 20. März 2003 unter Hinweis darauf, dass das Arbeitsverhältnis nach § 21 Abs. 1 MTV Schiene mit der Zustellung des Rentenbescheids geendet habe, ab.
Mit Bescheid des Amts für Versorgung und Familienförderung – Versorgungsamt – vom 9. August 2002 war der Kläger rückwirkend ab 25. April 2001 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannt worden.
Mit der am 8. Juli 2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger gegenüber der Beklagten die Verringerung seiner wöchentlichen Arbeitszeit von zuletzt 37,5 Stunden auf 25 Stunden geltend gemacht. Nachdem sich die Beklagte erneut auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der Rentengewährung berufen hatte, hat der Kläger seine Klage um Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug für die Zeit vom 15. März 2003 bis zum 31. August 2004 erweitert. Mit Schriftsatz vom 27. August 2004 hat der Kläger außerdem die Feststellung begehrt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis habe nicht auf Grund auflösender Bedingung geendet. § 21 Abs. 1 MTV Schiene sehe bei Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht vor, vielmehr habe der Arbeitnehmer nach § 21 Abs. 1 Unterabs. 4 MTV Schiene einen Anspruch auf Verringerung seiner Arbeitszeit. Dies folge insbesondere aus dem systematischen Zusammenhang der einzelnen in § 21 Abs. 1 MTV Schiene enthaltenen Regelungen und aus einem wertenden Vergleich mit den Vorschriften des TzBfG und des Schwerbehindertenschutzrechts. Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Unterabs. 4 MTV Schiene seien erfüllt. Er habe von der Beklagten die Verringerung seiner Arbeitszeit verlangt und sei auf Grund seines Gesundheitszustands in der Lage, fünf Stunden täglich auf seinem bisherigen Arbeitsplatz oder auf einem anderen Arbeitsplatz in der Werkstatt, als Zugbegleitung oder bei der Wartung der Fahrkartenautomaten zu arbeiten. Deshalb habe er gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Verringerung der Wochenarbeitszeit auf 25 Stunden. Außerdem sei die Beklagte verpflichtet, ihm für die Zeit vom 15. März 2003 bis zum 31. August 2004 Annahmeverzugsvergütung auf der Grundlage einer täglichen Arbeitszeit von fünf Stunden zu zahlen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, einer Verringerung der Wochenarbeitszeit des Klägers auf 25 Stunden zuzustimmen,
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger brutto 26.724,54 Euro abzüglich 19.729,66 Euro Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 144,74 Euro seit dem 1. April 2003, aus weiteren 249,48 Euro jeweils seit dem 1. Mai 2003, 1. Juni 2003, 1. Juli 2003, 1. August 2003, 1. September 2003, 1. Oktober 2003, 1. November 2003 sowie aus weiteren 464,50 Euro jeweils seit dem 1. Dezember 2003 und 1. Januar 2004, sowie aus weiteren 445,69 Euro seit dem 1. Februar 2004, 1. März 2004, 1. April 2004, 1. Mai 2004, 1. Juni 2004 und 1. Juli 2004 zu bezahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nach § 21 Abs. 1 Unterabs. 1 5. Spiegelstrich MTV Schiene auf Grund der Zustellung des Rentenbescheids der Bahnversicherungsanstalt vom 5. Dezember 2002 über die Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung geendet. Dem Kläger steht daher gegenüber der Beklagten weder ein Anspruch auf Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit noch auf Annahmeverzugsvergütung für die Zeit vom 15. März 2003 bis 31. August 2004 zu.
I. Der auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses gerichtete Klageantrag zu 1) ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Der Klageantrag zu 1) ist zulässig.
Bei dem Feststellungsantrag handelt es sich sowohl um eine (verspätete) Klage nach § 21, § 17 Satz 1 TzBfG, mit der der Kläger die Unwirksamkeit einer auflösenden Bedingung geltend macht, als auch um eine allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO. Dies ergibt sich sowohl aus dem Antragswortlaut als auch aus der zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehenden Antragsbegründung. Der Kläger macht zwar auch die Unwirksamkeit der in § 21 Abs. 1 MTV Schiene normierten auflösenden Bedingung geltend. Er beruft sich aber in erster Linie darauf, dass die Tarifnorm im Falle der Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung keine auflösende Bedingung vorsehe und deshalb eine auflösende Bedingung nicht eingetreten sei. Dies ist nicht mit einer Klage nach § 21, § 17 Satz 1 TzBfG geltend zu machen, sondern mit einer allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO (BAG 23. Juni 2004 – 7 AZR 440/03 – BAGE 111, 148 = AP TzBfG § 17 Nr. 5 = EzA TzBfG § 17 Nr. 5, zu I 1 der Gründe). Dem hat der Kläger mit der Formulierung des Klageantrags Rechnung getragen.
Das nach § 256 Abs. 1 ZPO für die allgemeine Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, da die Beklagte das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger in Abrede stellt und sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der Zustellung des Rentenbescheids über die Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beruft.
2. Der Klageantrag zu 1) ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat auf Grund der Zustellung des Rentenbescheids vom 5. Dezember 2002 über die Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 21 Abs. 1 Unterabs. 1 5. Spiegelstrich MTV Schiene geendet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass § 21 Abs. 1 MTV Schiene bei Bewilligung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsieht. Ob die Tarifnorm mit diesem Inhalt wirksam ist oder ob aus verfassungsrechtlichen Gründen eine einschränkende Auslegung dahingehend vorzunehmen ist, dass das Arbeitsverhältnis in diesem Fall nicht endet, wenn der Arbeitnehmer auf Grund seines verbliebenen Leistungsvermögens auf seinem bisherigen oder auf einem anderen freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann und er dies rechtzeitig vom Arbeitgeber verlangt, ist im Streitfall nicht zu entscheiden, da der Kläger die Unwirksamkeit der tariflich normierten auflösenden Bedingung nicht innerhalb von drei Wochen nach der tariflich vorgesehenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 21, § 17 Satz 1 TzBfG geltend gemacht hat. Aus diesem Grund ist auch nicht zu prüfen, ob § 21 Abs. 1 MTV Schiene gesetzeskonform dahingehend auszulegen ist, dass das Arbeitsverhältnis erst zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Mitteilung des Arbeitgebers über den Eintritt der auflösenden Bedingung endet (§ 21, § 15 Abs. 2 TzBfG) und ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem schwerbehinderten Kläger der Zustimmung des Integrationsamts nach § 92 SGB IX bedurfte.
a) Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nach § 21 Abs. 1 Unterabs. 1 5. Spiegelstrich MTV Schiene geendet. Nach dieser Vorschrift endet das Arbeitsverhältnis bei Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit der Zustellung des Rentenbescheids. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Dem Kläger wurde durch Bescheid der Bahnversicherungsanstalt vom 5. Dezember 2002 eine unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt. Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 21 Abs. 1 MTV Schiene nicht dahingehend auszulegen, dass bei Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung § 21 Abs. 1 Unterabs. 4 MTV Schiene eingreift und der Arbeitnehmer seine Weiterbeschäftigung zu einer verringerten Arbeitszeit entsprechend der festgestellten Erwerbsminderung verlangen kann. § 21 Abs. 1 Unterabs. 4 MTV Schiene bezieht sich nicht auf die Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, sondern betrifft nur den Fall der befristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Dies lässt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut von § 21 Abs. 1 Unterabs. 4 MTV Schiene entnehmen. Denn die Vorschrift unterscheidet – im Gegensatz zu den Unterabsätzen 1 bis 3 – nicht ausdrücklich zwischen befristeter und unbefristeter Rente. Aus dem Gesamtzusammenhang der in § 21 Abs. 1 MTV Schiene getroffenen Regelungen ergibt sich jedoch, dass Unterabs. 4 nur Arbeitnehmern, denen eine befristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gewährt wird, einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit einräumt.
aa) § 21 Abs. 1 Unterabs. 1 5. Spiegelstrich MTV Schiene bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis bei Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung mit der Zustellung des Rentenbescheids endet. Nach Unterabs. 2 endet das Arbeitsverhältnis nicht, wenn keine unbefristete, sondern eine befristete Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung gewährt wird. Für die befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ordnet Unterabs. 3 das Ruhen des Arbeitsverhältnisses für die Dauer der Rentenbewilligung an. Unterabs. 4 regelt schließlich, dass der Arbeitnehmer, der eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhält, eine Verringerung seiner Arbeitszeit entsprechend dem Teil der Arbeitszeit, für die der Rentenversicherungsträger bei ihm eine Erwerbsminderung festgestellt hat, verlangen kann, wenn betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, und dass hierüber eine schriftliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zu treffen ist; ansonsten ruht das Arbeitsverhältnis. Die Unterabs. 1 und 2 regeln daher die Auswirkungen der Bewilligung von Renten wegen Erwerbsminderung auf den Bestand von Arbeitsverhältnissen. Dabei unterscheiden die Bestimmungen hinsichtlich der Beendigung oder des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses nicht danach, ob der Arbeitnehmer voll oder teilweise erwerbsgemindert ist, sondern nur danach, ob die Rente befristet oder unbefristet gewährt wird. Demgegenüber treffen die Unterabs. 3 und 4 Regelungen zum Inhalt fortbestehender Arbeitsverhältnisse. Hierbei wird zwischen teilweiser und voller Erwerbsminderung unterschieden. Bei Gewährung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung ruht das Arbeitsverhältnis für die Dauer der Rentenbewilligung, bei teilweiser Erwerbsminderung ruht es nur dann, wenn eine Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Verringerung der Arbeitszeit nicht zustande kommt. Aus diesem Normgefüge ergibt sich, dass sich § 21 Abs. 1 Unterabs. 4 MTV Schiene nur auf die Gewährung einer befristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beziehen kann. Denn ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit setzt ein fortbestehendes Arbeitsverhältnis voraus. Den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses sieht § 21 Abs. 1 Unterabs. 2 MTV Schiene nur bei Gewährung einer befristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vor. Bei Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ordnet Unterabs. 1 hingegen ausdrücklich und einschränkungslos die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Zustellung des Rentenbescheids an, so dass ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit ins Leere ginge.
Für dieses Verständnis der Regelung in § 21 Abs. 1 Unterabs. 4 MTV Schiene spricht auch die für den Fall des Nichtzustandekommens einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Verringerung der Arbeitszeit angeordnete Rechtsfolge. Diese besteht nach § 21 Abs. 1 Unterabs. 4 Satz 3 MTV Schiene darin, dass das Arbeitsverhältnis ruht. Die gleiche Rechtsfolge tritt nach Unterabs. 3 bei Gewährung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung ein. Würde Unterabs. 4 auch bei Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung eingreifen, käme das Arbeitsverhältnis auch dann zum Ruhen, wenn der teilweise erwerbsgeminderte Arbeitnehmer, dem eine unbefristete Rente bewilligt wird, die Verringerung seiner Arbeitszeit verlangt und die Arbeitsvertragsparteien hierüber keine Vereinbarung treffen. Dies stünde im Widerspruch zu der in Unterabs. 1 getroffenen Regelung, wonach das Arbeitsverhältnis bei Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht ruht, sondern endet. Hätten die Tarifvertragsparteien Unterabs. 4 auch auf die Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erstrecken wollen, hätte es nahe gelegen, für den Fall des Nichtzustandekommens einer Vereinbarung über die Verringerung der Arbeitszeit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzuordnen, anstatt für eine unabsehbare Zeit das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vorzusehen.
bb) Im vorliegenden Rechtsstreit ist nicht zu prüfen, ob § 21 Abs. 1 MTV Schiene im Hinblick auf Bestimmungen des Schwerbehindertenschutzes oder wegen des dem Arbeitnehmer zu gewährenden Grundrechtsschutzes aus Art. 12 Abs. 1 GG – ebenso wie § 59 BAT oder vergleichbare Tarifbestimmungen – dahingehend auszulegen ist, dass das Arbeitsverhältnis bei Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch dann nicht endet, wenn der Arbeitnehmer nach seinem verbliebenen Leistungsvermögen – ggf. bei verringerter Arbeitszeit – auf seinem bisherigen oder einem anderen freien und für ihn geeigneten Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann und er dies vom Arbeitgeber rechtzeitig verlangt. Dies könnte zwar geboten sein, weil die Tarifnorm nur mit diesem Inhalt einer gerichtlichen Kontrolle standhielte und sie ansonsten unwirksam wäre, weil allein die Zustellung eines Rentenbescheids keinen Sachgrund nach § 21, § 14 Abs. 1 TzBfG für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses auf Grund einer auflösenden Bedingung darstellt, sondern allein die auf der Erwerbsminderung beruhende fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit (vgl. hierzu etwa BAG 9. August 2000 – 7 AZR 214/99 – BAGE 95, 264 = AP BAT § 59 Nr. 10, zu II 3 der Gründe; 31. Juli 2002 – 7 AZR 118/01 – BAGE 102, 114 = AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 19 = EzA BGB § 620 Bedingung Nr. 17, zu I 2c der Gründe). Diese Prüfung ist dem Senat jedoch verwehrt, da der Kläger die Unwirksamkeit der in § 21 Abs. 1 MTV Schiene geregelten auflösenden Bedingung nicht innerhalb von drei Wochen nach der tariflich vorgesehenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 21, § 17 Satz 1 TzBfG geltend gemacht hat.
(1) Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung seines Arbeitsvertrags rechtsunwirksam ist, muss er nach § 17 Satz 1 TzBfG innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet worden ist. Nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 KSchG gilt die Befristung als wirksam, wenn ihre Rechtsunwirksamkeit nicht fristgerecht nach § 17 Satz 1 TzBfG geltend gemacht wurde. Diese Vorschriften gelten nach § 21 TzBfG für die auflösende Bedingung entsprechend.
§ 21 Abs. 1 Unterabs. 1 5. Spiegelstrich MTV Schiene regelt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung, nämlich der Gewährung einer unbefristeten Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Will der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der in dieser Tarifnorm geregelten auflösenden Bedingung geltend machen, muss dies nach § 21 TzBfG innerhalb der Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG geschehen. Außerhalb dieser Frist kann der Arbeitnehmer lediglich einwenden, die auflösende Bedingung sei gar nicht vereinbart worden oder nicht eingetreten (BAG 23. Juni 2004 – 7 AZR 440/03 – BAGE 111, 148 = AP TzBfG § 17 Nr. 5 = EzA TzBfG § 17 Nr. 5, zu I 2a der Gründe).
(2) Nach diesen Grundsätzen kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass die in § 21 Abs. 1 MTV Schiene normierte auflösende Bedingung mit dem tariflich bestimmten Inhalt rechtsunwirksam ist. Denn er hat die Rechtsunwirksamkeit der auflösenden Bedingung nicht innerhalb von drei Wochen nach dem tariflich vorgesehenen Beendigungszeitpunkt mit einer Klage nach § 21, § 17 Satz 1 TzBfG geltend gemacht. Nach § 21 Abs. 1 Unterabs. 1 5. Spiegelstrich MTV Schiene hat das Arbeitsverhältnis mit der Zustellung des Rentenbescheids vom 5. Dezember 2002 geendet. Das Landesarbeitsgericht hat zwar nicht festgestellt, wann dem Kläger der Rentenbescheid zugestellt wurde. Der Kläger hat die Beklagte jedoch vom Vorliegen des Rentenbescheids mit Schreiben vom 10. März 2003 unterrichtet. Die Zustellung des Rentenbescheids ist daher jedenfalls vor dem 10. März 2003 erfolgt. Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 20. März 2003 auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 21 Abs. 1 MTV Schiene hingewiesen. Gleichwohl hat der Kläger erst am 8. Juli 2003 eine Klage beim Arbeitsgericht eingereicht, mit der er die Verringerung seiner Arbeitszeit nach § 21 Abs. 1 Unterabs. 4 MTV Schiene verlangt hat. Selbst wenn er damit die Rechtsunwirksamkeit der in § 21 Abs. 1 MTV Schiene normierten auflösenden Bedingung geltend gemacht haben sollte – was allerdings zweifelhaft erscheint –, hätte er die Frist des § 21, § 17 Satz 1 TzBfG nicht gewahrt.
b) Da der Kläger die Unwirksamkeit der in § 21 Abs. 1 MTV Schiene geregelten auflösenden Bedingung nicht innerhalb der Klagefrist des § 21, § 17 Satz 1 TzBfG geltend gemacht hat, kommt es auch nicht darauf an, ob § 21 Abs. 1 MTV Schiene, wie § 59 BAT, im Hinblick auf § 21, § 15 Abs. 2 TzBfG gesetzeskonform dahingehend auszulegen ist, dass das Arbeitsverhältnis frühestens zwei Wochen nach Zugang der Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der auflösenden Bedingung endet (vgl. hierzu BAG 23. Juni 2004 – 7 AZR 440/03 – BAGE 111, 148 = AP TzBfG § 17 Nr. 5 = EzA TzBfG § 17 Nr. 5, zu II 2 der Gründe).
c) Aus demselben Grund ist es dem Senat verwehrt zu prüfen, ob der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des schwerbehinderten Klägers auf Grund der in § 21 Abs. 1 Unterabs. 1 5. Spiegelstrich MTV Schiene geregelten auflösenden Bedingung die fehlende Zustimmung des Integrationsamts nach § 92 SGB IX entgegenstand oder ob sich der Kläger auf den Schwerbehindertenschutz nicht berufen kann, weil er die Beklagte nicht rechtzeitig von seiner Schwerbehinderung in Kenntnis gesetzt hat.
II. Die Klageanträge zu 2) und zu 3) sind ebenfalls unbegründet. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 21 Abs. 1 Unterabs. 1 5. Spiegelstrich MTV Schiene jedenfalls vor dem 15. März 2003 geendet hat, steht ihm weder ein Anspruch auf Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 25 Stunden noch auf Vergütung aus Annahmeverzug für die Zeit vom 15. März 2003 bis zum 31. August 2004 zu.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Gräfl, Koch, Willms, Berger
Fundstellen