Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Gesamtversorgung. Gesamtversorgungsobergrenze. Berechnung einer vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente nach vorzeitigem Ausscheiden. vertragliche Anpassungsregelung. Auslegung von Versorgungsbestimmungen. vorzeitiges Ausscheiden
Leitsatz (amtlich)
Ist dem vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmer eine Gesamtversorgung zugesagt, so ist eine in der Versorgungsordnung enthaltene Gesamtversorgungsobergrenze bereits bei der Berechnung der maßgeblichen fiktiven Vollrente nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zu berücksichtigen und nicht erst auf die zeitratierlich gekürzte Betriebsrente anzuwenden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Versorgungsordnung ausdrücklich eine abweichende Berechnung zugunsten der vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmer vorsieht.
Orientierungssatz
1. Zur Berechnung der bei Eintritt des Versorgungsfalls zu zahlenden Betriebsrente eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers nach § 2 Abs. 1 BetrAVG ist zunächst die sog. Vollrente, dh. die Leistung zu ermitteln, die dem Arbeitnehmer bei einem Verbleib im Unternehmen bis zum Erreichen der festen Altersgrenze zugestanden hätte. Dabei sind alle in der Versorgungsordnung vorgegebenen Berechnungsschritte zur Ermittlung der fiktiven Vollrente durchzuführen. Erst im Anschluss daran ist entsprechend der tatsächlichen zur höchstmöglichen Betriebszugehörigkeit eine zeitratierliche Kürzung vorzunehmen.
2. Wurde dem vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer eine Gesamtversorgung zugesagt, ist im Rahmen der Berechnung seines Ruhegelds nach § 2 Abs. 1 BetrAVG eine in der Versorgungsordnung enthaltene Gesamtversorgungsobergrenze bereits bei der Ermittlung der maßgeblichen fiktiven Vollversorgung zu berücksichtigen. Eine Anwendung der Begrenzungsregelung erst auf die anteilig quotierte Betriebsrente des vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmers kommt lediglich in Betracht, wenn die maßgebliche Versorgungsordnung ausdrücklich eine von § 2 Abs. 1 BetrAVG abweichende Berechnung zugunsten der Arbeitnehmer vorsieht. Auf den Zweck der Höchstbegrenzungsklausel kommt es hingegen nicht an.
3. Sieht eine Versorgungsordnung vor, dass das betriebliche Ruhegeld jährlich zu einem bestimmten Stichtag an die Inflationsrate – begrenzt durch die Nettovergütungsentwicklung – anzupassen ist, ist Prüfungszeitraum sowohl für die Inflationsrate als auch für die Nettovergütung der aktiven Mitarbeiter die Zeit seit dem letzten Anpassungsstichtag bis zum nachfolgenden Stichtag. Da zum Stichtag die maßgebliche tatsächliche Lage schon gegeben sein muss und nicht erst zeitgleich mit ihm eintreten darf, ist auf die den jeweiligen Stichtagen vorhergehenden Monate abzustellen.
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 1, §§ 6, 16 Abs. 1-2, § 17 Abs. 3 S. 3; BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung § 2 Abs. 1; ZPO § 308 Abs. 1; Vergütungstarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Auszubildenden der Mitgliedsunternehmen der Tarifgruppe RWE vom 27. März 2006 § 1 Nr. 1, § 2 Nrn. 1-2, § 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. Juni 2013 – 12 Sa 184/13 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe des Ausgangsruhegelds des Klägers sowie Anpassungen seines Ruhegelds aufgrund vertraglicher Anpassungsregelungen.
Der im Februar 1939 geborene Kläger war vom 1. Januar 1973 bis zum 30. Juni 1997 bei der R E AG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte zu 2. ist, beschäftigt. Ihm wurde ein betriebliches Ruhegeld nach den als Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossenen „Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der R Aktiengesellschaft E” vom 9. Februar 1989 (im Folgenden RL 02/89) zugesagt. Die RL 02/89 lauten auszugsweise wie folgt:
„Präambel
Durch die Neuregelung der Ruhegeldrichtlinien für die Mitarbeiter, die vor dem 01.04.1986 schon im Unternehmen beschäftigt waren, sollen die wirtschaftliche Belastung des Unternehmens verringert und die künftige Belastung kalkulierbar gemacht werden. Dies soll insbesondere erreicht werden durch:
- Abbau der Überversorgung,
- Ausgleich der seit 1966 eingetretenen und nicht in den Risikobereich des Unternehmens fallenden Mehrbelastungen,
- Begrenzung des Risikos des Unternehmens aus der Gesamtversorgung für den Fall, daß die Renten aus der Sozialversicherung sinken.
§ 1 Grundlagen der Ruhegeldordnung
(1) Die Mitarbeiter der R Aktiengesellschaft, E, deren Arbeitsverhältnis vor dem 01.04.1986 begonnen hat, erhalten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen lebenslängliches Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung.
…
§ 2 Voraussetzungen für die Ruhegeldgewährung
(1) Voraussetzungen für die Gewährung von Ruhegeld sind:
- das Bestehen eines mindestens zehnjährigen ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses mit dem Unternehmen und
die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen
- der Vollendung des 65. Lebensjahres oder
- der Inanspruchnahme der vorgezogenen oder flexiblen Altersrente oder
…
Dienstzeiten vor Vollendung des 20. Lebensjahres im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 bleiben unberücksichtigt.
…
§ 4 Höhe des Ruhegeldes
(1) Das Ruhegeld beträgt nach zehnjähriger Dienstzeit 35 v. H. des letzten nach § 5 ruhegeldfähigen Diensteinkommens (ab 20. Lebensjahr gemäß § 2 Abs. 1, letzter Satz).
(2) Für jedes weitere vollendete Jahr, das der Mitarbeiter mehr als zehn Jahre ununterbrochen im Dienst des Unternehmens gestanden hat, steigt das Ruhegeld bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um 2 v. H. und von da ab um 1 v. H. des letzten nach § 5 ruhegeldfähigen Diensteinkommens. Die zur Berechnung der Höhe des Ruhegeldes zugrundezulegenden Dienstjahre werden auf volle Dienstjahre aufgerundet, wenn das Arbeitsverhältnis im letzten Dienstjahr wenigstens 183 Kalendertage bestanden hat. Bei der Berechnung der zehnjährigen Dienstzeit im Sinne des Absatzes 1 ist nicht aufzurunden.
(3) Der Höchstbetrag des Ruhegeldes darf 75 v. H. des letzten ruhegeldfähigen Diensteinkommens gemäß § 5 nicht übersteigen.
…
(5) Auf das Ruhegeld werden die Renten nach Maßgabe des § 6 angerechnet.
§ 5 Berechnung des ruhegeldfähigen Diensteinkommens
(1) Für die tariflichen Mitarbeiter wird der Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldberechnung die letzte tarifliche monatliche Tabellenvergütung einschließlich etwaiger persönlicher Zulagen, Familiengeld, Leistungszulagen, Wechselschichtzuschläge und noch bestehender Überstundenpauschalen zugrundegelegt.
(2) Für alle nicht tariflich erfaßten Mitarbeiter ist für die Berechnung des Ruhegeldes bzw. der Hinterbliebenenversorgung die vertraglich festgesetzte außertarifliche Vergütung des letzten Monats vor Versetzung in den Ruhestand maßgebend.
(3) Alle in Abs. 1 und 2 nicht erwähnten Vergütungsbestandteile sind nicht ruhegeldfähig.
…
(5) Die R-Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung wird für Pensionsfälle ab 1992 höchstens um die Inflationsrate angepaßt, soweit diese zum Zeitpunkt einer Rentenerhöhung unterhalb der Erhöhungen der Nettovergütungen der aktiven R-Mitarbeiter liegt. Übersteigt die Inflationsrate die Erhöhung der Nettovergütungen, verbleibt es bei der Anhebung der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung um den Prozentsatz der Erhöhung der Nettovergütungen. Sollte die Erhöhung der Sozialversicherungsrenten gesetzlich von der bruttolohnbezogenen auf die nettolohnbezogene Rentendynamisierung umgestellt werden, tritt im Rahmen der beschriebenen Anpassung an die Stelle der Erhöhung der Nettovergütungen die Erhöhung der Sozialversicherungsrenten.
(6) Die Inflationsrate wird nach der Veränderung des durch das Statistische Bundesamt jährlich ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung von Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushalten mit mittlerem Einkommen berechnet. Die Nettovergütung wird auf der Grundlage der Vergütungsgruppe 9, Stufe 16 des jeweiligen Vergütungstarifvertrages (auf der Basis des Manteltarifvertrages vom 21.07.1977/28.09.1982) unter Berücksichtigung der Steuerklasse III/0 abzüglich sämtlicher Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung) ermittelt.
(7) Die Anpassung der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung erfolgt auf der Basis des bisherigen Ruhebzw. Hinterbliebenengeldes, ohne daß die Erstberechnung des Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldes nachvollzogen wird.
(8) Stichtag für die Anpassung der Betriebsrenten ist jeweils der Zeitpunkt der Anpassung der gesetzlichen Sozialversicherungsrenten.
(9) § 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 bleibt unberührt. Dabei sind zwischenzeitlich nach den vorstehenden Absätzen erfolgte Anhebungen der Betriebsrenten zu berücksichtigen.
§ 6 Anrechnung von Renten und Einkommen aus Tätigkeit
(1) Es ist davon auszugehen, daß der Mitarbeiter durch die Versetzung in den Ruhestand durch das Unternehmen nicht bessergestellt wird, als er sich vorher bei dem Unternehmen bezüglich seines Einkommens im Sinne des § 5 gestanden hat.
(2) Das Ruhegeld wird um die Hälfte derjenigen Beträge vermindert, die dem Mitarbeiter aufgrund jeweils bestehender Gesetze über Renten, Versicherungen, Pensionen und dergleichen zustehen; von der Anrechnung ausgenommen sind lediglich solche Teile dieser Leistungen, die ausschließlich auf eigenen Beitragsleistungen des Mitarbeiters – ohne Arbeitgeberbeteiligung – beruhen.
(3) Bezieht ein in den Ruhestand versetzter Mitarbeiter vor Vollendung seines 65. Lebensjahres Einkommen aus einer selbständigen oder nichtselbständigen Tätigkeit, so dürfen diese Einkommen, zu dessen wahrheitsgemäßer Angabe der Mitarbeiter verpflichtet ist, und das Ruhegeld zusammen nicht höher sein als die Bezüge im Sinne des § 5 unter Berücksichtigung der Höchstgrenzen nach § 6 Abs. 5. Von der Anrechnung anderweitiger Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit auf die betriebliche Rente sind Einkünfte ausgenommen, die gemäß § 1248 RVO bzw. § 25 AVG nicht zu berücksichtigen sind.
…
(5) Das Gesamtmonatseinkommen eines Ruhegeldempfängers (Ruhegeld, gesetzliche Renten und sonstige Einkommen, soweit nicht gemäß Abs. 2 bis 4 von der Anrechnung ausgenommen) darf die nachstehend aufgeführten, nach der Dienstdauer ab vollendetem 20. Lebensjahr berechneten Höchstgrenzen nicht überschreiten; andernfalls erfolgt entsprechende Kürzung.
Höchstgrenzen sind bei 10 Dienstjahren = 63,0 %
bei 11 Dienstjahren = 63,6 %
…
bei 31 Dienstjahren = 75,6 %
…
der Begrenzungsgrundlage gemäß Abs. 8.
…
(8) Als Begrenzungsgrundlage gilt 1/12 von 13 ruhegeldfähigen monatlichen Diensteinkommen im Sinne von § 5.
(9) Ändert sich die prozentuale Belastung des Einkommens eines aktiven Mitarbeiters durch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge gegenüber dem Stand am 01.01.1990 um mehr als 4 Prozentpunkte, so sind die in Abs. 5 Satz 2 festgelegten Begrenzungsprozentsätze entsprechend zu ändern. Bei dieser Rechnung ist das monatliche Tarifgehalt der Vergütungsgruppe 9, Stufe 16, zugrundezulegen.
…
§ 18 Fälligkeit und Ende des Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldes
(1) Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeld werden nachträglich am Ende eines jeden Monats gezahlt.
…”
Bei der R E AG galt eine Betriebsvereinbarung zur Frühpensionierung vom 5. Mai 1993 (im Folgenden BV Frühpensionierung), in der ua. Folgendes geregelt ist:
„7. |
Ruhegeld |
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Für das betriebliche Ruhegeld im Anschluß an die Frühpensionierung gelten die Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenen-Versorgung der R E nach folgender Maßgabe: |
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… |
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– |
Das betriebliche Ruhegeld wird gemäß § 2 |
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Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 berechnet. Dabei erfolgt eine Kürzung in dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit bei Eintritt der Frühpensionierung zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres. …” |
Der Kläger, der auf der Grundlage der BV Frühpensionierung aus dem Arbeitsverhältnis mit der R E AG ausgeschieden ist, bezieht seit dem 1. März 1999 ein Ruhegeld. Dieses belief sich zunächst auf 4.038,51 DM (= 2.064,86 Euro). Sein Ruhegeld wurde in der Folgezeit jährlich jeweils zum 1. Juli nach § 5 Abs. 5 bis Abs. 8 RL 02/89 angepasst.
Zum 1. April 2006 trat der Vergütungstarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Auszubildenden der Mitgliedsunternehmen der Tarifgruppe R vom 27. März 2006 (im Folgenden VTV 2006) in Kraft. Gemäß dessen § 1 Nr. 1 wurde der Vergütungstarifvertrag vom 25. Mai 2005 einschließlich aller Anlagen über den 31. März 2006 hinaus bis zum 30. Juni 2006 verlängert. Nach § 2 Nr. 1 VTV 2006 wurden die bisherigen Vergütungstabellen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Auszubildenden der Tarifgruppe R zum 1. Juli 2006 außer Kraft gesetzt und durch die harmonisierte Vergütungstabelle der Tarifgruppe R ersetzt. Die bisherige Vergütungsgruppe 9 Stufe 16 des früheren Vergütungstarifvertrags entsprach nach den Überleitungsvorschriften nunmehr der Gruppe B4 Erfahrungsstufe 4. Gleichzeitig wurde gemäß § 2 Nr. 2 VTV 2006 ab dem 1. Juli 2007 die Eckvergütung (Gruppe B1/Basis) der harmonisierten Vergütungstabelle der Tarifgruppe R um 3,1 % angehoben und kaufmännisch auf volle Euro gerundet; alle übrigen Tabellenvergütungen wurden entsprechend der Tabellensystematik daraus entwickelt und ebenfalls auf volle Euro gerundet. § 3 VTV 2006 enthielt darüber hinaus ua. folgende Bestimmung:
1. |
Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des verlängerten bzw. dieses Tarifvertrages fallen und deren Arbeitsverhältnis vom 01.04. bis 31.12.2006 nicht ruhte, erhalten eine Pauschalabgeltung in Höhe von 3.600 EUR. |
… |
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3. |
Arbeitnehmer, die in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.12.2006 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden oder ein Arbeitsverhältnis aufnehmen, erhalten den Betrag nach Nr. 1 anteilig. |
… |
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6. |
Die Pauschalabgeltung ist nicht ruhegeld-/versorgungsfähig. |
7. |
Die Pauschalabgeltung wird mit der Vergütungsabrechnung für den Monat Juli 2006 ausgezahlt. |
|
Bei vorheriger Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt die anteilige Zahlung mit der letzten Vergütungsabrechnung.” |
Im Jahr 2006 schlossen nahezu alle mit dem Konzern der Beklagten zu 3. verbundenen Unternehmen inhaltsgleich formulierte Betriebsvereinbarungen, mit denen die Anpassungsregelungen für das Ruhegeld neu gefasst wurden. Auch für den Kläger sah eine solche Betriebsvereinbarung eine Änderung des § 5 RL 02/89 dahin vor, dass die laufenden Versorgungsleistungen jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahrs nur noch um 1 % anzupassen waren. Dementsprechend wurde das Ruhegeld des Klägers zunächst nur noch um 1 % jährlich erhöht. Nachdem die Gerichte für Arbeitssachen darauf erkannten, dass die Änderung der Anpassungsregelungen unwirksam war (vgl. etwa BAG 28. Juni 2011 – 3 AZR 282/09 – BAGE 138, 197), nahm die R S GmbH mit Schreiben vom 29. Juli 2010 eine Nachberechnung des Ruhegelds nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG für die Monate ab März 2005 vor und zahlte noch im Juli 2010 den Differenzbetrag für die Vergangenheit bis zum 30. Juni 2010 nach.
Mit der Klage begehrt der Kläger von den Beklagten die Zahlung rückständigen Ruhegelds für die Monate Januar 2006 bis einschließlich Dezember 2009 sowie sich hierauf ergebender Zinsen bis einschließlich 9. Oktober 2012.
Der Kläger hat – soweit für die Revision noch von Bedeutung – die Ansicht vertreten, ihm stünde ein höheres als das von den Beklagten berechnete Ruhegeld zu. Die Berechnung des Ausgangsruhegelds zum 1. März 1999 sei unzutreffend. Die in § 6 Abs. 5 RL 02/89 festgelegte Gesamtversorgungsobergrenze sei nicht bereits bei der Berechnung der nach § 2 Abs. 1 BetrAVG iVm. Nr. 7 BV Frühpensionierung maßgeblichen fiktiven Vollrente zu berücksichtigen. Vielmehr sei zunächst eine Quotierung des nach § 4 RL 02/89 ermittelten Ruhegelds wegen des vorzeitigen Ausscheidens vorzunehmen und das derart gekürzte Ruhegeld bei der Berechnung des Gesamtmonatseinkommens iSd. § 6 Abs. 5 RL 02/89 in Ansatz zu bringen. Danach ergebe sich ein Ausgangsruhegeld iHv. 2.240,37 Euro.
Darüber hinaus seien die Beklagten verpflichtet, sein Ruhegeld nach § 5 Abs. 5 RL 02/89 zum 1. Juli 2006 an die Inflationsrate iHv. 2,04 % anzupassen. Der Anstieg der Nettovergütungen der aktiven R-Mitarbeiter sei – bis auf das Jahr 2002 – in allen Jahren seit Beginn seines Ruhegeldbezugs und damit auch zum 1. Juli 2006 höher gewesen als die Inflationsrate. Bei der Berechnung des Nettolohnanstiegs müsse auch die für die Monate April 2006 bis Dezember 2006 gezahlte Pauschalabgeltung nach § 3 Nr. 1 VTV 2006 mit monatlich 400,00 Euro berücksichtigt werden.
Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Interesse, zuletzt beantragt,
- die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 9.758,26 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2.953,79 Euro nebst weiteren Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 9.758,26 Euro seit dem 10. Oktober 2012 zu zahlen,
- hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1., die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 7.652,14 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2.405,32 Euro nebst weiteren Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.652,14 Euro seit dem 10. Oktober 2012 zu zahlen.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, die Berechnung des Ausgangsruhegelds sei zutreffend. Die Gesamtversorgungsobergrenze in § 6 Abs. 5 RL 02/89 sei bereits bei der Berechnung der nach § 2 Abs. 1 BetrAVG iVm. Nr. 7 BV Frühpensionierung maßgeblichen fiktiven Vollrente zu berücksichtigen. Eine Anpassung des Ruhegelds zum 1. Juli 2006 an die Inflationsrate komme nicht in Betracht. Die Nettovergütungen der aktiven R-Mitarbeiter seien in diesem Anpassungsprüfungszeitraum gesunken. Das Tabellenentgelt für die Vergütungsgruppe 9 Stufe 16 VTV habe seit dem 1. April 2005 3.301,00 Euro brutto betragen und sei erst zum 1. Januar 2007 auf 3.404,33 Euro angestiegen. Die Zahlung der einmaligen Pauschalabgeltung nach § 3 Nr. 1 VTV 2006 sei nicht zu berücksichtigen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I. Das Landesarbeitsgericht ist allerdings zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts hinsichtlich der begehrten Zinsen teilweise unzulässig war.
1. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist – soweit in der Revision noch von Bedeutung – die Zahlung rückständigen Ruhegelds für die Monate Januar 2006 bis einschließlich Dezember 2009, das sich aufgrund eines höheren Ausgangsruhegelds des Klägers und einer – mit Ausnahme des Jahrs 2002 – jährlichen Anpassung seines Ruhegelds an den Inflationsausgleich zum jeweils 1. Juli seit Rentenbeginn ergibt, sowie die Zahlung der sich auf diese Nachzahlungsansprüche ergebenden Zinsen. Verzugszinsen auf bereits von den Beklagten nachgezahltes Ruhegeld begehrt der Kläger mit seiner Klage hingegen nicht. Er hat zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, die Beklagten seien verpflichtet, ihm wegen verspäteter Zahlung des nach § 5 Abs. 5 bis Abs. 8 RL 02/89 zum 1. Juli 2008 und zum 1. Juli 2009 an die Inflationsrate anzupassenden Ruhegelds Verzugszinsen zu zahlen. Zwar lässt er sich die Nachzahlungen der Beklagten im Juli 2010 auf seine Gesamtforderung anrechnen; seinen Zinsantrag ändert er insoweit jedoch nicht.
2. Auf der Grundlage dieses Streitgegenstands war die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts daher insgesamt zulässig. Das Arbeitsgericht hat – soweit in der Revision noch von Bedeutung – angenommen, dem Kläger stünde für die Zeit von Januar 2006 bis Dezember 2009 kein Anspruch auf Nachzahlung von Ruhegeld zu. Daher könne er auch die Zahlung von Verzugszinsen hierauf nicht verlangen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er macht unter Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Entscheidungsgründen geltend, sein Ausgangsruhegeld sei fehlerhaft berechnet und auch zum 1. Juli 2006 hätte eine Anpassung nach § 5 Abs. 5 RL 02/89 iHv. 2,04 % erfolgen müssen. Soweit das Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung von Verzugszinsen mangels Vorliegens einer Hauptforderung abgewiesen hat, bedurfte die Berufung keiner gesonderten Begründung. Zwar muss bei mehreren Streitgegenständen für jeden eine auf die angefochtene Entscheidung zugeschnittene Rechtsmittelbegründung gegeben werden; fehlen Ausführungen zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (vgl. etwa BAG 16. März 2004 – 9 AZR 323/03 – zu A II 1 der Gründe, BAGE 110, 45). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn – wie vorliegend – die Entscheidung über den einen Streitgegenstand von der Entscheidung über den anderen Streitgegenstand abhängt (BAG 16. Oktober 2007 – 9 AZR 144/07 – Rn. 28 mwN).
Soweit das Arbeitsgericht darüber hinaus angenommen hat, dem Kläger stünden auch keine Verzugszinsen wegen der erst im Juli 2010 erfolgten und damit verspäteten Zahlung des nach § 5 Abs. 5 RL 02/89 zum 1. Juli 2008 und zum 1. Juli 2009 an die Inflationsrate anzupassenden Ruhegelds zu, da seinem Vortrag die Höhe der Zinsen nicht entnommen werden könne, musste der Kläger sich hiermit in seiner Berufung nicht auseinandersetzen. Das Arbeitsgericht hat insoweit unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über einen prozessualen Anspruch entschieden, der nicht streitgegenständlich war. Für das vorliegende Verfahren war es entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts daher unerheblich, dass sich die Berufung des Klägers mit dieser Begründung des Arbeitsgerichts nicht befasst. Indem der Kläger seinen Zinsanspruch unverändert weiterverfolgt hat, ist das gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßende Urteil des Arbeitsgerichts insgesamt in die Rechtsmittelinstanzen gelangt. Da der Senat unter diesem Gesichtspunkt keine Entscheidung getroffen hat, liegt auch kein rechtskräftiges Urteil über mögliche aufgrund verspäteter Leistung zu zahlende Zinsen vor.
II. Dennoch bleibt die Revision in der Sache erfolglos. Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung rückständigen Ruhegelds für die Monate Januar 2006 bis Dezember 2009 und damit auch kein Anspruch auf Zahlung sich daraus ergebender Verzugszinsen zu. Die Beklagten haben das Ausgangsruhegeld zutreffend berechnet. Der Kläger kann kein höheres als das gezahlte Ausgangsruhegeld iHv. 4.038,51 DM (entspricht 2.064,86 Euro) verlangen. Auch war das Ruhegeld des Klägers zum 1. Juli 2006 nicht um 2,04 % anzupassen. Daher hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die Zahlung der begehrten Verzugszinsen.
1. Die Klage ist insgesamt zulässig. Allerdings kommt dem „Hilfsantrag” keine eigenständige Bedeutung zu; er ist prozessual unbeachtlich.
a) Die gerichtliche Geltendmachung eines zahlenmäßig teilbaren Anspruchs enthält regelmäßig auch die Geltendmachung eines Anspruchs, der in seiner Höhe unterhalb des bezifferten (Haupt-)Anspruchs liegt. Aus § 308 Abs. 1 ZPO folgt, dass ein Gericht ein „Weniger” zuerkennen darf und muss, wenn dieses Begehren im jeweiligen Sachantrag enthalten ist. Etwas anderes gilt, wenn es sich nicht um „Weniger”, sondern um etwas „Anderes” handelt. Dies ist durch Auslegung des Klageantrags zu ermitteln (vgl. BAG 22. Juni 2010 – 1 AZR 853/08 – Rn. 15 mwN, BAGE 135, 13).
b) Danach umfasst der „Hauptantrag” auch die mit dem „Hilfsantrag” verfolgten Beträge. Mit dem „Hauptantrag” begehrt der Kläger Nachzahlungsansprüche für die Monate Januar 2006 bis einschließlich Dezember 2009, die sich aus einem höheren Ausgangsruhegeld und einer Anpassung seines Ruhegelds an den Inflationsausgleich zum 1. Juli eines jeden Jahrs seit Beginn des Ruhegeldbezugs – mit Ausnahme des Jahrs 2002 – ergeben, sowie die Zahlung der sich auf diese Nachzahlungsansprüche ergebenden Zinsen. Gegenstand des „Hilfsantrags” sind demgegenüber nur Ansprüche auf Zahlung rückständigen Ruhegelds für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009, die aus einer fehlerhaften Erstberechnung des Ruhegelds und seiner jährlichen Anpassung an den Kaufkraftverlust zum jeweils 1. Juli seit Rentenbeginn mit Ausnahme der Jahre 2002 und 2006 resultieren, sowie die Zahlung der sich auf diese Nachzahlungsansprüche ergebenden Zinsen. Der Kläger geht somit im Rahmen der Begründung seines „Hilfsantrags” vorsorglich davon aus, dass eine Erhöhung seines Ruhegelds nicht nur zum 1. Juli 2002, sondern auch zum 1. Juli 2006 unterbleiben durfte. Damit ist das mit dem „Hilfsantrag” verfolgte Begehren bereits vom „Hauptantrag” umfasst.
2. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht zu.
a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung rückständigen Ruhegelds für die Monate Januar 2006 bis Dezember 2009.
aa) Das Ausgangsruhegeld des Klägers ist entgegen seiner Rechtsauffassung zutreffend berechnet. Zum 1. März 1999 stand ihm nach den RL 02/89 lediglich ein Ruhegeld iHv. 4.038,51 DM, mithin iHv. 2.064,86 Euro zu.
(1) Das Ausgangsruhegeld des Klägers wurde wie folgt berechnet: Das ruhegeldfähige Einkommen des Klägers belief sich bei seinem Ausscheiden auf 9.374,40 DM. Nach § 4 Abs. 1 bis Abs. 3 RL 02/89 wurden für 31 anrechnungsfähige Dienstjahre (mögliche Dienstzeit vom 1. Januar 1973 bis zum 28. Februar 2004) 71 % des ruhegeldfähigen Einkommens und damit 6.655,82 DM zugrunde gelegt. Von diesem Betrag wurden nach § 6 Abs. 2 RL 02/89 50 % der fiktiven auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs hochgerechneten Sozialversicherungsrente iHv. 2.869,31 DM, dh. 1.434,66 DM in Abzug gebracht. Danach verblieb ein Betrag iHv. 5.221,16 DM. Anschließend wurde ermittelt, ob das so errechnete Ruhegeld zusammen mit der Sozialversicherungsrente die sich nach § 6 Abs. 5 und Abs. 8 RL 02/89 ergebende Gesamtversorgungsobergrenze übersteigt. Da sich das fiktive Monatseinkommen des Klägers, bestehend aus dem Ruhegeld iHv. 5.221,16 DM und der Sozialversicherungsrente iHv. 2.869,31 DM, auf insgesamt 8.090,47 DM belief und damit die in § 6 Abs. 5 und Abs. 8 RL 02/89 definierte Obergrenze von 7.677,63 DM (75,6 % von 13/12 des ruhegeldfähigen Einkommens iHv. 9.374,40 DM) um 412,84 DM überstieg, wurde dieser Differenzbetrag vom errechneten Ruhegeld iHv. 5.221,16 DM in Abzug gebracht. Das sich danach ergebende Ruhegeld iHv. 4.808,32 DM wurde wegen des vorzeitigen Ausscheidens des Klägers nach Nr. 7 BV Frühpensionierung iVm. § 2 Abs. 1 BetrAVG mit dem ermittelten Quotienten 0,8399 multipliziert und dementsprechend zeitratierlich gekürzt. Dies ergab ein Ausgangsruhegeld iHv. 4.038,51 DM. Das entspricht 2.064,86 Euro.
(2) Diese Berechnung ist zutreffend. Nach Nr. 7 BV Frühpensionierung richtet sich die Berechnung des Ausgangsruhegelds des Klägers grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 BetrAVG. Deshalb ist zunächst die dem Kläger nach den RL 02/89 zustehende Leistung, die ihm bei einem Verbleib im Unternehmen bis zum Erreichen der festen Altersgrenze zugestanden hätte, unter Berücksichtigung der Obergrenze in § 6 Abs. 5 und Abs. 8 RL 02/89 zu ermitteln und erst im Anschluss daran die Kürzung wegen seines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis nach den Vorgaben der Nr. 7 BV Frühpensionierung vorzunehmen.
(a) Die Berechnung des Ruhegelds des vorzeitig – vor dem Eintritt des Versorgungsfalls – aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen, die Altersrente nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch nehmenden Klägers richtet sich nach Nr. 7 BV Frühpensionierung iVm. § 2 Abs. 1 BetrAVG.
(aa) Der Kläger ist vorzeitig, dh. vor Erreichen der festen Altersgrenze von 65 Jahren nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a RL 02/89 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und hat das Ruhegeld vorgezogen nach § 6 BetrAVG in Anspruch genommen. Die RL 02/89 enthalten keine Regelungen für die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 RL 02/89 setzt die Gewährung von Ruhegeld neben der Vollendung der Wartezeit voraus, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der Vollendung des 65. Lebensjahrs, der Inanspruchnahme der vorgezogenen oder flexiblen Altersrente oder einer durch den Rentenversicherungsträger anerkannten Erwerbsunfähigkeit erfolgt. Die Bestimmungen zeigen, dass die RL 02/89 nur die Ansprüche der Arbeitnehmer regeln wollen, deren Arbeitsverhältnis bis zum Eintritt des Versorgungsfalls bestanden hat. § 6 Abs. 1 RL 02/89 bestätigt dies. Die Formulierung „durch die Versetzung in den Ruhestand” lässt erkennen, dass der Regelung ersichtlich die Vorstellung zugrunde liegt, dass der Arbeitnehmer, der Ruhegeld in Anspruch nimmt, bis zu dessen Bezug auch betriebstreu war.
(bb) Die Erstberechnung des Ruhegelds des auf der Grundlage der BV Frühpensionierung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Klägers bestimmt sich jedoch nach den Regelungen in Nr. 7 BV Frühpensionierung. Danach ist das betriebliche Ruhegeld nach § 2 Abs. 1 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (im Folgenden BetrAVG aF) zu berechnen, wobei – anders als in § 2 Abs. 1 BetrAVG aF vorgesehen – die Kürzung des fiktiven Ruhegelds nicht bezogen auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs als fester Altersgrenze (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a RL 02/89), sondern bezogen auf die Vollendung des 63. Lebensjahrs zu erfolgen hat.
(b) Nach den Vorgaben des § 2 Abs. 1 BetrAVG aF hat ein vor Eintritt des Versorgungsfalls mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedener Arbeitnehmer bei Eintritt des Versorgungsfalls einen Anspruch mindestens in Höhe des Teiles der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze möglichen entspricht. Zur Berechnung der bei Eintritt des Versorgungsfalls zu zahlenden Betriebsrente ist danach zunächst die sog. Vollrente, dh. die Leistung zu ermitteln, die dem Arbeitnehmer bei einem Verbleib im Unternehmen bis zum Erreichen der festen Altersgrenze zugestanden hätte. Demgemäß sind zunächst alle in der Versorgungsordnung vorgegebenen Berechnungsschritte zur Ermittlung der fiktiven Vollrente durchzuführen und erst im Anschluss daran ist die zeitratierliche Kürzung nach § 2 Abs. 1 BetrAVG vorzunehmen (vgl. bereits BAG 21. März 2006 – 3 AZR 374/05 – Rn. 20 ff., BAGE 117, 268). Ist dem Arbeitnehmer eine Gesamtversorgung zugesagt, so hat dies daher grundsätzlich zur Folge, dass eine in der Versorgungsordnung enthaltene Gesamtversorgungsobergrenze bereits bei der Berechnung der maßgeblichen fiktiven Vollversorgung zu berücksichtigen ist. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn die Versorgungsordnung oder eine sonstige, für die Höhe des Altersruhegelds maßgebliche Regelung eine von § 2 Abs. 1 BetrAVG abweichende Berechnung zugunsten der Versorgungsberechtigten (§ 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG) vorsieht.
(c) Danach ist das Ausgangsruhegeld des Klägers zutreffend berechnet worden. Nr. 7 BV Frühpensionierung sieht für die Ermittlung des dem Kläger bei einem Verbleib im Unternehmen bis zum Erreichen der festen Altersgrenze zustehenden – fiktiven – Ruhegelds keine von § 2 Abs. 1 BetrAVG aF abweichende Regelung vor. Die Bestimmung verweist vielmehr insoweit ausdrücklich auf § 2 Abs. 1 BetrAVG aF und ordnet lediglich an, dass die Kürzung des zunächst nach den Vorgaben der RL 02/89 ermittelten fiktiven Ruhegelds – anders als in § 2 Abs. 1 BetrAVG aF vorgesehen – nicht bezogen auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a RL 02/89), sondern bezogen auf die Vollendung des 63. Lebensjahrs zu erfolgen hat.
(d) Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Gesamtversorgungsobergrenze in § 6 Abs. 5 und Abs. 8 RL 02/89 im Hinblick auf die Bestimmungen in der Präambel der RL 02/89 (auch) darauf abzielt, eine etwaige Überversorgung zu vermeiden. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 21. März 2006 (– 3 AZR 374/05 – Rn. 20 ff., BAGE 117, 268) die in früheren Entscheidungen aufgestellte Auslegungsregel, wonach eine Höchstbegrenzungsklausel in einer Versorgungsordnung im Zweifel dahin auszulegen sei, dass Voll- und Teilrenten zunächst unabhängig von der Höchstbegrenzungsklausel zu berechnen und diese Renten daher erst bei Überschreiten der Höchstgrenzen zu kürzen seien (vgl. BAG 8. Mai 1990 – 3 AZR 341/88 – zu I 2 b der Gründe; 24. Juni 1986 – 3 AZR 630/84 – zu II 2 b der Gründe), ausdrücklich aufgegeben. Sofern die Entscheidung des Senats vom 21. März 2006 (– 3 AZR 374/05 – aaO) dahin zu verstehen sein sollte, dass die Frage, ob eine Gesamtversorgungsobergrenze bereits bei der Ermittlung der fiktiven Vollrente nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zu berücksichtigen ist, davon abhängt, welcher Zweck mit der Höchstbegrenzungsklausel verfolgt wird, insbesondere, ob durch diese auch eine Überversorgung verhindert werden soll, hält der Senat hieran nicht weiter fest. Für die Frage, welcher Anteil an einer erreichbaren Vollrente einem vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer zusteht, hat der Zweck der Begrenzungsregelung keine Bedeutung. Die Anwendung der Begrenzungsregelung erst auf die Berechnung der anteiligen Rente des vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmers kommt nur in Betracht, wenn eine Versorgungsregelung – anders als hier – dies ausdrücklich vorsieht.
(e) Da sich die Erstberechnung des Ruhegelds des Klägers nach § 2 Abs. 1 BetrAVG iVm. Nr. 7 BV Frühpensionierung richtet, kam es nicht darauf an, wie die Regelungen in § 6 Abs. 3 RL 02/89 über die Anrechnung von Einkommen des Versorgungsempfängers aus selbständiger oder nichtselbständiger Tätigkeit auszulegen sind. Diese Regelungen betreffen andere Fallgestaltungen, aus denen keine Auslegungshilfe für die hier zur Entscheidung stehende Problematik gewonnen werden kann.
bb) Dem Kläger stehen gegen die Beklagten auch keine sich aus der Anwendung der vertraglichen Anpassungsregelung nach § 5 Abs. 5 bis Abs. 8 RL 02/89 ergebenden Ansprüche auf Zahlung eines höheren Ruhegelds für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2009 zu. Ausgehend von einem Ausgangsruhegeld des Klägers iHv. 4.038,51 DM sind seine Ansprüche auf Zahlung eines nach § 5 Abs. 5 RL 02/89 anzupassenden Ruhegelds für den streitbefangenen Zeitraum erfüllt. Die Parteien gehen – mit Ausnahme des Anpassungsstichtags 1. Juli 2006 – im Rahmen der Revision übereinstimmend davon aus, dass das Ausgangsruhegeld des Klägers seit Rentenbeginn jährlich zum 1. Juli an die Inflationsrate anzupassen ist und nur zum 1. Juli 2002 keine Erhöhung zu erfolgen hatte. Das Ruhegeld war zum 1. Juli 2006 nicht nach § 5 Abs. 5 RL 02/89 um 2,04 % zu erhöhen. Nach § 5 Abs. 5 Satz 2 RL 02/89 verbleibt es bei der Anhebung der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung um den Prozentsatz der Erhöhung der Nettovergütung, wenn die Inflationsrate die Erhöhung der Nettovergütung übersteigt. Diese Voraussetzungen waren zum Anpassungsstichtag 1. Juli 2006 gegeben. Die Nettovergütung der R-Mitarbeiter ist in der Zeit von Juni 2005 bis Juni 2006 nicht angestiegen. Demgemäß war das Ruhegeld des Klägers zum 1. Juli 2006 nicht anzuheben.
(1) Da der Vergütungstarifvertrag vom 25. Mai 2005 nach § 1 Nr. 1 VTV 2006 bis zum 30. Juni 2006 weiter galt, belief sich das nach § 5 Abs. 6 RL 02/89 maßgebliche tarifliche Entgelt der Vergütungsgruppe 9 Stufe 16 sowohl im Juni 2005 als auch im Juni 2006 auf insgesamt 3.301,00 Euro brutto. Erst zum 1. Juli 2006 wurden nach § 2 Nr. 1 VTV 2006 die bisherigen Vergütungstabellen durch neue ersetzt. Soweit dadurch die Vergütung für die nach den Überleitungsbestimmungen der früheren Vergütungsgruppe 9 Stufe 16 entsprechende Gruppe B4 Erfahrungsstufe 4 ab dem 1. Juli 2006 auf monatlich 3.374,00 Euro angestiegen ist, ist dies vorliegend unerheblich. Prüfungszeitraum für die zum 1. Juli eines jeden Jahrs vorzunehmende Anpassung nach § 5 Abs. 5 RL 02/89 ist – anders als im Rahmen von § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG (vgl. dazu etwa BAG 19. Juni 2012 – 3 AZR 464/11 – Rn. 22 mwN, BAGE 142, 116) – sowohl für die Inflationsrate als auch für die Nettovergütung der aktiven R-Mitarbeiter die Zeit seit dem letzten Anpassungsstichtag bis zum nachfolgenden Stichtag. Zum Stichtag muss die maßgebliche tatsächliche Lage schon gegeben sein und darf nicht erst zeitgleich mit ihm eintreten. Daher ist auf die den jeweiligen Stichtagen vorhergehenden Monate abzustellen. Vergütungsveränderungen, die zum 1. Juli 2006 in Kraft treten, sind deshalb nicht bei der vertraglichen Anpassung zum 1. Juli 2006, sondern erst zum 1. Juli 2007 zu berücksichtigen.
(2) Entgegen der Rechtsansicht des Klägers ist bei der Berechnung der Nettovergütungsentwicklung nach § 5 Abs. 5 RL 02/89 zum Anpassungsstichtag 1. Juli 2006 die nach § 3 Nr. 1 VTV 2006 für die Monate April 2006 bis Dezember 2006 gezahlte Pauschalabgeltung nicht anteilig iHv. 400,00 Euro zu berücksichtigen. Nach § 5 Abs. 6 RL 02/89 wird die Nettovergütung auf der Grundlage der Vergütungsgruppe 9 Stufe 16 des jeweiligen Vergütungstarifvertrags ermittelt. Pauschale tarifliche Einmalzahlungen sind danach nicht in die Berechnung einzubeziehen. Dies ergibt die Auslegung von § 5 Abs. 6 RL 02/89 (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl. BAG 9. Oktober 2012 – 3 AZR 539/10 – Rn. 21).
(a) Bereits der Wortlaut der Bestimmung spricht dafür, dass für die Ermittlung der Nettolohnentwicklung der R-Mitarbeiter nur das Tabellenentgelt der in § 5 Abs. 6 RL 02/89 genannten Vergütungsgruppe und Stufe, nicht jedoch sonstige Einmalzahlungen maßgeblich sein sollen. Anders als § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG knüpft die Regelung nicht an den Anstieg der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens an, sondern benennt eine konkrete Vergütungsgruppe und -stufe, auf die zur Berechnung der Reallohnentwicklung nach § 5 Abs. 5 RL 02/89 abzustellen ist.
(b) Auch der Regelungszusammenhang unterstützt dieses Verständnis. Nach § 6 Abs. 9 Satz 1 RL 02/89 sind die in Abs. 5 Satz 2 RL 02/89 festgelegten Begrenzungsprozentsätze entsprechend zu ändern, wenn sich die prozentuale Belastung des Einkommens eines aktiven Mitarbeiters durch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge gegenüber dem Stand am 1. Januar 1990 um mehr als vier Prozentpunkte verändert. Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist nach § 6 Abs. 9 Satz 2 RL 02/89 das monatliche Tarifgehalt der Vergütungsgruppe 9 Stufe 16 zugrunde zu legen. Nach den Vorstellungen der Betriebsparteien finden damit etwaige tarifliche Einmalzahlungen auch bei der Anpassung der Gesamtversorgungsobergrenzen an die Nettolohnentwicklung keine Berücksichtigung.
(c) Sinn und Zweck von § 5 Abs. 6 RL 02/89 sprechen ebenfalls für die vorliegende Auslegung. Mit der Regelung des § 5 Abs. 6 RL 02/89 wollten die Betriebsparteien offensichtlich eine in der Praxis einfach handhabbare Methode zur Berechnung der Nettolohnentwicklung der R-Mitarbeiter iSd. § 5 Abs. 5 RL 02/89 schaffen. Dem Interesse an einer einfach zu handhabenden Regelung entspricht es, nur auf das – leicht feststellbare – tabellenwirksame Entgelt abzustellen und nicht noch zusätzlich anderweitige Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen. Zudem soll mit der Regelung in § 5 Abs. 5 RL 02/89, wie die Anknüpfung an den Kaufkraftverlust zeigt, erkennbar auch nur eine Anpassung an die dauerhafte Nettolohnentwicklung nachgezeichnet werden. Einmalzahlungen wie die Pauschalabgeltung nach § 3 Nr. 1 VTV 2006 führen indes nicht zu einem dauerhaften Anstieg der Nettovergütung, sondern werden lediglich für bestimmte Monate gewährt. Darüber hinaus fehlt es der Pauschalabgeltung nach § 3 Nr. 1 VTV 2006 auch an einem Bezug zu einer Vergütung nach der Vergütungsgruppe 9 Stufe 16. Die Abgeltung war jedem Arbeitnehmer zu gewähren, der im maßgeblichen Zeitraum April 2006 bis Dezember 2006 beschäftigt wurde, unabhängig von einer individuellen Vergütungsgruppe.
(d) Die Auslegung der RL 02/89 entspricht auch den Vorstellungen der Tarifvertragsparteien des VTV 2006. Diese haben in § 3 Nr. 6 VTV 2006 ausdrücklich bestimmt, dass die Pauschalabgeltung nicht ruhegeld- und versorgungsfähig ist. Dadurch haben sie verdeutlicht, dass die Pauschalabgeltung bei der Berechnung des Ruhegelds und deshalb auch bei der Anpassung nicht berücksichtigt werden soll.
(3) Nach § 5 Abs. 5 Satz 2 RL 02/89 überstieg damit die Inflationsrate die Erhöhung der Nettovergütungen der R-Mitarbeiter in der Zeit von Juni 2005 bis Juni 2006. Die Bruttovergütung nach der Vergütungsgruppe 9 Stufe 16 des Vergütungstarifvertrags hat sich im entsprechenden Zeitraum nicht erhöht. Das tarifliche Entgelt belief sich sowohl zum 30. Juni 2005 als auch zum 30. Juni 2006 auf insgesamt 3.301,00 Euro brutto. Unter Zugrundelegung der in § 5 Abs. 6 RL 02/89 genannten Steuermerkmale ergibt sich nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge infolge der unveränderten Steuersätze und der in diesem Zeitraum insgesamt leicht angestiegenen Sozialversicherungsbeiträge im Juni 2006 jedenfalls kein höherer Nettoverdienst als im Juni 2005.
(4) Entgegen der Ansicht des Klägers findet die Regelung des § 5 Abs. 5 Satz 2 RL 02/89 – trotz ihres insoweit missverständlichen Wortlauts – auch Anwendung, wenn im maßgeblichen Prüfungszeitraum keine Erhöhung der Nettoverdienste stattgefunden hat. Die Bestimmung knüpft erkennbar an die vom Senat zu § 16 Abs. 1 BetrAVG entwickelten Vorgaben an. Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Bei seiner Anpassungsentscheidung hat der Arbeitgeber die Belange der Versorgungsempfänger zu berücksichtigen, die durch den Anpassungsbedarf und die sog. reallohnbezogene Obergrenze bestimmt werden. Dabei begrenzt die sog. reallohnbezogene Obergrenze den auf der Grundlage des zwischenzeitlich eingetretenen Kaufkraftverlustes ermittelten Anpassungsbedarf (vgl. etwa BAG 18. März 2014 – 3 AZR 249/12 – Rn. 17 f.). Sind daher im maßgeblichen Anpassungsprüfungszeitraum die Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmer nicht angestiegen, muss der Arbeitgeber die Betriebsrente nicht an den Kaufkraftverlust anpassen. Nichts anderes regelt auch § 5 Abs. 5 Satz 2 RL 02/89.
b) Mangels Hauptforderung steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen auf noch rückständiges Ruhegeld zu.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Zwanziger, Spinner, Ahrendt, S. Hopfner, Schepers
Fundstellen
BAGE 2016, 343 |
BB 2015, 2100 |
DB 2015, 2093 |
DB 2015, 8 |
EBE/BAG 2015 |
FA 2015, 317 |
ZIP 2015, 1847 |
ZTR 2015, 589 |
AP 2016 |
EzA-SD 2015, 12 |
EzA 2015 |
AUR 2015, 373 |
ArbRB 2015, 269 |