Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichstellungsabrede bei Verbandsaustritt des Arbeitgebers. dynamische Bezugnahmeklausel
Leitsatz (redaktionell)
Das Bundesarbeitsgericht hält an seiner Rechtsprechung, wonach eine dynamische Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifverträge in einem vom tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Vertrag typischerweise eine Gleichstellungsabrede ist, fest, da der Zweck der von einem tarifgebundenen Arbeitgeber allgemein mit seinen Arbeitnehmern vereinbarten Bezugnahme auf die einschlägigen tariflichen Regelungen, die Interessenlage und die soziotypische Ausgangslage bei Vertragsschluss für diese Rechtsprechung sprechen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; TVG §§ 3-4
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger für die Monate Januar bis Juli 1999 zustehenden Vergütung.
Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Unternehmen der Metallindustrie mit Sitz in Hamburg, seit dem 1. März 1971 als Labor-Techniker beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 26. Januar 1971 ist, soweit hier von Interesse, vereinbart:
…
Dem Arbeitsverhältnis liegt der jeweils gültige Manteltarifvertrag für Angestellte der Metallindustrie Hamburg einschließlich der hierzu ergangenen Zusatzabkommen zugrunde …
Sie beginnen mit folgendem Gehalt:
a) |
Gehalt nach Gruppe T4/1 |
DM |
1.001,-- |
b) |
Jederzeit anrechenbare Zulage |
DM |
299,-- |
|
insgesamt brutto |
DM |
1.300,-- |
…
Nach Ablauf eines halben Jahres werden wir aufgrund Ihrer Leistungen die Frage prüfen, inwieweit unabhängig von tariflichen Veränderungen eine Gehaltsaufbesserung möglich ist.
…
Bei der Beklagten, die vom 24. September 1956 bis zum 30. Juni 1998 Mitglied im tarifvertragschließenden Arbeitgeberverband Nordmetall war, wird seit jeher mit allen Arbeitnehmern ohne Rücksicht auf deren – auch im Falle des Klägers – der Beklagten bei Vertragsschluß auch nicht bekannter etwaiger Gewerkschaftszugehörigkeit die Anwendung der einschlägigen Tarifverträge einzelvertraglich vereinbart. Die Beklagte verwandte in den Arbeitsverträgen für die Verweisung auf tarifrechtliche Regelungen verschiedene Formulierungen.
Mit Wirkung ab 1. Januar 1999 trat der Gehaltstarifvertrag für die Angestellten in der Metallindustrie Hamburgs und Umgebung vom 2. März 1999 in Kraft – nachfolgend: GTV 99-. Der Kläger, vergütet nach dem bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Gehaltstarifvertrag vom 1. April 1998 zuzüglich einer übertariflichen Zulage von 54,00 DM im Monat, beansprucht von der Beklagten die sich aus dem GTV 99 ergebenden Einmalzahlungen und die lineare Tarifgehaltserhöhung für die Monate Januar bis Juli 1999. Diese Ansprüche des Klägers belaufen sich unstreitig auf 2.426,90 DM brutto.
Im Mai 1999 gewährte die Beklagte allen ihren Beschäftigten entsprechend dem Aushang 12/99 eine Sonderzahlung für das Jahr 1998, im Falle des Klägers in Höhe von 717,00 DM brutto. In dem Aushang heißt es ua., daß die Geschäftsleitung mit Befürwortung des Betriebsrats beschlossen habe, “in Anbetracht des positiven Ergebnisses des vergangenen Geschäftsjahres” eine Sonderzahlung zu gewähren. Weiter heißt es in dem Aushang:
…
Diese Sonderzahlung ist nicht als Ausgleich für die von einigen Mitarbeiter(inne)n geforderte Tariferhöhung gedacht. Den Mitarbeiter(inne)n, die ihren vermeintlichen Anspruch auf Tariferhöhung durch eine erfolgreiche Klage bestätigt bekommen, wird diese Sonderzahlung auf ihren vermeintlichen Anspruch angerechnet. Die Sonderzahlung ist ausdrücklich an diese Bedingung geknüpft.
…
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Auslegung der vertraglichen Bezugnahmeklausel ergebe, daß eine dynamische Bezugnahme auf die jeweils geltenden Tarifverträge einschließlich der tariflichen Gehaltsregelungen gewollt gewesen sei. Er habe bei Vertragsschluß nicht gewußt, ob die Beklagte tarifgebunden gewesen sei. Die Bezugnahmeklausel verweise auch auf die einschlägigen tariflichen Gehaltsregelungen. Diese seien im übrigen Zusatzabkommen im Sinne des Arbeitsvertrages. Eine Anrechnung der Sonderzahlung auf seine Ansprüche nach dem GTV 99 könne nicht erfolgen, denn er solle durch die Anrechnungsklausel deshalb schlechter gestellt werden, weil er die ihm vertraglich zustehenden Rechte geltend mache.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.426,90 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich aus 1.516, 50DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 3. Juni 1999 und auf den sich aus jeweils 227, 60 DM brutto ergebenden Nettobetrag seit dem 7. Juli 1999, 31. Mai 1999, 30. Juni 1999 und 31. Juli 1999 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat, soweit noch von Interesse, die Ansicht vertreten, daß sich die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag des Klägers mit dem Wirksamwerden ihres Verbandsaustritts von einer dynamischen in eine statische gewandelt habe. Ein entgegen ihrer – der Beklagten – Auffassung bestehender Anspruch des Klägers mindere sich aber jedenfalls um die Sonderzahlung, die sie im Monat Mai 1999 geleistet habe. Es liege ein sachlicher Grund für eine Differenzierung vor, weil die Beschäftigten, die einen Anspruch auf Entgelterhöhung durchsetzten, nicht zusätzlich besser gestellt werden sollten als die übrigen Beschäftigten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat unter Zurückweisung der Berufung wegen eines Teilbetrags der Klageforderung in Höhe von 270,00 DM brutto – übertarifliche Zulage von 54,00 DM brutto für fünf Monate -der Klage in Höhe von 2.156,90 DM nebst Zinsen stattgegeben und die Revision zugelassen. Die Beklagte beantragt die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des klageabweisenden Urteils des Arbeitsgerichts.
Unterschriften
Schliemann, Friedrich, Bott, Pfeil, Münter
Fundstellen