Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Personalrats bei Befristung von Arbeitsverträgen. Befristeter Arbeitsvertrag. Mitbestimmungsrecht des Personalrats
Leitsatz (amtlich)
Liegt die nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 66 Abs. 1 LPVG NW erforderliche Zustimmung des Personalrats zur Befristung eines Arbeitsvertrags nicht vor, ist die gleichwohl vereinbarte Befristung unwirksam. Die Zustimmung kann nicht nachträglich erteilt werden.
Orientierungssatz
1. Eine unter Verletzung des gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW bestehenden Mitbestimmungsrechts des Personalrats vereinbarte Befristungsabrede ist unwirksam.
2. Die nach § 66 Abs. 1 LPVG NW erforderliche Zustimmung des Personalrats kann nicht wirksam nachgeholt werden.
Normenkette
LPVG NW § 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14. Juli 2000 – 5 Sa 1087/99 – wird zurückgewiesen.
Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis auf Grund Befristung am 12. Dezember 1998 geendet hat.
Die Klägerin war beim beklagten Land auf Grund von zwei jeweils befristeten Arbeitsverträgen vom 8. September 1997 bis zum 12. Dezember 1998 als Lehrerin an der Sprachschule für Behinderte in E. zur Vertretung der in Erziehungsurlaub befindlichen Stammkraft beschäftigt. Der zweite für die Zeit vom 25. Juni 1998 bis 12. Dezember 1998 geschlossene Arbeitsvertrag wurde von der Klägerin am 3. August 1998 gegengezeichnet. Mit Schreiben vom 3. Juli 1998 hatte die Bezirksregierung Arnsberg den bei ihr gebildeten Bezirkspersonalrat für Lehrerinnen und Lehrer an Sonderschulen um Zustimmung gebeten, ua. die Klägerin als Erziehungsurlaubsvertretung in der Zeit vom 25. Juni 1998 bis 12. Dezember 1998 einzusetzen. Das Schreiben ging bei dem Bezirkspersonalrat am 28. Juli 1998 ein. Dieser stimmte in seiner ersten Sitzung nach den Sommerferien am 11. August 1998 der Maßnahme zu und teilte dies am selben Tag der Bezirksregierung mit.
Mit ihrer am 4. Januar 1999 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses geltend gemacht. Der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Eine nachträgliche Genehmigung der Befristungsabrede durch den Personalrat sei nicht möglich. Im übrigen hätte nicht der Bezirkspersonalrat, sondern der beim Schulamt errichtete örtliche Personalrat beteiligt werden müssen.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch Befristung mit Ablauf des 12. Dezember 1998 geendet hat,
- das beklagte Land zu verurteilen, die Klägerin über den 12. Dezember 1998 hinaus als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis mit 20 von 26,5 Pflichtstunden und Zahlung einer anteiligen Vergütung aus der VergGr. III BAT weiterzubeschäftigen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die zunächst schwebend unwirksame Befristung sei durch die nachträgliche Genehmigung des zu Recht beteiligten Bezirkspersonalrats wirksam geworden.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt das beklagte Land weiterhin die Klageabweisung. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Entfristungsklage zu Recht entsprochen. Die Befristung des Arbeitsvertrags zum 12. Dezember 1998 ist unwirksam, da bei Abschluß des Vertrags die erforderliche Zustimmung des Personalrats zur Befristung nicht vorlag. Diese Zustimmung konnte nicht wirksam nachgeholt werden.
I. Gemäß § 66 Abs. 1 LPVG NW kann eine der Mitbestimmung des Personalrats unterliegende Maßnahme nur mit dessen Zustimmung getroffen werden. Nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW hat der Personalrat ua. mitzubestimmen bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen.
1. Damit hat der Gesetzgeber des beklagten Landes das Mitbestimmungsrecht des Personalrats über die Einstellung eines Arbeitnehmers hinaus auch auf die inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses erstreckt und die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers eingeschränkt (ständige Rechtsprechung des Senats, 13. April 1994 – 7 AZR 651/93 – BAGE 76, 234 = AP LPVG NW § 72 Nr. 9, zu B II 2 c bb der Gründe; 8. Juli 1998 – 7 AZR 308/97 – AP LPVG NW § 72 Nr. 18 = EzA BGB § 620 Nr. 150, zu 1 der Gründe; vgl. ferner zur gleichlautenden Regelung des LPVG Brandenburg 9. Juni 1999 – 7 AZR 170/98 – BAGE 92, 36 = AP LPVG Brandenburg § 63 Nr. 2, zu 2 a der Gründe; 27. September 2000 – 7 AZR 412/99 – AP LPVG Brandenburg § 61 Nr. 1 = EzA BeschFG 1985 § 1 Nr. 21, zu A I 1 der Gründe). Die landesrechtliche Mitbestimmungsregelung verstößt nicht gegen Bundesrecht (BAG 13. April 1994 – 7 AZR 651/93 – BAGE 76, 234 = AP LPVG NW § 72 Nr. 9, zu B II 2 d der Gründe; 9. Juni 1999 – 7 AZR 170/98 – BAGE 92, 36 = AP LPVG Brandenburg § 63 Nr. 2, zu 4 der Gründe). Für die Personalvertretung im Bereich der Länder hat der Bund gemäß Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 GG nur das Recht, unter den Voraussetzungen des Art. 72 GG Rahmenvorschriften zu erlassen. Er ist nicht befugt, den Ländern den Umfang der Mitbestimmung und Mitwirkung der Personalvertretung im einzelnen vorzuschreiben. Demgemäß hat der Bund in § 104 Satz 1 BPersVG den Landesgesetzgebern einen weiten Spielraum belassen, in welchem Umfang und mit welcher Intensität sie Beteiligungsrechte der Personalvertretungen in den einzelnen Angelegenheiten vorsehen wollen (BVerfG 27. März 1979 – 2 BvL 2/77 – BVerfGE 51, 43 = AP BPersVG § 108 Nr. 1, zu B l 1 a bb der Gründe mwN). Nach § 104 Satz 1 Halbsatz 2 BPersVG soll zwar eine Regelung angestrebt werden, wie sie für Personalvertretungen in Bundesbehörden festgelegt ist. Es handelt sich hierbei aber um eine Sollvorschrift, durch welche die Beteiligungsrechte der Personalvertretung weder im Inhalt noch im Umfang verbindlich festgelegt werden. Dem Landesgesetzgeber ist es nicht verboten, weitergehende Beteiligungsregelungen zu treffen, als sie das Bundespersonalvertretungsgesetz für Personalvertretungen in Bundesbehörden enthält (BAG 13. April 1994 – 7 AZR 651/93 – BAGE 76, 234 = AP LPVG NW § 72 Nr. 9, zu B II 2 d der Gründe).
2. Eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW führt, wie der Senat ebenfalls bereits wiederholt entschieden hat, zur Unwirksamkeit der Befristungsabrede (BAG 13. April 1994 – 7 AZR 651/93 – aaO, zu B II 2 c ee der Gründe; 8. Juli 1998 – 7 AZR 308/97 – AP LPVG NW § 72 Nr. 18 = EzA BGB § 620 Nr. 150, zu 3 der Gründe; 9. Juni 1999 – 7 AZR 170/98 – BAGE 92, 36 = AP LPVG Brandenburg § 63 Nr. 2, zu 3 der Gründe; 27. September 2000 – 7 AZR 412/99 – AP LPVG Brandenburg § 61 Nr. 1 = EzA BeschFG 1985 § 1 Nr. 21, zu B I 2 der Gründe). Hieran hält der Senat nach erneuter Prüfung fest. Zwar enthält das LPVG NW zu den Rechtsfolgen einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts bei Befristungsabreden keine ausdrückliche Regelung. Bereits der Wortlaut des § 66 Abs. 1 LPVG NW legt jedoch in diesem Fall die Rechtsfolge der Rechtsunwirksamkeit der Befristungsabrede nahe. Vor allem ergibt sich diese Rechtsfolge aber aus dem Sinn und Zweck der Regelung und der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung. Verfassungsrechtliche Gründe stehen dem nicht entgegen.
a) Die bei Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats eintretende Rechtsfolge der Rechtsunwirksamkeit der Befristung entspricht dem Wortlaut von § 66 Abs. 1, § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW. Die nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats unterliegende Maßnahme ist die Befristung des Arbeitsverhältnisses. Sie erfolgt durch die Befristungsabrede. Nach § 66 Abs. 1 LPVG NW kann daher die Befristungsabrede als die dem Mitbestimmungsrecht unterliegende Maßnahme nur mit Zustimmung des Personalrats getroffen werden. Die Privatautonomie der den Arbeitsvertrag schließenden Parteien erfährt insoweit eine Einschränkung. Dies hat zur Folge, daß eine gleichwohl ohne die Zustimmung des Personalrats vereinbarte, die Einschränkung der Privatautonomie mißachtende Befristungsabrede keine Rechtswirksamkeit beanspruchen kann.
b) Vor allem entspricht die Rechtsfolge der Unwirksamkeit einer ohne Zustimmung des Personalrats vereinbarten Befristung aber der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung und dem Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts.
aa) Bei den Rechtsfolgen unterbliebener Mitbestimmung ist zu unterscheiden zwischen den betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsfolgen und den Rechtsfolgen im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine Verknüpfung zwischen der Verletzung des Mitbestimmungsrechts und dem individualrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wird hergestellt durch die vom Bundesarbeitsgericht entwickelte „Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung” (vgl. BAG GS 16. September 1986 – GS 1/82 – BAGE 53, 42 = AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 17, zu C III 4 der Gründe; 20. August 1991 – 1 AZR 326/90 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 50 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 29, zu II 2 e der Gründe; GS 3. Dezember 1991 – GS 2/90 – aaO, zu D II der Gründe). Danach führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten (BAG GS 3. Dezember 1991 – GS 2/90 – BAGE 69, 134 = AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 51, zu D II der Gründe). Die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung ist in diesen Fällen Wirksamkeitsvoraussetzung der den Arbeitnehmer belastenden Maßnahme bzw. des Rechtsgeschäfts (BAG 20. August 1991 – 1 AZR 326/90 – aaO, zu II 2 e der Gründe; 13. April 1994 – 7 AZR 651/93 – BAGE 76, 234 = AP LPVG NW § 72 Nr. 9, zu B II 2 a der Gründe). Dabei ist die Rechtsfolge der Unwirksamkeit nicht auf einseitige Rechtsgeschäfte beschränkt, sondern kann auch arbeitsvertragliche Vereinbarungen erfassen (BAG 13. April 1994 – 7 AZR 651/93 – aaO, zu B II 2 a aa der Gründe). Die Rechtsunwirksamkeit ist eine Sanktion dafür, daß der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht verletzt hat (BAG 20. August 1991 – 1 AZR 326/90 – aaO, zu II 2 e der Gründe; GS 3. Dezember 1991 – GS 2/90 – aaO, zu D II der Gründe). Daher kommt es darauf an, ob die Rechtsfolge der Rechtsunwirksamkeit dem Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts entspricht (BAG 13. April 1994 – 7 AZR 651/93 – BAGE 76, 234 = AP LPVG NW § 72 Nr. 9, zu B II 2 a bb der Gründe). Dient das Mitbestimmungsrecht zumindest auch dazu, den Arbeitnehmer vor ihm nachteiligen Maßnahmen und Vertragsgestaltungen zu schützen, so ist im Falle der Verletzung des Mitbestimmungsrechts die individualrechtliche Rechtsunwirksamkeit eine geeignete Sanktion. Sie ist durch den Schutzzweck der mitbestimmungsrechtlichen Norm gedeckt.
bb) Dem Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts des Personalrats bei Befristungsabreden nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW entspricht es, wenn eine ohne Zustimmung des Personalrats vereinbarte Befristung unwirksam ist (BAG 8. Juli 1998 – 7 AZR 308/97 – AP LPVG NW § 72 Nr. 18 = EzA BGB § 620 Nr. 150, zu 3 der Gründe; 27. September 2000 – 7 AZR 412/99 – AP LPVG Brandenburg § 61 Nr. 1 = EzA BeschFG 1985 § 1 Nr. 21, zu B l 2 der Gründe). Dieses Mitbestimmungsrecht des Personalrats dient zumindest auch dem Schutz des Arbeitnehmers und soll seinen Interessen an dauerhaften Bindungen Rechnung tragen (BAG 8. Juli 1998 – 7 AZR 308/97 – aaO, zu 3 der Gründe). Der Personalrat soll prüfen, ob die beabsichtigte Befristung nach den Grundsätzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle wirksam ist. Außerdem soll er auch bei Vorliegen eines die Befristung rechtfertigenden Sachgrunds darauf Einfluß nehmen können, ob im Interesse des Arbeitnehmers von einer Befristung insgesamt abgesehen oder wegen der dem Arbeitnehmer zugewiesenen Arbeitsaufgaben oder der in Aussicht genommenen Befristungsgründe eine längere Laufzeit vereinbart werden kann (BAG 8. Juli 1998 – 7 AZR 308/97 – aaO, zu 2 a der Gründe; 9. Juni 1999 – 7 AZR 170/98 – BAGE 92, 36 = AP LPVG Brandenburg § 63 Nr. 2, zu 2 b der Gründe; 27. September 2000 – 7 AZR 412/99 – aaO, zu B I 2 der Gründe). Dieser Zweck würde weitgehend vereitelt, wenn eine unter Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats geschlossene Befristungsabrede gleichwohl wirksam wäre.
c) Verfassungsrechtliche Vorgaben stehen der an die Verletzung des Mitbestimmungsrechts anknüpfenden Rechtsfolge der Unwirksamkeit der vertraglich vereinbarten Befristung nicht entgegen. Das Recht der Befristung von Arbeitsverhältnissen gehört zum „Arbeitsrecht” iSv. Art. 74 Nr. 12 GG und ist damit Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung. Solange und soweit der Bund auf diesem Gebiet von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat, besitzen die Länder gemäß Art. 72 Abs. 1 GG die Gesetzgebungskompetenz. Das bürgerlich-rechtliche Kodifikationsprinzip steht einer landesgesetzlichen Regelung nicht entgegen, denn das Arbeitsrecht hat sich zu einer selbständigen Rechtsmaterie entwickelt, das landesgesetzliche Regelungen unter Wahrung der Kompetenzordnung des Grundgesetzes gestattet (BVerfG 15. Dezember 1987 – 1 BvR 563/85 ua. – BVerfGE 77, 308 = AP GG Art. 12 Nr. 62, zu C I 2 der Gründe; BAG 14. Februar 1996 – 7 AZR 613/95 – BAGE 82, 173 = AP HRG § 57c Nr. 4, zu II 2 c der Gründe). Der Bundesgesetzgeber hat zumindest bis zum Inkrafttreten des TzBfG am 1. Januar 2001 von seiner Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Befristung von Arbeitsverträgen nur partiell – zB in § 1 BeschFG, § 620 BGB, §§ 57a ff. HRG, § 21 BErzGG – Gebrauch gemacht. Außerhalb der Teilbereiche, für die er das Recht der befristeten Arbeitsverträge abschließend geregelt hat (vgl. zum Hochschulbereich BAG 14. Februar 1996 – 7 AZR 613/95 – aaO, zu II 2 und 3 der Gründe), waren daher zumindest bis zum 31. Dezember 2000 die Länder gemäß Art. 72 Abs. 1 GG nicht gehindert, Regelungen zu treffen, die sich auf die Wirksamkeit befristeter Arbeitsverträge auswirken (vgl. BAG 9. Juni 1999 – 7 AZR 170/98 – BAGE 92, 36 = AP LPVG Brandenburg § 63 Nr. 2, zu 4 der Gründe).
3. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, muß die Zustimmung zum Zeitpunkt der Befristungsabrede vorliegen. Sie kann nicht nachträglich erteilt werden. Eine ohne vorherige Zustimmung gleichwohl vereinbarte Befristung ist nicht schwebend, sondern endgültig unwirksam (noch offen gelassen in der Senatsentscheidung vom 13. April 1994 – 7 AZR 651/93 – BAGE 76, 234 = AP LPVG NW § 72 Nr. 9, zu B II 2 c ee der Gründe). Dies folgt aus Wortlaut, Systematik sowie aus Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung.
a) Wenn nach § 66 Abs. 1 LPVG NW die der Mitbestimmung des Personalrats unterliegende Maßnahme nur mit seiner Zustimmung getroffen werden kann, bedeutet dies bereits nach dem Wortlaut, daß die Zustimmung zu dem Zeitpunkt vorliegen muß, in dem die Maßnahme getroffen wird. Wird die Maßnahme getroffen, bevor die Zustimmung erteilt ist, so ist sie nicht mit, sondern ohne Zustimmung des Personalrats getroffen. Die Formulierung des § 66 Abs. 1 LPVG NW unterscheidet sich maßgeblich von der Formulierung des § 182 Abs. 1 BGB. Hätte der Gesetzgeber des Landes Nordrhein-Westfalen in Anlehnung an § 182 Abs. 1 BGB dahin formuliert, die Wirksamkeit einer der Mitbestimmung des Personalrats unterliegenden Maßnahme hänge von dessen Zustimmung ab, so könnte jedenfalls nach dem Wortlaut daran gedacht werden, daß auch eine nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) in entsprechender Anwendung des § 184 Abs. 1 BGB zurückwirkt. Wenn aber die Maßnahme nur mit Zustimmung des Personalrats getroffen werden kann, muß die Zustimmung der Maßnahme notwendig zeitlich vorangehen. Ist die Maßnahme einmal getroffen, kann keine rechtserhebliche Zustimmung mehr erfolgen.
b) Dies entspricht dem systematischen Zusammenhang des Gesetzes. Der Gesetzgeber des LPVG NW unterscheidet zwischen endgültigen Maßnahmen und vorläufigen Regelungen. Nach § 66 Abs. 8 Satz 1 LPVG NW kann der Leiter der Dienststelle bei Maßnahmen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden, bis zur endgültigen Entscheidung vorläufige Regelungen treffen. Er hat dem Personalrat die vorläufige Regelung mitzuteilen und zu begründen und unverzüglich das Verfahren nach den Absätzen 2, 3, 5 und 7 einzuleiten oder fortzusetzen. Hieraus folgt, daß nach der Vorstellung des Gesetzgebers die endgültige Maßnahme nicht getroffen werden darf, bevor die Zustimmung des Personalrats vorliegt oder durch die Einigungsstelle ersetzt oder die nach § 66 Abs. 7 Satz 4 LPVG NW iVm. § 68 LPVG NW endgültige Entscheidung getroffen ist. Diese gesetzgeberische Konzeption würde konterkariert, wenn die Möglichkeit eröffnet würde, zu der bereits endgültig getroffenen Maßnahme noch nachträglich die Zustimmung zu erteilen oder diese zu ersetzen. Denn mit einer derart schwebend unwirksamen endgültigen Maßnahme würde eine vom Gesetz nicht vorgesehene zweite Art der vorläufigen Maßnahme geschaffen.
c) Auch der Sinn und Zweck der Regelung sowie das Gebot der Rechtssicherheit sprechen jedenfalls bei einer Befristung gegen die Möglichkeit einer nachträglichen Zustimmung. Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats soll, wie ausgeführt, dem Personalrat auch die Möglichkeit geben, trotz Vorliegens eines Sachgrunds darauf Einfluß nehmen zu können, ob im Interesse des Arbeitnehmers von einer Befristung insgesamt abgesehen oder eine längere Laufzeit vereinbart werden kann. Diese Möglichkeit der Einflußnahme auf die Gestaltung des Vertrags besteht jedoch nicht mehr, wenn der Vertrag bereits geschlossen ist. Darüber hinaus entstünde durch die Möglichkeit der nachträglichen Zustimmung des Personalrats zur Befristung eine für den Arbeitnehmer unzumutbare Rechtsunsicherheit. Er wäre in seinen Dispositionen Zufälligkeiten und Unwägbarkeiten ausgesetzt, die er weder beurteilen noch steuern kann. Denn solange es an der Zustimmung des Personalrats zu der Befristungsabrede fehlt, könnte er von der Unwirksamkeit der Befristung ausgehen. Er müßte jedoch damit rechnen, daß der Personalrat oder die Stufenvertretung möglicherweise doch noch mit rückwirkender Kraft die Zustimmung zur Befristung erteilt oder die Einigungsstelle diese ersetzt. Eine derartige Unsicherheit ist mit dem Schutz des Arbeitnehmers, den das Mitbestimmungsrecht nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW bei Befristungen bezweckt, nicht vereinbar.
d) Gegen die Möglichkeit einer nachträglichen Zustimmung spricht schließlich auch der Grundsatz, daß es zur Beurteilung der Wirksamkeit einer Befristung auf die Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt und spätere Entwicklungen weder nachträglich zur Unwirksamkeit einer Befristung führen noch eine unwirksame Befristung „heilen” können (vgl. bereits BAG GS 12. Oktober 1960 – GS 1/59 – BAGE 10, 65 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 16, zu D der Gründe; ferner 8. September 1983 – 2 AZR 438/82 – BAGE 44, 107 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 77, zu III 2 b der Gründe; 10. Juni 1992 – 7 AZR 345/91 – nv., zu III 2 b der Gründe).
4. Vorliegend lag zum Zeitpunkt der Befristungsabrede, die spätestens mit der Gegenzeichnung des Vertrags durch die Klägerin am 3. August 1998 erfolgte, die Zustimmung des Personalrats nicht vor. Diese wurde vielmehr erst am 11. August 1998 erteilt. Da bereits aus diesem Grund die Befristung unwirksam ist, kam es nicht darauf an, ob mit dem bei der Bezirksregierung Arnsberg gebildeten Bezirkspersonalrat der nach dem LPVG NW zuständige Personalrat beteiligt wurde.
II. Der Weiterbeschäftigungsantrag fiel dem Senat nicht zur Entscheidung an. Der Antrag ist, wie die gebotene Auslegung ergibt, nur auf die Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits gerichtet.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Gräfl, Linsenmaier, Coulin, Hoffmann
Fundstellen
BAGE, 311 |
BB 2002, 1594 |
DB 2002, 1838 |
ARST 2003, 90 |
FA 2002, 245 |
NZA 2002, 811 |
SAE 2002, 352 |
ZTR 2002, 449 |
AP, 0 |
AuA 2002, 574 |
EzA-SD 2002, 15 |
EzA |
MDR 2002, 1128 |
PersR 2002, 355 |
PersV 2003, 113 |
ZfPR 2002, 303 |
AUR 2002, 318 |