Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeitsklage – Geschäftsverteilung
Leitsatz (amtlich)
Die dem Geschäftsverteilungsplan eines Arbeitsgerichts oder Landesarbeitsgerichts beigefügte Liste der zu den jeweiligen Sitzungen heranzuziehenden ehrenamtlichen Richter unterliegt nicht der strengen Offenlegungspflicht nach § 21 e Abs. 8 GVG.
Normenkette
GVG § 21e Abs. 8 (jetzt Abs. 9 Gesetz zur Stärkung der Unabhängigkeit der Richter und Gerichte vom 22. Dezember 1999 BGBl. I S. 2598)
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 1. März 2000 – 2 Sa 1638/99 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des durch Urteil der 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln vom 4. November 1999 abgeschlossenen Verfahrens – 6 Sa 493/99 –. Er macht geltend, die 6. Kammer sei im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und Entscheidung nicht richtig besetzt gewesen; es habe ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt, der im schriftlich fixierten Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 1999 nicht aufgeführt gewesen sei; deshalb sei das Urteil der 6. Kammer nichtig.
Der richterliche Geschäftsverteilungsplan des Landesarbeitsgerichts Köln für das Jahr 1999 enthielt unter Ziff. II 3 unter der Überschrift „Zuteilung der ehrenamtlichen Richter”, soweit hier von Interesse, folgende Regelungen:
„a) Die für das Landesarbeitsgericht Köln berufenen ehrenamtlichen Richter werden in alphabetischer Reihenfolge in die allgemeinen Listen der ehrenamtlichen Richter (Anlagen 3 und 4) eingetragen bzw. in der entsprechenden SHARK-Datenbank erfasst. Sie werden unter Berücksichtigung der alphabetischen Reihenfolge zu den Kammerterminen geladen. …
Ehrenamtliche Richter, die im Laufe des Geschäftsjahres erstmalig berufen werden, sind – ohne Rücksicht auf die alphabetische Namensfolge – in der Reihenfolge des Zeitpunktes ihrer Berufung in den allgemeinen Listen nachzutragen.
b) Bei Verhinderung eines geladenen oder zur Ladung anstehenden ehrenamtlichen Richters wird der nach der allgemeinen Liste als nächster zu ladende ehrenamtliche Richter unter Anrechnung auf den Turnus herangezogen. …”
Als Anlage 4 war dem Geschäftsverteilungsplan die „Allgemeine Liste der ehrenamtlichen Richter”, die von Arbeitnehmerseite benannt waren, mit Stand 1. Januar 1999 angefügt. Die Daten der im Laufe des Jahres 1999 ernannten ehrenamtlichen Richter waren entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan in der Reihenfolge ihrer Ernennung in der SHARK-Datenbank erfasst. Die zuständige Geschäftsstellenverwalterin legt im Falle der Neubenennung eines ehrenamtlichen Richters eine Karteikarte an, die ohne Rücksicht auf die alphabetische Reihenfolge den Karteikarten der vorhandenen ehrenamtlichen Richter nachgestellt wird. Gleichzeitig wird in der Datenbank ORCA-EHRI für den neuberufenen ehrenamtlichen Richter ein Stammdatensatz angelegt.
Das im Computer aktualisierte Richterverzeichnis war im Laufe des Jahres 1999 nicht ausgedruckt worden. Das Programm ermöglicht jedoch jederzeit den Ausdruck einer vollständigen Liste mit den Namen der hinzugekommenen ehrenamtlichen Richter in der Reihenfolge ihrer Ernennung.
Die SHARK-Datenbank ist gegen Eingriffe gesichert. Die mit den Ladungen betrauten Angestellten können die Reihenfolge, in der die ehrenamtlichen Richter zu Sitzungen heranzuziehen sind, nicht ändern. Fehler bei den Ladungen sind dadurch ausgeschlossen, daß bei Aufruf der entsprechenden Datei automatisch die Karteikarte desjenigen ehrenamtlichen Richters erscheint, der nach der allgemeinen Liste als nächster zur Ladung ansteht.
Für die Verhandlung der 6. Kammer vom 4. November 1999 war zunächst der unter der laufenden Nummer 62 der ausgedruckten Anlage 4 zum Geschäftsverteilungsplan aufgeführte ehrenamtliche Richter St. geladen worden. Mit Datum vom 1. Oktober 1999 hatte Herr St. mitgeteilt, er sei am Terminstage aus beruflichen Gründen verhindert. Am Tage des Zugangs der Absage, am 6. Oktober 1999, wurde daher der unter der Nr. 82 der aktualisierten Computerliste geführte ehrenamtliche Richter Petri geladen, der im Laufe des Jahres 1999 ernannt und demgemäß in der Anlage 4 zum Geschäftsverteilungsplan mit Stand vom 1. Januar 1999 nicht aufgeführt war. Herr Petri war bei Zugrundelegung des im Computer aktualisierten Richterverzeichnisses turnusmäßig der nächste ehrenamtliche Richter, denn die unter den Nummern 63-81 aufgeführten Richter waren zwischenzeitlich anderen Verfahren zugewiesen worden.
Nachdem die Berufung des Klägers wie auch die Anschlußberufung der Beklagten durch Urteil der 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln vom 4. November 1999 zurückgewiesen worden waren, begehrte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers nach vorheriger schriftlicher Ankündigung am 8. November 1999 in der zuständigen Geschäftsstelle Einsicht in den geltenden Geschäftsverteilungsplan und die als Anlage geführte Liste der ehrenamtlichen Richter. In dieser war Herr P. nicht aufgeführt, weil er erst nach dem 1. Januar 1999 ernannt worden war. Die Verwaltungssachbearbeiterin informierte den Klägervertreter darüber, daß – entsprechend einer seit 1998 in der Gerichtsverwaltung geltenden Praxis – die Daten der nach Inkrafttreten des Geschäftsverteilungsplans ernannten ehrenamtlichen Richter nur in der Datei gespeichert seien, und daß es eine ausgedruckte Liste dieser Richter nicht gebe. Die Einsichtnahme in die Datei der ehrenamtlichen Richter am Bildschirm wurde dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers zunächst aus Datenschutzgründen verwehrt.
Der Kläger ist der Ansicht, die nur im Computer gespeicherte aktualisierte Liste der ehrenamtlichen Richter hätte bei den Ladungen nicht zugrunde gelegt werden dürfen. Denn ein nur im Computer als Datei geführter Geschäftsverteilungsplan entspreche nicht den Regelungen des § 21 e Abs. 1, 3 und 8 GVG. Danach müsse der Geschäftsverteilungsplan wie auch die Liste der ehrenamtlichen Richter stets aktualisiert und schriftlich fixiert zur Einsichtnahme in den Geschäftsstellen ausliegen. Da am 4. November 1999 ein ehrenamtlicher Richter an der Entscheidung mitgewirkt habe, der nicht in dem (zuletzt) ausgedruckten und mithin allein gültigen Geschäftsverteilungsplan aufgeführt gewesen sei, habe nicht das zur Urteilsfindung bestimmte Gericht entschieden.
Die Entscheidung des objektiv nicht ordnungsgemäß besetzten Gerichts verletze den Kläger in seinem Grundrecht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Im Streitfall komme es auch nicht auf die Frage an, ob bereits der objektive Verstoß gegen § 21 e GVG zur Nichtigkeit des Urteils führe, oder ob die fehlerhafte Besetzung darüber hinaus auf einem willkürlichen Vorgehen beruhen müsse. Denn jedenfalls sei im Streitfall von einem willkürlichen Vorgehen auszugehen, weil sich die Heranziehung der ehrenamtlichen Richter auf der Grundlage einer nur gespeicherten Datei so weit vom Grundsatz des gesetzlichen Richters entferne, dass die Vorgehensweise nur als grob fehlerhaft und mithin willkürlich bezeichnet werden könne.
Der Kläger hat beantragt,
- das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 4. November 1999 – 6 Sa 493/99 – aufzuheben;
- der Klage stattzugeben.
Die Beklagte hat beantragt, die Nichtigkeitsklage abzuweisen.
Das Landesarbeitsgericht hat die Nichtigkeitsklage abgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger weiter die Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts vom 4. November 1999 – 6 Sa 493/99 –, soweit das Landesarbeitsgericht durch dieses Urteil seine Berufung zurückgewiesen hat.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Nichtigkeitsklage abgewiesen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat – kurz zusammengefaßt – angenommen, die Pflicht, ein gedrucktes Exemplar des Geschäftsverteilungsplans nach § 21 e Abs. 8 GVG in der Geschäftsstelle auszulegen, sei im Zweifel nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für einen Geschäftsverteilungsplan mit seinen Anlagen. Jedenfalls werde den gesetzlichen Anforderungen auch dann genügt, wenn die jeweils gültige Fassung der Liste der ehrenamtlichen Richter einer vor unbefugten Eingriffen hinreichend geschützten, computergeführten Datei entnommen und im Falle eines Einsichtsbegehrens jederzeit ausgedruckt werden könne. Diese Voraussetzungen seien bei dem vom Landesarbeitsgericht verwendeten Programm SHARK gegeben. Wenn dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers zunächst die einschlägige Liste der ehrenamtlichen Richter nicht ausgedruckt worden sei, habe dies auf einem Versehen beruht und sei jedenfalls nicht willkürlich geschehen.
II. Dem folgt der Senat jedenfalls im Ergebnis.
1. Rechtsfehlerfrei ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, mit seiner gem. § 79 Satz 1 ArbGG, § 578 Abs. 1, § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaften Nichtigkeitsklage habe der Kläger den Nichtigkeitsgrund gem. § 586 ZPO rechtzeitig und gem. §§ 587, 588 ZPO formgerecht geltend gemacht. Das Landesarbeitsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, daß die Nichtigkeitsklage unbegründet ist, weil das erkennende Gericht am 4. November 1999 vorschriftsmäßig besetzt war und der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund deshalb nicht vorliegt.
2. Es ist schon nicht anzunehmen, daß die dem Geschäftsverteilungsplan eines Arbeitsgerichts oder Landesarbeitsgerichts beigefügte Liste der ehrenamtlichen Richter der strengen Offenlegungsbestimmung des § 21 e Abs. 8 GVG aF(jetzt gleichlautend § 21 e Abs. 9 GVG, Gesetz zur Stärkung der Unabhängigkeit der Richter und Gerichte vom 22. Dezember 1999 BGBl. I S 2598) unterliegt. Nach dieser Vorschrift ist der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht. Danach sind sowohl der vom Präsidium beschlossene Jahresgeschäftsverteilungsplan als auch die späteren Beschlüsse des Präsidiums über Änderungen der Geschäftsverteilung während des Jahres auszulegen(Zöller/Gummer ZPO 20. Aufl. § 21 e GVG Rn. 35; Kissel GVG 3. Aufl. § 21 e Rn. 75; Schorn/Stanicki Die Präsidialverfassung der Gerichte aller Rechtswege 2. Aufl. S 168). Dies gilt aber nicht für andere Beschlüsse. Auszulegen sind Abschriften, nicht die Urschrift(MünchKomm-ZPO/Manfred Wolf § 21 e GVG Rn. 59).
Die Aufstellung der Liste, nach deren Reihenfolge die ehrenamtlichen Richter bei den Arbeitsgerichten und den Landesarbeitsgerichten zu den Sitzungen herangezogen werden, weist der Gesetzgeber ausdrücklich nicht dem Präsidium, sondern den jeweiligen Kammervorsitzenden zu, § 31 Abs. 1, § 39 Satz 1 ArbGG. Eine solche vom Vorsitzenden aufgestellte Liste unterfällt nicht der Regelung des § 21 e GVG. Das Präsidium wird nur deshalb mit der Aufstellung derartiger Listen befaßt, weil es, was zulässig ist, sich bei zahlreichen Gerichten eingebürgert hat, daß die Gerichtsverwaltung oder das Präsidium für das ganze Gericht derartige Listen entwerfen, die dann von den Kammervorsitzenden ausdrücklich oder stillschweigend übernommen werden(BAG 30. Januar 1963 – 4 AZR 16/62 – AP ArbGG 1953 § 39 Nr. 2; Düwell/Lipke ArbGV § 31 ArbGG Rn. 1; Hauck ArbGG § 31 Rn. 3; Germelmann/Matthes/Prütting ArbGG 3. Aufl. § 31 Rn. 7; GK-ArbGG/Dörner Stand Mai 2001 § 31 ArbGG Rn. 4; Ostheimer//Hohmann Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter beim Arbeits- und Sozialgericht 10. Aufl. 13.1). Das Präsidium leistet, wenn es derartige Listen aufstellt, lediglich vorbereitende Arbeiten. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung erlangt die Liste über die Heranziehung der ehrenamtlichen Richter zu den Sitzungen Rechtswirksamkeit erst dadurch, daß der jeweilige Kammervorsitzende die Liste ausdrücklich oder stillschweigend durch schlüssiges Verhalten billigt und sie dadurch zu seiner eigenen macht(BAG aaO). Solche lediglich vorbereitenden Tätigkeiten des Präsidiums unterfallen nicht der Regelung des § 21 e Abs. 8 GVG aF. Die Partei ist hinreichend dadurch geschützt, daß auch unabhängig von der strengen Offenlegungsvorschrift des § 21 e GVG ein Recht der jeweiligen Prozeßpartei besteht, sich, soweit es auf die Kenntnis von der Zusammensetzung des erkennenden Spruchkörpers ankommt, diese Kenntnis in zumutbarer Weise zu verschaffen(BVerfG 23. Dezember 1997 – 1 BvR 116/94 – NJW 1998, 369; BayObLG 30. September 1977 – BReg 3 Z 98/77 – MDR 1978, 232 zu Handelsrichtern; BVerwG 26. Mai 1961 – VII C 7/61 – BVerwGE 12, 261 zu Schöffen).
3. Jedenfalls macht, worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hinweist, ein etwaiger Verstoß gegen die Offenlegungsvorschrift des § 21 e Abs. 8 (jetzt Abs. 9) GVG den Geschäftsverteilungsplan nur fehlerhaft, nicht unwirksam. Präsidiumsbeschlüsse bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nur einer die Richtigkeit des Protokolls bestätigenden Unterschrift, in der Regel der des Vorsitzenden oder des Vorsitzenden und des Protokollführers(BVerwG 5. April 1983 – 9 CB 12/80 – Buchholz 300 § 21 e GVG Nr. 9). Die Auslage des Geschäftsverteilungsplans zur Einsicht ist kein Erfordernis für dessen Wirksamkeit(Manfred Wolf Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige 6. Aufl. S 137; Katholnigg Strafgerichtsverfassungsrecht 2. Aufl. § 21 e GVG Rn. 14). Dies gilt erst recht für eine Liste, die wie vorliegend die Liste der ehrenamtlichen Richter dem Geschäftsverteilungsplan nur beigefügt worden ist und die ihre Wirksamkeit erst dadurch erlangt, daß sie der jeweilige Kammervorsitzende zu seiner eigenen macht.
4. Zu Unrecht geht das Landesarbeitsgericht allerdings davon aus, das seit geraumer Zeit praktizierte Verfahren, die Änderungen der Liste der ehrenamtlichen Richter im Verlauf des Jahres nur in der Datenbank und auf Karteikarten zu vermerken, sei nicht zu beanstanden. Schon der Geschäftsverteilungsplan selbst regelt, worauf die Revision zutreffend hinweist, eindeutig, daß die ehrenamtlichen Richter, die im Laufe des Geschäftsjahres erstmalig berufen werden, in den – schriftlich zu führenden – allgemeinen Listen nachzutragen sind. Da der erste Absatz der Regelung in Ziff. II 3 a des Geschäftsverteilungsplans sowohl die Pflicht zur Aufstellung allgemeiner Listen als auch die der Registrierung in der SHARK-Datenbank regelt, kann damit die Nachtragung der während des Jahres berufenen ehrenamtlichen Richter allein in der SHARK-Datenbank die Anforderungen des Geschäftsverteilungsplans nicht erfüllen. In Ansehung des grundrechtsgleichen Rechts auf den gesetzlichen Richter und des daraus herzuleitenden Rechts der Partei, sich bei Bedarf in zumutbarer Weise Kenntnis von der Zusammensetzung des erkennenden Spruchkörpers verschaffen zu können(BVerfG aaO NJW 1998, 369), erscheint die betreffende Regelung des Geschäftsverteilungsplans auch sinnvoll: Beabsichtigt ein Verfahrensbeteiligter, etwa zur Prüfung eines Ablehnungsgrundes oder der Frage des gesetzlichen Richters, sich über den aktuellen Stand der Liste der ehrenamtlichen Richter gemäß §§ 31, 39 ArbGG zu informieren, so ist dieses Einsichtsrecht am ehesten gewährleistet, wenn die Listen in gedruckter Form nach dem jeweiligen Stand eingesehen werden können. Gerade der vorliegende Fall zeigt, daß die Speicherung der Liste lediglich in einer Datenbank zu Behinderungen des Einsichtsrechts des Verfahrensbeteiligten dergestalt führen kann, daß gerade dann, wenn das Einsichtsrecht ausgeübt werden soll, beim Gericht niemand berechtigt oder in der Lage ist, den gewünschten Ausdruck aus der Datenbank vorzunehmen.
5. Selbst wenn man aber unberücksichtigt läßt, daß die Ziff. II 3 a des Geschäftsverteilungsplans nicht die durch das Präsidium zu regelnde Geschäftsverteilung, sondern eine durch die Kammervorsitzenden zu erstellende Liste betrifft, und in der fehlerhaften Behandlung dieser Regelung durch das Landesarbeitsgericht einen Fehler bei der Anwendung des Geschäftsverteilungsplans sieht, so führt dieser Fehler trotzdem nicht zur Begründetheit der Nichtigkeitsklage. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verbietet die Entziehung des gesetzlichen Richters. Eine solche liegt aber nicht schon bei jeder irrtümlichen Verkennung der Besetzungsregeln vor. Durch einen solchen Irrtum wird niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen, sonst würde die Verletzung einfachen Rechts stets auf die Ebene des Verfassungsrechts gehoben werden(BVerfG 3. November 1992 – 1 BvR 137/92 – BVerfGE 87, 282, 284, 285; 30. Juni 1970 – 2 BvR 48/70 – BVerfGE 29, 45, 48, jeweils mwN; Senatsurteil 7. Mai 1998 – 2 AZR 344/97 – BAGE 88, 344; Kissel GVG 3. Aufl. § 16 Rn. 50 mwN). Erforderlich ist vielmehr Willkür, die dann vorliegt, wenn sich die Maßnahme so weit vom Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt, daß sie nicht mehr verständlich erscheint, unhaltbar ist(BVerfG 30. Juni 1970 aaO S 49). Sie muß auf unvertretbaren, mithin sachfremden Erwägungen beruhen(BVerfG 8. April 1997 – 1 PbvK 1/95 – BVerfGE 95, 322, 333). Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Während der gesamten Dauer des Jahres ergab sich „blindlings”, welcher ehrenamtliche Richter als gesetzlicher Richter zu den Sitzungen des Landesarbeitsgerichts zu laden war. Da die Ladungen anhand der Karteikarten und der SHARK-Datenbank erfolgten, war ein Irrtum insoweit ausgeschlossen. Das Landesarbeitsgericht weist auch zutreffend darauf hin, daß der Schutz gegen Manipulationen bei der SHARK-Datenbank eher besser, jedenfalls nicht schlechter gewährleistet war als bei einem Aktenordner mit einer Sammlung der während des Jahres anfallenden Einzelausdrucke.
6. Der mit der Nichtigkeitsklage gerügte Fehler des Landesarbeitsgerichts, daß nicht jeweils die ergänzten Listen der ehrenamtlichen Richter ausgedruckt worden sind, hat im konkreten Fall lediglich das Einsichtsrecht des Prozeßbevollmächtigten des Klägers erschwert. Auf die Bestimmung des gesetzlichen Richters hat er keinen Einfluß gehabt. Das Landesarbeitsgericht hat überzeugend dargelegt, daß zu der Sitzung der Sechsten Kammer vom 4. November 1999 genau der ehrenamtliche Richter geladen worden ist, der nach der ergänzten und nur nicht ausgedruckten Liste zu dieser Sitzung zu laden war. Davon geht nach der Erörterung in der Senatsverhandlung auch die Revision aus.
Unterschriften
Rost, Bröhl, Fischermeier, Heise, Baerbaum
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 21.06.2001 durch Anderl, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
DB 2002, 384 |
FA 2001, 343 |
FA 2002, 23 |
JR 2003, 43 |
SAE 2002, 115 |
AP, 0 |
EzA |
SGb 2002, 51 |