Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang aufgrund Funktionsnachfolge
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 22.5.1985, 5 AZR 30/84.
Verfahrensgang
LAG Berlin (Entscheidung vom 11.11.1983; Aktenzeichen 11 Sa 83/83) |
ArbG Berlin (Entscheidung vom 19.04.1983; Aktenzeichen 10 Ca 373/82) |
Tatbestand
Die Parteien streiten, ob die Beklagte zu 2) den Betrieb der AEG-Telefunken GmbH Berlin, Sch straße, übernommen hat und in das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der AEG-Telefunken GmbH gemäß § 613 a BGB eingetreten ist.
Der Kläger war ab 30. September 1974 als Elektriker des Geräteprüfdienstes in dem Werk Berlin-Sch straße der AEG--Telefunken GmbH, der Beklagten zu 1), beschäftigt. In diesem Werk wurden ausschließlich Rundfunkgeräte, Verstärker und Kassettenrecorder produziert. Der Kläger verdiente zuletzt monatlich 2.400,-- DM brutto. Am 28. Februar 1981 wurden in dem Betrieb 1263 Arbeitnehmer (1173 Lohnempfänger und 90 Angestellte) beschäftigt.
Im Jahre 1981 führte die Beklagte zu 1) wegen Unrentabilität ihrer Produktion und des dadurch bedingten Verlustes ihrer Konkurrenzfähigkeit gegenüber entsprechenden Importwaren ihre Fertigung stufenweise zurück und verringerte ihren Personalbestand im Wege von Massenentlassungen.
Durch Gesellschaftsvertrag vom 7. Juli 1981 war die Beklagte zu 2) mit Namen Telefunken-Video-GmbH als 100 %ige Tochtergesellschaft der AEG-Telefunken GmbH gegründet worden. Zu ihrem Geschäftsführer wurde der Betriebsleiter des Werkes Sch straße bestellt. Sitz der neuen Gesellschaft war Berlin. Als Gegenstand des Unternehmens wurden die Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von Erzeugnissen auf dem Gebiet der Unterhaltungselektronik nebst Zubehör bezeichnet. Durch Gesellschafterbeschluß vom 4. Februar 1982 und gleichzeitiger Änderung der Geschäftsanteile durch den Eintritt ausländischer Gesellschafter wurde das Stammkapital der Gesellschaft aufgestockt. Durch einen weiteren Beschluß der Gesellschafter vom 9. Juli 1982 wurde das Stammkapital erneut aufgestockt, die Firma in J 2 T Video GmbH geändert und als Unternehmensgegenstand nunmehr bezeichnet:
"c) Das Betreiben jeglicher Art von Geschäften von
Herstellern, Ingenieuren, Importeuren, Expor-
teuren, Verarbeitern, Einbauern, Designern,
Entwicklern, Verleihern und Großhändlern von
Videocassettenrecordern, Videoplattenspielern,
Videocameras und Audiogeräten einschließlich
Teilen hiervon zu kommerziellen, experimentel-
len oder allen anderen Zwecken."
Gesellschafter der Beklagten zu 2) sind nunmehr die japanische Firma J, die britische Firma T und die Beklagte zu 1) je zu einem Drittel. Die Beklagte zu 2) stellt in Berlin, M ,Videorecorder nach japanischen Lizenzen und know-how-Verträgen her. Ihr Betrieb ist mit völlig neuen Fertigungseinrichtungen japanischer Herkunft ausgestattet. Sie erhält sämtliche Arbeitsunterlagen, wie Arbeitspläne, Stückzahlen, Materialzusammensetzung und, bis auf eine Ausnahme, sämtliche vorgefertigten Teile aus Japan angeliefert.
In einer Betriebsversammlung vom 30. Juni 1981 hatte die AEG-Telefunken GmbH ihren Mitarbeitern im Werk Sch straße bereits mitgeteilt, daß die Tongerätefertigung im Laufe des nächsten Jahres eingestellt werde. Insgesamt 426 Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) wurden von der Beklagten zu 2) mit der fortschreitenden Produktionsaufnahme im Laufe des Jahres 1982 eingestellt. Der Kläger gehörte nicht dazu.
Das Werk Sch straße der AEG-Telefunken GmbH wurde mit Zustimmung des Betriebsrats zum 30. September 1982 stillgelegt. Mit Schreiben vom 10. August 1982, dem Kläger zugegangen am 12. August 1982, kündigte die Beklagte zu 1) den Arbeitsvertrag des Klägers fristgerecht zum 30. September 1982 wegen der bevorstehenden Betriebsstillegung. Der Betriebsrat hatte der Kündigung nicht widersprochen. Mit der bei dem Arbeitsgericht Berlin am 1. September 1982 eingegangenen Klage hat der Kläger die von der Beklagten zu 1) ausgesprochene ordentliche Kündigung angegriffen und geltend gemacht, seine Entlassung sei weder aus personen- noch aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt.
Mit am 2. November 1982 zugestelltem Schriftsatz vom 21. Oktober 1982 hat der Kläger auch gegen die Beklagte zu 2) Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, der Betrieb der Beklagten zu 1) sei auf die Beklagte zu 2) durch ein Rechtsgeschäft übergegangen; diese sei deshalb nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus dem mit der AEG-Telefunken GmbH bestehenden Arbeitsverhältnis eingetreten. Der Betriebsübergang sei darin zu sehen, daß die Beklagte zu 2) die vorher durch Massenentlassungen reduzierte Belegschaft der Beklagten zu 1) übernommen und deren Produktionen weitergeführt habe. Die Änderung der Produktion von Tongeräten zu Videorecordern sei bereits von der Beklagten zu 1) spätestens im März 1981 beschlossen und die Zahl ihrer Arbeitnehmer im Jahre 1981 planmäßig auf den für die Videoproduktion benötigten Umfang zurückgeführt worden. Die Restbelegschaft sei auch von der Beklagten zu 1) für die beabsichtigte Videoproduktion geschult worden. Die Übernahme dieser eingearbeiteten und auf die neue Produktion vorbereiteten Belegschaft stelle daher einen Funktionszusammenhang und einen wirtschaftlichen Eigenwert für die Beklagte zu 2) dar, was für die Annahme eines Betriebsüberganges ausreiche. Darüber hinaus sei die neue Betriebsstätte der Beklagten zu 2) im M von der Beklagten zu 1) durch Rechtsgeschäft zur Verfügung gestellt worden. Sämtliche Veränderungen, die für die neue Produktion von Videorecordern erforderlich gewesen seien, habe diese geplant und durchgeführt. Die Beklagte zu 2) habe von der Beklagten zu 1) auch Maschinen für den Werkstattbereich und die gesamte Büroausstattung übernommen. Ferner sei sie in deren Lieferverträge eingetreten. Die gesamte Planungs- und Leitungsstruktur der Beklagten zu 2) sei mit der des stillgelegten Betriebes der Beklagten zu 1) in der Sch straße identisch.
Der Kläger hat in der Berufungsinstanz zuletzt beantragt,
1. unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis des
Klägers durch die Kündigung vom 10. August 1982
nicht aufgelöst worden ist;
2. weiter festzustellen, daß zwischen dem Kläger
und der Beklagten zu 2) ab dem 1. Oktober 1982
ein Arbeitsverhältnis besteht zu den Bedingun-
gen, wie sie bis zum 30. September 1982 zwischen
dem Kläger und der Beklagten zu 1) vereinbart
waren;
3. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, den Kläger
bis zum rechtskräftigen Abschluß des vorliegen-
den Rechtsstreits weiterzubeschäftigen;
4. hilfsweise zu den Ziffern 1 bis 3:
die Beklagte zu 1) zu verurteilen, dem Kläger
kraft ihr von der Telefunken-Video-GmbH - jetzt
Beklagte zu 2) - erteilter Vollmacht die Weiter-
beschäftigung bei der Beklagten zu 2) anzubie-
ten;
5. wiederum hilfsweise zu 1 bis 3:
die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner
zu verurteilen, an den Kläger eine Abfindung
gemäß § 113 BetrVG zu zahlen, deren Höhe gemäß
§§ 9 und 10 KSchG in das Ermessen des Gerichts
gestellt wird, die aber unter Einschluß der dem
Kläger bereits gezahlten Abfindung nach dem So-
zialplan in Höhe von 2.180,-- DM brutto = netto
mindestens 10.000,-- DM betragen soll;
6. im Wege der Klageerweiterung - hilfsweise zu
den Anträgen 1 bis 5 -
die Beklagte zu 1) zu verurteilen, dem Kläger
das Formschreiben vom 16. Oktober 1981 bezüglich
der Weiterbeschäftigung bei der Beklagten zu 2)
auszuhändigen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte zu 2) hat die Auffassung vertreten, sie habe nicht den Betrieb der Beklagten zu 1) übernommen. Während diese allein Ton- und Fernsehgeräte entwickelt und produziert habe, fertige die Beklagte zu 2) ausschließlich Videorecorder, und zwar ohne eigene Entwicklung nach japanischen Lizenzen. Lediglich in einer kleinen Instandhaltungswerkstatt befänden sich etwa fünf gebrauchte, bedeutungslose Maschinen, die aus dem Bestand der Beklagten zu 1) gekauft worden seien. Darüber hinaus habe sie lediglich einige Schreibtische und Stühle von der Beklagten zu 1) übernommen. Sie habe auch nicht in die Lieferverträge der Beklagten zu 1) eintreten können, da sie ein ganz anderes Produkt herstelle.
Ebensowenig habe sie die betriebliche Organisation der AEG- Telefunken GmbH übernommen. Die technische Entwicklung, die Planungs- und Vorarbeiten für die Videorecorder seien allein in Japan erfolgt, die Beklagte zu 1) trage hierfür keinerlei Verantwortung. Diese habe am 30. September 1982 noch insgesamt 690 Arbeitnehmer beschäftigt. Von diesen seien 426 Arbeitnehmer von ihr, der J 2 T Video GmbH eingestellt worden. Es sei unzutreffend, daß die Beklagte zu 1) die verringerte Belegschaft für eine Videoproduktion geschult oder für Schulungskurse freigestellt habe. Lediglich 25 Arbeitnehmer hätten in der Zeit vom 4. Dezember 1981 bis 26. Januar 1982 an einer Schulung im Gesamtumfang von 36 Stunden teilgenommen, die von zuvor in Japan ausgebildeten Instrukteuren durchgeführt worden sei. Ebensowenig entspreche sich die Leitungsstruktur der beiden Firmen. Auch sei ihr Betriebsgelände nicht von der Beklagten zu 1), sondern von der M GmbH & Co. Immobilien Betriebs-KG zur Verfügung gestellt worden.
Es treffe auch nicht zu, daß die Beklagte zu 1) bereits im März 1981 eine Änderung ihres Fertigungsprogramms beschlossen habe. In einem Schreiben vom 27. März 1981 an den Präsidenten des Landesarbeitsamtes sei allenfalls von Absichten und Überlegungen ausgegangen worden. Zum damaligen Zeitpunkt sei es jedoch noch völlig ungewiß gewesen, ob überhaupt und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Produktion von Videorecordern in dem Betrieb Sch straße aufgenommen werde.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Der Senat hat durch Beschluß vom 22. Mai 1985 das Verfahren insoweit abgetrennt, wie der Kläger Ansprüche gegen die AEG-Telefunken GmbH verfolgt (Klageantrag zu 1) und Hilfsanträge zu 1) und 3) sowie zu 2) in bezug auf die Beklagte zu 1). Gleichzeitig hat der Senat das abgetrennte Verfahren zuständigkeitshalber an den Zweiten Senat abgegeben.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Beklagte zu 2) hat nicht den Betrieb oder einen Betriebsteil von der Beklagten zu 1) übernommen.
I. 1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte zu 2) habe weder ihr Betriebsgrundstück noch sonstige wesentliche Betriebsmittel durch Rechtsgeschäft von der Beklagten zu 1) übernommen. Eine Betriebsidentität zwischen den beiden Firmen scheide schon deshalb aus, weil sie völlig verschiedene Produkte herstellten. Die Planung und Entwicklung und die Fertigungseinrichtungen der von der Beklagten zu 2) hergestellten Videorecorder stammten ausschließlich von deren japanischem Gesellschafter. Unerheblich sei, ob die AEG-Telefunken GmbH früher entsprechende Produktionspläne verfolgt habe und aus welchen Gründen diese nicht ausgeführt worden seien. Betriebsidentität könne auch nicht angenommen werden, weil die Beklagte zu 1) die Planung des neuen Fertigungsgegenstandes, des Produktionsablaufes, des Fertigungsgeländes, der rechtlichen Abwicklung ihres eigenen Betriebes sowie der Neugründung der Beklagten zu 2) und der Übernahme des Personals durchgeführt hat. Schließlich sei die allgemeine Behauptung des Klägers, die Beklagte zu 2) habe von der Beklagten zu 1) alles übernommen, was sie für ihren neuen Betriebszweck habe gebrauchen können, zu unbestimmt. Die Vernehmung der von dem Kläger hierzu benannten Zeugen käme angesichts des ins einzelne gehenden Vortrags beider Beklagten einem unzulässigen Ausforschungsbeweis gleich.
Darüber hinaus spreche gegen einen Betriebsübergang, daß der Betrieb der Beklagten zu 1) nach Entlassung der gesamten Belegschaft tatsächlich stillgelegt worden sei. In einem solchen Fall finde jedenfalls in der Regel die Vorschrift des § 613 a BGB keine Anwendung.
2. Demgegenüber meint die Revision unter Berufung auf ein Urteil der 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 12. Juli 1983 - 8 Sa 18/83 - EzA § 613 a BGB Nr. 35 in einem Parallelrechtsstreit, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht allein darauf abgestellt, ob sächliche oder immaterielle Betriebsmittel der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) übergegangen seien. Für die Anwendung des § 613 a BGB genüge es vielmehr, wenn eine Funktionsnachfolge - ohne Übergang sächlicher Betriebsmittel - stattfinde, weil und soweit die Funktion typischerweise die Grundlage zur Erbringung von Arbeitsleistungen darstelle und im Zusammenhang mit einer Funktionsgemeinschaft einen ökonomisch verwertbaren, rechtsgeschäftlicher Veräußerung zugänglichen Gesamtkomplex bilde. Dabei will die Revision unter Funktionsgemeinschaft die für eine bestimmte Funktion durch Schulung spezifisch qualifizierte Belegschaft verstanden wissen. Diese Funktionsnachfolge zwischen der AEG-Telefunken GmbH und der Beklagten zu 2) sei auch durch Rechtsgeschäft geschehen, nämlich durch den Gesellschaftsvertrag vom 7. Juli 1981, mit dem die damalige Telefunken-Video GmbH, die jetzige Beklagte zu 2), gegründet worden sei.
Darüber hinaus rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht habe die von dem Kläger für seine Behauptung, der Betrieb der Beklagten zu 1) sei auf die Beklagte zu 2) übergegangen, angetretenen Beweise zu Unrecht nicht erhoben. Gerade vom Rechtsstandpunkt des Landesarbeitsgerichts ausgehend hätte es insbesondere Beweis darüber erheben müssen, ob die Beklagte zu 2) mehrere Maschinen für den Werkstattbereich und die gesamte Büroausstattung von der Beklagten zu 1) übernommen hat, ob die Beklagte zu 2) Auftragsproduktionen der AEG-Telefunken GmbH nach dem Stillegungstermin abgewickelt habe und ob die Beklagte zu 2) in Lieferverträge der Beklagten zu 1) eingetreten sei.
II. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 35, 104, 106 = AP Nr. 24 zu § 613 a BGB; BAG Urteil vom 27. September 1984 - 2 AZR 309/83 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse und der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, zu B II 2 b der Gründe) gehören zu einem Betrieb im Sinne von § 613 a Abs. 1 BGB nur die sächlichen und immateriellen Betriebsmittel, nicht auch die Arbeitnehmer (vgl. BAG Urteil vom 22. Mai 1979 - 1 AZR 46/76 -, DB 1979, 1751, 1752, zu 1 b) aa) a. E.). Der Übergang der Arbeitsverhältnisse ist Rechtsfolge, nicht Tatbestandsvoraussetzung (BAG, aaO, m. w. N.). Die sächlichen und immateriellen Betriebsmittel machen einen Betrieb dann aus, wenn der neue Inhaber mit ihnen und mit Hilfe der Arbeitnehmer bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen kann. Dabei ist es allerdings nicht erforderlich, daß alle Wirtschaftsgüter, die bisher zu dem Betrieb des alten Inhabers gehörten, auf den neuen Betriebsinhaber übergehen. Unwesentliche Bestandteile des Betriebsvermögens bleiben außer Betracht. Die Veräußerung einzelner beweglicher Anlagegüter oder allein des Betriebsgrundstückes, ohne Maschinen und Einrichtungsgegenstände, kann für den Bestand und die Weiterführung des Betriebes ohne jede Bedeutung sein. Entscheidend ist, ob die Veräußerung einzelner bzw. einer Summe von Wirtschaftsgütern vorliegt oder die des Betriebes. Das hängt entscheidend davon ab, ob der neue Inhaber mit den übernommenen Betriebsmitteln den Betrieb oder einen Betriebsteil im wesentlichen unverändert fortführen kann (vgl. BAG 27, 291, 295 ff. = AP Nr. 2 zu § 613 a BGB, zu 1 a der Gründe; BAG Urteil vom 22. Februar 1978 - 5 AZR 800/76 - AP Nr. 11 zu § 613 a BGB, zu 3 a der Gründe). Die Trennung eines Teils vom ganzen Betrieb darf dessen Charakter nicht in der Weise ändern, daß es sich nur noch um Einzelgegenstände handelte (v. Hoyningen-Huene/-Windbichler, Der Übergang von Betriebsteilen nach § 613 a BGB in RdA 1977, 329 ff., 333). Einen Betriebsteil im Sinne von § 613 a BGB wird man nur dann annehmen können, wenn es sich dabei um eine Teileinheit, eine Teilorganisation handelt. Es muß sich also in der Regel um mehrere bzw. eine Vielfalt von Gegenständen handeln, die in ihrer Gesamtheit innerhalb des Betriebes eine bestimmte Teilaufgabe wahrnehmen und nicht nur untergeordnete Hilfsfunktionen ausüben (Fischer, Individualrechtliche Probleme beim Betriebsübergang nach § 613 a BGB, 1980 S. 38). Dabei kommt es nicht darauf an, zu welchen Zwecken der Erwerber den Betrieb oder Betriebsteil übernimmt, ob er insbesondere die gleichen arbeitstechnischen Ziele beibehalten oder andere, neuartige verfolgen will (BAG 27, 291, 297 = AP Nr. 2 zu § 613 a BGB, zu 1 b der Gründe; Posth, Arbeitsrechtliche Probleme beim Betriebsinhaberwechsel (§ 613 a BGB), Köln 1978, S. 77 f.), denn nach dem Sinn und Zweck des § 613 a BGB, die mit dem Betriebsteil verbundenen Arbeitsplätze zu schützen, ist es für die betroffenen Arbeitnehmer von untergeordneter Bedeutung, ob sie für den Erwerber die gleichen oder andere Produkte herstellen.
2. Nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien und den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte zu 2) einige Werkstattmaschinen und Büromöbel von der Beklagten zu 1) übernommen. Im übrigen stellt die Beklagte zu 2) ein völlig anderes Produkt als die Beklagte zu 1) her, wobei sämtliche Arbeitsunterlagen, die Fertigungseinrichtungen und der überwiegende Teil der vorgefertigten Teile aus Japan stammen.
Bei diesem Sachverhalt hat das Landesarbeitsgericht aber zutreffend den Übergang eines Betriebes oder eines Betriebsteiles von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) verneint.
Bei keiner der beiden Beklagten stellten die Werkstattmaschinen oder die Büroausstattung einen Betriebsteil im vorgenannten Sinne dar; sie üben in Produktionsbetrieben typisch nur Hilfsfunktionen aus. Zwar kann schon eine einzige Maschine oder Anlage oder die Ausstattung eines einzigen Büros das wesentliche Substrat des Betriebes oder Betriebsteils ausmachen, doch sind die von diesen Gegenständen zu erfüllenden Aufgaben stets betriebsspezifisch zu sehen, d. h. die Entscheidung, ob sie einen Betrieb oder Betriebsteil darstellen, ist von der Größe und Organisationsdichte des jeweiligen Betriebes abhängig (Fischer, aaO, S. 40). Bei einem Produktionsbetrieb der hier gegebenen Größe für technisch hochentwickelte Geräte, die nach einem bestimmten Verfahren und "know-how" produziert werden, sind aber die Maschinen für die Hauswerkstatt und die Büromöbel von absolut untergeordneter Bedeutung. Einer Beweisaufnahme darüber, ob nur einzelne Büromöbel oder - wie der Kläger behauptet hat - die gesamte Büroausstattung von der Beklagten zu 2) erworben wurde, bedurfte es deshalb schon aus diesem Grunde nicht. Mit den von der Beklagten zu 1) übernommenen Betriebseinrichtungen war die Beklagte zu 2), selbst wenn man den von dem Kläger behaupteten Umfang unterstellt, nicht in der Lage, irgend etwas zu produzieren, seien es nun, wie zuvor die Beklagte zu 1), Tongeräte, oder die neuen Videogeräte.
3. Auch die sonstigen, von dem Kläger angeführten Umstände hat das Landesarbeitsgericht zu Recht nicht als ausreichend angesehen, um aus ihnen einen Betriebsübergang im Sinne von § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB entnehmen zu können.
a) Soweit der Kläger sich darauf berufen hat, die Beklagte zu 2) sei in Lieferverträge der Beklagten zu 1) eingetreten, hat der Kläger hierzu selbst nur behauptet, daß es sich dabei um die Abwicklung von Auftragsproduktionen gehandelt habe, die die AEG--Telefunken GmbH zur Beschäftigung der noch vorhandenen Arbeitnehmer bis zur endgültigen Stillegung ihrer Tongeräteproduktion übernommen hatte. Damit waren sie aber weder für den Betriebszweck der Beklagten zu 1) noch für den der Beklagten zu 2) ein wesentlicher Betriebsbestandteil.
b) Ein Betriebsübergang von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) liegt auch nicht deshalb vor, weil es sich bei dem Eigentümer der an die Beklagte zu 2) im H vermieteten Produktionsräume um ein Unternehmen aus dem AEG-Telefunken-Konzern handelt. Zwar kann ein Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB auch vorliegen, wenn der Erwerber die Verfügungsbefugnis über einen Betrieb durch ein Bündel von verschiedenen Rechtsgeschäften über einzelne wesentliche Betriebsmittel mit verschiedenen Dritten erhält. Dies schon deshalb, weil in der heutigen Wirtschaftspraxis häufig ein Betrieb auf betriebsfremden Grundstücken und mit Maschinen betrieben wird, an denen wieder andere Eigentumsrechte bestehen (vgl. hierzu BAG 39, 208, 213 = AP Nr. 31 zu § 613 a BGB, zu 1 b der Gründe und BAG Urteil vom 22. Mai 1985 - 5 AZR 173/84 - das Urteil ist zur Veröffentlichung vorgesehen). Die verschiedenen Rechtsgeschäfte müssen jedoch insgesamt auf den Übergang eines funktionsfähigen Betriebes oder Betriebsteils ausgerichtet sein. Hier hat jedoch die Beklagte zu 1) auf dem von der Beklagten zu 2) für ihre Produktion genutzten Grundstück zuvor keinen Betrieb oder Betriebsteil unterhalten. Darüber hinaus waren die Arbeitsplätze der betroffenen Arbeitnehmer nicht an das Betriebsgrundstück gebunden, sondern an die Produktionsmaschinen und Einrichtungsgegenstände. In diesem Fall ist aber das Betriebsgrundstück ein unwesentlicher Bestandteil des Betriebsvermögens, so daß es nicht darauf ankommt, von wem die Beklagte zu 2) das Betriebsgrundstück übernommen hat.
c) Entgegen der Auffassung der Revision und der 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin im Urteil vom 12. Juli 1983 - 8 Sa 18/83 - EzA zu § 613 a BGB Nr. 35 liegt ein Betriebsübergang von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) auch nicht deshalb vor, weil es zu einer "Funktionsübertragung" zwischen beiden Beklagten gekommen sei.
aa) Die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin hat einen Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB angenommen, wenn keine sächlichen Betriebsmittel übertragen werden, sondern nur Funktionen, sofern sie ökonomisch verwertbar und denkbarer Gegenstand rechtsgeschäftlicher Veräußerung sind und der Übernehmer dadurch objektiv in die Lage versetzt wird, den Betrieb oder Betriebsteil mit den übernommenen Mitteln fortzusetzen. Sieht man als eine solche von der Beklagten zu 2) übernommene Funktion die Planung einer Videorecorderproduktion durch die Beklagte zu 1) an, die von der Beklagten zu 2) ausgeführt wird, so läge darin jedenfalls schon nicht die Übernahme eines Betriebsteiles, dem das Arbeitsverhältnis des Klägers als Elektriker in der Geräteprüfung zugeordnet wäre. Der Übergang dieser Funktion könnte allenfalls zu einem Übergang derjenigen Arbeitnehmer auf die Beklagte zu 2) führen, die mit den speziellen Planungsarbeiten befaßt waren, da regelmäßig nach der Funktion des jeweiligen Arbeitsplatzes, insbesondere danach zu entscheiden ist, für welchen Betrieb oder Betriebsteil der Arbeitnehmer vor dem Übergang überwiegend tätig war (BAG 39, 208 = AP Nr. 31 zu § 613 a BGB).
bb) Die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin hat in dem zu der vorliegenden Sache parallelen Rechtsstreit weiter angenommen, die Beklagte zu 1) habe anstelle einer ursprünglich für den eigenen Betrieb in der Sch straße geplanten Betriebsänderung, nämlich Einstellung der bisherigen Produktion von Tongeräten und Aufbau einer Fertigung von Videorecordern, diesen Vorgang aufgespalten in einerseits die Beendigung der Fertigung im eigenen Betrieb und andererseits die Zuweisung der geplanten Fertigung an die Beklagte zu 2); dabei habe sie zugleich eine gezielt auf den geringeren Bedarf der neuen Fertigung verkleinerte und geschulte Belegschaft geschaffen. Diese neue, zahlenmäßig auf die neue Produktion bemessene und fachlich geschulte Belegschaft stelle bereits für sich genommen einen wirtschaftlichen Faktor dar. In Verbindung mit der Zuweisung der Funktionsnachfolge in sächlicher Hinsicht, an die die Arbeitsplätze gebunden seien, stelle diese Belegschaft einen aus dem Gesamtbetrieb herauslösbaren Funktionszusammenhang von eigener wirtschaftlicher Bedeutung dar. Er sei damit als durch Rechtsgeschäft übertragbarer Betriebsteil im Sinne von § 613 a BGB anzusehen. Dieser Betriebsteil sei auch durch ein Rechtsgeschäft, nämlich den Gesellschaftsvertrag vom 7. Juli 1981, übertragen worden, mit dem die Telefunken-Video GmbH gegründet wurde, wobei die Zuweisung der Funktionsnachfolge das Äquivalent zur Sacheinlage gewesen sei.
Dem kann nicht gefolgt werden. Auch eine auf eine neue Fertigung personell zahlenmäßig bemessene und fachlich geschulte Belegschaft kann nicht als durch Rechtsgeschäft übertragbarer Betriebsteil im Sinne von § 613 a BGB angesehen werden. Unter Belegschaft eines Betriebes oder Betriebsteils wird die Zusammenfassung der betreffenden Arbeitnehmer eines Betriebes oder Betriebsteils verstanden, also deren Summe. Diese gehören jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht zum Betrieb oder Betriebsteil im Sinne von § 613 a BGB. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse ist Rechtsfolge, nicht Tatbestandsvoraussetzung eines Betriebsübergangs. Deshalb kann nicht aus der Übernahme von Arbeitsverhältnissen auf einen Betriebsübergang zurückgeschlossen werden. Die Belegschaft kann deshalb auch kein Betriebsteil im Sinne von § 613 a BGB sein (Fischer, aaO, S. 26). Gegen die Auffassung der 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin spricht ferner, daß § 613 a BGB den rechtsgeschäftlichen Ü b e r g a n g eines Betriebes oder Betriebsteils auf einen Erwerber voraussetzt und damit auch, daß die übergehenden Arbeitsplätze im Zeitpunkt des Übergangs ihre Identität behalten. Wird dagegen lediglich eine Funktion verlagert, die mit dem Aufbau eines neuen Betriebes mit neuen Arbeitsstellen an einem anderen Ort verbunden ist bei gleichzeitiger Stillegung eines anderen Betriebes, sind diese Voraussetzungen aber gerade nicht gegeben. Der Betrieb geht nämlich in einem solchen Fall nicht in seiner organisatorischen Einheit von Betriebsmitteln auf den Erwerber über, sondern er wird aufgelöst. Lediglich die von dem stillgelegten Betrieb ausgeübte Funktion bleibt insofern erhalten, als diese nunmehr von dem neuen Betrieb übernommen wird. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat es deshalb auch in dem Fall des Übergangs einer Funktion von einem Konzernbetrieb auf einen anderen Konzernbetrieb abgelehnt, § 613 a BGB auch nur entsprechend anzuwenden (BAG 41, 72, 89 = AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Konzern, zu B II 3 c der Gründe). Er hat dies damit begründet, Sinn des § 613 a BGB sei allein, die Arbeitsplätze bei einem Inhaberwechsel des Betriebes zu erhalten, nicht aber im Falle einer Betriebsstillegung einen Übergang der Arbeitsverhältnisse auf den Betrieb zu bewirken, der den gesamten oder einen Teil des Aufgabenbereichs des stillgelegten Betriebes übernimmt. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Die Beklagte zu 2) hat nach dem Vortrag des Klägers von der Beklagten zu 1) allenfalls eine Funktion übernommen, die sich zudem bei dieser erst in der Planung befand. Das kann nicht als Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB angesehen werden.
Schließlich widerspricht die Bewertung der Belegschaft als durch Rechtsgeschäft übertragbarer Betriebsteil auch dem allgemeinen Grundsatz des Arbeitsvertragsrechts, daß dem Arbeitnehmer gegen seinen Willen kein anderer Arbeitgeber aufgezwungen werden kann. Dem würde es widersprechen, wenn die Belegschaft oder Teile der Belegschaft Gegenstand eines Rechtsgeschäfts sein könnten, wie es § 613 a Abs. 1 BGB für sein Eingreifen voraussetzt.
4. Die Beklagte zu 2) hat nach alledem weder einen Betrieb noch einen Betriebsteil von der Beklagten zu 1) übernommen. Demnach besteht zwischen den Parteien auch kein Arbeitsverhältnis.
Vorsitzender Richter
Dr. Thomas ist wegen
Urlaubs an der Unter- Michels-Holl Schneider
schriftsleistung ver-
hindert
Michels-Holl
Dr. Florack Arntzen
Fundstellen