Entscheidungsstichwort (Thema)
Invalidenversorgung nach dem Hamburger Ruhegeldgesetz. Invalidenversorgung. Hamburger Ruhegeldgesetz. Eintritt des Versorgungsfalles. Ausscheiden wegen Erwerbsunfähigkeit. Neustrukturierung öffentlich-rechtlicher Rechtsträger. Gesamtrechtsnachfolge. Gewährträgerhaftung. gewillkürter Parteiwechsel. Betriebliche Altersversorgung. Betriebsübergang. Umstrukturierung. Prozeßrecht
Orientierungssatz
- Der gewillkürte Parteiwechsel, der im vorliegenden Fall auf keine neuen Tatsachen gestützt wurde, sondern einer nach Verkündung des Berufungsurteils eingetretenen Gesetzesänderung Rechnung trug, konnte noch im Revisionsverfahren erfolgen.
- Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf – Körperschaft des öffentlichen Rechts – (UKE) ist nach dem UKEStrG als Gesamtrechtsnachfolgerin in die beim früheren Universitäts-Krankenhaus Eppendorf begründeten Versorgungspflichten eingetreten. Sie schuldet seit dem Inkrafttreten des UKEStrG sowohl die künftigen als auch rückständigen Versorgungsleistungen.
- Eine gesamtschuldnerische Haftung der Freien und Hansestadt Hamburg besteht nicht. Sie hat lediglich als Gewährträgerin insoweit einzustehen, als aus dem Vermögen des UKE keine Befriedigung zu erlangen ist.
- Für diese Regelung hatte die Freie und Hansestadt Hamburg die Gesetzgebungskompetenz. Die Haftungsvorschriften des Umwandlungsgesetzes oder des § 613a BGB wurden nicht verletzt.
- § 18 BetrAVG ist nur dann anzuwenden, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endete.
- Nach § 5 Abs. 1 des 1. RGG kommt es darauf an, ab wann Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne vorliegt. (Das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsunfähigkeit vom 20. Dezember 2000 war im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar.)
- Für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses “wegen Erwerbsunfähigkeit” iSd. § 2 Abs. 1 Ziff. 1 des 1. RGG genügt es, daß die Erwerbsunfähigkeit objektiv zum Ausscheiden des Arbeitnehmers geführt hat. Sie muß dem Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht bekannt gewesen sei.
Normenkette
Gesetz zur Neustrukturierung des Universitäts-Krankenhauses Eppendorf (UKEStrG) Art. 1 §§ 1, 3; Erstes Hamburger Ruhegeldgesetz (1. RGG) § 2 Abs. 1 Ziff. 1; Erstes Hamburger Ruhegeldgesetz (1. RGG) § 5 Abs. 1; Erstes Hamburger Ruhegeldgesetz (1. RGG) § 5 Abs. 2; Erstes Hamburger Ruhegeldgesetz (1. RGG) § 12 Abs. 1; BetrAVG § 18; GG Art. 70 Abs. 1; UmwG § 168; BGB § 613a; MTArb § 62; ZPO § 265
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 20. September 2001 – 1 Sa 17/01 – aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 28. Februar 2001 – 27 Ca 462/00 – abgeändert:
Es wird festgestellt, daß der Klägerin gegen das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf beginnend mit dem 1. Januar 1998 – unter Anrechnung mit gezahlter Betriebsrente – ein Ruhegeld gem. § 2 Abs. 1 Ziff. 1 1. RGG zusteht.
- Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe der Betriebsrente der Klägerin.
Die am 23. September 1951 geborene, schwerbehinderte Klägerin war vom 10. Juni 1977 bis zum 31. Dezember 1999 bei der Freien und Hansestadt Hamburg – der früheren Beklagten – im Universitäts-Krankenhaus Eppendorf als Stationsfrau beschäftigt. Sie war seit dem 21. Dezember 1992 arbeitsunfähig krank. Ihren Antrag auf Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente lehnte die Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg (LVA) mit Bescheid vom 10. März 1995 ab. Nach erfolglosem Widerspruch wies das Sozialgericht Hamburg mit Urteil vom 10. Juli 1997 – 18 J 14/96 – die dagegen erhobene Klage ab.
Während des sozialgerichtlichen Berufungsverfahrens kündigte die frühere Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin außerordentlich mit einer Auslauffrist zum 31. Dezember 1999. Zur Begründung führte die Arbeitgeberin im Kündigungsschreiben vom 15. Juni 1999 aus, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr in der Lage, die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Im Kündigungsschutzprozeß – 27 Ca 268/99 – wurde am 11. Oktober 1999 vor dem Arbeitsgericht Hamburg ein Vergleich geschlossen. Darin wurde vereinbart, das Arbeitsverhältnis werde auf Grund außerordentlicher Kündigung mit Auslauffrist am 31. Dezember 1999 enden. Die Arbeitgeberin verpflichtete sich, der “Klägerin als Abfindung wegen Verlust des Arbeitsplatzes gemäß §§ 9, 10 KSchG in Verbindung mit § 3 Ziffer 9 EStG DM 9.000,00 brutto = netto zu zahlen”. Nach Nr. 2 Satz 2 des Vergleichs vom 11. Oktober 1999 war “dieser Abfindungsanspruch unabhängig davon, ob der Klägerin bis zum 31. Dezember 1999 eine Erwerbsunfähigkeitsrente zusteht”.
Die LVA erklärte sich in dem am 9. Dezember 1999 vor dem Landessozialgericht Hamburg geschlossenen Vergleich bereit, “unter Annahme des Eintritts des Versicherungsfalles der Erwerbsunfähigkeit am 4. Dezember 1997 der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Januar 1998 zu gewähren”. Den entsprechenden Rentenbescheid erließ die LVA am 1. Februar 2000. Er wurde der Klägerin am 7. Februar 2000 zugestellt. Die frühere Beklagte zahlte daraufhin rückwirkend ab 1. Januar 1998 nach § 18 BetrAVG iVm. dem 1. RGG eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 191,27 DM.
Die Klägerin hat ein Ruhegeld wegen Erwerbsunfähigkeit nach dem 1. RGG verlangt, das sich nach den vorläufigen Berechnungen der Beklagten auf monatlich 731,21 DM beläuft. §§ 2, 4, 5 und 12 des 1. RGG enthalten folgende Regelungen:
Ҥ 2
Versorgungsfall
(1) Arbeitnehmer der Freien und Hansestadt Hamburg erhalten unbeschadet der Vorschrift des § 1 Absatz 3 Ruhegeld, wenn sie nach Erfüllung der Wartezeit (§ 4)
1. wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (§ 5) oder
…
ausscheiden. …
§ 4
Wartezeit
(1) Die Wartezeit beträgt zehn Jahre.
…
§ 5
Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit
(1) Arbeitnehmer sind berufs- oder erwerbsunfähig im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie nach den für die gesetzliche Rentenversicherung … geltenden Vorschriften berufs- oder erwerbsunfähig sind.
(2) Die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist durch den Bescheid eines Rentenversicherungsträgers oder einer in § 6 Absatz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch genannten Einrichtung nachzuweisen. …
§ 12
Beginn und Ende der Zahlung des Ruhegeldes
(1) Die Zahlung des Ruhegeldes beginnt bei Arbeitnehmern, die wegen Erreichens der Altersgrenze (§ 2 Absatz 1) ausscheiden, mit dem Tag nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Im Falle der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (§ 5) beginnt die Zahlung mit dem Zeitpunkt des Beginns der Zahlung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. …”
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei iSd. § 2 Abs. 1 Ziff. 1 des 1. RGG wegen Erwerbsunfähigkeit ausgeschieden. Sie hat in den Vorinstanzen sinngemäß beantragt:
Es wird festgestellt, daß ihr gegen die Freie und Hansestadt Hamburg beginnend mit dem 1. Januar 1998 – unter Anrechnung mit gezahlter Betriebsrente – ein Ruhegeld gem. § 2 Abs. 1 Ziff. 1 des 1. RGG zusteht.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei nicht wegen Erwerbsunfähigkeit, sondern schon vor Eintritt des Versorgungsfalles ausgeschieden. Der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Erwerbsunfähigkeit habe gefehlt. Ein bloßer zeitlicher Zusammenhang genüge nicht. Weder bei Ausspruch der Kündigung noch beim Vergleichsabschluß hätten die Parteien erkennen können, daß die Klägerin bereits damals objektiv erwerbsunfähig gewesen sei. Bei Kenntnis der Erwerbsunfähigkeit hätte die Arbeitgeberin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Kündigung ausgesprochen. Die rückwirkende Feststellung der Erwerbsunfähigkeit durch den Rentenversicherungsträger sei unerheblich. Dadurch sei das Arbeitsverhältnis nicht vor dem 31. Dezember 1999 beendet worden. Es hätte nach § 62 Abs. 1 MTArb erst mit Ablauf des Monats geendet, in dem der Bescheid des Rentenversicherungsträgers zugestellt worden sei. Die Klägerin sei jedoch schon vor dem 28. Februar 2000 auf Grund des im Kündigungsschutzprozeß geschlossenen Vergleichs ausgeschieden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin mit dem am 20. September 2001 verkündeten Urteil zurückgewiesen. Im Hamburgischen Gesetz – und Verordnungsblatt (HambGVBl.) vom 21. September 2001 S 375 ff. ist das Gesetz zur Neustrukturierung des Universitäts-Krankenhauses Eppendorf (UKEStrG) verkündet worden. Dieses Gesetz lautet auszugsweise:
“Artikel 1
Gesetz zur Errichtung der Körperschaft
‘Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf‘ (UKEG)
§ 1
Errichtung, Rechtsnachfolge, Mitgliedschaft,
Grundstücksübereignung, Abgabenfreiheit
(1) Die Freie und Hansestadt Hamburg errichtet mit In-Kraft-Treten dieses Gesetzes die rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts ‘Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf’ (UKE) als Gliedkörperschaft der Universität Hamburg mit Sitz in Hamburg.
…
(3) Das UKE besteht aus dem Fachbereich Medizin der Universität Hamburg und dem früheren Universitäts-Krankenhaus Eppendorf … diese Einrichtungen sowie die damit verbundenen Rechte und Pflichten (bisheriges UKE) gehen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf der Grundlage einer von einer Wirtschaftsprüferin oder einen Wirtschaftsprüfer testierten Umwandlungsbilanz und eines von der Bürgerschaft gleichzeitig beschlossenen Überleitungsplans auf das UKE über. Das maßgebliche Stück des Überleitungsplans wird im Staatsarchiv zur kostenlosen Einsicht durch jedermann niedergelegt. Das UKE tritt in alle bestehenden und künftigen Rechte und Verpflichtungen der Freien und Hansestadt Hamburg und der Universität Hamburg ein, soweit sie den früheren Aufgabenbereich des Fachbereichs Medizin und des bisherigen UKE zuzurechnen sind.
…
§ 3
Beziehungen zur Freien und Hansestadt Hamburg
(1) Das in der Umwandlungsbilanz nach § 1 Absatz 3 Satz 2 testierte Kapital wird dem UKE als Eigenkapital zur Verfügung gestellt. …
(2) Die Freie und Hansestadt Hamburg ist verpflichtet, das UKE für die Dauer seiner Aufgabenstellung funktionsfähig zu erhalten. …
(3) Die Freie und Hansestadt Hamburg beteiligt sich an den Versorgungsaufwendungen des UKE mit demselben vom Hundert Satz, mit dem sie sich an den gesamten Personalkosten beteiligt. Die Feststellung des vom Hundert Satzes erfolgt durch das UKE im Einvernehmen mit der Freien und Hansestadt Hamburg. Versorgungsaufwendungen sind die jährlichen Aufwendungen zur Abdeckung künftiger Versorgungsansprüche und die jährlich gezahlten Versorgungsbezüge, soweit diese nicht bereits auf Grund der Erstgenannten abgedeckt sind. …
(4) Für die Verbindlichkeiten des UKE haftet die Freie und Hansestadt Hamburg als Gewährträgerin unbeschränkt, soweit die Befriedigung aus dem Vermögen des UKE nicht zu erlangen ist (Gewährträgerhaftung).
…
Artikel 6
In-Kraft-Treten
Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 15. September 2001 in Kraft.”
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren gegen das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) – Körperschaft des öffentlichen Rechts – weiter. Sowohl die bisherige als auch die nunmehrige Beklagte haben dem Parteiwechsel zugestimmt. Die nunmehrige Beklagte hat auf das Vorbringen der bisherigen Beklagten Bezug genommen und Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Der Klägerin steht die verlangte höhere Betriebsrente zu. Versorgungsschuldnerin ist die nunmehrige Beklagte, die UKE.
- Der gewillkürte Parteiwechsel ist zulässig. Er konnte wegen der Besonderheiten des vorliegenden Falles noch im Revisionsverfahren erfolgen. Die Klägerin hat sich nicht auf neue Tatsachen gestützt, sondern einer Gesetzesänderung Rechnung getragen. Das UKEStrG ist am 21. September 2001 und damit nach Verkündung des Berufungsurteils (20. September 2001) veröffentlicht worden. Es trat mit Wirkung vom 15. September 2001 in Kraft (Art. 6 UKEStrG). Ob die Klägerin den Rechtsstreit entsprechend § 265 ZPO gegen die bisherige Beklagte als gesetzliche Prozeßstandschafterin der UKE hätte fortführen können, kann offenbleiben. Jedenfalls begegnet ein gewillkürter Parteiwechsel mit Zustimmung aller Beteiligten keinen rechtlichen Bedenken (vgl. auch § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Die UKE ist verpflichtet, der Klägerin die geforderte Betriebsrente zu zahlen.
I. Allein die UKE schuldet seit dem Inkrafttreten des UKEStrG die Betriebsrente. Dies gilt sowohl für die künftigen als auch für die rückständigen Versorgungsleistungen. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Freien und Hansestadt Hamburg besteht nicht.
1. Die UKE ist durch Gesamtrechtsnachfolge in die beim früheren Universitäts-Krankenhaus Eppendorf begründeten Versorgungspflichten eingetreten. Sie ist als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts und Gliedkörperschaft der Universität Hamburg errichtet wurden (Art. 1 § 1 Abs. 1 UKEStrG). Das frühere Universitäts-Krankenhaus Eppendorf sowie die damit verbundenen Rechte und Pflichten sind nach Art. 1 § 1 Abs. 3 Satz 2 UKEStrG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf das UKE übergegangen. Art. 1 § 1 Abs. 3 Satz 4 UKEStrG schreibt ausdrücklich den Eintritt des UKE in alle bestehenden und künftigen Rechte und Verpflichtungen der Freien und Hansestadt Hamburg vor, soweit sie den früheren Aufgabenbereichen des bisherigen Universitäts-Krankenhauses Eppendorf zuzurechnen sind. Da sich die Versorgungspflichten der Freien und Hansestadt Hamburg gegenüber der Klägerin aus deren Beschäftigung im Universitäts-Krankenhaus Eppendorf ergaben, bestand der von Art. 1 § 1 Abs. 3 Satz 4 UKEStrG geforderte Zusammenhang.
2. Mit der Finanzierung der Versorgungsleistungen befaßt sich Art. 1 § 3 Abs. 3 UKEStrG. Zu den Versorgungsaufwendungen, an deren Finanzierung sich die Freie und Hansestadt Hamburg zu beteiligen hat, zählen sowohl die jährlichen Aufwendungen zur Abdeckung künftiger Versorgungsansprüche als auch die jährlich gezahlten Versorgungsbezüge. Darüberhinaus ist die Freie und Hansestadt Hamburg nach Art. 1 § 3 Abs. 2 UKEStrG im Innenverhältnis verpflichtet, daß UKE für die Dauer seiner Aufgabenstellung funktionsfähig zu halten. Im Außenverhältnis zu den Gläubigern des UKE besteht nur eine Gewährträgerhaftung der Freien und Hansestadt Hamburg nach Art. 1 § 3 Abs. 4 UKEStrG. Sie kommt insoweit zum Zuge, als aus dem Vermögen des UKE keine Befriedung zu erlangen ist. Für diesen Ausfall haftet die Freie und Hansestadt Hamburg als Gewährträgerin unbeschränkt.
3. Diese Regelungen verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat hierfür die Gesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1 GG. Bundesrechtliche Vorschriften standen weder der angeordneten Gesamtrechtsnachfolge noch der Einführung einer Gewährträgerhaftung der Freien und Hansestadt Hamburg entgegen.
a) Die im Umwandlungsgesetz vorgesehene, zeitlich begrenzte Weiterhaftung des bisherigen Schuldners spielt im vorliegenden Fall keine Rolle. Auf die Neustrukturierung des Universitätsklinikums Eppendorf durch das UKEStrG ist das Umwandlungsgesetz nicht anwendbar. § 168 UmwG regelt lediglich, wie Gebietskörperschaften im Wege partieller Gesamtrechtsnachfolge Betriebe auf Träger privaten Rechts übertragen können. Für Ausgliederungen auf einen Träger öffentlichen Rechts gilt das Umwandlungsgesetz nicht (BAG 8. Mai 2001 – 9 AZR 95/00 – BAGE 97, 361, 366 f.) . Jedenfalls insoweit hat der Bundesgesetzgeber nicht in die Regelungskompetenz der öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften eingegriffen.
b) Ebensowenig verstößt das UKEStrG gegen die Haftungsvorschriften des § 613a BGB. Unter den sachlichen Geltungsbereich des § 613a BGB fallen nicht Betriebsübergänge im Wege der Gesamtrechtsnachfolge Kraft Gesetzes oder eines sonstigen Hoheitsakts (BAG 8. Mai 2001 – 9 AZR 95/00 – BAGE 97, 361, 367 mwN) . Außerdem ist § 613a BGB auf die Ruhestandsverhältnisse bereits ausgeschiedener Arbeitnehmer nicht anwendbar (BAG 11. November 1986 – 3 AZR 194/85 – AP BGB § 613a Nr. 61 = EzA BGB § 613a Nr. 61, zu B I 2 der Gründe mwN) .
II. Der Klägerin steht die geforderte höhere Betriebsrente zu. Ihr Betriebsrentenanspruch ergibt sich nicht aus § 18 BetrAVG, sondern aus § 2 Abs. 1 Ziff. 1, § 5 des 1. RGG.
1. Die Vorschriften des § 18 BetrAVG sind nur dann anzuwenden, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endete. Die Klägerin ist jedoch nicht vorzeitig ausgeschieden. Ihr steht schon für die Zeit vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Betriebsrente zu. Auch die Beklagte gewährt der Klägerin eine Betriebsrente für die Zeit ab 1. Januar 1998, während das Arbeitsverhältnis erst am 31. Dezember 1999 endete. Spätestens mit Beginn der Betriebsrentenzahlung liegt ein Versorgungsfall vor. Es gibt keine Betriebsrentenansprüche für Zeiträume vor Eintritt eines Versorgungsfalles.
2. Die Klägerin hat nach § 2 Abs. 1 Ziff. 1, § 5 Abs. 1 und 2, § 12 Abs. 1 des 1. RGG einen Anspruch auf Betriebsrente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit ab 1. Januar 1998. Der Versorgungsfall war bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten. Nach § 2 Abs. 1 Ziff. 1 des 1. RGG muß der Versorgungsberechtigte nach Erfüllung der Wartezeit des § 4 des 1. RGG wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ausgeschieden sein. Diese Voraussetzungen waren am 31. Dezember 1999 erfüllt.
a) Als die Klägerin erwerbsunfähig wurde, hatte sie die zehnjährige Wartezeit des § 4 des 1. RGG zurückgelegt. Nach § 5 Abs. 1 des 1. RGG kommt es darauf an, ab wann Erwerbsunfähigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne vorliegt. Das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Sozialversicherungsrechtlich hängen die Berufs- und Erwerbsunfähigkeit nicht vom Zugang des Rentenbescheides ab. Ihm kommt keine anspruchsbegründende, sondern lediglich feststellende Bedeutung zu. Er hat auch für die Betriebsrente nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 Satz 1 des 1. RGG lediglich eine Nachweisfunktion. Mit Bescheid vom 1. Februar 2000 hatte die LVA festgestellt, daß die Klägerin seit dem 4. Dezember 1997 erwerbsunfähig ist.
b) Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist iSd. § 2 Abs. 1 Ziff. 1 des 1. RGG “wegen Erwerbsunfähigkeit” beendet worden. Es genügt, daß die Erwerbsunfähigkeit objektiv zum Ausscheiden des Arbeitnehmers führt. Sie muß dem Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht bekannt sein. Ebensowenig ist es erforderlich, daß die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit durch den Rentenversicherungsträger zu diesem Zeitpunkt vorliegt. Dies hat der Senat bereits im Urteil vom 25. April 1995 (– 3 AZR 365/94 – AP RuhegeldG Hamburg § 2 Nr. 1 = EzA BGB § 242 Ruhegeld Nr. 110, zu I 2 der Gründe mwN) entschieden. Für eine Änderung dieser Rechtsprechung besteht kein Anlaß.
aa) Das Arbeitsverhältnis wurde wegen des Gesundheitszustandes und der sich daraus ergebenden mangelten Leistungsfähigkeit der Klägerin aufgelöst. In dem gesundheitsbedingten Leistungsabfall fand die Erwerbsunfähigkeit Ausdruck. Sie war für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses objektiv zumindest mitursächlich. Im übrigen rechneten die Parteien bei Abschluß des Vergleichs vom 11. Oktober 1999 mit einer bereits vorliegenden Erwerbsunfähigkeit. Sie vereinbarten in Nr. 2 Satz 2 dieses Vergleichs, daß der Abfindungsanspruch unabhängig davon ist, ob der Klägerin bis zum 31. Dezember 1999 eine Erwerbsunfähigkeitsrente zusteht.
bb) Die weite Auslegung des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 des 1. RGG entspricht der Systematik und dem Zweck der Regelung.
Der Versorgungsfall kann nicht nur beim Versorgungsschuldner eintreten. Da auch Anwartschaften auf Invaliditätsversorgung nach Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 BetrAVG aF (= § 1b BetrAVG nF) unverfallbar sind (BAG 20. November 2001 – 3 AZR 550/00 – AP BetrAVG § 1 Invaliditätsrente Nr. 13 = EzA BetrAVG § 1 Invalidität Nr. 3, zu I 2a bb der Gründe mwN) , können auch vorzeitig ausgeschiedene Versorgungsberechtigte die Voraussetzungen des Versorgungsfalles des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 des 1. RGG erfüllen. Sie müssen wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Auf die Kenntnisse und Vorstellungen des Versorgungsschuldners kommt es nicht an. Da für die betriebstreuen Versorgungsberechtigten keine weitergehenden Anforderungen gelten als für die vorzeitig beim Versorgungsschuldner Ausgeschiedenen, sind die Voraussetzungen des Versorgungsfalles einheitlich zu bestimmen.
Die objektive Sichtweise trägt den §§ 5 und 12 des 1. RGG Rechnung. Nach § 5 Abs. 1 des 1. RGG ist entscheidend, seit wann der Arbeitnehmer tatsächlich berufs- oder erwerbsunfähig ist. Der Bescheid des Rentenversicherungsträgers ist nach § 5 Abs. 2 des 1. RGG lediglich Beweismittel. Bei der rückwirkenden Bewilligung einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente ist nach § 12 Abs. 1 Satz 2 des 1. RGG der Beginn der Zahlung der Sozialversicherungsrente auch für die Betriebsrente maßgebend, obwohl dem Arbeitgeber im Rückwirkungszeitraum die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit noch nicht bekannt war.
Diese Auslegung entspricht dem Zweck der betrieblichen Erwerbsunfähigkeitsrente. Die Klägerin ist nicht vorzeitig ausgeschieden, sondern betriebstreu gewesen. Sie hatte im Dienste der Beklagten ihre Arbeitskraft verbraucht. Das Arbeitsverhältnis wurde wegen der gesunkenen Leistungsfähigkeit beendet. Die Klägerin schied erst nach Eintritt der Erwerbsunfähigkeit aus.
cc) Auf die Rechtsfolgen des § 62 des Manteltarifvertrages für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) und auf die gegen diese Regelung erhobenen Bedenken der Klägerin kommt es nicht an. Wird durch Bescheid eines Rentenversicherungsträgers festgestellt, daß der Arbeiter erwerbsgemindert ist, so endet das Arbeitsverhältnis nach § 62 MTArb mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid zugestellt wird, wenn der Arbeiter eine außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung bestehende Versorgung durch den Arbeitgeber oder durch eine Versorgungseinrichtung erhält, zu der der Arbeitgeber Mittel beigesteuert hat. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde jedoch bereits vorher “wegen Erwerbsunfähigkeit” beendet.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Breinlinger, Schmidt
Die ehrenamtliche Richterin Frau Frehse ist wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert.
Reinecke
Fundstellen
ARST 2003, 71 |
FA 2002, 388 |
FA 2003, 310 |
NZA 2004, 624 |
ZTR 2003, 630 |
AP, 0 |
AuA 2002, 564 |
EzA-SD 2002, 3 |
NJOZ 2004, 2054 |