Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnsteuererstattung bei Abordnung im Ausland
Orientierungssatz
Zur Frage, ob ein Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber den Betrag zu erstatten, den dieser für ihn als Einkommensteuer an den britischen Steuerfiskus verauslagt hat.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 670
Verfahrensgang
LAG München (Entscheidung vom 05.10.1984; Aktenzeichen 4 Sa 535/81) |
ArbG München (Entscheidung vom 02.04.1981; Aktenzeichen 16 Ca 440/81) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Betrag zu erstatten, den sie für ihn als Einkommensteuer an den britischen Steuerfiskus verauslagt hat.
Die Klägerin ist eine Tochtergesellschaft der E -GesellschaftmbH (im folgenden: ESG). Sie war als Subunternehmerin für die ESG im Rahmen von Entwicklungsarbeiten tätig, die die britische EASAMS Limited (im folgenden: EASAMS) der ESG übertragen hatte. In Art. 36 des Vertrages zwischen der EASAMS und der ESG ist für die Rechtsbeziehungen der Vertragspartner die Maßgeblichkeit deutschen Rechts vereinbart ("This Contract shall be governed by German Law."). Weiter heißt es in Ziffer 4 des Anhangs zu dem eben erwähnten Vertrag wie folgt:
"EASAMS ist nicht verantwortlich für die Beschaffung
von Wohnraum für das Personal, für Steuerberatungen
usw. für das ESG-Personal bei EASAMS. EASAMS stellt
jedoch die Dienste ihrer Personalabteilung kosten-
los zur Verfügung, damit diese das ESG-Personal
berät und ihm bei den Problemen des "Seßhaftwerdens"
behilflich ist."
Der Beklagte war vom 1. September 1973 bis zum 31. Dezember 1979 bei der Klägerin beschäftigt. In der Zeit vom 1. April 1974 bis zum 31. Dezember 1978 war er zur EASAMS nach Großbritannien abgeordnet. Grundlage hierfür bildeten die den Arbeitsvertrag ergänzenden Zusatzvereinbarungen vom 29. März 1974 und vom 20. Oktober 1977/2. März 1978. Darin heißt es jeweils unter anderem:
"Die Firma wird Ihnen einen Anwalt in London
benennen, der Sie auf Kosten der Firma in
Steuerfragen berät. Die Inanspruchnahme dieses
Anwalts bitten wir vorher mit dem Senior-
Ingenieur abzusprechen und zu koordinieren ...
Gerichtsstand für etwaige sich aus dieser Ver-
einbarung ergebende Streitigkeiten ist für
beide Vertragspartner München."
Der Beklagte zahlte für die Zeit seiner Abordnung weder in der Bundesrepublik noch in Großbritannien Steuern. Im Jahre 1974 änderte sich in Großbritannien die Rechtslage für die Besteuerung der zu einer britischen Firma abgestellten ausländischen Arbeitnehmer. Hierüber fand am 4. Juni 1974 eine Besprechung mit den bei EASAMS beschäftigten deutschen Arbeitnehmern statt, über die eine Aktennotiz vom 11. Juni 1974 angefertigt wurde. Ob der Kläger an der Besprechung teilgenommen oder die Aktennotiz erhalten hat, ist zwischen den Parteien streitig.
Anfang 1980 verlangte der britische Steuerfiskus von der EASAMS für die Zeit ab 1974 die Zahlung von Einkommensteuer für die nach Großbritannien abgeordneten ausländischen Arbeitnehmer. Die Forderung umfaßte die Arbeitnehmer der ESG, der Klägerin sowie eines weiteren deutschen Unternehmens und belief sich auf insgesamt 660.000. Die ESG hatte intern für alle betroffenen Arbeitnehmer eine Gesamtsteuerschuld von 735.449 errechnet. Nach Verhandlungen, an denen auch die ESG beteiligt war, kam es am 20. März 1980 zwischen dem britischen Steuerfiskus und der EASAMS zu einem Vergleich, wonach diese zur Abgeltung der rückständigen Steuerschulden für die Jahre 1974 bis 1980 insgesamt 220.000 entrichten sollte. Daraufhin zahlte die ESG an EASAMS den geforderten Betrag, den die EASAMS an den Steuereinnehmer weiterleitete.
Die Klägerin und die ESG hatten allen betroffenen Mitarbeitern vorher den Entwurf einer Vereinbarung mit dem Datum des 10. März 1980 übersandt, nachdem die ESG/FEG zu Verhandlungen mit den britischen Steuerbehörden ermächtigt wurden und der Beklagte sich zur Erstattung der verauslagten Steuern verpflichtete. Der Beklagte unterzeichnete jedoch nicht.
Die ESG teilte den Gesamtbetrag von 220.000 anteilig auf die Arbeitnehmer der beteiligten Unternehmen auf, berechnet nach Einkommen, Aufenthaltsdauer und Steuerpflicht in England. Dabei legte sie zunächst für die Höhe der Steuer die britischen Steuertabellen zugrunde und ermäßigte sodann die volle Steuerschuld - entsprechend dem mit dem Steuerfiskus ausgehandelten Vergleich - im (ungefähren) Verhältnis von 7 : 2. Den Endbetrag rechnete sie nach dem im Zahlungszeitpunkt geltenden Wechselkurs in DM um.
Die Klägerin erstattete der ESG auf deren Verlangen vom 9. April 1980 den für ihre Arbeitnehmer sich ergebenden Anteil. Der daraus auf den Beklagten entfallende Teil ist Gegenstand der Klage.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei ihr zur Erstattung der auf ihn entfallenden Steuerbeträge verpflichtet. Sie hat, soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung, beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 14.637,-- DM
nebst 4 % Zinsen seit dem 19. September 1980 zu
zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat geltend gemacht, es bestehe keine Rechtsgrundlage, wonach er verpflichtet sei, der Klägerin die aufgewendeten Beträge zu erstatten. Zwischen den Parteien sei zudem vereinbart gewesen, daß keinerlei Steuerabzug vorgenommen werde.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision, mit der der Beklagte sein Ziel der Klageabweisung weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Lohnsteuer zu Recht bejaht.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Beklagte habe den ihm obliegenden Beweis für den Abschluß einer Nettolohnvereinbarung nicht geführt. Die EASAMS habe nach britischem Steuerrecht die originäre Verpflichtung gehabt, die aus Anlaß der Beschäftigung des Beklagten entstehende Lohnsteuer an den Fiskus abzuführen. Durch die Zahlung sei auch die Steuerschuld des Beklagten getilgt worden. Die EASAMS habe von der ESG und diese wiederum von der Klägerin Erstattung verlangen können.
Die Verpflichtung des Beklagten folge daraus, daß dieser nach britischem Recht steuerpflichtig gewesen sei und im Innenverhältnis die Steuerlast zu tragen habe. Dies ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 670 BGB. Für die Abwicklung von Steuernachforderungen nach deutschem Steuerrecht sei die Erstattungspflicht des Arbeitnehmers anerkannt; für Steuernachforderungen des britischen Steuerfiskus gelte nicht anderes. Ein Schadenersatzanspruch, mit dem er aufrechnen könne, stehe dem Beklagten nicht zu. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs sei nicht rechtsmißbräuchlich. Das von der ESG und der Klägerin angewandte Verteilungsverfahren sei nicht zu beanstanden. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.
II. Der Beklagte war nach britischem Recht steuerpflichtig. Die EASAMS hatte diese Steuern abzuführen. Die ESG war der EASAMS und die Klägerin der ESG zur Erstattung verpflichtet. Die Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin die auf ihn entfallenden Steuern zu erstatten, folgt aus dem Arbeitsvertrag der Parteien und aus § 670 BGB.
1. Das Landesarbeitsgericht hat die Steuerpflicht nach britischem Steuerrecht im Anschluß an das Gutachten des Sachverständigen Dr. M. bejaht. Dem ist zu folgen.
a) Nach § 73 Abs. 1 ArbGG ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren auch ausländisches Recht revisibel; die §§ 549, 562 ZPO finden keine Anwendung (BAG 27, 99, 109 ff. = AP Nr. 12 zu Internat. Privatrecht Arbeitsrecht, zu IV 2 der Gründe, mit zust. Anm. von Beitzke; Gamillscheg, Internationales Arbeitsrecht, 1959, S. 399, zu Nr. 371; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl., § 293 Rz 71; Grunsky, ArbGG, 4. Aufl., § 73 Rz 8; jeweils mit weiteren Nachweisen).
b) Der Senat ist von der inhaltlichen Richtigkeit des Gutachtens überzeugt. Die Parteien haben ihm nicht widersprochen (vgl. insoweit BAG 27, 99, 109 f. = AP Nr. 12 zu Internat. Privatrecht Arbeitsrecht, zu IV 2 der Gründe; BAG Urteil vom 29. Juni 1978 - 2 AZR 973/77 - AP Nr. 8 zu § 38 ZPO Internationale Zuständigkeit, zu II 2 der Gründe), und auch sonst sind keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit ersichtlich. Danach war der Beklagte vom 6. April 1974 bis zum 31. Dezember 1978 mit der Hälfte seiner in Großbritannien erzielten Einkünfte steuerpflichtig. Denn er wohnte während dieser Zeit in Großbritannien und hatte dort seinen gewöhnlichen Wohnsitz ("Resident and ordinarily Resident"). Seine Steuerschulden waren 1980 noch nicht verjährt. Das mit Großbritannien geschlossene Doppelbesteuerungsabkommen schließt die nach englischem Recht zulässige Besteuerung nicht aus.
Die britische Firma EASAMS und die ESG oder die Klägerin waren zur Entrichtung der Steuer verpflichtet. EASAMS war Hauptarbeitgeber i. S. des britischen Lohnsteuerabzugsverfahrens ("principal employer"), und der Beklagte arbeitete unter deren allgemeiner Führung und Leitung ("under the general control and management"), wie sich aus dem Vertrag zwischen EASAMS und ESG ergibt.
Hätten die EASAMS und die britische Steuerbehörde keinen Vergleich abgeschlossen, hätte die Steuerbehörde die Steuer einseitig festsetzen können. Bei der vereinbarten Zahlung von 220.000 an die englische Steuerbehörde handelte es sich um Steuerschulden und nicht um eine Steuerstrafe. Die Zahlung des Betrages durch die EASAMS befreite den Beklagten von seiner gesamten Steuerschuld gegenüber den englischen Behörden.
2. Die ESG war der EASAMS und die Klägerin ihrerseits der ESG zur Erstattung der verauslagten Lohnsteuer verpflichtet.
a) ESG und EASAMS haben in Art. 36 ihres Vertrages ausdrücklich die Anwendung deutschen Rechts vereinbart. Nach deutschem internationalen Privatrecht gilt bei Schuldverträgen mit Auslandsberührung der Grundsatz der Parteiautonomie. Die Parteien können frei vereinbaren, welcher Rechtsordnung sie ihr Vertragsverhältnis unterstellen wollen (allg. M., vgl. nur BGHZ 52, 239, 241; 53, 189, 191; 73, 391, 393). Gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung deutschen Rechts bestehen hier keine Bedenken. Es kommt demnach nicht darauf an, ob die EASAMS auch bei Anwendung britischen Rechts einen Erstattungsanspruch hätte.
Nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Vertrages zwischen EASAMS und ESG durch das Landesarbeitsgericht ist die ESG zur Durchführung der vereinbarten Arbeiten und die EASAMS zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Ziffer 4 des Vertragsanhangs regelt, welche Aufwendungen die EASAMS für die entsandten Arbeitnehmer übernimmt. Wenn in Ziffer 4.3 festgelegt ist, daß die EASAMS u.a. nicht verantwortlich ist, für das entsandte Personal Steuerverhandlungen zu führen, so ergibt sich daraus, daß sie erst recht nicht verpflichtet sein sollte, die auf die ausländischen Arbeitnehmer entfallenden Einkommensteuern zu tragen. Diese sind ihr daher von der ESG zu ersetzen. Aber auch unabhängig von dieser Vertragsklausel ist es Sache des Unternehmers, die Einkommensteuer seiner Arbeitnehmer im Verhältnis zu dem Besteller zu übernehmen.
b) Auch auf den Vertrag zwischen der ESG und der Klägerin ist deutsches Recht anzuwenden. Die Vertragspartner haben dies zumindest stillschweigend vereinbart. Im Rahmenvertrag werden Steuern zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Es ist aber kein Grund dafür ersichtlich, daß die ESG zusätzlich zur geschuldeten Vergütung auch die Einkommensteuer für die Arbeitnehmer der Klägerin zu tragen habe. Dies ergibt sich auch aus 4.3 des Rahmenvertrages, wonach die arbeitsvertraglichen Beziehungen der Parteien zu ihren Fachkräften durch diesen Vertrag nicht berührt werden. Welche Vergütungsform die ESG und die Klägerin vereinbart haben, ist insoweit unerheblich.
c) Der Beklagte war während der Zeit seiner Abordnung nach Großbritannien Arbeitnehmer der Klägerin. Selbst wenn man davon ausginge, zwischen den Beteiligten habe ein Fall der Arbeitnehmerüberlassung vorgelegen, würde dies nicht dazu führen, daß der Beklagte nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1, § 13 AÜG als Arbeitnehmer der ESG anzusehen wäre. Dies folgt bereits daraus, daß die ESG und die Klägerin Konzernunternehmen sind. Das AÜG enthielt in seiner bis zum 30. April 1985 geltenden Fassung keine ausdrückliche Regelung zur Frage der Arbeitnehmerüberlassung im Konzern. Nach dem Willen des damaligen Gesetzgebers sollte Arbeitnehmerüberlassung im Konzern jedoch nicht dem AÜG unterfallen (BT--Drucks. 6/2303, S. 10; Martens, Die Arbeitnehmerüberlassung im Konzern, DB 1985, 2144).
3. Im Innenverhältnis zwischen den Parteien trifft den Beklagten die Verpflichtung, für die Steuer einzustehen.
a) Das Landesarbeitsgericht hat ohne nähere Erörterung angenommen, auf den Arbeitsvertrag zwischen den Parteien sei deutsches Recht anzuwenden. Dem ist zu folgen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt für Arbeitsverträge mit Auslandsberührung der Grundsatz der Parteiautonomie. Die Parteien können das maßgebliche Recht selbst bestimmen (BAG 24, 411, 418 = AP Nr. 159 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu A I der Gründe; BAG 27, 99, 103 f. = AP Nr. 12 zu Internat. Privatrecht Arbeitsrecht, zu II 1 der Gründe; BAG Urteil vom 9. November 1977 - 5 AZR 132/76 - AP Nr. 13 zu Internat. Privatrecht Arbeitsrecht, zu 2 a der Gründe; BAG Urteil vom 29. Juni 1978 - 2 AZR 973/77 - AP Nr. 8 zu § 38 ZPO Internationale Zuständigkeit, zu II 1 der Gründe). Das kann ausdrücklich oder stillschweigend geschehen. In Gerichtsstandsvereinbarungen ist regelmäßig die stillschweigende Vereinbarung des Rechts des Gerichtsortes zu sehen (BGH Urteil vom 1. Juli 1964 - VIII ZR 266/62 - WPM 1964, 1023 f.; MünchKomm-Martiny, Vor Art. 12 EGBGB, Rz 26, m.w.N.).
An einer ausdrücklichen Rechtswahl fehlt es vorliegend zwar. Die Parteien haben aber in den Zusatzverträgen vom 29. März 1974 und vom 20. Oktober 1977/2. März 1978 einen deutschen Gerichtsstand vereinbart. Außerdem sollte der bei Einstellung, also vor der Abordnung nach Großbritannien geschlossene Arbeitsvertrag gültig bleiben. Aus beiden Umständen ist die stillschweigende Vereinbarung deutschen Rechts zu entnehmen.
b) Nach deutschem Steuerrecht ist Schuldner der Lohnsteuer der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber muß zwar die Lohn- und Kirchensteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen; dabei erfüllt er jedoch eine fremde Schuld. Die Steuerlast trifft ihn auch dann nicht, wenn er zuwenig Steuern einbehält und dadurch zuviel Lohn an den Arbeitnehmer auszahlt. Das Finanzamt kann ihn zwar auf Entrichtung der fehlenden Steuer in Anspruch nehmen; er hat jedoch, wenn er gezahlt hat, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gegenüber dem Arbeitnehmer einen Erstattungsanspruch. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer zwischenzeitlich ausgeschieden ist; der Arbeitgeber ist also nicht auf den Lohnabzug beschränkt (BAG 20 230, 232 = AP Nr. 17 zu § 670 BGB, zu I der Gründe; BAG 26, 187, 191 = AP Nr. 20 zu § 670 BGB, zu I 2 c der Gründe; BAG 31, 236, 238 = AP Nr. 21 zu § 670 BGB, zu 1 der Gründe; BAG 45, 222, 226 f. = AP Nr. 22 zu § 670 BGB, zu II 2 a der Gründe). Die Rückerstattungspflicht ergibt sich aus dem Arbeitsverhältnis, das insoweit durch die Vorschriften des Auftragsrechts, insbesondere § 670 BGB konkretisiert wird (BAG 26, 187, 191 = AP Nr. 20 zu § 670 BGB, zu I 2 c der Gründe).
Im Innenverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien trägt der Arbeitnehmer die Steuerlast, es sei denn, die Parteien hätten eine Nettolohnvereinbarung getroffen, was der Arbeitnehmer zu beweisen hat. Gehen die Parteien fälschlich davon aus, eine Vergütung sei "steuerfrei", so liegt darin noch keine Nettolohnvereinbarung. Erweist sich diese Annahme als unrichtig, so hat der Arbeitnehmer gleichwohl dem Arbeitgeber die von diesem an das Finanzamt gezahlte Lohnsteuer zu ersetzen (vgl. BAG Urteil vom 18. Januar 1974 - 3 AZR 183/73 - AP Nr. 19 zu § 670 BGB, zu II 2 der Gründe).
Das Landesarbeitsgericht hat die für die deutsche Lohnsteuer entwickelten Grundsätze zu Recht auf die britische Lohnsteuer übertragen. Denn die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Erstattung der Lohnsteuer ist nur ein Anwendungsfall der allgemeinen vertraglichen Verpflichtung beider Teile, dem anderen diejenigen Aufwendungen zu ersetzen, die nach Sinn und Zweck des Arbeitsverhältnisses denjenigen, der sie erbracht hat, nicht treffen sollen. Dies ist entgegen der Revision auch für die Lohnsteuer nach britischem Recht zu bejahen. Daß nach englischem Steuerrecht nicht die Klägerin oder die ESG, sondern die EASAMS die Steuern abzuführen hatte, Arbeitgeber und Haftungsschuldner also nicht identisch sind, kann eine andere Beurteilung nicht rechtfertigen. Es handelt sich dabei nur um Unterschiede in der Art der Steuererhebung. Der Charakter der Steuer als Einkommensteuer, die den Arbeitnehmer trifft, ändert sich dadurch nicht.
c) Das Landesarbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme angenommen, die Parteien hätten keine Nettolohnabrede getroffen. Die nach Großbritannien abgestellten Arbeitnehmer seien sich vielmehr grundsätzlich über ihre Steuerpflicht im klaren gewesen. Sie hätten nur darauf gerechnet, daß der britische Fiskus sie in Großbritannien nicht zur Steuer heranziehen werde und daß nach ihrer Rückkehr nach Deutschland britische Steuerbescheide nicht vollstreckt werden könnten. An diese Feststellungen ist der Senat mangels entsprechender Verfahrensrügen gebunden (§ 561 Abs. 2 ZPO).
Die Revision macht demgegenüber geltend, die Parteien hätten stillschweigend vereinbart, die Klägerin solle nicht berechtigt sein, Steuerabzüge vom Lohn vorzunehmen. Der Abordnungsvertrag gehe von einer möglichen Steuerpflicht des Beklagten in England, weiter aber auch davon aus, daß die Klägerin in die Beziehungen zwischen dem Steuerfiskus und dem Beklagten nicht eingreifen solle. Abweichendes hätte daher ausdrücklich vereinbart werden müssen. Hiermit kann die Revision nicht durchdringen. Soweit der Revisionsangriff neuen Tatsachenvortrag enthält, ist dieser nach § 561 ZPO unbeachtlich. Die Revision zielt aber weiter darauf ab, das Parteivorbringen auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Wegfalls oder des Fehlens der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) zu prüfen. Die Vorstellungen der Parteien über die Realisierung der Steuerpflicht sind indessen nicht Geschäftsgrundlage des Arbeitsvertrages oder der Zusatzverträge geworden.
Für die Anwendung der Grundsätze über das Fehlen oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage ist dann kein Raum, wenn der Vertrag nach seinem - gegebenenfalls durch ergänzende Vertragsauslegung zu ermittelnden - Inhalt bereits Regeln für das Fehlen, den Wegfall oder die Veränderung bestimmter Umstände enthält (BGHZ 81, 135, 143; 90, 69, 74; BGH Urteil vom 4. Mai 1983 - VIII ZR 94/82 - NJW 1983, 2034, 2036). Das ist hier der Fall. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat die Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, eine bestimmte Leistung des Arbeitgebers sei steuerfrei, keine Bedeutung für die Verteilung der Steuerlast im Innenverhältnis. Erweist sich diese Annahme aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen als unzutreffend, so verbleibt es bei der Regel, wonach der Arbeitnehmer die anfallenden Steuern zu zahlen hat. Allerdings können die Parteien eine Nettolohnvereinbarung für den Fall schließen, daß sich die Annahme der Steuerfreiheit als unrichtig herausstellt. Dies kann aber nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden (BAG Urteil vom 18. Januar 1974 - 3 AZR 183/73 - AP Nr. 19 zu § 670 BGB, zu II 2 der Gründe). Diese liegen hier jedoch nicht vor.
Die Auffassung der Revision, es hätte ausdrücklich vereinbart werden müssen, daß die Klägerin zur Abführung von Steuern berechtigt sei, bedeutet im Ergebnis, daß der Arbeitgeber die Beweislast für das Vorliegen einer Bruttolohnvereinbarung zu tragen hätte. Dies steht aber im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 18. Januar 1974, aa0, zu I 2 der Gründe, m.w.N.), von der abzuweichen kein Anlaß besteht.
d) Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob die Anwendung deutschen Rechts daran scheitert, daß es dem Arbeitnehmer günstigere zwingende Normen des englischen Arbeitsrechts gibt, die vorrangig anzuwenden wären.
Nach den Ausführungen des Gutachters Dr. L gilt im englischen Recht, daß der Arbeitgeber die abgeführte Lohnsteuer vom Arbeitnehmer grundsätzlich nur im Wege des Lohnabzugs zurückverlangen kann, ein Erstattungsanspruch also in aller Regel entfällt, wenn der Arbeitnehmer ausgeschieden ist.
Wählen die Vertragsparteien ein bestimmtes nationales Recht, so liegt darin im Grundsatz zugleich die Abwahl anderer Rechtsordnungen einschließlich deren zwingender Vorschriften. Allerdings steht die Anwendbarkeit ausländischen Rechts durch deutsche Gerichte unter dem Vorbehalt des "ordre public" (Art. 30 EGBGB). Damit wird jeder Verstoß gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung korrigiert, wobei ein solcher nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur in "besonders krassen Fällen" anzunehmen ist (BAG Urteil vom 20. Juli 1967 - 2 AZR 372/66 - AP Nr. 10 zu Internat. Privatrecht Arbeitsrecht).
Demgegenüber werden in der Literatur zunehmend Auffassungen vertreten, die im Ergebnis auf eine Einschränkung der Rechtswahlfreiheit für Arbeitsverträge im Interesse des Arbeitnehmerschutzes hinauslaufen (vgl. z. B. Fikentscher, Arbeitsstatut, Prorogation und die zugehörigen Grenzen der Parteiautonomie, RdA 1969, 204, 208; Kropholler, Das kollisionsrechtliche System des Schutzes der schwächeren Vertragspartei, Rabels Z, Bd. 42, 1978, S. 634, 648 ff.; sowie insbesondere Kronke, Rechtstatsachen, kollisionsrechtliche Methodenentfaltung und Arbeitnehmerschutz im internationalen Arbeitsrecht, 1980, S. 71 ff., 153 ff.; dagegen z. B. Gamillscheg, Internationales Arbeitsrecht, S. 114 ff., zu Nr. 99; ders., Intereuropäisches Arbeitsrecht, Rabels Z, Bd. 37, 1973, S. 284, 315; Palandt/Heldrich, BGB, 45. Aufl., Vorbem. vor EGBGB 12 (IPR), Anm. 6 d bb).
Es kann jedoch dahinstehen, ob der bisherigen Rechtsprechung uneingeschränkt weiter zu folgen ist. Denn zumindest für die Gruppe der aus Deutschland ins Ausland entsandten Kräfte, auf deren Arbeitsverhältnis deutsches Recht anwendbar ist, besteht kein Bedürfnis nach einer Fortbildung des deutschen Internationalen Privatrechts. Hinzu kommt vorliegend, daß der Kläger in England als Ausländer einem erheblich günstigeren Steuertarif unterlag als seine englischen Kollegen, da von vornherein nur die Hälfte des Einkommens zu versteuern war. Es kann daher auch nicht als unbillig angesehen werden, wenn auf deutsche Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis deutschem Recht unterliegt, die Vorschrift des englischen Rechts, nach der der Arbeitgeber die abgeführte Steuer vom Arbeitnehmer nur im Wege des Lohnabzugs zurückverlangen kann, nicht anwendbar ist. Demnach gilt hier deutsches Recht auch insoweit, als es - vom englischen Recht abweichend - bestimmt, daß der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die Erstattung der nachträglich abgeführten Lohnsteuer noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangen kann.
III. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß der Beklagte weder mit einem Schadenersatzanspruch aufrechnen noch den Einwand der Verwirkung oder des Rechtsmißbrauchs erheben kann und daß das Verteilungsverfahren der Klägerin nicht zu beanstanden ist.
1. Dem Landesarbeitsgericht ist darin zuzustimmen, daß ein Schadenersatzanspruch des Beklagten nicht besteht. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Lohnsteuer des Arbeitnehmers richtig zu berechnen und unberechtigte Nachversteuerungsansinnen der Finanzverwaltung abzulehnen. Der Arbeitgeber muß den Arbeitnehmer in aller Regel von einer drohenden Nachversteuerung unterrichten, damit dieser die Möglichkeit hat, zu ihrer Abwehr tätig zu werden. Bei schuldhafter Verletzung dieser Pflichten kann er sich schadenersatzpflichtig machen.
Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin ihre Verpflichtung zur Unterrichtung von der drohenden Versteuerung verletzt. Die Klägerin hat dem Beklagten unter dem Datum des 10. März 1980 den schriftlichen Entwurf einer Ermächtigung übersandt, wonach sie mit der britischen Steuerbehörde zu verhandeln berechtigt sei. Schon am 13. März 1980 fanden die entscheidenden Verhandlungen mit der Finanzverwaltung statt, aufgrund deren dann der Vergleich zustandekam. Der Beklagte hatte vor dem Abschluß des Vergleichs erkennbar nicht die Möglichkeit, sich beraten zu lassen und die ihm geeignet erscheinenden Schritte zu unternehmen.
Ein Schadenersatzanspruch ist dennoch zu verneinen, da es an einem Schaden fehlt. Ein Schaden besteht nicht schon darin, daß der Arbeitnehmer die Steuer später bezahlen muß, als er sie eigentlich hätte entrichten müssen. Es kann dahinstehen, ob der Beklagte noch nachträglich bei der englischen Finanzbehörde eine individuelle Steuerfestsetzung hätte erreichen können. Entscheidend ist, daß auch nicht der geringste Anhaltspunkt dafür besteht, daß er eine ihm günstigere Festsetzung hätte bewirken können. Der Beklagte hat in Großbritannien insgesamt ein Einkommen von etwa 369.000,-- DM erzielt. Auch wenn man berücksichtigt, daß davon von vornherein nur die Hälfte steuerpflichtig war, ist die Gesamtsteuerbelastung mit knapp 8 % (von 184.500,-- DM) immer noch äußerst gering.
2. Eine Verwirkung des Anspruchs der Klägerin scheidet schon deshalb aus, weil seit der Möglichkeit der Geltendmachung des Anspruchs noch keine längere Zeit verstrichen ist. Die Klägerin mag vorher einen Freistellungsanspruch gehabt haben. Ein Erstattungsanspruch ist aber erst mit der Zahlung an die ESG entstanden. Dies geschah aufgrund des Schreibens der ESG vom 20. April 1980. Die Parteien führten dann bis Oktober 1980 einen längeren Schriftwechsel über das Verlangen der Klägerin. Bereits im Januar 1981 ist die Klage zugestellt worden. Die Forderung ist demnach nicht verspätet geltend gemacht worden.
3. Die Klägerin verstößt auch nicht gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Sie hat, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, zu keinem Zeitpunkt die Erwartung in dem Beklagten erweckt, sie werde ihn nicht heranziehen, wenn der britische Fiskus entgegen der beiderseitigen Erwartung die dem Grunde nach bekannten Steueransprüche doch geltend machen würde.
4. Schließlich besteht die Forderung auch der Höhe nach zu Recht. Die Klägerin und die ESG sind bei der Verteilung des Steuerbetrages so vorgegangen, wie es von verantwortungsbewußten und gerecht denkenden Arbeitgebern zu erwarten ist. Sie hatten sich in die Verhandlungen der EASAMS mit der Steuerbehörde eingeschaltet und einen Vergleich erreicht, mit dem ein erheblicher Nachlaß gewährt wurde. Sie haben dann aus dem Einkommen, der Dauer des Aufenthalts und den bekannten Familiendaten für jeden Arbeitnehmer eine - theoretische - Steuerschuld errechnet und diese in dem Verhältnis reduziert, in dem die Steuerverwaltung nachgegeben hat. Jeder Arbeitnehmer zahlt folglich denselben Prozentsatz der errechneten - theoretischen - Steuerschuld. Dies ist sachgemäß. Der Beklagte hat auch nicht ansatzweise dargelegt, wie die Klägerin stattdessen hätte verfahren sollen. Insbesondere hat der Beklagte keinerlei konkrete Umstände vorgetragen, die den Schluß darauf erlauben, daß seine Steuerschuld an sich viel geringer war, als sie von der Klägerin theoretisch errechnet worden ist. Deshalb ist davon auszugehen, daß die prozentuale Kürzung der Steuerschuld auch beim Beklagten zu einem gerechten Ergebnis führt.
Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog
Liebsch Nitsche
Fundstellen