Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliche Gratifikation
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 24.1.1988, 6 AZR 243/87.
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 20.08.1987; Aktenzeichen 10 Sa 402/87) |
ArbG Paderborn (Entscheidung vom 12.02.1987; Aktenzeichen 1 Ca 1351/86) |
Tatbestand
Die Parteien streiten um die anteilige Zahlung eines 13. Monatseinkommens.
Der Kläger war aufgrund eines vom 1. Mai 1986 bis zum 31. Oktober 1986 befristeten Arbeitsvertrages als Maurer bei der Beklagten zu einem Stundenlohn von 14,94 DM beschäftigt.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag über die Gewährung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens im Baugewerbe vom 15. April 1985 (Zuwendungs-TV) Anwendung. Dieser hat u.a. folgenden Wortlaut:
§ 2
Anspruch
(1) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis am 3O. November
des laufenden Kalenderjahres mindestens zwölf Monate
ununterbrochen besteht, haben Anspruch auf Zahlung
eines Betrages in Höhe des 102fachen ihres in der
Lohntabelle ausgewiesenen Gesamttarifstundenlohnes.
(2) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis am 30. November
des laufenden Kalenderjahres noch nicht zwölf Monate
ununterbrochen besteht, haben für jeden vollen Be-
schäftigungsmonat, den sie bis zum 30. November un-
unterbrochen im Betrieb zurückgelegt haben, Anspruch
auf ein Zwölftel des in Abs. 1 genannten Betrages, wenn
das Beschäftigungsverhältnis am 30. November mindestens
drei Monate ununterbrochen besteht.
(3) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch ordent-
liche Kündigung des Arbeitgebers vor dem 30. November
endet, haben für jeden vollen Beschäftigungsmonat,
den sie seit dem 1. Dezember des vergangenen Kalender-
jahres ununterbrochen im Betrieb zurückgelegt haben,
Anspruch auf ein Zwölftel des in Abs. 1 genannten Be-
trages, wenn das Beschäftigungsverhältnis im Zeitpunkt
des Ausscheidens mindestens drei Monate ununterbrochen
bestanden hat. Der Anspruch besteht auch dann, wenn
das Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer gekündigt
wird, um die Voraussetzungen für den Bezug einer
Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung zu
schaffen, oder wenn es einvernehmlich aufgehoben
wird.
.....
§ 4
Auszubildende
Auszubildende haben nach Maßgabe der §§ 2 und 3 Anspruch
auf 300,-- DM. Endet das Ausbildungsverhältnis vor dem
30. November des laufenden Kalenderjahres, so besteht
für jeden angefangenen Ausbildungsmonat, der seit dem
1. Dezember des vergangenen Jahres im Betrieb zurück-
gelegt worden ist, Anspruch auf ein Zwölftel des in Satz 1
genannten Betrages,
a) wenn im Anschluß an das Ausbildungsverhältnis ein
Arbeitsverhältnis im Ausbildungsbetrieb aufgenommen
wurde und ein Anspruch gemäß § 2 Abs. 2 oder 3 be-
steht, oder
b) wenn der Auszubildende im Anschluß an das Ausbildungs-
verhältnis nicht als Arbeitnehmer im Ausbildungsbetrieb
eingestellt wird, obgleich er die Begründung eines
Arbeitsverhältnisses angeboten hat. ...
Der Kläger hat von der Beklagten die Zahlung von 6/12 des anteiligen 13. Monatseinkommens in unstreitiger Höhe von 761,94 DM gefordert. Die Beklagte hat die Zahlung abgelehnt.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 Zuwendungs-TV stehe einem befristeten Arbeitsverhältnis gleich. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen seien sich die Arbeitsvertragsparteien über den Zeitpunkt des Beginns und der Beendigung des Arbeitsvertrages einig. Es liege demnach die in der Tarifvorschrift verlangte einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses vor. Es sei unschädlich, daß diese Vereinbarung bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses getroffen werde. Die tarifliche Regelung lasse nicht erkennen, daß die übereinstimmenden Willenserklärungen der Arbeitsvertragsparteien bezüglich der Beendigung des Arbeitsvertrages nicht bereits bei Abschluß des Arbeitsvertrages gegeben sein dürften. Demnach liege auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen eine einvernehmliche Aufhebung im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 2 Zuwendungs-TV vor.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 761,94 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit dem 30. Dezember 1986 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, § 4 Zuwendungs-TV zeige, daß den Tarifvertragsparteien das Problem der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Befristung vor Ablauf des Stichtages 30. November bewußt gewesen sei. Deshalb hätten sie für Auszubildende, deren Arbeitsverhältnisse typischerweise befristet seien, diesen Fall ausdrücklich geregelt. Wenn sie eine Regelung für sonstige befristete Arbeitsverhältnisse nicht getroffen hätten, zeige dies, daß insoweit gerade kein Anspruch bestehen solle. Für eine erweiternde Auslegung des Tarifvertrages sei deshalb kein Raum.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Klageabweisung.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch zu, weil eine durch Kündigung des Arbeitgebers bewirkte Auflösung des Arbeitsverhältnisses i.S. von § 2 Abs. 3 Satz 1 Zuwendungs-TV und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer vom Arbeitgeber gewünschten Befristung vergleichbar seien. § 2 Zuwendungs-TV enthalte in den Absätzen 1 bis 3 drei selbständige Anspruchsgrundlagen, so daß eine Ausnahmeregelung, bei der eine erweiternde Auslegung nicht möglich wäre, nicht vorliege. Dies ergebe sich aus dem Umstand, daß eine Grundbestimmung des Anspruchs "über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens im Baugewerbe" fehle und statt dessen in Abs. 1 von einem "Anspruch auf Zahlung eines Betrages" gesprochen werde und in den folgenden Absätzen lediglich der in Betracht kommende Betrag genannt werde. Damit hätten die Tarifvertragsparteien eine Grundsatz-Ausnahme-Regelung bewußt vermeiden wollen. Aus der Gesamtregelung des § 2 Zuwendungs-TV müsse jedoch der Schluß gezogen werden, daß derjenige Arbeitnehmer, der mindestens drei Monate vor dem 30. November im Betrieb beschäftigt war und diesen Stichtag nicht erreichen konnte, weil es der Betrieb nicht zugelassen habe, den Zwölftel-Anspruch für jeden Beschäftigungsmonat haben sollte. Damit falle auch die vom Arbeitgeber vorgegebene Befristung eines Arbeitsverhältnisses unter diesen Tatbestand.
II. Der Senat vermag diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts schon im rechtlichen Ausgangspunkt nicht zu folgen. Das Landesarbeitsgericht verkennt bereits die Systematik des Tarifvertrages, wenn es davon ausgeht, daß die Tarifvertragsparteien eine Grundsatz-Ausnahme-Regelung hätten vermeiden wollen.
1. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf § 2 Abs. 3 Satz 1 Zuwendungs-TV stützen. Danach besteht ein anteiliger Anspruch nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem 30. November durch ordentliche Kündigung des Arbeitgebers endet und das Beschäftigungsverhältnis im Zeitpunkt des Ausscheidens mindestens drei Monate ununterbrochen bestanden hat. Zwar hat das Arbeitsverhältnis des Klägers im Zeitpunkt des Ausscheidens drei Monate ununterbrochen bestanden, es endete jedoch nicht durch ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung, sondern durch Fristablauf. Zu Unrecht meint das Landesarbeitsgericht, die Befristungsvereinbarung sei der ordentlichen Kündigung gleichzusetzen, weil die Befristungsabrede die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber ersetze. Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat am 4. September 1985 - 5 AZR 665/84 - (nicht veröffentlicht) entschieden, daß eine Befristungsvereinbarung der ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Zuwendungs-TV in der Fassung vom 18. April 1983 nicht gleichgestellt werden kann.
Da sich am Wortlaut und Inhalt dieser Vorschrift nach dem Zuwendungs-TV in der Fassung vom 15. April 1985 nichts geändert hat, hält der nunmehr zuständige erkennende Senat an der bisherigen Rechtsprechung fest. Aus dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Vorschriften ist nicht ersichtlich, daß der Fall der ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber erweitert auf die Fälle ausgedehnt werden kann, in denen das Arbeitsverhältnis wegen einer Befristungsabrede endet.
2. Der Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 3 Satz 2 Zuwendungs-TV. Danach haben Arbeitnehmer, die vor dem 30. November des laufenden Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, Anspruch auf anteilige Zahlung der Sonderzuwendung, wenn das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgehoben wird. Die Befristungsabrede steht der einvernehmlichen Aufhebung i.S. dieser Tarifnorm nicht gleich. Dies ergibt ihre Auslegung.
a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat (BAGE 42, 86, 89 = AP Nr. 128 zu § 1 TVG Auslegung; BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung; BAGE 40, 228, 234 = AP Nr. 3 zu § 76 ArbGG 1979). Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages, ggf. auch eine praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAGE 42, 86, 89 = AP, aaO; BAGE 42, 244, 253, 254 = AP Nr. 2 zu § 21 TVAL II; BAGE 46, 308, 316 = AP, aaO).
b) Nach dem Wortlaut der Tarifnorm fällt der Aufhebungsvertrag die Vorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 2 Zuwendungs-TV. Bei einem Aufhebungsvertrag vereinbaren die Parteien durch übereinstimmende Willenserklärungen die Aufhebung ihrer arbeitsrechtlichen Beziehungen (§ 305, §§ 145 ff. BGB). Dadurch werden alle ursprünglich begründeten wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zu dem von den Parteien vereinbarten Zeitpunkt aufgehoben. Beide Seiten des Vertrages können nach dem wirksamen Abschluß eines Auflösungsvertrages die bisher aus dem Arbeitsverhältnis hergeleiteten Ansprüche künftig nicht mehr geltend machen. Der Aufhebungsvertrag setzt also grundsätzlich ein bestehendes Dauerarbeitsverhältnis voraus, während sein Vertragsinhalt auf die Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses gerichtet ist.
Im Gegensatz dazu besteht bei einem befristeten Arbeitsvertrag kein Dauerarbeitsverhältnis, sondern das Arbeitsverhältnis wird auf eine bestimmte Zeit begründet und endet gemäß § 620 Abs. 1 BGB durch Zeitablauf. Auch befristete Arbeitsverhältnisse kommen aber nach den Regeln der Vertragsfreiheit durch Angebot und Annahme übereinstimmender Willenserklärungen zustande (§ 305, §§ 145 ff. BGB). Im Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses wird zugleich auch eine einvernehmliche Einigung über dessen Beendigung herbeigeführt. Die mit dem Abschluß des Vertrages zusammenfallende Einigung über den besonderen Beendigungstatbestand könnte als einvernehmliche Aufhebung im weiteren Sinne angesehen werden.
Der Wortlaut des § 2 Abs. 3 Satz 2 Zuwendungs-TV läßt demnach nicht eindeutig den Schluß zu, daß nur Aufhebungsverträge, nicht aber auch befristete Arbeitsverträge den Anspruch auf anteilige Zuwendung begründen können.
c) Geht man aber vom Sinn und Zweck der Tarifnorm und vom Tarifgesamtzusammenhang aus, wird deutlich, daß das befristete Arbeitsverhältnis einer einvernehmlichen Aufhebung nach § 2 Abs. 3 Satz 2 Zuwendungs-TV nicht gleichsteht. § 2 Zuwendungs-TV ist so gegliedert, daß der Anspruch nach § 2 Abs. 3 Satz 2 Zuwendungs-TV einen Ausnahmefall darstellt. Nach § 2 Abs. 1 Zuwendungs-TV hat der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis am 30. November des laufenden Kalenderjahres mindestens zwölf Monate ununterbrochen besteht, Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe des 102fachen seines in der Lohntabelle ausgewiesenen Gesamttarifstundenlohnes. Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis am 30. November des laufenden Kalenderjahres noch nicht zwölf Monate ununterbrochen besteht, haben für jeden vollen Beschäftigungsmonat, den sie bis zum 30. November ununterbrochen im Betrieb zurückgelegt haben, einen Anspruch auf ein Zwölftel des in Absatz 1 genannten Betrages, wenn das Beschäftigungsverhältnis am 30. November mindestens drei Monate ununterbrochen besteht (§ 2 Abs. 2 Zuwendungs-TV). Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung des Arbeitgebers vor dem 30. November endet, haben für jeden vollen Beschäftigungsmonat, den sie seit dem 1. Dezember des vergangenen Jahres ununterbrochen im Betrieb zurückgelegt haben, Anspruch auf ein Zwölftel des in Absatz 1 genannten Betrages, wenn das Beschäftigungsverhältnis im Zeitpunkt des Ausscheidens mindestens drei Monate ununterbrochen bestanden hat. Der Anspruch besteht auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer gekündigt wird, um die Voraussetzung für den Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung zu schaffen, oder wenn es einvernehmlich aufgehoben wird (§ 2 Abs. 3 Zuwendungs-TV).
Aus dieser klaren Gliederung ergibt sich, daß die zu beurteilende Tarifvorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 2 eine Ausnahmeregelung vom Grundsatz des Zuwendungs-TV darstellt, einen Anspruch auf Sonderzuwendung nur dann zu gewähren, wenn am 30. November ein Arbeitsverhältnis tatsächlich besteht (so auch BAG Urteil vom 4. September 1985 - 5 AZR 665/84 - unveröffentlicht). Bei Vorliegen einer Ausnahmeregelung, bei der grundsätzlich eine extensive Auslegung nicht möglich ist, könnte allenfalls dann ein Anspruch des Klägers auch auf den Fall eines befristeten Arbeitsverhältnisses ausgedehnt werden, wenn insoweit eine unbewußte Regelungslücke der Tarifparteien angenommen werden könnte. Dagegen spricht jedoch § 4 Zuwendungs-TV. Diese Vorschrift gewährt Auszubildenden, deren Ausbildungsverhältnis naturgemäß befristet ist, einen Anspruch auf anteilige Zuwendung vor Ablauf des Stichtages unter engen, differenzierten Voraussetzungen. Das zeigt, daß den Tarifvertragsparteien das Problem der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Fristablauf bei Abschluß des Tarifvertrages durchaus gegenwärtig war. Wenn sie dennoch nur für Auszubildende eine Sonderregelung hinsichtlich des Grundsatzes getroffen haben, daß nur diejenigen Arbeitnehmer, die im Betrieb am Stichtag in einem Arbeitsverhältnis stehen, den Anspruch erhalten sollen, so zeigt dies, daß insoweit für andere Arbeitnehmergruppen mit befristeten Arbeitsverhältnissen der Anspruch nicht bestehen soll. Hätten die Tarifvertragsparteien generell für befristete Arbeitsverhältnisse einen Anspruch gewähren wollen, so hätten sie dies klar und deutlich zum Ausdruck bringen müssen (vgl. BAG Urteil vom 27. Oktober 1978 - 5 AZR 139/77 - AP Nr. 96 zu § 611 BGB Gratifikation; BAG Urteil vom 8. November 1978 - 5 AZR 358/77 - AP Nr. 100 zu § 611 BGB Gratifikation).
d) Dies Ergebnis wird auch durch die Tarifgeschichte bestätigt. § 2 Abs. 3 Zuwendungs-TV ist bereits mehrfach Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen gewesen.
In der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Mai 1983 (- 5 AZR 133/81 - AP Nr. 115 zu § 611 BGB Gratifikation) hatte der Fünfte Senat darüber zu befinden, ob die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag der ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber gemäß § 2 Nr. 3 Zuwendungs-TV i.d.F. vom 11. Juli 1978 gleichgestellt werden kann. Der Senat hat dies in den Fällen bejaht, wenn das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgehoben werde, um einer ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers zuvorzukommen bzw. wenn der Aufhebungsvertrag die Kündigung ersetze. Die Tarifvertragsparteien haben § 2 Abs. 3 Zuwendungs-TV dahingehend geändert, daß nunmehr auch Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgehoben wird, der Anspruch unter den weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Zuwendungs-TV zusteht. Diese zu einem Aufhebungsvertrag ergangene Entscheidung und die daraufhin erfolgte Änderung des Tarifvertrages spricht dafür, daß es sich bei der einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses lediglich um Aufhebungsverträge, nicht aber um Befristungsabreden handeln soll.
In dem Urteil vom 4. September 1985 (- 5 AZR 665/84 - nicht veröffentlicht) hatte der Fünfte Senat zu entscheiden, ob der bei einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung gegebene tarifliche anteilige Anspruch auch bei einem befristeten Arbeitsverhältnis gegeben sei. Der Senat hat dies mit der Begründung verneint, daß die Tarifvertragsparteien dies bei der Neuregelung des Tarifvertrages im Jahre 1983 zum Ausdruck hätten bringen können, wenn sie auch bei einem befristeten Arbeitsverhältnis einen anteiligen Anspruch hätten gewähren wollen. Zwar sei eine entsprechende Forderung aufgestellt worden, doch sei sie nicht in den Tarifvertrag aufgenommen worden.
Die Tarifvertragsparteien haben weder bei der Änderung des Tarifvertrags vom 17. April 1984 noch bei der Änderung vom 15. April 1985 die Vorschrift des § 2 Abs. 3 Zuwendungs-TV dahingehend erweitert, daß auch bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag aufgrund Befristung ein Teilanspruch gewährt werden soll. Spätestens im Zeitpunkt der letzten Änderung des Tarifvertrages war den Tarifvertragsparteien die Problematik hinsichtlich befristeter Arbeitsverträge bekannt. Denn bereits am 24. Dezember 1984 war die Revision in dem vergleichbaren Streitfall vom 4. September 1985 - 5 AZR 665/84 - eingelegt worden. Die Tarifvertragsparteien hätten wie nach der Entscheidung vom 18. Mai 1983 - 5 AZR 133/81 - (AP Nr. 115 zu § 611 BGB Gratifikation) den Tarifvertrag ändern können, wenn sie dies gewollt hätten.
e) Eine erweiternde Auslegung ist auch nicht aus Billigkeitsgründen geboten. Zu den Aufgaben der Gerichte für Arbeitssachen gehört es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht, tarifliche Regelungen auf ihre Zweckmäßigkeit und ihre Vereinbarkeit mit § 242 BGB zu überprüfen. Wegen der Gleichgewichtigkeit der Tarifvertragsparteien ist vielmehr davon auszugehen, daß bei einer Gesamtbetrachtung der tariflichen Regelungen die Arbeitnehmerinteressen angemessen berücksichtigt werden. Es besteht insoweit eine materielle Richtigkeitsgewähr für die tariflichen Regelungen. Sie haben die Vermutung für sich, daß sie den Interessen beider Seiten gerecht werden und keiner Seite ein unzumutbares Übergewicht vermitteln (vgl. BAG Urteil vom 20. August 1986 - 4 AZR 256/85 - AP Nr. 47 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Dr. Jobs Schneider Dörner
Fischer Wax
Fundstellen