Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltsicherung. kinderbezogene persönliche Zulage (PZÜ-K). Tarifauslegung
Leitsatz (redaktionell)
Verhältnis zu bisheriger Rechtsprechung:
Fortsetzung der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteile vom 1. Oktober 1998 – 6 AZR 119/97 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bundesbahn Nr. 16 = EzA TVG § 4 Deutsche Bahn Nr. 1 und vom 24. Februar 2000 – 6 AZR 550/98 – BAGE 94, 32)
Orientierungssatz
Ist der Anspruch auf die kinderbezogene persönliche Zulage (PZÜ-K) auf Grund einer Veränderung der persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers nach dem 1. Januar 1994 erloschen, lebt er bei einer erneuten Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht wieder auf.
Normenkette
Tarifvertrag über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen für die zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmer (ÜTV) § 7
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Oktober 1999 – 11 Sa 471/99 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin für die Zeit von Februar 1997 bis Dezember 1997 eine kinderbezogene persönliche Zulage (PZÜ-K) nach dem Tarifvertrag über die Sicherung der Einkommen und Arbeitsbedingungen für die zur DB AG übergeleiteten Arbeitnehmer (ÜTV) zusteht.
Die Klägerin war seit 1991 bei der Deutschen Bahn als Übersetzerin beschäftigt. Ihr Arbeitsverhältnis wurde infolge der Neuordnung des Eisenbahnwesens vom Bundeseisenbahnvermögen zur DB AG übergeleitet. Der vormals zur DB AG gehörende Geschäftsbereich der Beklagten wird von dieser seit dem 1. Juni 1999 in der Rechtsform einer GmbH fortgeführt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit ua. der ÜTV Anwendung. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:
„Abschnitt II
Entgeltsicherung
…
§ 7
Kinderbezogene persönliche Zulage
(1) Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung einer kinderbezogenen persönlichen Zulage (PZÜ-K) entsprechend den persönlichen Verhältnissen am 31. Dezember 1993.
Ausführungsbestimmungen
1. Steht der Ehegatte des Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst oder ist er aufgrund einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder nach einer Ruhelohnordnung versorgungsberechtigt und stünden ihm der Ortszuschlag nach Stufe 3 BBesG oder einer der folgenden Stufen oder Sozialzuschlag nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes zu, so besteht kein Anspruch nach Abs. 1.
Satz 1 gilt auch, wenn einer anderen Person für dasselbe Kind kinderbezogene Leistungen nach besoldungsrechtlichen oder tariflichen Vorschriften des öffentlichen Dienstes zustehen.
Die Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß, wenn dem Ehegatten des Arbeitnehmers oder einer anderen Person auch außerhalb des öffentlichen Dienstes aufgrund tarifvertraglicher oder sonstiger Regelungen entsprechende kinderbezogene Leistungen zustehen.
2. Erfüllt der Ehegatte (oder eine andere Person) die Voraussetzungen der Ausführungsbestimmung 1 und ist dieser bei dem anderen Arbeitgeber Teilzeitbeschäftigter und hat er bei diesem Anspruch auf den Sozialzuschlag/kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags anteilig zu seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, so erhält der Arbeitnehmer den Unterschiedsbetrag zwischen dem von dem anderen Arbeitgeber zu gewährenden Sozialzuschlag/kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags und dem Sozialzuschlag/kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags eines Vollzeitarbeitnehmers/Teilzeitarbeitnehmers – entsprechend den persönlichen Verhältnissen – nach den in § 2 genannten Tarifverträgen.
Vermindert der Ehegatte (oder die andere Person) ab bzw. nach dem 01. Januar 1994 die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bei dem anderen Arbeitgeber, führt dies nicht zu einer Erhöhung des in Satz 1 genannten Unterschiedsbetrags.
Der Arbeitnehmer hat die entsprechenden Nachweise zu erbringen.
3. Der neu eingestellte Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Zahlung einer PZÜ-K.
(2) Die PZÜ-K ist der Betrag des Sozialzuschlags (§ 13 LTV, § 13 LTV-DR, § 13 Teil B Vz ATV 5) bzw. der des kinderbezogenen Teils des Ortszuschlags (§ 16 AnTV, § 16 AnTV-DR, § 16 Teil C Vz ATV 5) – jeweils einschließlich des ggf. zustehenden besonderen Erhöhungsbetrags –. § 3 Abs. 3 gilt entsprechend.
…
(3) Ändern sich die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers und würde dadurch bei Fortgeltung der v.g. Tarifverträge der Anspruch auf den Sozialzuschlag bzw. auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags – jeweils einschließlich des ggf. zustehenden besonderen Erhöhungsbetrags – ganz oder teilweise entfallen, verringert sich die PZÜ-K um den entsprechenden Betrag.
(4) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, jede Änderung seiner persönlichen Verhältnisse unverzüglich der DB AG mitzuteilen. …”
§ 16 AnTV lautet, soweit hier von Interesse, wie folgt:
„§ 16
Ortszuschlag
(1)1. Die Höhe des Ortszuschlages richtet sich nach der Tarifklasse, der die Vergütungsgruppe des Angestellten zugeteilt ist (Nr. 2), und nach der Stufe, die den Familienverhältnissen des Angestellten entspricht (Abs. 2).
…
(2) …
3. Zur Stufe 3 und den folgenden Stufen gehören die Angestellten der Stufe 2, denen Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 3 oder § 8 BKGG zustehen würde. …”
Die DB AG hat zu § 7 Abs. 1 ÜTV in Abstimmung mit den Gewerkschaften GDL und GDBA Anwenderhinweise erlassen. Der Anwenderhinweis Nr. 5 lautet wie folgt:
„Wiederaufnahme der PZÜ-K-Zahlung bei Grundwehr-/Zivildienst
Nach Ableistung des Grundwehr-/Zivildienstes des Kindes hat die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer auch dann Anspruch auf Zahlung einer PZÜ-K nach § 7 Abs. 1 ÜTV, wenn sie/er unmittelbar
- vor der Ableistung des Grundwehr-/Zivildienstes des Kindes eine PZÜ-K erhalten hat,
- nach der Ableistung des Grundwehr-/Zivildienstes des Kindes den Sozialzuschlag bzw. den kinderbezogenen Anteil des Ortszuschlags nach den in § 2 ÜTV genannten Tarifverträgen erhalten würde
und die sonstigen Voraussetzungen des § 7 ÜTV erfüllt sind.”
Die Klägerin ist Mutter zweier Söhne. Der ältere Sohn ist am 25. September 1976 geboren. Er besuchte bis zum 30. April 1995 die Schule. Ab dem 1. Mai 1995 nahm er eine Erwerbstätigkeit auf und leistete anschließend bis zum 31. Januar 1997 Wehrdienst. Im Februar 1997 bezog er Arbeitslosengeld. Am 1. März 1997 nahm er eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner auf. Die Klägerin hatte bis zum 30. April 1995 für diesen Sohn Kindergeld und von der DB AG die kinderbezogene persönliche Zulage (PZÜ-K) iHv. 89,51 DM brutto monatlich erhalten. Seit dem 1. Februar 1997 erhält die Klägerin wieder Kindergeld. Die Beklagte verweigert jedoch die Zahlung der PZÜ-K.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, seit Februar 1997 stehe ihr die PZÜ-K wieder zu, weil sie seitdem für ihren älteren Sohn wieder Kindergeld erhalte und deshalb alle Anspruchsvoraussetzungen des § 7 ÜTV erfülle. § 7 ÜTV beinhalte eine umfassende Besitzstandsregelung. Unter Berücksichtigung dieses Tarifzwecks müßten sämtliche, auch zukunftsbezogene Rechte des Arbeitnehmers erhalten bleiben. Der Anwenderhinweis Nr. 5 zu § 7 Abs. 1 ÜTV stehe dem Anspruch nicht entgegen. Er sei nicht Bestandteil des Tarifvertrags und auch keine Protokollnotiz. Als bloße Arbeitsanweisung könne er den tariflichen Anspruch der Klägerin nicht beseitigen. Jedenfalls stehe ihr die PZÜ-K nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu. Nach dem Anwenderhinweis Nr. 5 erhalte ein Arbeitnehmer, dessen Kind im Anschluß an die Schulausbildung und vor dem Beginn des Wehrdienstes einen längeren Urlaub einschiebe, die PZÜ-K, während einem Arbeitnehmer, dessen Kind die Zeit zwischen dem Schulabschluß und dem Beginn des Wehrdienstes durch eine Erwerbstätigkeit überbrücke, keine PZÜ-K gewährt werde. Für diese unterschiedliche Behandlung bestehe kein sachlicher Grund.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 984,61 DM brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, nach dem Anwenderhinweis Nr. 5 zu § 7 Abs. 1 ÜTV habe die Klägerin keinen Anspruch auf die PZÜ-K. Die Anwenderhinweise seien mit den in der Deutschen Bahn vertretenen Gewerkschaften abgestimmt und von den Tarifpartnern im Umlaufverfahren unterzeichnet worden. Daraus lasse sich die rechtliche Qualität der Anwenderhinweise als Konkretisierung tarifvertraglicher Bestimmungen und damit als Auslegungsregel ableiten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben; das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils als unbegründet abgewiesen. Der Klägerin steht für die Zeit vom 1. Februar 1997 bis zum 31. Dezember 1997 eine PZÜ-K weder nach § 7 ÜTV noch auf Grund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu.
1. Nach § 7 Abs. 1 ÜTV hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung einer PZÜ-K entsprechend den persönlichen Verhältnissen am 31. Dezember 1993. Die PZÜ-K ist nach § 7 Abs. 2 ÜTV bei einem Angestellten der Betrag des kinderbezogenen Teils des Ortszuschlags gemäß § 16 AnTV. Nach § 16 Abs. 2 Nr. 3 AnTV ist einem Angestellten der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags zu zahlen, wenn ihm das Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 3 oder § 8 BKGG zustehen würde.
Nach diesen Bestimmungen hatte die Klägerin ab dem 1. Januar 1994 Anspruch auf die PZÜ-K für ihren älteren Sohn, da sie am 31. Dezember 1993 den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags nach § 16 AnTV erhielt, weil sie das Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz bezog. Der Anspruch auf PZÜ-K ist jedoch nach § 7 Abs. 3 ÜTV am 1. Mai 1995 weggefallen. Nach dieser Bestimmung verringert sich die PZÜ-K um den entsprechenden Betrag, wenn sich die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers ändern und dadurch bei Fortgeltung des AnTV der Anspruch auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags ganz oder teilweise entfallen würde. Diese Voraussetzungen lagen bei der Klägerin am 1. Mai 1995 vor. Zu diesem Zeitpunkt nahm ihr Sohn eine Erwerbstätigkeit auf. Deshalb hatte sie keinen Anspruch mehr auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz. Damit haben sich ihre persönlichen Verhältnisse iSd. § 7 Abs. 3 ÜTV geändert. Dies hätte bei Fortgeltung des AnTV zum Wegfall des kinderbezogenen Teils des Ortszuschlags geführt. Deshalb ist der Anspruch auf PZÜ-K entfallen. Zwar erhält die Klägerin seit dem 1. Februar 1997 wieder Kindergeld für ihren älteren Sohn. Dennoch steht ihr in der Zeit vom 1. Februar 1997 bis zum 31. Dezember 1997 eine PZÜ-K nicht zu. Ein Anspruch auf PZÜ-K, der nach dem 1. Januar 1994 wegen einer Veränderung der persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers weggefallen ist, lebt bei einer erneuten Veränderung der persönlichen Verhältnisse nicht wieder auf. Ebensowenig wie Änderungen der für die PZÜ-K maßgeblichen Umstände, die nach dem 31. Dezember 1993 eintreten, zur erstmaligen Entstehung des Anspruchs auf PZÜ-K führen(vgl. BAG 1. Oktober 1998 – 6 AZR 119/97 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bundesbahn Nr. 16 = EzA TVG § 4 Deutsche Bahn Nr. 1, zu I b der Gründe; 24. Februar 2000 – 6 AZR 550/98 – BAGE 94, 32, zu 3 der Gründe), können sie das Wiederaufleben eines nach dem 1. Januar 1994 weggefallenen Anspruchs auf PZÜ-K bewirken. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 7 ÜTV und den Ausführungsbestimmungen hierzu, aber aus dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Bestimmungen und dem hieraus zu ermittelnden Sinn und Zweck der Regelung, die bei der Tarifauslegung ebenfalls zu berücksichtigen sind(st. Rspr. vgl. BAG 12. September 1984 – 4 AZR 336/82 – BAGE 46, 308; 20. März 1996 – 4 AZR 906/94 – AP BAT § 23 a Nr. 36, zu 2.2.1 der Gründe; 30. Januar 1997 – 6 AZR 784/95 – AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 22 = EzA TVG § 4 Personalabbau Nr. 8, zu II 2 der Gründe; 12. November 1997 – 10 AZR 206/97 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Bahn Nr. 1, zu II 2 der Gründe).
a) Die PZÜ-K dient, wie aus der Überschrift des Abschnitts II des ÜTV zu entnehmen ist, der Entgeltsicherung. Durch sie soll den auf die Beklagte überleiteten Arbeitnehmern der Betrag des bis zum Zeitpunkt der Überleitung gezahlten kinderbezogenen Teils des Ortszuschlags erhalten bleiben. Den Kreis der Begünstigten haben die Tarifvertragsparteien durch die Konkurrenzregelung in Nr. 1 der Ausführungsbestimmungen zu § 7 Abs. 1 ÜTV eingeschränkt und solche Arbeitnehmer vom Bezug der PZÜ-K ausgeschlossen, die zwar am 31. Dezember 1993 einen Anspruch auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags oder den Sozialzuschlag hatten, deren Ehegatten solche Leistungen auf Grund der Beschäftigung im öffentlichen Dienst jedoch ebenfalls zustehen. Neu eingestellte Arbeitnehmer haben nach Nr. 3 der Ausführungsbestimmungen zu § 7 Abs. 1 ÜTV keinen Anspruch auf die PZÜ-K. Aus diesen Bestimmungen wird das Bestreben der Tarifvertragsparteien deutlich, die für den öffentlichen Dienst typischen kinderbezogenen Vergütungsbestandteile dauerhaft abzubauen. Dem würde es nicht nur widersprechen, wenn ein Anspruch auf PZÜ-K auf Grund von Veränderungen in den für die PZÜ-K maßgeblichen Verhältnissen des Arbeitnehmers nach dem 31. Dezember 1993 erstmals entstehen könnte, sondern auch, wenn dadurch ein nach dem 31. Dezember 1993 weggefallener Anspruch auf PZÜ-K wiederaufleben würde. Dies stünde auch im Widerspruch zu § 7 Abs. 3 ÜTV und Nr. 2 Satz 2 der Ausführungsbestimmungen zu § 7 Abs. 1 ÜTV.
§ 7 Abs. 3 ÜTV sieht bei einer Änderung der persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers, die zur Verringerung oder zum Wegfall des Anspruchs auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags führen würde, eine entsprechende Verringerung der PZÜ-K vor. Eine Erhöhung der PZÜ-K im umgekehrten Fall erfolgt nach dem Wortlaut der tariflichen Regelung nicht. Nach Nr. 2 Satz 2 der Ausführungsbestimmungen zu § 7 Abs. 1 ÜTV führt eine nach dem 1. Januar 1994 eintretende Verminderung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit des teilzeitbeschäftigten Ehegatten des Arbeitnehmers, der entsprechend seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit anteilig kinderbezogene Vergütungsbestandteile erhält, nicht zu einer Erhöhung des dem Arbeitnehmer nach Nr. 2 Satz 1 der Ausführungsbestimmungen zu § 7 Abs. 1 ÜTV zustehenden Unterschiedsbetrags. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß Änderungen in den persönlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers nach dem 31. Dezember 1993 nur zu berücksichtigen sind, wenn sie zu einer Verringerung oder zum Wegfall der PZÜ-K führen, nicht aber im umgekehrten Fall(BAG 1. Oktober 1998 – 6 AZR 119/97 – aaO, zu 1 b der Gründe). Deshalb lebt ein Anspruch auf PZÜ-K, der wegen einer Änderung der persönlichen Verhältnisse nach dem 1. Januar 1994 weggefallen ist, bei einer erneuten Änderung der persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers nicht wieder auf.
b) Der Anwenderhinweis Nr. 5 zu § 7 Abs. 1 ÜTV steht dem nicht entgegen. Es mag dahinstehen, welcher Rechtscharakter den Anwenderhinweisen beizumessen ist. Dieser Anwenderhinweis wäre jedenfalls überflüssig, wenn nachträgliche Änderungen der persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers bereits nach § 7 ÜTV und den Ausführungsbestimmungen zu einem Wiederaufleben des Anspruchs auf PZÜ-K führten. Deshalb kann aus dem Anwenderhinweis lediglich geschlossen werden, daß nur unter den dort genannten Voraussetzungen ausnahmsweise – abweichend von der tariflichen Regelung – die PZÜ-K erneut gewährt werden soll.
2. Nach dem Anwenderhinweis Nr. 5 zu § 7 Abs. 1 ÜTV steht der Klägerin die PZÜ-K nicht zu. Danach hat ein Arbeitnehmer auch dann Anspruch auf Zahlung einer PZÜ-K, wenn er unmittelbar vor der Ableistung des Grundwehr-/Zivildienstes seines Kindes eine PZÜ-K erhalten hat und unmittelbar nach Ableistung des Grundwehr-/Zivildienstes des Kindes den kinderbezogenen Anteil des Ortszuschlags nach § 16 AnTV erhalten würde und die sonstigen Voraussetzungen des § 7 ÜTV erfüllt sind. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor, denn sie hat nicht unmittelbar vor der Ableistung des Grundwehrdienstes ihres älteren Sohnes eine PZÜ-K erhalten. Diese wurde ihr bereits vor Beginn des Grundwehrdienstes nicht gewährt, weil ihr Sohn eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hatte.
3. Die Klägerin wird gegenüber Arbeitnehmern, denen die Beklagte nach dem Anwenderhinweis Nr. 5 eine PZÜ-K gewährt, nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt.
a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Unzulässig ist nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich anzusehen ist(vgl. BVerfG 15. Oktober 1985 – 2 BvL 4/83 – BVerfGE 71, 39, 58). Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz zwar nur eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang hat. Dies gilt aber nur für individuell vereinbarte Löhne und Gehälter. Wenn der Arbeitgeber, was ihm die Vertragsfreiheit ermöglicht, einzelne Arbeitnehmer besserstellt, können daraus andere Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten. Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch immer dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip auf Grund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen(ständige Rechtsprechung, vgl. BAG 26. Oktober 1995 – 6 AZR 125/95 – BAGE 81, 207, 210 f.; 20. März 1997 – 6 AZR 453/96 – ZTR 1997, 568, zu I 3 der Gründe; 23. August 1997 – 5 AZR 293/94 – BAGE 80, 354, 359 f.; 28. Juli 1992 – 3 AZR 173/92 – BAGE 71, 29, 37).
b) Durch den Anwenderhinweis Nr. 5 zu § 7 ÜTV will die Beklagte ersichtlich verhindern, daß Arbeitnehmer den Anspruch auf die PZÜ-K ausschließlich deshalb verlieren, weil ihre Kinder den Grundwehrdienst oder Zivildienst ableisten müssen und sie in dieser Zeit nach den kindergeldrechtlichen Vorschriften kein Kindergeld erhalten. Dies ist ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung gegenüber Arbeitnehmern, die vorübergehend aus anderen Gründen die Voraussetzungen des § 7 ÜTV iVm. § 16 AnTV nicht erfüllen, weil sie kein Kindergeld beziehen. Dies ist zB der Fall, wenn Kinder, wie der Sohn der Klägerin, einer eigenen Erwerbstätigkeit nachgehen oder ihre Ausbildung nicht zügig aufnehmen oder fortsetzen. Die Ableistung des Grundwehr-/Zivildienstes dient in erster Linie den Interessen der Allgemeinheit. Sie steht nicht im Belieben des Wehrpflichtigen. Vielmehr ist er dazu nach dem Wehrpflichtgesetz verpflichtet. Dies rechtfertigt es, Angestellte, die ausschließlich wegen des Grundwehr-/Zivildienstes ihres Kindes vorübergehend keinen Anspruch auf die PZÜ-K haben, weil sie in dieser Zeit kein Kindergeld erhalten, gegenüber anderen Angestellten zu begünstigen und sie nach Beendigung des Grundwehr-/Zivildienstes ihres Kindes so zu behandeln, als hätten sie die PZÜ-K ununterbrochen bezogen.
Die Klägerin wird entgegen ihrer Auffassung gegenüber Arbeitnehmern, deren Kinder nach dem Schulabschluß und vor Beginn des Wehrdienstes Urlaub machen, nicht ungleich behandelt. Der Sohn der Klägerin beendete nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Schule am 30. April 1995 und nahm am 1. Mai 1995 eine Erwerbstätigkeit auf. Anschließend leistete er bis zum 31. Januar 1997 seinen Wehrdienst ab. Der Grundwehrdienst hat seit dem 1. Januar 1996 zehn Monate betragen (§ 5 WPflG). Der Wehrdienst des Sohnes der Klägerin hat daher am 1. April 1996 begonnen. Er ging somit zuvor elf Monate lang einer Erwerbstätigkeit nach. Ein Arbeitnehmer, dessen Kind nach dem Schulabschluß und vor Beginn des Wehrdienstes elf Monate lang Urlaub macht, hat nach dem Anwenderhinweis Nr. 5 zu § 7 Abs. 1 ÜTV nach Beendigung des Wehrdienstes ebenfalls keinen Anspruch auf PZÜ-K. Denn auch ein solcher Arbeitnehmer erhält während des Urlaubs des Kindes nach § 32 EStG kein Kindergeld und deshalb unmittelbar vor Beginn des Wehrdienstes keine PZÜ-K. Auch nach § 2 BKGG in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung bestand in einem solchen Fall kein Anspruch auf Kindergeld, und damit auch nicht auf die PZÜ-K.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Armbrüster, Gräfl, Friedrich, Gebert, Erika Holzhausen
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 26.04.2001 durch Schneider, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
NZA 2002, 408 |
NJOZ 2002, 872 |