Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf „Intensivzulage” neben „Psychiatriezulage”. Einheit für Intensivmedizin in einem Landeskrankenhaus. Tarifrecht öffentlicher Dienst. Zulage. Pflegepersonen in psychiatrischen Kliniken oder Abteilungen
Leitsatz (amtlich)
Wachstationen in psychiatrischen Kliniken, die nicht für Intensivbehandlung und Intensivüberwachung im Sinne der Richtlinien der Deutschen Krankhausgesellschaft für die Organisation der Intensivmedizin in den Krankenhäusern vom 9. September 1974 eingerichtet sind, sind keine Einheiten für Intensivmedizin im Sinne der Protokollerklärung Nr. 3 zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT. Die dort beschäftigten Angestellten im Pflegedienst haben daher keinen Anspruch auf die sog. Intensivzulage gemäß Protokollerklärung Nr. 1 Abs. (1 a) zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT.
Leitsatz (redaktionell)
Verhältnis zu bisheriger Rechtsprechung:
Vgl. BAG 10. Juli 1996 – 4 AZR 134/95 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 214 = EzBAT §§ 22, 23 BAT L. – Kr. VI Nr. 5
Normenkette
BAT Anlage 1b Abschn. A Protokollerklärung Nr. 1 Abs. (1)b), Abs. (1a) und Protokollerkärung Nr. 3; Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie vom 18. Dezember 1990
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 6. April 2000 – 8 Sa 1998/97 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem im Landeskrankenhaus (LKH) M. als Krankenpfleger auf den „Wachstationen 02 und 04” tätigen Kläger, der kraft beiderseitiger Tarifbindung nach der Anlage 1 b zum Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) (Angestellte im Pflegedienst) vergütet wird und jedenfalls keine höhere Vergütung als nach VergGr. Kr. VII erhält, neben der sog. Psychiatriezulage nach der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. (1) b) zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT auch eine sog. Intensivzulage nach Abs. (1 a) der genannten Protokollerklärung zusteht. Diese hat er mit Schreiben vom 13. August 1996 beansprucht und macht sie vorliegend mit seiner Klage für neun Monate geltend.
In den Stationen 02 und 04 des LKH M. sind mit dem Auftrag der Aufnahme, Überwachung und Krisenintervention männliche, psychisch kranke Straftäter nach dem Niedersächsischen Maßregelvollzugsgesetz untergebracht. Beide Stationen sind mit je 18 Planbetten ausgestattet.
In den beiden Stationen werden alle Neuaufnahmen konzentriert, um die noch unbekannten Patienten unter hohem Personaleinsatz zu beobachten, zu überwachen und eine verläßliche Aussage über Selbst- und Fremdgefährdung machen zu können. Auf beiden Stationen befinden sich zudem ständig Patienten anderer Stationen, die akut psychisch erkrankt sind. Des weiteren werden Patienten behandelt, die außergewöhnlich gefährlich oder fluchtgefährdet sind, ferner Patienten nach Lockerungsmißbrauch oder nach Entweichung.
Die Station 02 liegt ebenerdig, die Station 04 genau darüber. Beide Stationen sind baulich deckungsgleich. Sie sind in zwei getrennte und verschlossene Bereiche aufgeteilt, die Schlafbereiche und die Wohnbereiche. Die Wohnbereiche umfassen jeweils einen Speiseraum, einen Aufenthaltsraum, einen Hobbyraum und einen Toilettenraum. Alle Räume können vom Dienstzimmer durch eine gesicherte Scheibe eingesehen werden. Der Toilettenraum ist durch ein Sichtfenster einsehbar. Die Flure werden zusätzlich durch Videokameras, die Schlafräume über eine Sicherheitskanzel mit Videokamera, Alarmgebern und Pflegepersonal überwacht. Für besonders gefährliche bzw. besonders gefährdete Patienten werden Isolierzimmer, Absonderungszimmer und Besinnungszimmer vorgehalten.
Die gesamte Fensteranlage ist panzerverglast, die Türanlage mit einer Spezialschließanlage gesichert. Im Dienstzimmer befinden sich die Monitore der Videokameras, eine Feuermeldeanlage und die Ladestation für die vom Personal zu tragende Personensicherungsanlage. Die krankenpflegerische Besetzung beider Stationen umfaßt jeweils 22 Krankenpfleger, insgesamt vier Fachkrankenpfleger für Psychiatrie, sechs Krankenpfleger mit einer Ausbildung als Stationsleiter, 23 Krankenpfleger mit dreijähriger Ausbildung und 11 Krankenpflegehelfer mit einjähriger Ausbildung. Dazu kommen Auszubildende und Zivildienstleistende. Der Dienst erfolgt in drei Schichten mit jeweils vormittags fünf, nachmittags fünf und nachts drei Krankenpflegern in Wechselschichten. Ärztlicherseits werden beide Stationen mit je ein bis zwei Ärzten/Psychologen versorgt.
Bei den Patienten handelt es sich um psychisch Kranke, die latent bis manifest selbstgefährdet, hochgradig fremdgefährdend, in Einzelfällen somatisch vital gefährdet sind. Die Patienten leiden an Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, Neurosen, Psychosen, Manien, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, Verhaltensstörungen usw. Die Erkrankung ist im Zusammenhang mit begangenen Straftaten wie Brandstiftung, Raub, Totschlag, Mord, Vergewaltigung, Mißbrauch von Kindern usw. aufgetreten und erfordert eine dichte Überwachung und Beobachtung. Es gilt, Selbst- und Fremdgefährdung frühzeitig zu erkennen und möglichst zu vermeiden. In akuten Zuständen der Erkrankungen können die Patienten nur auf diesen personell stark besetzten und besonders gesicherten Stationen sinnvoll behandelt und möglicherweise medikamentös eingestellt werden. Nur hier werden für die schwierigsten Patienten Beruhigungs- und Einbettzimmer vorgehalten, nur auf diesen Stationen sind Fixierungen möglich. In der Regel erfolgt eine psychiatrische/psychotherapeutische Behandlung. Patienten mit schweren somatischen Erkrankungen werden in Akutkrankenhäuser verlegt. Eine sächliche Ausstattung der Stationen mit umfangreichem medizinischem Gerät wie auf Intensivstationen in allgemeinen Krankenhäusern oder Spezialkliniken fehlt.
Der Kläger hat geltend gemacht, aus den in Anlehnung an § 4 – Behandlungsbereiche – der Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie vom 18. Dezember 1990 (Psych-PV, BGBl. I S 2930 ff.) erstellten quantitativen und qualitativen Erhebungen/Belegungsstatistiken für vier Quartale 1995 und drei Quartale 1996 ergebe sich, daß auf den Stationen 02 und 04 weit überwiegend Intensivbehandlung stattfinde. Die Tätigkeit auf solchen Stationen übersteige das Maß der Gefährdung auf den übrigen Stationen, weshalb die Gewährung der „Intensivzulage” gerechtfertigt sei, auch wenn die Stationen nicht den Richtlinien für die Organisation der Intensivmedizin in den Krankenhäusern – Empfehlung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) vom 9. September 1974 – entsprächen, weil es an der Gefährdung oder Störung der vitalen Funktionen der jeweiligen Patienten fehle. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Tarifvertragsparteien nur die Intensivbehandlung im Bereich der allgemeinmedizinischen Kliniken gemeint hätten. Eine solche Beschränkung hätte in den tariflichen Normen zum Ausdruck kommen müssen. Da dies nicht der Fall sei, sei vorliegend auch die Psych-PV heranzuziehen und die nach der Protokollerklärung Nr. 3 zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT erforderliche Intensivüberwachung gegeben.
Der Kläger hat beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 810,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit 12. Dezember 1996 zu zahlen.
Das beklagte Land hat zu seinem Antrag auf Klageabweisung die Ansicht vertreten, dieselbe Tätigkeit, nämlich die Grund- und Behandlungspflege, könne nicht mit zwei Zulagen abgegolten werden. Wachstationen, Wachräume und Aufwachräume, die nicht für Intensivbehandlung und Intensivüberwachung eingerichtet seien, zählten nicht zu den Einheiten für Intensivmedizin. Nach den DKG-Richtlinien für die Organisation der Intensivmedizin in den Krankenhäusern sei Intensivüberwachung die Überwachung und Pflege von Frischoperierten nach schwierigen Eingriffen sowie von Schwerverletzten und Schwerkranken bis zur Überwindung der kritischen Phase der Erkrankung. Die Psych-PV, die zudem für den Maßregelvollzug in Niedersachsen mit Wirkung vom 1. Januar 1999 außer Kraft gesetzt sei, diene als Grundlage für die Personalbemessung in den jeweils sechs Behandlungsbereichen. Der Bereich „A 2 Intensivbehandlung” erfordere hohen Personalaufwand wegen der Dichte der Überwachung, durch die die Selbst- und Fremdgefährdung der Patienten frühzeitig erkannt und abgestellt sowie verhindert werden solle, daß Patienten, die außergewöhnlich gefährlich oder fluchtgefährdet seien, entweichen. Das sei jedoch nicht Intensivbehandlung, die in den vom Tarifvertrag geforderten „Einheiten für Intensivmedizin” erfolge. Dem Begriff der Intensivmedizin komme im Bereich der Psychiatrie keine andere Bedeutung zu als in anderen Bereichen. Es gebe keine spezifisch psychiatrische Intensivmedizin.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung des beklagten Landes abgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dem Kläger stehe die sog. Intensivzulage neben der sog. Psychiatriezulage nicht zu, weil dieser in keiner Einheit der Intensivmedizin im Sinne der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. (1 a) in Verbindung mit Protokollerklärung Nr. 3 zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT tätig sei, hält den Angriffen der Revision stand.
1. Gemäß der genannten Protokollerklärung Nr. 1 Abs. (1 a) erhalten Pflegepersonen der VergGr. Kr. I bis Kr. VIII, die zeitlich überwiegend in Einheiten für Intensivmedizin Patienten pflegen, für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Zulage von 90,00 DM. Die Protokollerklärung Nr. 3 lautete bis zum Inkrafttreten des Tarifvertrages zur Neufassung der Anlage 1 b zum BAT vom 30. Juni 1989 am 1. August 1989 wie folgt:
„Einheiten für Intensivmedizin sind Wachstationen/Wachräume für Frischoperierte und Stationen für Intensivbehandlung. Für die Anwendung des Tätigkeitsmerkmals ist es ohne Bedeutung, wie die Einheiten für Intensivmedizin gebietlich oder örtlich bezeichnet werden.
Hierzu gehören nicht Wachstationen in psychiatrischen Kliniken.”
Seitdem hat sie folgenden Wortlaut:
„Einheiten für Intensivmedizin sind Stationen für Intensivbehandlungen und Intensivüberwachung. Dazu gehören auch Wachstationen, die für Intensivbehandlung und Intensivüberwachung eingerichtet sind.”
2. Bei der Auslegung der tariflichen Bestimmungen ist – entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung – zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Über den reinen Tarifwortlaut hinaus ist aber der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit sie in der tariflichen Regelung ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist dabei auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG 26. Januar 1994 – 10 AZR 480/92 – EzBAT § 33 BAT Nr. 6 mit zahlreichen Nachweisen).
3. Zu den hier maßgeblichen Protokollerklärungen hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 10. Juli 1996 (– 4 AZR 134/95 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 214 = EzBAT §§ 22, 23 BAT L. – Kr. VI Nr. 5) mangels einer allgemeinen feststehenden Bestimmung der Begriffe Intensivmedizin, Intensivüberwachung, Intensivbehandlung und Wachstation auf die Definitionen in den Richtlinien für die Organisation der Intensivmedizin in den Krankenhäusern des Vorstands der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) vom 9. September 1974 (Das Krankenhaus 1974, 457 ff.) zurückgegriffen und dies zum einen mit der besonderen Sachkunde der DKG, zum anderen auch damit begründet, daß die Tarifvertragsparteien sich bei den hier interessierenden Tatbestandsmerkmalen an diesen Richtlinien orientiert zu haben scheinen, wie die Identität sowohl der verwandten Begriffe als auch der Bestimmung ihres Verhältnisses zueinander vermuten lassen. Die Richtlinien lauten soweit hier von Interesse:
„I.
Vital bedrohte Schwerkranke benötigen eine intensive Überwachung, Behandlung und Pflege durch spezielle Maßnahmen, die unter dem Begriff „Intensivmedizin” zusammengefaßt werden. Diese Maßnahmen können optimal nur auf Spezialeinheiten im Krankenhaus getroffen werden; nur hier wird ein konzentrierter Einsatz des für diese Aufgabe verfügbaren Personals, der vorhandenen technischen Einrichtungen und damit der Finanzmittel möglich.
II.
1. Definitionen
1.1Intensivmedizin
ist Intensivüberwachung und Intensivbehandlung.
1.2Intensivüberwachung
ist die Überwachung und Pflege von Frischoperierten nach schwierigen Eingriffen, Schwerverletzten und Schwerkranken bis zur Überwindung der kritischen Phase der Erkrankung.
1.3Intensivbehandlung
ist die Behandlung und Pflege von Schwerkranken, Schwerverletzten und Vergifteten, deren vitale Funktionen (Atmung, Herz- und Kreislauffunktionen, Temperatur- und Stoffwechselregulation, Bewußtseinslage) gefährdet oder gestört sind und durch besondere Maßnahmen aufrechterhalten und/oder wiederhergestellt werden müssen.
2. Einheiten für Intensivmedizin
2.1 Intensivmedizin wird grundsätzlich in Intensiv-Einheiten gewährt, und zwar
- Intensivüberwachung in Intensivüberwachungsstationen (Wachstationen) und
- Intensivbehandlung in Intensivbehandlungsstationen.
…
Wegen des fließenden Überganges zwischen Intensivüberwachung und Intensivbehandlung kann es geboten sein, Intensivüberwachungsstationen (Wachstationen) und Intensivbehandlungsstationen organisatorisch und räumlich zusammenzufassen. …
3. Organisation der Intensivmedizin
3.1Die Organisation der Intensivmedizin
richtet sich nach Struktur und Größe des Krankenhauses. …
3.2In Universitätskliniken und Großkrankenhäusern (ab 800 Betten) sind in der Regel
3.21für die Intensivüberwachung
fachgebundene Intensivüberwachungsstationen (Wachstationen) und
3.22für die Intensivbehandlung
interdisziplinäre Intensivbehandlungsstationen … vorzusehen. Daneben können
3.23für spezielle Aufgaben der Intensivbehandlung
(z. B. Kardiologie, Hämodialyse, Entgiftung, Pädiatrie, Neurologie)
fachgebundene Intensivbehandlungsstationen
erforderlich sein.
3.3In Krankenhäusern mit 300 bis 800 Betten sind in der Regel
3.31 für die operativen Fächer einerseits und
3.32 für die konservativen Fächer andererseits interdisziplinäre, fachbereichsgebundene Einheiten vorzusehen; in beiden Einheiten sind die Intensivüberwachung und die Intensivbehandlung organisatorisch und räumlich zusammenzufassen. Daneben können
3.33 für spezielle Aufgaben der Intensivbehandlung (z. B. Kardiologie, Hämodialyse, Entgiftung, Pädiatrie, Neurologie)
fachgebundene Intensivbehandlungsstationen
erforderlich sein.
…”
Entgegen der Ansicht der Revision ist das Urteil vom 10. Juli 1996(– 4 AZR 134/95 – aaO) auf den vorliegenden Fall übertragbar, obwohl es darin nicht um besondere Wachstationen in einem Landeskrankenhaus, sondern um eine Frühgeborenen-Station der pädiatrischen Abteilung eines Kreiskrankenhauses ging.
a) Die Richtlinien der DKG betreffen, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend gesehen hat, auch psychiatrische Kliniken. Die Richtlinien gelten als Empfehlung sowohl für allgemeine als auch für spezialisierte Krankenhäuser und Kliniken. Sie nehmen auch nicht etwa einzelne medizinische Fachbereiche oder Fachgebiete aus. Die Aufzählung einzelner medizinischer Fachgebiete im Zusammenhang mit zusätzlichen Intensivbehandlungsstationen (3.23 und 3.33 der Richtlinien) ist ausdrücklich nur beispielhaft. Auch die Psychiatrie ist ein Fachgebiet der medizinischen Wissenschaft (Peters Lexikon Psychiatrie, Psychotherapie, Medizinische Psychologie 5. Aufl. S 432). Einheiten für Intensivmedizin im Sinne der Richtlinien kann es sowohl in psychiatrischen Spezialkliniken als auch in psychiatrischen Abteilungen großer allgemeiner Krankenhäuser geben.
b) Das Landesarbeitsgericht hat ferner mit Recht darauf hingewiesen, daß die Protokollerklärung Nr. 3 zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT ihre heutige Fassung bereits durch den Tarifvertrag vom 30. Juni 1989 erhalten hat, also zu einem Zeitpunkt, als es die Psych-PV vom 18. Dezember 1990 noch nicht gab. Da die Protokollerklärung Nr. 3 auch bei Einführung der Intensivzulage im März 1991 nicht geändert wurde, besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß die Tarifvertragsparteien hinsichtlich des Begriffs „Einheiten für Intensivmedizin” einen Bedeutungswandel herbeiführen und nun auch „Intensivbehandlung” im Sinne der Psych-PV erfassen wollten. Daß die Tarifvertragsparteien sich in den Protokollerklärungen Nr. 1 Abs. (1 a) und Nr. 3 zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT nur einer mit den Richtlinien der DKG für die Organisation der Intensivmedizin in den Krankenhäusern übereinstimmenden Terminologie bedient haben, ohne auf diese Richtlinien zu verweisen, ändert daran nichts. Es kann dahinstehen, ob die Tarifvertragsparteien auf eine solche Verweisung nicht nur deshalb verzichtet haben, weil diese ua. wegen des Schriftformerfordernisses des § 1 Abs. 2 TVG rechtlich problematisch wäre (vgl. Kittner/Zwanziger Arbeitsrecht § 10 Rn. 26 ff.). Auch wenn sie damit, wie die Revision meint, die Tarifvertragsauslegung für fachspezifische Entwicklungen in der Medizin offenhalten wollten, wäre für die Auslegung der genannten Protokollerklärungen nicht auf die Psych-PV abzustellen. Diese definiert nicht etwa den Begriff „Einheiten für Intensivmedizin” speziell für psychiatrische Krankenhäuser oder Abteilungen, sondern soll über eine Zuordnung der Patienten zu verschiedenen Behandlungsbereichen Maßstäbe für den Personalbedarf an Ärzten, Krankenpflegepersonal und sonstigem therapeutischen Fachpersonal geben. Die Zuordnung der Patienten zu den einzelnen Behandlungsbereichen ist nicht davon abhängig, ob für den jeweiligen Bereich in der psychiatrischen Einrichtung eine spezielle organisatorische Einheit vorhanden ist. Bei den Bestimmungen der Psych-PV geht es also nicht um die Frage, ob organisatorische Einheiten, in denen ausschließlich oder überwiegend Intensivbehandlung im Sinne der Psych-PV stattfindet, als „Einheiten für Intensivmedizin” anzusehen sind und welche Voraussetzungen diese Einheiten ggf. erfüllen müssen. Wegen der andersartigen Zweckbestimmung der Psych-PV bietet allein der Umstand, daß die Verordnung für die Zuordnung von Patienten ua. den Begriff „Intensivbehandlung” benutzt, keine ausreichende Grundlage für eine von den DKG-Richtlinien abweichende Bestimmung des Begriffs „Einheiten für Intensivmedizin” bei psychiatrischen Krankenhäusern und Abteilungen.
c) Unstreitig war der Kläger nicht in einer „Einheit für Intensivmedizin” im Sinne der DKG-Richtlinien tätig. Da sich eine abweichende Bestimmung dieses Begriffs speziell für psychiatrische Einrichtungen der Psych-PV – wie dargelegt – nicht entnehmen läßt, erfüllte der Kläger nicht die Voraussetzungen für die Gewährung der Intensivzulage gemäß Protokollerklärung Nr. 1 Abs. (1 a) iVm. Nr. 3 zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT. Für Wachstationen wie die hier fraglichen haben die Tarifvertragsparteien vielmehr neben der Psychiatriezulage nach der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. (1) b) zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT und ggf. der Vollzugszulage gemäß § 6 des Tarifvertrages über Zulagen an Angestellte keine weitere Zulage vorgesehen, obwohl sie um deren Vorhandensein wußten (vgl. die Protokollerklärung Nr. 3 zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT in der bis 31. Juli 1989 geltenden Fassung).
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Freitag, Fischermeier, Marquardt, Lindemann, N. Schuster
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 26.09.2001 durch Brüne, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
BAGE, 131 |
BB 2001, 2654 |
ARST 2002, 66 |
FA 2002, 157 |
ZTR 2002, 34 |
AP, 0 |
PersR 2002, 89 |
RiA 2002, 272 |
PflR 2003, 292 |