Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige Berufung. Befassung mit den Urteilsgründen. Prüfungspflicht des Revisionsgerichts
Leitsatz (redaktionell)
1. Dem Revisionsgericht obliegt von Amts wegen die Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der in den Vorinstanzen eingelegten Rechtsmittel.
2. Eine Berufung ist unzulässig, wenn eine Befassung der Berufungsbegründung mit den Urteilsgründen nicht vorliegt.
Normenkette
ZPO a.F. § 519 Abs. 3 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 10. Oktober 2000 – 7 Sa 1814/99 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Vergütung von Arbeit, die der Kläger an gesetzlichen Feiertagen leisten muss.
Der Kläger ist seit dem 1. Februar 1989 bei dem Niedersächsischen Hafenamt N, Schifffahrtsmeldestelle No, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) Anwendung.
Der Kläger wird in Wechselschicht beschäftigt und arbeitet nach seinem Dienstplan an sieben aufeinander folgenden Tagen insgesamt 77 Stunden. Im Anschluss daran hat er sieben Tage frei. Die Beklagte ermittelt die monatliche Sollarbeitszeit unter Zugrundelegung aller Wochenarbeitstage ausschließlich der Wochenfeiertage. Diesen Sollstunden werden jeweils am Monatsende die von den Arbeitnehmern tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden als Ist-Stunden gegenübergestellt. Auch bei der Berechnung dieser Stunden berücksichtigt die Beklagte die Wochenfeiertage, an denen gearbeitet wird, nicht. Für die Arbeit, die der Kläger an einem Wochenfeiertag geleistet hat, erhält er keinen Freizeitausgleich, sondern Zeitzuschläge in Höhe von 135 %.
Der Kläger hat geltend gemacht, die Nichtberücksichtigung der an einem Wochenfeiertag geleisteten Stunden bei den „Ist-Stunden” entspreche nicht den gesetzlichen und tariflichen Vorgaben. Der Zeitzuschlag von 135 % müsse zusätzlich zu der Vergütung für die Feiertagsarbeit gezahlt werden. Der Tarifvertrag sei dahingehend zu verstehen, dass ihm für die Arbeit an Wochenfeiertagen ohne Freizeitausgleich insgesamt 335 % des Lohnes zustehe.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, dass hinsichtlich der geleisteten Feiertagsarbeit an Werktagen über die Zahlung von 135 % Feiertagszuschlag hinaus die geleisteten Arbeitsstunden dem Stunden-Ist zuzurechnen sind.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die von ihm vorgenommene Berechnung der Feiertagsvergütung sei tarifgerecht.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet, weil die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts bereits unzulässig war.
1. Nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO aF muss die Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) sowie der neuen Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden enthalten, die die Partei zur Rechtfertigung ihrer Berufung anzuführen hat. Der Berufungskläger muss im einzelnen angeben, in welchen Beziehungen und aus welchen Gründen er die rechtliche oder tatsächliche Würdigung des angefochtenen Urteils für unrichtig hält (BGH 9. März 1995 – IX ZR 143/94 – AP ZPO § 519 Nr. 46; 18. Februar 1981 – VIb ZB 505/81 – AP ZPO § 519 Nr. 34 mwN; BAG 13. Mai 1987 – 5 AZR 370/86 – nv.; 24. Januar 2001 – 5 AZR 132/00 – nv.).
2. Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung des Klägers nicht.
Das Arbeitsgericht hat zur Begründung der klageabweisenden Entscheidung ausgeführt, der Kläger habe nach § 27 Abs. 1 Buchst. c Doppelbuchst. aa MTArb für die an Wochenfeiertagen geleisteten Arbeitsstunden ohne Freizeitausgleich zuzüglich zu dem Monatsregellohn Anspruch auf Zeitzuschläge in Höhe von 135 %, die er unstreitig erhalte. Weitergehende Ansprüche bestünden nach dem Tarifvertrag nicht. Da das beklagte Land bei der Arbeitszeitberechnung die Soll-Stundenzahl um die an Wochenfeiertagen zu leistenden Arbeitsstunden vermindere, sei es folgerichtig, die vom Kläger an den Wochenfeiertagen geleisteten Arbeitsstunden auch bei der Ist-Stundenzahl nicht zu berücksichtigen. Würde das beklagte Land über die Zahlung des Monatsregellohnes und der Zeitzuschläge hinaus die an Wochenfeiertagen geleisteten Stunden als Ist-Stunden berücksichtigen, hätte dies zur Folge, dass der Kläger in Monaten, in die Wochenfeiertage fallen, Mehrarbeit leistete, die in Freizeit abzugelten wäre. In diesem Fall würden die an Wochenfeiertagen geleisteten Arbeitsstunden mit insgesamt 335 % des normalen Lohnes vergütet. Darauf habe der Kläger jedoch keinen Anspruch. Er werde gegenüber anderen Arbeitnehmern, die an Wochenfeiertagen nicht arbeiteten, nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt. Zwar erhalte ein solcher Arbeitnehmer den gleichen Monatsregellohn wie der Kläger, weil er gemäß § 34 Abs. 1 MTArb für diese Tage Feiertagsvergütung erhalte. Der Kläger erhalte für die Feiertagsarbeit jedoch zusätzlich Zeitzuschläge von 135 %.
Mit diesen Urteilsgründen befasst sich die Berufungsbegründung nicht. Der Kläger hat mit der Berufungsbegründung vielmehr geltend gemacht, die Darstellung des beklagten Landes hinsichtlich der Anrechnung der an Wochenfeiertagen geleisteten Arbeitszeit sei unzutreffend, und dies anhand einer Stundenabrechnung für April 1999 erläutert, wobei er auf die ungerechtfertigte Schlechterstellung eines Arbeitskollegen im Vergleich zu ihm selbst hingewiesen hat. Die erforderliche Auseinandersetzung mit der Argumentation des Arbeitsgerichts fehlt vollständig. Aus diesem Grund war die Berufung unzulässig. Dies ist in der Revision von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG 20. Februar 1986 – 6 AZR 236/84 – BAGE 51, 163, 164).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Gräfl, Schäferkord, R. Schwarck
Fundstellen