Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
8.1 Allgemeines
Der Leistungsempfänger einer Bauleistung (alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen) muss unter bestimmten Umständen einen Abzug i. H. v. 15 % von der Gegenleistung einbehalten. Gegenleistung i. S. dieser Regelung ist das Entgelt zzgl. der Umsatzsteuer (Bruttobetrag). Der Steuerabzug ist auch bei Teilzahlungen, Anzahlungen oder Vorauszahlungen vorzunehmen.
Bauabzugsteuer und Reverse-Charge-Verfahren
Die Bauabzugsteuer wird auf die Lohn-, Einkommen- oder Körperschaftsteuer des leistenden Bauunternehmens angerechnet und ist nicht zu verwechseln mit der vom Leistungsempfänger abzuführenden Umsatzsteuer im Rahmen des Reverse-Charge-Verfahrens. Beide Regelungen können grds. auch zusammen Anwendung finden.
Der Leistungsempfänger muss die Bauabzugsteuer einbehalten, soweit er nach § 2 UStG Unternehmer ist. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Unternehmer auch Umsatzsteuerbeträge schuldet. Somit müssen auch Unternehmer die Bauabzugsteuer einbehalten, die nur steuerfreie Umsätze bewirken.
Entgegen dem Wortlaut des Gesetzes wendet die Finanzverwaltung die Bauabzugsteuer aber nur auf die Fälle an, bei denen der Leistungsempfänger die Bauleistung für sein Unternehmen bezieht. Soweit der Unternehmer eine Bauleistung für seinen privaten Bereich bezieht, soll die Bauabzugsteuer nicht einbehalten werden.
8.2 Ausnahmen von der Bauabzugsteuer
Grundsätzlich sind zwei Ausnahmen von der Bauabzugsteuer geregelt:
- Der leistende Bauunternehmer legt eine Freistellungsbescheinigung seines zuständigen Finanzamts vor. Diese Freistellungsbescheinigung wird dem Bauunternehmer dann erteilt, wenn der zu sichernde Steuerabzug nicht gefährdet erscheint und ein inländischer Empfangsbevollmächtigter bestellt ist. Da das Verfahren darauf abzielt, die illegale Beschäftigung einzudämmen, wird die Finanzverwaltung bei ordnungsgemäß registrierten Unternehmern solche Freistellungsbescheinigungen erteilen.
- In Bagatellfällen soll ebenfalls keine Abzugsverpflichtung bestehen. Ein Bagatellfall liegt dann vor, wenn von einem Bauunternehmer für einen Leistungsempfänger voraussichtlich im Kalenderjahr Leistungen für nicht mehr als 5.000 EUR erbracht werden. Ist der Leistungsempfänger ein Unternehmer, der ausschließlich steuerfreie Umsätze ausführt, gilt eine Grenze von 15.000 EUR.
8.3 Anmeldung und Abführung der Bauabzugsteuer
Soweit der Leistungsempfänger eine Bauabzugsteuer einbehalten muss, ist diese bis zum 10. Tag nach Ablauf des Monats, in dem die Gegenleistung (i. d. R. die Zahlung) erbracht worden ist, bei dem Finanzamt, das für den leistenden Unternehmer zuständig ist, anzumelden und auch bis zu diesem Zeitpunkt an dieses Finanzamt zu entrichten.
Zahlung an das Finanzamt des leistenden Unternehmers
Die Bauabzugsteuer wird nicht an das Finanzamt des Leistungsempfängers (also des Abzugsverpflichteten), sondern an das Finanzamt des leistenden Unternehmers abgeführt.
Die Bauabzugsteuer ist nach amtlich vorgeschriebenem Formular bei dem jeweiligen Finanzamt anzumelden. Der Leistungsempfänger muss mit dem leistenden Unternehmer über die einbehaltene Bauabzugsteuer abrechnen.
8.4 Folgen bei Unterlassung des Einbehalts
Soweit der Leistungsempfänger trotz Verpflichtung zur Einbehaltung die Bauabzugsteuer nicht anmeldet und abführt, haftet er für die nicht oder nicht vollständig abgeführte Steuer. Darüber hinaus kann auch ein Steuerstraftatbestand (Steuerhinterziehung) gegeben sein.