Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung: Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe
Leitsatz (amtlich)
Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ohne wichtigen Grund.
Orientierungssatz
Ein wichtiger Grund kann nur dann angenommen werden, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht hätte zugemutet werden können. Der wichtige Grund muss dabei objektiv vorliegen (vgl. BSG, 28. Juni 1991, 11 RAr 81/90).
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.09.2017 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) ohne Berücksichtigung einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe.
Die 1970 geborene Klägerin war ab dem 01.02.2016 im Rahmen eines bis 31.01.2017 befristeten Teilzeitarbeitsverhältnisses (monatlich durchschnittlich 100,41 Stunden; 983,14 € brutto) als Verkäuferin bei der Firma G. GmbH, Filiale W-Stadt, beschäftigt. Am 01.09.2016 kündigte sie das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2016, meldete sich am 25.10.2016 bei der Beklagten mit Wirkung zum 01.10.2016 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Zu ihrer Kündigung führte sie aus, sie müsse aus der Wohnung in W-Stadt ausziehen, da sie dort mit ihren Familienangehörigen wohnen würde, die Wohnung jedoch zu klein für alle sei. Ihre Wohnungssuche habe bis zum Auszugstermin kein Ergebnis gebracht. Sie wolle, dass ihr eine Arbeit in ihrem studierten Beruf vermittelt werde. Die Gegend A-Stadt/E-Stadt/F-Stadt biete hierfür bessere Möglichkeiten als W-Stadt. Ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit habe sie auf eigene Initiative übernommen, um die Existenz abzusichern. Die Einkünfte reichten aber nur bedingt aus, um die Miete zu bezahlen. Auch ihren Lebensunterhalt habe sie nur bedingt decken können.
Die Beklagte stellte daraufhin mit Bescheid vom 07.11.2016 den Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 01.10.2016 bis 23.12.2016 fest. Die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis durch eigene Kündigung gelöst und hätte voraussehen müssen, dass sie dadurch arbeitslos werde. Die Sperrzeit mindere den Anspruch auf Alg um 84 Tage. Mit weiterem Bescheid vom 07.11.2016 bewilligte die Beklagte unter Berücksichtigung der Sperrzeit für die Zeit vom 01.10.2016 bis 23.12.2016 kein Alg und für die Zeit vom 24.12.2016 bis 28.07.2017 Alg iHv 18,46 € täglich. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie habe ihre Arbeitslosigkeit nicht selbst verursacht, da sie aus der Wohnung in W-Stadt dringend habe ausziehen müssen. Eine andere Bleibe im Raum W-Stadt habe trotz langer Wartezeiten nicht zur Verfügung gestanden. Ihr habe ein günstiges Wohnungsangebot aus A-Stadt vorgelegen. Die W-Stadter Wohnung sei eine Eineinhalbzimmerwohnung mit 39 qm gewesen, in der bereits bei ihrem Einzug ihre Mutter und ihr Bruder gewohnt hätten. Sie habe die Wohnung nur als Schlafplatz nutzen können. Bei verschiedenen Wohnungsunternehmen, bei der Wohnungsvermittlung der Stadt A-Stadt und bei privaten Vermietern habe sie nach Wohnungen gesucht bzw Anträge auf eine Wohnung gestellt. Als sie ein erstes Wohnungsangebot in A-Stadt erhalten habe, habe sie ihren Umzug dorthin beschlossen. Aufgrund des Verhaltens des Jobcenters in A-Stadt habe die Wohnung aber letztlich nicht angemietet werden können. Nunmehr wohne sie in einer anderen Wohnung in A-Stadt. Erfahrungsgemäß finde man in A-Stadt schneller eine Wohnung als in W-Stadt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2016 zurück. Die Klägerin habe ab 18.02.2014 in der Wohnung der Mutter in W-Stadt gewohnt. Eine Erklärung, weshalb seitdem im Raum W-Stadt eine Wohnung nicht habe gefunden werden können, sei nicht abgegeben worden. Es gebe keinen Beleg dafür, dass die Räumung der Wohnung kurzfristig von der Klägerin verlangt worden sei. Auch habe sie nicht zum 01.10.2016 in A-Stadt eine andere Wohnung bezogen, sondern sei vielmehr obdachlos gewesen. Die Wohnungssituation habe sich damit durch die Arbeitsaufgabe in W-Stadt nicht verbessert. Da es der Klägerin zumutbar gewesen wäre, das Beschäftigungsverhältnis zumindest bis zum Beginn einer Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber fortzusetzen, liege kein wichtiger Grund für die Arbeitsaufgabe vor.
Mit Änderungsbescheiden vom 15.12.2016 und 23.12.2016 hob der Beklagte die Bewilligung von Alg im Hinblick auf eine unterbliebene Mitteilung eines Umzugs nach A-Stadt (letztlich) für die Zeit vom 02.12.2016 bis 05.12.2016 auf.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 13.12.2016 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Es habe sich lediglich um ein befristetes Arbeitsverhältnis gehandelt, das nicht sicher und fest gewesen sei. Das monatliche Nettoentgelt habe 794 € betragen. Sie habe den Umzug an den Wirtschaftsstandort A-Stadt/F-Stadt/ E-Stadt in der Hoffnung, eine Vollzeitstelle im studierten Beruf zu er...