Leitsatz (amtlich)
1. § 15 Abs 1 SGB IX regelt trägerübergreifend Kostenerstattungsansprüche für selbst beschaffte Teilhabeleistungen (BSG Urteil vom 20.10.2009 - B 5 R 5/07 R).
2. § 33 Abs 1 SGB IX eröffnet und beschränkt zugleich die Leistungserbringung auf die erforderlichen Teilhabeleistungen. Grundvoraussetzung dafür, die Erforderlichkeit bejahen zu können, ist die Eignung der entsprechenden Maßnahme für das Erreichen des Ziels, die Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer sicherzustellen.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 18.06.2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin Kosten für eine Teilhabeleistung in Form einer Umschulungsmaßnahme zu erstatten hat.
Die 1966 geborene Klägerin erlernte zunächst den Beruf einer Goldschmiedin und legte auch die Meisterprüfung ab. Außerdem führte sie ein Kunststudium durch. Zeitweilig war die Klägerin als Zahntechnikerin und zuletzt vor der Stellung eines Antrags auf Leistungen für Teilhabe am Arbeitsleben als CNC-Fachkraft und vorübergehend mit Büroarbeiten erwerbstätig.
Am 10.01.2007 stellte die Klägerin bei der Agentur für Arbeit D-Stadt einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, den diese an die Beklagte weiterleitete; dort ging er am 15.01.2007 ein. Die Klägerin gab an, dass sie die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als CNC-Fachkraft nicht mehr ausüben könne. Sie leide seit 2006 an chronischer Polyarthritis und das bestehende psychische Anfallsleiden habe sich extrem verschlimmert.
Bei einer Sachstandsnachfrage der Klägerin bei der Beklagten am 28.03.2007 erhielt sie die Auskunft, dass vor Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe noch medizinische Maßnahmen für erforderlich gehalten würden. Im Weiteren lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.05.2007 die Gewährung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme ab, sicherte der Klägerin aber in einem Gespräch vom 25.05.2007 zu, dass sie den Antrag auf Teilhabeleistungen nunmehr bearbeite und auch nicht an die Deutsche Rentenversicherung Unterfranken abgebe, die für den anderen Wohnsitz der Klägerin zuständig gewesen wäre.
Die Beklagte fragte bei der Klägerin am 05.06.2007 schriftlich nach, wieso sie ihre letzte Tätigkeit in der Fa. P. L., Lasermetallbearbeitung in W., die nach einer Umsetzung in den Aufgaben einer Bürogehilfin bestanden habe, nicht mehr weiter ausüben könne. Zur Beantwortung verfasste die Klägerin am 26.06.2007 eine umfassende Darstellung ihrer momentanen Situation: Sie habe sich im Anschluss an ihre viermonatige Psychotherapie im Mai dieses Jahres um die Ausbildungsstelle zur Ergotherapeutin an der Schule für Ergotherapie in A-Stadt beworben und die entsprechende Aufnahmeprüfung bestanden. Eine baldige Klärung, ob die Ausbildung durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben finanziert werde, sei sehr wichtig, da seit Antragstellung bereits mehrere Monate vergangen seien und die Ausbildung in wenigen Wochen mit dem neuen Schuljahr beginne. Ein weiterer Einsatz in einer Tätigkeit im Büro komme nicht in Betracht, da der bisherige Arbeitgeber die Firma ihrer Eltern sei, die kurz vor der Schließung stehe; sie sei dort auch nur deshalb im Büro beschäftigt worden, damit ihre Wiedereingliederung gelinge. Beigefügt war ein Schreiben der Fa. P. L.. Des Weiteren legte die Klägerin ihre Motive für die Wahl des Berufs der Ergotherapeutin dar: Ihr Rheuma und ihre nervliche Situation seien grundlegend vom Befinden abhängig und sie sehe die ruhige, entspannte und freundliche Arbeitsatmosphäre, wie sie beim Ergotherapeuten grundsätzlich von Berufs wegen gegeben sei, als immens wichtig für sich an. Vorgelegt wurde der am 24.05.2007 geschlossene Vertrag mit der Med. Akademie, Schule für Ergotherapie A-Stadt des Internationalen Bundes, wonach sie an dem Lehrgang vom 11.09.2007 bis 10.09.2010 als Selbstzahlerin teilnehme.
Die Beklagte zog zur Ermittlung des Gesundheitszustandes der Klägerin umfangreiche ärztliche Unterlagen bei:
In einem Rehabilitationsentlassungsbericht über eine stationäre Reha-Maßnahme, die vom 12.05.2004 bis 21.07.2004 in der psychosomatischen Fachklinik am H. in W. erfolgt war, wurde von einer rezidivierenden depressiven Störung mit gegenwärtig mittelgradiger Episode berichtet. Die Klägerin wurde seinerzeit aus dieser Maßnahme als vollschichtig arbeitsfähig für die Tätigkeit der CNC-Fachkraft entlassen; allerdings wurde für die längerfristige Stabilisierung ein Arbeitsplatzwechsel für sinnvoll angesehen, so dass sich der berufliche und familiäre Kontext nicht mehr so stark überschneiden würden. Der Rheumatologe Dr.K. hielt in einem Arztbrief vom 23.01.2007 als Diagnose eine seropositive chronische Polyarthritis mit immunologischer Prägung fest und führte weiter aus, dass im Tagesablauf wegen der chronischen Gelenkserkrankung mehr Ruhezeiten berücksichtigt werden sollten. Die Klägerin könne nicht...