Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der Übernahme der Kosten einer stationären Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer in Israel durch den gesetzlichen Rentenversicherungsträger
Nur im Einzelfall kann bei Psoriasiserkrankungen unter Berücksichtigung der Krankheitsanamnese einschließlich durchgeführte erfolgloser Therapien im Inland, des Chronifizierungsgrades und des aktuellen Erscheinungsbildes der Erkrankung das Auswahlermessen des Rentenversicherungsträgers ausnahmsweise auf Null reduziert sein, so dass eine stationäre Rehabilitation am Toten Meer als einzig erfolgversprechende Maßnahme verbleibt.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. November 2011 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 4. Juni 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2009 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin die Kosten in Höhe von 3.175,00 EUR für eine im Zeitraum vom 10.07. bis 09.08.2009 selbst beschaffte stationäre Heilbehandlung am Toten Meer zu erstatten hat.
Die 1962 geborene Klägerin leidet seit ihrem 12. Lebensjahr an Psoriasis vulgaris und Psoriasis arthropathica. Seit 1978 ist sie als Arzthelferin rentenversicherungspflichtig beschäftigt.
Zur Therapie ihrer Psoriasiserkrankung hatte sie sich regelmäßig stationären (thalasso- helio- therapeutischen) Maßnahmen am Toten Meer - teils auf Kosten der Krankenkasse, teils als Selbstzahlerin - unterzogen. Ihren Antrag auf eine entsprechende Leistung zur Rehabilitation (Reha) vom 15.02.2005 hatte die AOK an die Beklagte mit der Begründung weitergeleitet, das Leistungsvermögen der Klägerin im Beruf der Arzthelferin sei gemindert, so dass die Rentenversicherung für die Kostenerstattung zuständig sei.
Mit Urteil der 31. Kammer des SG München vom 19.10.2006 (S 31 R 2189/05) ist diese Rechtsansicht bestätigt worden und die Beklagte zur "angemessenen Kostenerstattung" für die von der Klägerin schließlich vom 07.07. bis 04.08.2006 selbst beschaffte Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer in Israel verurteilt worden. Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Berufung sowie die Nichtzulassungsbeschwerde hatten jeweils keinen Erfolg (Urteil des Bayerischen LSG vom 18.07.2007 - L 16 R 7/07- und Beschluss des BSG vom 10.09.2008 - B 5 R 418/07 B -).
Vom 15.07. bis 15.08.2008 hatte sich die Klägerin wiederum einer klimatherapeutischen Heilmaßnahme am Toten Meer - ohne vorangegangene Bewilligung durch die Beklagte - unterzogen. Die entsprechende Kostenerstattung hatte Beklagte mit Bescheid vom 18.06.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.2007 mit der Begründung abgelehnt, die Qualität der medizinischen Leistung entspreche nicht dem Standard im Inland. Im anschließenden Klageverfahren, S 11 R 2957/07, hat die 11. Kammer des SG München die Beklagte mit Urteil vom 09.11.2011 wieder zur Kostenerstattung mit der Begründung verurteilt, das - erneute vorzeitige - stationäre Heilverfahren am Toten Meer sei allein als erfolgreiche Behandlung in Betracht gekommen. Hierbei hat das SG seine Entscheidung auf ein Gutachten des hautärztlichen Sachverständigen Dr. B. vom 15.10.2009 gestützt. Gegen dieses Urteil im Rechtsstreit S 11 R 2957/07 hat die Beklagte nach eigenen Angaben aufgrund eines "Büroversehens" keine Berufung eingelegt.
Während dieses Klageverfahrens (S 11 R 2957/07) hatte die Klägerin den streitgegenständlichen Antrag auf erneute Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Deutschen Medizinischen Zentrum - in der "DMZ-Klinik" - am Toten Meer in E.B., Israel, gestellt.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 04.06.2009 lehnte die Beklagte diesen Antrag vom 13.05.2009 zunächst mit der Begründung ab, die letzte Leistung zur medizinischen Rehabilitation liege noch keine vier Jahre zurück und vorzeitige Leistungen seien aus gesundheitlichen Gründen nicht dringend erforderlich.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin - unter Vorlage eines Attestes des Hautarztes Dr. K.- mit dem dringenden Erfordernis einer vorzeitigen Maßnahme.
Mit weiterem Schreiben vom 04.07.2009 kündigte sie an, dass sie die Reha-Maßnahme nun zunächst auf eigene Kosten durchführen und gegebenenfalls auf Kostenerstattung klagen werde. Für die sodann vom 10.07.bis 09.08.2009 in der "DMZ- Klinik" durchgeführte Maßnahme entstanden der Klägerin Aufwendungen in Höhe von 3175.- Euro.
Die Beklagte wertete Befundberichte aus und ließ die Klägerin - nach Abschluss ihres selbst beschafften Heilverfahrens - am 12.08.2009 durch den Facharzt für Orthopädie Dr. B. untersuchen. Der Empfehlung von Dr. B., "sowohl aus ärztlicher als auch aus sozialmedizinischer Sicht" jährlich die Heilbehandlung am Toten Meer zu finanzieren, schloss sich die Widerspruchsstelle der Beklagten nicht an. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2009 wies die Widerspruchsstelle den Widerspruch mit der Begründung zurück, medizinische Leistungen im Ausland kö...