Leitsatz (amtlich)
Die Restschuldbefreiung kann nicht wegen Mängeln der mit dem Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens und auf Restschuldbefreiung eingereichten Unterlagen versagt werden, wenn der Schuldner noch im Eröffnungsverfahren seine ursprünglichen nicht vorsätzlich falschen Angaben gemäß § 305 Abs. 3 S. 1 oder § 307 Abs. 3 S. 1 InsO korrekt ergänzt oder berichtigt.
Normenkette
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 11 T 7710/01) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen 8013 IK 97/00) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 6.11.2001 wird zugelassen.
II. Auf dieses Rechtsmittel werden der Beschluss vom 6.11.2001 sowie der Beschluss des AG Nürnberg vom 30.7.2001 aufgehoben.
III. Der Antrag der Gläubigerin auf Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO wird als unbegründet zurückgewiesen.
IV. Die Gläubigerin hat die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde sowie des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
V. Der Beschwerdewert wird für beide Rechtsmittelinstanzen auf 768 Euro (1.502 DM) festgesetzt.
Gründe
I. 1. Am 15.2.2000 beantragte die Schuldnerin beim Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen nach §§ 304 ff. InsO verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung nach § 287 InsO. Sie ist als Zahnarzthelferin ausgebildet, als Verwaltungsangestellte im Landratsamt erwerbstätig und ggü. zwei 1986 bzw. 1997 geborenen Kindern unterhaltsverpflichtet. In der Anl. 5 zum Eröffnungsantrag (Gläubiger- und Forderungsverzeichnis) benannte sie als Gläubigerin allein die Beschwerdegegnerin. In der Anl. 4 (Vermögensverzeichnis) beantwortete sie im Abschn. II (Konten und Sparverträge bei Banken und Sparkassen) die Frage nach „Ratensparverträge, Bausparverträge” mit „ja, und zwar Bausparvertrag als vermögenswirksame Leistung” und trug hierzu in die mit „Guthaben DM/Euro” überschriebene Spalte den Betrag „100” bei gleichzeitiger Streichung des Wortes „Euro” in der Spaltenüberschrift ein.
2. Auf eine Beanstandung der Gläubigerin vom 24.2.2000, dass im Gläubigerverzeichnis das Darlehen bei einer Bank mit einem Restsaldo von ca. 10.000 DM nicht erwähnt sei und dass im Vermögensverzeichnis die Angabe eines Bausparguthabens von 100 DM nicht zutreffe, bestätigte die Schuldnerin mit Schreiben vom 10.3.2000 an das Insolvenzgericht, dass sie auf das Darlehen die monatlich zu zahlenden Tilgungen erbringe; die Angabe „100 DM” i.V.m. dem Bausparvertrag stelle die monatliche Ansparrate dar, der ihr von 1999 bekannte Kontostand betrage ca. 1.600 bis 1.700 DM.
3. Mit Beschluss vom 22.3.2000 eröffnete das Insolvenzgericht das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den im Rubrum genannten Treuhänder.
4. Der Treuhänder erstattete am 19.3.2001 seinen Schlussbericht. In dem am 24.7.2001 vor der Rechtspflegerin des Insolvenzgerichts abgehaltenen Schlusstermin beantragte die Gläubigerin Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 24.2.2000; das Bausparguthaben habe nach der ihr als Pfändungsgläubigerin am 7.3.2000 erteilten Auskunft tatsächlich 2.194,10 DM betragen. Der Umstand, dass die Eltern der Schuldnerin, wie diese vortrage, die Darlehensschuld ggü. der Bank übernommen hätten, stelle eine Verschiebung der Vermögensverhältnisse innerhalb der Familie und eine grobe Benachteiligung der antragstellenden Gläubigerin dar.
5. Mit Beschluss vom 30.7.2001 versagte das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung und wies den hierauf gerichteten Antrag der Schuldnerin zurück. Gegen den am 3.8.2001 zugestellten Beschluss legte die Schuldnerin am 17.8.2001 sofortige Beschwerde ein. Diese wies das LG mit Beschluss vom 6.11.2001 als unbegründet zurück und ließ der im Beschwerdeverfahren anwaltschaftlich vertretenen Schuldnerin die Entscheidung am 17.11.2001 persönlich zustellen.
6. Gegen die landgerichtliche Entscheidung richtet sich die am 5.3.2002 eingegangene sofortige weitere Beschwerde der Schuldnerin, die zugleich Zulassung des Rechtsmittels nach § 7 Abs. 1 InsO a.F. sowie vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen eine eventuelle Versäumung der Rechtsmittelfrist beantragt.
II. Der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und dieses selbst sind begründet.
1. Das BayObLG ist für die Entscheidung über die sofortige weitere Beschwerde gem. § 7 Abs. 3 InsO (a.F.), § 29 Abs. 2 GZVJu i.d.F. vom 6.7.1995 (GVBl. S. 343) und § 26 Nr. 10 EGZPO (BGBl. I 2001, 1907 [1908]) zuständig. Da die angefochtene Entscheidung vor dem 1.1.2002 erlassen wurde, findet § 7 InsO in der am 31.12.2001 geltenden Fassung weiter Anwendung (vgl. OLG Köln v. 28.1.2002 – 2 W 273/01, 2 W 274/01, ZIP 2002, 443). Im Übrigen sind die Bestimmungen der Insolvenzordnung in der bis 30.11.2001 geltenden Fassung anzuwenden, da das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin vor dem 1.12.2001 eröffnet wurde (Art. 103a EGInsO).
2. Der Se...