Leitsatz (amtlich)
Gebühren, die dem Notar für die Nutzung des automatisierten Verfahrens zum Abruf von Daten aus dem maschinellen Grundbuch im Rahmen einer Urkundstätigkeit berechnet werden, kann dieser als "verauslagte Gerichtsgebühren" dem Zahlungspflichtigen in Rechnung stellen.
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 28.07.2004; Aktenzeichen 2 T 458/03) |
Tenor
Der Beschluss des LG Regensburg v. 28.7.2004 wird aufgehoben. Die Kostenrechnung v. 24.3.2003 wird bestätigt mit der Maßgabe, dass der Betrag von 605 Euro als "verauslagte Gerichtskosten" zu bezeichnen ist.
Gründe
Der beteiligte Notar hatte im Jahr 2000 die Abtretung einer noch zu vermessenden Teilfläche durch die Beteiligte an die Stadt S. beurkundet. Nach Eingang des Veränderungsnachweises des Vermessungsamtes wurden am 20.2.2003 vor dem Notar die Messungsanerkennung durch die Beteiligte und die Stadt S. sowie die Auflassung erklärt. Der Notar wurde beauftragt, alle erforderlichen Erklärungen zur Lastenfreistellung zu erholen.
Die Beteiligte hatte auf dem betreffenden Grundstück inzwischen Eigentumswohnungen errichtet. Da die Käufer bereits im Grundbuch eingetragen waren, musste der Notar vor dem Ersuchen um Pfandfreigabe zur Feststellung der Eigentums- und Belastungsverhältnisse insgesamt 121 Grundbuchblätter einsehen.
Für die Grundbucheinsicht im automatisierten Abrufverfahren wurden dem Notar von der Justizkasse aufgrund einer Sollstellung des für die entsprechende Gebührenerhebung in Bayern zuständigen OLG München 121 mal 5 Euro, insgesamt also 605 Euro, berechnet.
In seiner Rechnung v. 24.3.2003 an die Beteiligte setzte der Notar folgende Kosten an:
Wert in Euro |
Gebühren |
Betrag in Euro |
4.500 |
§§ 38 Abs. 2 Nr. 6a |
21 |
Auslagen |
§§ 137, 152 |
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25 |
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46 |
Umsatzsteuer |
§ 151a 16 % |
7,36 |
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53,36 |
Durchlaufposten |
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605 |
Gesamtbetrag |
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658,36 |
Der Rechnungsbetrag wurde von der Beteiligten bezahlt.
Der Gebührenrevisor der Notarkasse hat die Kostenrechnung beanstandet, weil nach seiner Ansicht die Kosten des automatisierten Abrufverfahrens für die Grundbucheinsicht nicht an die Kostenschuldner weitergegeben werden dürfen. Der als "Durchlaufposten" berechnete Betrag von 605 Euro sei daher zurückzuerstatten.
Auf Anweisung des zuständigen Landgerichtspräsidenten hat der Notar um eine Entscheidung des LG ersucht.
Nach Anhörung der Beteiligten sowie der Notarkasse und des Präsidenten des LG hat das LG die Kostenrechnung v. 24.3.2003 dahingehend abgeändert, dass nur ein Betrag von 53,36 Euro geschuldet werde.
Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde strebt der beteiligte Notar die Wiederherstellung der Kostenrechnung unter Einschluss der von ihm entrichteten Abrufgebühren an.
II. Die gem. § 156 Abs. 2 KostO zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
1. Das LG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Die Kostenordnung regle in §§ 136, 137, 152 und 153 abschließend die Fälle, in denen der Notar zur Erhebung von Auslagen berechtigt sei. Die Kosten für den automatisierten Grundbuchabruf seien dort nicht aufgeführt.
Die Kammer schließe sich der Ansicht an, dass die Einsicht in das Grundbuch als Nebengeschäft gem. § 35 KostO zum Hauptgeschäft der Beurkundung regelmäßig mit der Beurkundungsgebühr abgegolten sei. Zwar stütze sich eine Gegenmeinung auf § 154 Abs. 2 KostO, wonach in der Kostenberechnung die Beträge der angesetzten Gebühren und Auslagen "sowie etwa verauslagte Gerichtskosten" anzugeben seien. Diese Bestimmung besage jedoch lediglich, in welcher Form Kosten einzufordern seien und stelle keinen eigenen Auslagentatbestand dar.
Die bestehenden Auslagenvorschriften seien eng auszulegen und daher nicht analogiefähig. Im Übrigen fehle es an einer planwidrigen gesetzlichen Lücke, weil der Gesetzgeber sich in Kenntnis des Problems gegen eine Abwälzungsmöglichkeit entschieden habe.
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung (§ 156 Abs. 2 S. 3 KostO, § 546 ZPO) nicht stand.
a) Für die Nutzung des automatisierten Verfahrens zum Abruf von Daten aus dem maschinellen Grundbuch (§ 133 GBO) durch den Notar berechnet die Justiz Gebühren nach der auf der Grundlage von § 133 Abs. 8 GBO, § 85 Abs. 3 GBV erlassenen Verordnung über Grundbuchabrufverfahrengebühren - GBAbVfV -v. 30.11.1994 (BGBl. I, 3585, mit Änderungen). Neben Grund- und allgemeinen Abrufgebühren werden u.a. gem. § 1 S. 1 Nr. 3 Buchst. a GBAbVfV 5 Euro für jeden Abruf von Daten aus einem Grundbuchblatt erhoben.
Zwar ist der Notar als derjenige, dem die Einrichtung des automatisierten Abrufverfahrens genehmigt worden ist, ggü. der Justiz Gebührenschuldner (§ 2 GBAbVfV). Jedoch handelt sich dabei lediglich um ein relatives öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis, das nichts darüber aussagt, wer die Gebühren letztlich zu tragen hat (Lappe, NotBZ 2004, 115 [116]; Bund, RNotZ 2004, 256 [258]). Wie diese Frage zu beantworten ist, ist in Rechtsprechung und Literatur lebhaft umstritten. Nach verbreiteter Ansicht kann der Notar diese Kosten nicht an seinen "Auftraggeber" weitergeben (Korintenberg/Reimann, KostO, 15. Aufl., § 152 Rz. ...