Nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG steuerfreie Zuwendungen des Arbeitgebers an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung sind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 SvEV dem Arbeitsentgelt in der Sozialversicherung nicht zuzurechnen und damit im Ergebnis beitragsfrei. Da Eigenbeiträge des Arbeitnehmers nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG bis zum Jahr 2010 als nicht vom Anwendungsbereich des § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG erfasst angesehen wurden, sind diese Beiträge auch dann als steuerpflichtig und demzufolge beitragspflichtig bewertet worden, wenn sie vom Arbeitgeber an die Versorgungseinrichtung abgeführt worden sind.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte mit Urteil vom 09.12.2010 - VI R 57/08 – (USK 2010-214) entschieden, dass diese Finanzierungsanteile der Arbeitnehmer, die in dem Gesamtversicherungsbeitrag des Arbeitgebers an eine kapitalgedeckte Pensionskasse enthalten sind, ebenfalls als Arbeitgeberbeiträge nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG steuerfrei sind. Die Finanzverwaltung ist dem Urteil gefolgt. Sie hat darauf hingewiesen, dass in den Fällen, in denen eine Förderung der betrieblichen Altersversorgung nach § 10a EStG/Abschnitt XI EStG (sog. "Riester"-Förderung) die steuerpflichtige Behandlung der Eigenbeiträge der Arbeitnehmer voraussetzt, die Möglichkeit des Verzichts auf die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 Satz 2 EStG besteht (vgl. BMF-Schreiben vom 25.11.2011 - IV C 5 - S 2333/11/10003).
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung hatten die Auswirkungen der BFH-Rechtsprechung auf das Beitragsrecht der Sozialversicherung anlässlich der Besprechungen über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 23./24.11.2011 und 14./15.11.2012 erörtert (vgl. Punkt 15 bzw. Punkt 2 der jeweiligen Niederschrift) und Folgendes festgelegt:
- Die Eigenbeiträge des Arbeitnehmers, die nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG steuerfrei behandelt werden, sind vom Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 SvEV erfasst und daher dem Arbeitsentgelt in der Sozialversicherung nicht zuzurechnen.
- Verzichtet der Arbeitnehmer nach § 3 Nr. 63 Satz 2 EStG auf die Steuerfreiheit der Beiträge zugunsten der sog. "Riester"-Förderung, können die Eigenbeiträge des Arbeitnehmers nicht beitragsfrei behandelt werden.
- Rein arbeitgeberfinanzierte Beiträge am Gesamtversicherungsbeitrag an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung sind vorrangig nach § 3 Nr. 63 EStG steuer- und beitragsfrei und schränken insofern den Umfang der Steuerfreiheit der Eigenbeiträge des Arbeitnehmers im Rahmen der Ausschöpfung der Höchstbeträge des § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG ein.
- Die Eigenbeiträge der Arbeitnehmer für die Jahre 2011 und 2012, die bei Inanspruchnahme der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG im Rahmen des Lohnsteuerabzugs steuerfrei behandelt wurden, durften in diesem Rahmen auch von der Beitragspflicht in der Sozialversicherung ausgenommen werden. Sofern Arbeitgeber trotz lohnsteuerfreier Behandlung die Eigenbeiträge der Arbeitnehmer weiterhin der Beitragspflicht unterworfen hatten, waren die darauf entfallenden Beiträge als zu Unrecht gezahlte Beiträge nach § 26 Abs. 2 SGB IV zu erstatten.
- Eine Beitragserstattung für vor 2011 steuer- und beitragspflichtig abgerechnete Eigenbeiträge der Arbeitnehmer wurde ausgeschlossen, da aufgrund deren tatsächlich lohnsteuerpflichtiger Behandlung auch Beitragspflicht angenommen wurde. Dies sollte selbst dann gelten, wenn die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG nachträglich vom Arbeitnehmer im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung geltend gemacht wurde.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 23.05.2017 - B 12 KR 6/16 R – (USK 2017-27) der Auffassung widersprochen, dass die vor 2011 steuerpflichtig abgerechneten Eigenbeiträge der Arbeitnehmer beitragspflichtig waren. Für die Beitragsfreiheit kam es nach Ansicht des BSG im streitbefangenen Zeitraum vielmehr darauf an, dass die Eigenbeiträge der Arbeitnehmer nach der BFH-Rechtsprechung nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG steuerfrei waren, ohne dass ergänzend darauf abzustellen ist, ob der Arbeitgeber die entsprechenden Zuwendungen auch tatsächlich lohnsteuerfrei belassen hat. Erst mit der durch das 5. SGB IV-ÄndG zum 22.04.2015 wirksam werdenden Änderung des § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV wird neben der materiellen Steuerfreiheit für die Beitragsfreiheit zusätzlich verlangt, dass der Arbeitgeber die Zuwendungen tatsächlich lohnsteuerfrei abrechnet.
Sofern auf die nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfreien Eigenanteile der Arbeitnehmer zu einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung in Zeiten vor 2011 Gesamtsozialversicherungsbeiträge gezahlt worden sind, können diese Beiträge als zu Unrecht gezahlte Beiträge im Rahmen des § 26 Abs. 2 SGB IV erstattet werden. Im Umgang mit Erstattungsanträgen finden die gemeinsamen Grundsätze für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung vom 21.11.2006 Anwe...