hier: Hinterbliebenenversorgung unter Berücksichtigung des Urteils des Bundessozialgerichts vom 26.2.2019 – B 12 KR 12/18 R -
Sachverhalt:
Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 26.2.2019, B 12 KR 12/18 R, USK 2019-4, in dem Fall einer Kapitalleistung aus einer betrieblichen Altersversorgung in Form einer Direktversicherung an das nach dem Tod des Arbeitnehmers bezugsberechtigte Kind entschieden, dass es sich bei dieser Einnahme nicht um Versorgungsbezüge handelte, da das Kind zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls bereits das 27. Lebensjahr (Höchstaltersgrenze für eine Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung) vollendet hatte. Die Kapitalleistung sei aufgrund des fehlenden Versorgungszwecks nicht "zur Hinterbliebenenversorgung" i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V erzielt worden.
Mit diesem Urteil stellen sich mehrere Fragen hinsichtlich der Beurteilung von laufenden und einmaligen Leistungen an Hinterbliebene im Anwendungsbereich des § 229 SGB V, die hiermit thematisiert und einer Entscheidung zugeführt werden sollen.
In § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 SGB V werden abschließend die Einnahmen aufgeführt, die als der Rente vergleichbare Einnahmen ("Versorgungsbezüge") gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Dazu gehören u. a. nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V Renten der betrieblichen Altersversorgung unter den dort näher definierten Bedingungen. In dem Fall einer Kapitalabfindung oder Kapitalleistung einer der in § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 SGB V aufgeführten Einnahmen gilt nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate.
Nach Auffassung des BSG rechtfertigt der Umstand, dass der Direktversicherungsvertrag (abstrakt) eine Hinterbliebenenversorgung vorsah und die Klägerin (das Kind) auch über ein eigenes Bezugsrecht im Todesfall verfügte, noch nicht die Annahme eines auf die Hinterbliebenenversorgung gerichteten Versorgungszwecks als Voraussetzung für die Beitragspflicht (bzw. für die Zuordnung zu den Versorgungsbezügen). Vielmehr müsse die Leistung vom (potentiell) Beitragspflichtigen "zur Hinterbliebenenversorgung erzielt" werden bzw. worden sein. Vor diesem Hintergrund fehle es jedenfalls in dem entschiedenen Fall (Kapitalleistung an das Kind, welches zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls bereits das 27. Lebensjahr vollendet hatte) – anders als in Fällen einer Leistung an hinterbliebene Ehepartner – an dem dafür erforderlichen Versorgungszweck. In diesem Zusammenhang schlägt das BSG den Bogen zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, in dem es auf die Gesetzesbegründung verweist, nach der es Zweck von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V sei, Bezieher gesetzlicher und betrieblicher Renten gleichzustellen (vgl. Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 1982, BT-Drucks. 9/458, S. 29, Allgemeiner Teil, und S. 34, Besonderer Teil, zu Artikel 2 Nr. 2, § 180 Abs. 8 [RVO]).
Im Rahmen dieser Gleichstellung stellt das BSG eine typisierende Betrachtungsweise an: Ein Versorgungszweck liege bei Leistungen an ein Kind der versicherten Person jedenfalls dann nicht vor, wenn die Leistung zu einem Zeitpunkt zufließt, in dem typischerweise kein Anspruch auf eine Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 48 SGB VI mehr in Betracht kommt. Die Grenze sei bei typisierender Betrachtung mit Vollendung des 27. Lebensjahres zu ziehen, sodass dem Vater der im Zeitpunkt der Auszahlung 34-jährigen Klägerin kein Versorgungsinteresse im Sinne einer Unterhaltsfunktion mehr unterstellt werden könne.
Im Folgenden geht das BSG in der Urteilsbegründung auf die Altersgrenzen für den Anspruch auf eine Halb- oder Vollwaisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 48 Abs. 4 und 5 SGB VI ein, um dann die Aussage zu treffen: "Diese regelmäßige Altersgrenze [im vorangegangenen Satz: bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres] ist auch bei der Beurteilung des Versorgungszwecks im Rahmen von § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V heranzuziehen, denn sie bietet ein leicht zu handhabendes Kriterium."
Das BSG hat in dem Urteil ausdrücklich offengelassen, wie zu verfahren ist, wenn das Kind das 27. Lebensjahr erst während des Bezugs einer Rente aus der betrieblichen Altersversorgung bzw. während des Zeitraums von 10 Jahren nach der Auszahlung einer Kapitalleistung vollendet, ob sich also der Versorgungscharakter während des Bezugs ändern (mit Verweis auf das Urteil des BSG vom 20.7.2017, B 12 KR 12/15 R, USK 2017-29).
Offen ist außerdem, welche Grundsätze aus dem Urteil vom 26.2.2019 für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an hinterbliebene Ehegatten bzw. Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes (nachfolgend vereinfachend: Ehegatten) abgeleitet werden kann. In diesem Zusammenhang weist das BSG auf die Urteile des BSG vom 25.4.2012, B 12 KR 19/10 R und vom 5.3.2014, B 12 KR 22/12 R ...