1.1 Bewertung von nicht notierten Anteilen an Kapitalgesellschaften

Der gemeine Wert eines nicht notierten Anteils an einer Kapitalgesellschaft richtet sich nach dem gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft zum Bewertungsstichtag, der dem Anteil am Nennkapital (Grund- oder Stammkapital) der Gesellschaft entspricht.

Soweit die Gesellschaft eigene Anteile hält, mindern sie das Nennkapital, weil sich die Beteiligung der Gesellschafter am Vermögen und Gewinn der Gesellschaft regelmäßig nach dem Verhältnis der Anteile am Nennkapital richtet. Dies gilt auch dann, wenn das Nennkapital noch nicht voll eingezahlt ist. Dabei ist es unerheblich, ob noch mit der Einzahlung des Restkapitals zu rechnen ist. Richtet sich jedoch die Beteiligung am Vermögen und am Gewinn der Gesellschaft aufgrund einer ausdrücklichen Vereinbarung der Gesellschafter nach der jeweiligen Höhe des eingezahlten Nennkapitals, bezieht sich der gemeine Wert nur auf das tatsächlich eingezahlte Nennkapital.

1.2 Feststellungsverfahren

Der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist gesondert festzustellen. Dagegen unterliegt ausländisches Vermögen, welches nicht zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehört, nicht der gesonderten Feststellung. Es verbleibt die Zuständigkeit beim jeweiligen Erbschaftsteuerfinanzamt.[1]

Eine gesonderte Feststellung wird regelmäßig dann durchgeführt, wenn diese von Bedeutung ist. Eine Entscheidung über eine Bedeutung trifft das die Feststellung anfordernde Finanzamt.

Bei einem Fall von geringer Bedeutung kann auf die Feststellung verzichtet werden. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn der Verwaltungsaufwand der Beteiligten außer Verhältnis zur steuerlichen Auswirkung steht und der festzustellende Wert unbestritten ist.

Weiterhin gilt Folgendes:[2]

  1. Gehört zum Erwerb eine Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft/Gemeinschaft i. S. d. § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG von bis zu 1 % (gezeichneter Anteil bzw. Einlagewert maximal 100.000 EUR), kann auf die Feststellung der Bedarfswerte für das Vermögen der Gesellschaft/Gemeinschaft nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 4 BewG verzichtet werden.
  2. Gehört zum Erwerb eine Beteiligung an einer gewerblich tätigen oder gewerblich geprägten Gesellschaft von bis zu 1 % (Einlage maximal 100.000 EUR), kann auf die Feststellung der Bedarfswerte für das Vermögen der Gesellschaft nach § 151 Abs. 1 Satz

     1 Nr. 2 BewG verzichtet werden.

  3. Gehören zum Erwerb nicht börsennotierte Anteile an einer Kapitalgesellschaft von bis zu 1 % (Anteil am Nenn/Stammkapital max. 100.000 EUR), kann auf die Feststellung des Bedarfswerts für die Anteile nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG verzichtet werden.
 
Hinweis

Schätzung

Der Wert ist jeweils im Wege der Schätzung zu ermitteln.

Örtlich zuständig ist das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Kapitalgesellschaft befindet.

Für die Grundbesitzbewertung eines Betriebsgrundstücks ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk das Betriebsgrundstück liegt.

Das Finanzamt kann von jedem, für dessen Besteuerung eine gesonderte Feststellung von Bedeutung ist, die Abgabe einer Feststellungserklärung verlangen. Hierbei hat der Erklärungspflichtige die Erklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Jedoch kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten. Hierzu muss ein Antrag gestellt werden. In diesem Fall ist die Erklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und vom Erklärungspflichtigen eigenhändig zu unterschreiben.

Der Feststellungsbescheid kann mit Hilfe des Einspruchs (§ 347 AO) angegriffen werden.

[1] LfSt Bayern, Schreiben v. 8.12.2022, S 3102.1.1-19/22 St34.
[2] LfSt Bayern, Schreiben v. 8.12.2022, S 3102.1.1-19/22 St34.

1.3 Angaben zu § 13a ErbStG, § 13b ErbStG, § 13c ErbStG, § 19a ErbStG und § 28a ErbStG

1.3.1 Allgemeines

Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz sieht für unternehmerisches Vermögen bestimmte Vergünstigungen vor.

Im Einzelnen sind dies:

  1. ein Verschonungsabschlag von 85 % (§ 13a Abs. 1 ErbStG) bzw. ein Verschonungsabschlag für Großerwerbe (§ 13c ErbStG)
  2. ein Verschonungsabschlag von 100 % (§ 13a Abs. 10 ErbStG)
  3. ein gleitender Abzugsbetrag von 150.000 EUR (§ 13a Abs. 2 ErbStG)
  4. ein Entlastungsbetrag (§ 19a ErbStG)
  5. ein Vorababschlag (§ 13a Abs. 9 ErbStG)
  6. eine Stundung (§ 28 Abs. 1 ErbStG)

Zu beachten ist dabei eine Schwellengrenze von 26.000.000 EUR. Wird diese überschritten, kommen die Regelungen des § 13c ErbStG bzw. § 28a ErbStG zur Anwendung.

Zu diesem begünstigten Vermögen rechnen auch Anteile an Kapitalgesellschaften. Hierbei ist aber zu beachten, dass die Beteiligungsquote mehr als 25 % betragen muss.

1.3.2 Verwaltungsvermögen

Nach § 13b Abs. 2 ErbStG ist das begünstigungsfähige Vermögen begünstigt, soweit sein gemeiner Wert den um das unschädliche Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 7 ErbStG gekürzten Nettowert des Verwaltungsvermögens im Sinne des § 13b Abs. 6 ErbStG übersteigt (sog. begünstigtes Vermögen).

Soll die Optionsverschonung (100 %iger Verschonungsabschlag) beantragt werden, darf das begünstigungsfähige Vermögen nicht zu mehr als 20 % aus Verwaltungsvermögen bestehen.

Zum jungen Verwaltungsvermög...

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