OFD Berlin, Verfügung v. 20.7.2000, St 127 - S 1310 - 2/94
Zur Frage der steuerlichen Behandlung von Bediensteten an ausländischen diplomatischen und konsularischen Vertretungen im Inland weise ich auf Folgendes hin:
Art der Steuerpflicht
Nach nationalem Steuerrecht liegt regelmäßig eine unbeschränkte Steuerpflicht § 1 Abs. 1 EStG) vor, da es zur Dienstausübung erforderlich ist, einen Wohnsitz § 8 AO) zu begründen oder sich im Inland ständig aufzuhalten § 9 AO). Diese Beurteilung wird jedoch gemäß § 2 AO eingeschränkt durch allgemeine Regeln des Völkerrechts Art. 25 GG), das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (WÜD) vom 18.4.1961 (BGBl 1964 II S. 957) und das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (WÜK) vom 24.4.1963 (BGBl 1969 II S. 1585). Ein Verzeichnis der den o.g. Übereinkommen beigetretenen Staaten kann dem Praktiker-Handbuch Außensteuerrecht entnommen werden. Sofern der Entsendestaat dem WÜD oder WÜK noch nicht rechtswirksam beigetreten ist, regelt die Verwaltungsanordnung der Bundesregierung über die steuerliche Behandlung der diplomatischen und berufskonsularischen Vertretungen ausländischer Staaten in der Bundesrepublik Deutschland (MinBl Fin 1950 S. 631, Bundesanzeiger 1950 Nr. 212), dass die diplomatischen Vertreter fremder Mächte, die ihnen zugewiesenen Beamten und die in ihren Diensten stehenden Personen, soweit sie nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, nicht zu Steuern vom Einkommen und Vermögen herangezogen werden. Sie unterliegen jedoch mit Ausnahme der Dienstbezüge der beschränkten Steuerpflicht. Das Gleiche gilt für die Berufskonsuln, die Konsulatsangehörigen und deren Personal, soweit sie Angehörige des Entsendestaates sind und in Deutschland außerhalb ihres Amtes oder Dienstes keinen Beruf, kein Gewerbe und keine andere gewinnbringende Tätigkeit ausüben. Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass deutsche Staatsangehörige, die in den Diensten auswärtiger diplomatischer oder konsularischer Vertretungen stehen, stets unbeschränkt steuerpflichtig sind. Zwar regeln das WÜD und das WÜK nach dem Wortlaut nicht die persönliche Steuerpflicht, sondern sprechen sachliche Steuerbefreiungen aus, die Übereinkommen sehen jedoch für den dort genannten Personenkreis (siehe unten) den Status der Exterritorialität vor (vgl.H 6 Nr. 29 zu § 3 Nr. 29 EStH 1999, BFH-Urteil vom 13.11.1996, I R 119/95, BFH/NV 1997 S. 664). Zum Begriff der Exterritorialität vgl. BFH-Urteil vom 18.12.1968, III 199/64 (BStBl 1969 II S. 355). Der begünstigte Personenkreis kann wie folgt umschrieben werden:
a) WÜD
Nach Art. 34 WÜD ist der Diplomat von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Personal- und Realsteuern oder -abgaben befreit. Zu den Diplomaten im Sinne dieser Bestimmung gehören nachArt. 1 Buchst. e WÜD der Missionschef und die Mitglieder des diplomatischen Personals der Mission (Gesandte, Räte, Sekretäre, Attachés, Sonderattachés, Botschaftsseelsorger und -ärzte). Die Steuerbefreiung gilt nach Art. 37 Abs. 1 WÜD auch für die zum Haushalt gehörenden Familienmitglieder, wenn diese nicht (Staats-) Angehörige des Empfangsstaats sind. Der Umfang der begünstigten Familienmitglieder ist inH 6 Nr. 29 Tz. 4 EStH 1999 geregelt. Nach Art. 37 Abs. 2 WÜD genießen auch die Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals (Kanzleibeamte, Chiffreure, Übersetzer, Schreibkräfte) sowie die zum Haushalt gehörenden Familienmitglieder, wenn sie weder (Staats-)Angehörige des Empfangsstaats noch in demselben ständig ansässig sind, diese Steuerbefreiung. Zum Begriff der „Ständigen Ansässigkeit” siehe unten. Bei doppelter Staatsangehörigkeit ist nach dem Wortlaut davon auszugehen, dass die Steuerbefreiung nach dem WÜD nicht greift. Ferner sind die Mitglieder des dienstlichen Hauspersonals (Kraftfahrer, Pförtner, Boten, Gärtner, Köche, Nachtwächter), wenn sie weder (Staats-)Angehörige des Empfangsstaats noch in demselben ständig ansässig sind, steuerfrei mit ihren Bezügen (Art. 37 Abs. 3 WÜD). Unter den gleichen Voraussetzungen sind auch private Hausangestellte (persönliche Diener, Fahrer, Erzieher und Raumpflegekräfte) von Mitgliedern der Mission von der Besteuerung ihrer Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis befreit (Art. 37 Abs. 4 WÜD). Der Unterschied der beiden zuletzt genannten Gruppen besteht darin, dass die Mitglieder des dienstlichen Hauspersonals bei der Mission, die privaten Hausangestellten bei einem Mitglied der Mission angestellt sind, Art. 1 Buchst. g und h WÜD. Die o.g. Steuervergünstigungen werden nicht gewährt, wenn die Person die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und/oder in Deutschland ständig ansässig ist (Art. 38 WÜD). Die Steuerbefreiung bezieht sich auf die Bezüge aus der Tätigkeit für die Mission, nicht jedoch z.B. auf Vermietungseinkünfte von in Deutschland belegenem Grundbesitz oder aus privaten Einkünften, deren Quelle sich in Deutschland befindet. Für diese Einkünfte sind die Voraussetzungen für die im Folgenden abgehandelten weiteren Befreiungsvorschriften zu prüfen. Dem...