2.1 Gesetzliche Altersgrenze
Gesetzliche Altersgrenze ist Ungleichbehandlung wegen Alters
Eine gesetzliche Regelung, wonach ein Arbeitsverhältnis bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze endet, gibt es in Deutschland nicht. Solche Regelungen gibt es bisher lediglich bei Beamten. Diese werden vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und den Oberverwaltungsgerichten für zulässig gehalten. Entsprechende Bestimmungen, nach denen das Erreichen des darin für den Eintritt in den Ruhestand festgesetzten Alters automatisch zur Auflösung des Dienstverhältnisses führt, benachteiligen unmittelbar Personen, die dieses Alter erreicht haben. Solche Bestimmungen führen daher nach der Rechtsprechung des EuGH zu einer unmittelbar auf dem Alter beruhenden Ungleichbehandlung im Sinne der EU-Gleichbehandlungsrichtlinie.
Ungleichbehandlung kann gerechtfertigt sein
Nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 stellen Ungleichbehandlungen wegen des Alters allerdings keine Diskriminierung dar, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sind. Weiter ist erforderlich, dass die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Die vom EuGH aufgestellten unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung derartiger Altersdiskriminierungen sind aber eher gering: Er weist die endgültige Entscheidung über die Ausgestaltung und Rechtmäßigkeit derartiger Altersgrenzen letztlich den Mitgliedstaaten zu. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Regelung das angestrebte Ziel selbst genau angibt; es genügen andere aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleiteten Anhaltspunkte, welche die Feststellung des hinter der Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, damit dessen Rechtmäßigkeit sowie die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüft werden können. Der EuGH hat bereits entschieden, dass die Ziele, die als "legitim" i. S. v. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 und damit als geeignet angesehen werden können, eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters zu rechtfertigen, sozialpolitische Ziele wie solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung sind.
Das Ziel der Vereinheitlichung der Altersgrenzen für das zwingende Ausscheiden aus dem Dienst im Rahmen der zum öffentlichen Dienst gehörenden Berufe kann ein legitimes beschäftigungspolitisches Ziel darstellen. Denn seine Verfolgung gewährleistet die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung für alle Personen eines bestimmten Sektors im Zusammenhang mit einem wesentlichen Gesichtspunkt ihres Dienstverhältnisses, wie dem Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand. Auch das Ziel, eine ausgewogene Altersstruktur von jüngeren und älteren Beamten zu schaffen, kann ein legitimes Ziel der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik sein. Hierdurch wird die Einstellung und Beförderung jüngerer Beamter begünstigt, die Personalplanung optimiert und etwaigen Rechtsstreitigkeiten vorgebeugt, etwa über die Fähigkeit des Beschäftigten, seine Tätigkeit über eine bestimmte Altersgrenze hinaus auszuüben. Ebenso gewährleistet dies die Bereitstellung einer leistungsfähigen Justizverwaltung.
Im Fall einer ungarischen Regelung, wonach Richter, Staatsanwälte und Notare schon bei Erreichen des 62. Lebensjahres automatisch aus dem Berufsleben ausscheiden sollten, bestand nach Auffassung des EuGH eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters, die nicht erforderlich ist und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht wahrt. Ausschlaggebend war dabei, dass zuvor bereits eine Altersgrenze von 70 Jahren bestand, die ohne Übergangsregelung sowie unvorhersehbar um 8 Jahre herabgesetzt wurde.
Der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs (BGH) hat entschieden, dass die Altersgrenze für Notare mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Gemäß § 47 Nr. 2, § 48a der Bundesnotarordnung erlischt das Amt des Notars mit dem Ende des Monats, in dem er das 70. Lebensjahr vollendet. Die Altersgrenze sei – auch im Anwaltsnotariat – erforderlich, um ein legitimes Ziel im Sinne von Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 zu erreichen. Die Altersgrenze solle den Generationenwechsel erleichtern und den Berufsstand der Notare verjüngen. Blieben lebensältere Notare mit gut eingeführten Notarstellen und einem großen Stamm an Urkundsbeteiligten ohne Altersgrenze im Amt, hätten jüngere Rechtsanwälte keine hinreichende und planbare Aussicht auf wirtschaftlich leistungsfähige Notariate. Sie würden dann oftmals den erheblichen Aufwand für den Einstieg in den Nebenberuf nicht auf sich nehmen.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) stellt für die Zulässigkeit von Vereinbarungen über Altersgrenzen zur automatischen Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen darauf ab, dass die Betroffenen ein Alter erreicht haben, ab dem sie eine Altersrente beziehen können. Dies wird allgemein dahin verstanden, dass damit die Mög...