Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
3.1 Abgrenzung der Beförderungsleistung
Eine Beförderung von Gegenständen (Sachen nach § 90 BGB und Tiere nach § 90a BGB) liegt vor, wenn es sich bei der Beförderung der Gegenstände um den Hauptzweck der Leistung handelt. Ist die Beförderung nur eine unselbstständige Nebenleistung zu einer anderen Leistung, teilt die Beförderungsleistung als Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung.
Ist bei einer Warenlieferung vereinbart worden, dass der liefernde Unternehmer den Gegenstand der Lieferung zu dem Abnehmer zu befördern hat, ist die Beförderungsleistung regelmäßig unselbstständiger Teil der Lieferung und damit nicht als eigenständige Beförderungsleistung der Besteuerung zu unterwerfen.
Die Beförderung kann auch Nebenleistung im Zusammenhang mit einer sonstigen Leistung sein, wenn die Leistung wesentlich auf die Ausführung dieser sonstigen Leistung gerichtet ist.
Beförderung als Nebenleistung
Entsorgungsunternehmer E leert in einer Ferienhaussiedlung, die nicht an das öffentliche Abwassernetz angeschlossen ist, die Sammelbehälter der Kläranlagen und entsorgt die Inhalte in der Kläranlage der Gemeinde.
Die Leistung des E ist auf die Entleerung der Sammelbehälter gerichtet, die Beförderungsleistung ist unselbstständige Nebenleistung zur Hauptleistung.
Die Beförderung von Reisegepäck von Fahrgästen in Kraftfahrzeugen, Eisenbahnen, Flugzeugen oder Schiffen im Zusammenhang mit der Beförderung der Fahrgäste ist ebenfalls eine unselbstständige Nebenleistung zur Personenbeförderung.
Keine Nebenleistung liegt vor, wenn die Beförderung die Leistung wirtschaftlich prägt – z. B. Transport eines Lkw auf einer Fähre.
3.2 Grundsätze über die Bestimmung des Orts der Güterbeförderung
Bei der Beförderung von Gegenständen (Sachen oder Tiere) ist für die Prüfung der Steuerbarkeit und einer Steuerbefreiung in jedem Fall zu unterscheiden, von welchem Ort zu welchem Ort die Beförderung ausgeführt wird und wem gegenüber die Beförderung ausgeführt wird.
- Wird die Leistung gegenüber einem Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt, ist der Ort der sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 2 UStG dort, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen oder eine die Leistung empfangende Betriebsstätte unterhält. Eine Ausnahme ergibt sich nach § 3a Abs. 8 UStG lediglich in den Fällen, in denen eine solche Beförderungsleistung ausschließlich im Drittlandsgebiet erbracht wird.
- Wird die Leistung nicht an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt, bestimmt sich der Ort der Beförderungsleistung nach § 3b UStG. Das gilt auch für bestimmte Leistungen, die typischerweise mit einer Beförderungsleistung in Zusammenhang stehen.
3.3 Güterbeförderung gegenüber einem Unternehmer
Wird die Güterbeförderungsleistung gegenüber einem Unternehmer für dessen Unternehmen oder gegenüber einer nichtunternehmerisch tätigen juristischen Person, der eine USt-IdNr. erteilt worden ist, ausgeführt, ist der Ort der Beförderungsleistung immer dort, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt oder die die Leistung empfangende Betriebsstätte unterhält. Es kommt dabei nicht darauf an, wo die Beförderung tatsächlich erfolgt.
Güterbeförderung im B2B-Verkehr
Der deutsche Unternehmer U beauftragt einen Frachtführer aus Frankreich, einen Gegenstand aus Lyon nach Paris zu transportieren.
Es handelt sich um eine Beförderungsleistung, deren Ort nach § 3a Abs. 2 UStG in Deutschland ist, da der Leistungsempfänger dort sein Unternehmen betreibt. Da es sich bei dem leistenden Unternehmer um einen EU-ausländischen Unternehmer handelt, wird U nach § 13b Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 UStG zum Steuerschuldner.
Wird eine Beförderungsleistung gegenüber einem deutschen Unternehmer ausschließlich im Drittlandsgebiet ausgeführt, wird die Leistung aber abweichend von § 3a Abs. 2 UStG als im Drittlandsgebiet ausgeführt behandelt.
Rückverlagerung des Orts in das Drittlandsgebiet
Der deutsche Unternehmer U beauftragt den Frachtführer F aus der Schweiz, einen Gegenstand von Basel (Schweiz) nach Zürich (Schweiz) zu transportieren.
Es handelt sich um eine Beförderungsleistung, deren Ort eigentlich nach § 3a Abs. 2 UStG in Deutschland, am Sitz des Leistungsempfängers wäre. Da die Leistung aber ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt wird, wird der Ort der sonstigen Leistung abweichend von § 3a Abs. 2 UStG nach § 3a Abs. 8 Satz in das Drittlandsgebiet zurückverlagert. Die vom Frachtführer F ausgeführte Leistung ist in Deutschland nicht steuerbar. Die Besteuerungsfolge in der Schweiz richtet sich nach den dort anzuwendenden Steuerregelungen.
Befindet sich der Ort einer drittlandsgrenzüberschreitenden Güterbeförderung im Inland, kann es unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 3 Buchst. a UStG zu einer Steuerbefreiung kommen. Es muss si...