Leitsatz
Befreiung von der Steuerberaterprüfung aufgrund einer fünfzehnjährigen Tätigkeit als Sachbearbeiter kann einem ehemaligen Angestellten der Finanzverwaltung nach § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG nur dann gewährt werden, wenn dieser eine einem Beamten des gehobenen Dienstes gleichwertige Aus- oder Vorbildung besaß.
Normenkette
§ 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a, § 38a StBerG
Sachverhalt
Eine im Beitrittsgebiet mehrere Jahre tätig gewesene FA-Mitarbeiterin möchte Auskunft darüber erhalten, inwieweit sie die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Steuerberaterprüfung aufgrund ihrer Tätigkeiten in der Finanzverwaltung erfüllt. Sie vertritt die Auffassung, dass ihre Tätigkeit ab Dezember 1993 gem. § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG anzuerkennen sei.
Die Klägerin war 1992 als Verwaltungsangestellte in den Dienst der Berliner Finanzverwaltung eingetreten. Nach der Probezeit und zwei Lehrgängen wurde sie ab Dezember 1993 bei einem FA probeweise als zusätzliche Sachbearbeiterin auf einem Veranlagungsplatz eingesetzt. Dieser verfügte über einen Sachbearbeiter, die Klägerin als zusätzliche Sachbearbeiterin und zwei Bearbeiter, welchen gegenüber die Klägerin in fachlicher Hinsicht weisungsbefugt war. Eine Schlusszeichnung der von ihr bearbeiteten Vorgänge durfte die Klägerin allerdings erst seit Januar 1996 vornehmen.
Auch nach Übertragung der Zeichnungsbefugnis als Sachbearbeiterin Ende Januar 1996 musste die Klägerin aber an zwei Sachbearbeiterschulungen teilnehmen. Dabei handelte es sich um Ganztagsveranstaltungen in der Finanzschule mit mehreren Leistungsnachweisen. Die Behörde meint, erst seit Abschluss dieser Lehrgänge sei die Tätigkeit der Klägerin anzuerkennen.
Entscheidung
Der BFH hält die Tätigkeit bis 1996 für nicht anerkennungsfähig, weil die Klägerin jedenfalls bis dahin nicht wie eine Beamtin des gehobenen Dienstes, nämlich auf der Grundlage einer entsprechenden Vorbildung, selbstständig tätig gewesen ist. Ob seither etwas anderes angenommen werden kann, soll das FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.06.2008, 12 K 12217/07, Haufe-Index 2025563, EFG 2008, 1668) im zweiten Rechtsgang aufklären. Erforderlich dafür ist, dass die Klägerin einen entsprechenden Ausbildungsstand (schon) damals und nicht erst durch die beiden zusätzlichen "Sachbearbeiterschulungen" erreicht hatte.
Hinweis
Befreiung von der Steuerberaterprüfung erhalten ehemalige Beamte des gehobenen Dienstes und vergleichbare Angestellte der Finanzverwaltung, die im gehobenen Dienst oder als Angestellte in vergleichbaren Vergütungsgruppen mindestens 15 Jahre auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern als Sachbearbeiter oder mindestens in gleichwertiger Stellung tätig gewesen sind (§ 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG). Es kommt ausschließlich auf den tatsächlichen Einsatz des Betreffenden, nicht etwa zusätzlich auf eine Prüfung an, ob er für diesen geeignet oder gar ob er ihm gewachsen war.
Weitere Voraussetzung ist aber, dass der Betreffende während seiner Tätigkeit einer der in der Vorschrift bezeichneten Personengruppen angehörte (z.B. Beamter des gehobenen Dienstes war). Das wird i.d.R. ohne Weiteres der Fall sein, weil ihm sonst die Tätigkeit nicht anvertraut würde und auch gar nicht anvertraut werden dürfte. Es bedarf aber dann unter Umständen einer gesonderten Prüfung, wenn es um einen Berufsbewerber geht, der keiner der im Gesetz genau bezeichneten Gruppen angehörte, sondern lediglich ein "vergleichbarer" Angestellter gewesen sein will.
Die Würdigung, eine Person sei einem Beamten des gehobenen Dienstes "vergleichbar", setzt dann insbesondere voraus, dass diese über eine einem Beamten des gehobenen Dienstes vergleichbare Aus- oder zumindest Vorbildung verfügte (z.B. Fachhochschulausbildung).
Das Achte Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 08.04.2008 (BGBl I 2008, 666) hat in § 38 Abs. 1 StBerG im 2. Halbs. von Nr. 4 Buchst. a (zur Klarstellung vgl. BTDrucks. 16/7077, 29) hinzugefügt, dass die 15-jährige Tätigkeit als Sachbearbeiter oder mindestens in gleichwertiger Stellung im gehobenen Dienst oder als Angestellter in vergleichbaren Vergütungsgruppen abgeleistet worden sein muss.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 31.03.2009, VII R 29/08