Leitsatz
1. Die sachliche Gewerbesteuerpflicht einer grundbesitzverwaltenden Personengesellschaft beginnt jedenfalls dann vor Überlassung des Mietobjekts mit Abschluss des Mietvertrags, wenn ein nicht standardisiertes Mietobjekt durch Umbaumaßnahmen an die individuellen Bedürfnisse des Mieters angepasst wird.
2. Beseitigen die Mietvertragsparteien den fortbestehenden Streit über die Wirksamkeit des Mietvertrags vor Überlassung des Mietobjekts dadurch, dass sie das Mietverhältnis übereinstimmend für beendet erklären und der Mieter zur Abgeltung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Mietvertrag eine Schlusszahlung an den Vermieter entrichtet, stellt diese Schlusszahlung eine Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz dar. Sie unterliegt der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.
Normenkette
§ 2 Abs. 1, § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG, verpflichtete sich in einem Gewerberaummietvertrag, ihr Grundstück für die von der Mieterin beabsichtigte Nutzung umzubauen und der Mieterin zur Nutzung zu überlassen, und begann mit den Umbauarbeiten. Nachdem es in der Folgezeit zu Streitigkeiten gekommen war, vereinbarten die Mietvertragsparteien noch vor Überlassung der Mietsache, das Mietverhältnis gegen Zahlung eines bestimmten Geldbetrags zu beenden. In ihrer GuV erfasste die Klägerin die Zahlung als sonstigen Ertrag und beantragte in ihrer GewSt-Erklärung die erweiterte Kürzung. Das FA lehnte dies mit der Begründung ab, dass es sich bei der Zahlung nicht um eine Zahlung im Zusammenhang mit der Verwaltung und Nutzung eigenen Vermögens gehandelt habe. Das FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5.11.2019, 6 K 6170/18, Haufe-Index 13678469, EFG 2020, 393) gab der Klage statt.
Entscheidung
Die Revision des FA hatte aus den sich aus den Praxis-Hinweisen ergebenden Gründen keinen Erfolg.
Hinweis
1.§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG (sog. erweiterte Kürzung) knüpft nicht an die einkommensteuerrechtliche Qualifizierung der durch die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes erzielten Einkünfte als Einkünfte aus VuV an. Nach dem mit der Vorschrift verfolgten Zweck ist die erweiterte Kürzung vielmehr erst ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen zur Gewerblichkeit überschreitet.
2. Die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG setzt nicht voraus, dass die Einnahmen nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt unmittelbare Gegenleistung für die Überlassung der Nutzung des Mietobjekts sind.
3. Führt eine grundstücksverwaltende Personengesellschaft als Vermieterin im eigenen Namen und auf eigene Rechnung nach Überlassung des Mietobjekts Rechtsstreitigkeiten aus einem fortbestehenden – eigenen Grundbesitz betreffenden – Mietvertrag, ist diese Tätigkeit integraler Bestandteil der Nutzung und Verwaltung ihres eigenen Grundbesitzes. Solche Aktivitäten dienen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Grundbesitzes.
4. Gleiches gilt, wenn die Mietvertragsparteien vor Überlassung des Mietobjekts den Streit über die fortbestehende Wirksamkeit eines Mietvertrags dadurch ausräumen, dass sie das Mietverhältnis übereinstimmend für beendet erklären und der Mieter zur Abgeltung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Mietvertrag eine Schlusszahlung an den Vermieter entrichtet.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.5.2023 – IV R 33/19