Folgen der jüngsten Entscheidungen des BFH
[Ohne Titel]
Lars Junkers, LL.M., StB
Der BFH hat in jüngsten Entscheidungen (BFH v. 1.9.2022 – IV R 13/20; BFH v. 30.8.2022 – X R 17/21; BFH v. 15.6.2023 – IV R 30/19) nochmals Stellung bezogen zur Abzugsfähigkeit von vorab entstandenen Betriebsausgaben i.R.d. Gewerbesteuer (GewSt). Diese erfordern für ihre Abzugsfähigkeit in der GewSt nach ständiger BFH-Rechtsprechung eine "werbende Tätigkeit" des Gewerbebetriebes. Erst nach Aufnahme dieser "werbenden Tätigkeit" liegt ein Gewerbebetrieb i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG vor. Im Rahmen des folgenden Beitrages werden diese jüngeren BFH-Urteile genauer analysiert und die sich hieraus ergebenden Folgefragen dieser Rechtsprechung dargestellt.
I. Einleitung
Die GewSt ist eine Realsteuer, deren Besteuerungsobjekt der Gewerbebetrieb selbst ist (§ 2 Abs. 1 S. 1 GewStG). Steuerschuldner ist der Unternehmer, der dieses Gewerbe betreibt (§ 5 GewStG).
Objektsteuerprinzip ...: Der objektivierte Gewerbebetrieb mit seiner Ertragskraft – also unabhängig von den Rechtsbeziehungen des Unternehmers und auch der Art der Finanzierung des Betriebs – ist Besteuerungsgegenstand der GewSt.
... wird gerechtfertigt durch Äquivalenztheorie/-prinzip: Gerechtfertigt wird die Besteuerung der Gewerbebetriebe hierbei durch die Äquivalenztheorie bzw. das Äquivalenzprinzip, das Kommunen für die Nutzung der Infrastruktur durch die Gewerbebetriebe entschädigen soll. Beachten Sie: Die Erhebung der GewSt nur für Gewerbetreibende – insbesondere unter Abgrenzung zur Tätigkeit von Freiberuflern – war bereits oft Gegenstand der Rechtsprechung und nicht zuletzt auch des BVerfG.
Keine gesetzliche Definition des Objektsteuerprinzips: Da das Objektsteuerprinzip lediglich der dem GewStG zugrunde liegende Gedanke ist – das "Wesen" der GewSt –, findet sich keine klare gesetzliche Definition dieses Prinzips. Es existieren lediglich verschiedene Vorschriften, die diesen Gedanken in seinen Grundsätzen umreißen – alles weitere ist Ergebnis der Rechtsprechung.
Rechtsprechung verlangt "werbende Tätigkeit" für Gewerbebetrieb: Hierzu zählt auch die ständige BFH-Rechtsprechung, wonach der Gewerbebetrieb i.S.d. GewStG regelmäßig
- zeitlich nach dem Beginn des Bezugs von Einkünften aus Gewerbebetrieb folgt und
- eine "werbende Tätigkeit" voraussetzt.
Die GewSt-Pflicht tritt somit nicht bereits ein, wenn Vorbereitungshandlungen ausgeführt werden, sondern erst, wenn das Geschäft seine Türen für Kunden öffnet oder mit der Produktion startet. Beachten Sie: So sind regelmäßig vorab entstandene Betriebsausgaben
- einkommensteuerlich aufgrund des Leistungsprinzips anzuerkennen,
- während gewerbesteuerlich ihr Abzug aber unter Hinweis auf das Objektsteuerprinzip versagt wird.
Es lohnt sich zum Verständnis der im Nachfolgenden angesprochenen BFH-Entscheidungen daher zunächst ein Blick auf die gesetzlichen Vorschriften, die das Objektsteuerprinzip umreißen.
II. Objektsteuercharakter
Der GewSt unterliegt der stehende Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 S. 1 GewStG); Steuerschuldner ist der Unternehmer, auf dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird (§ 5 GewStG); der Gewerbeertrag ist der nach dem EStG oder dem KStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb (§ 7 S. 1 GewStG). Insbesondere aus dem Sinn und Zweck der Hinzurechnungen nach § 8 GewStG und Kürzungen nach § 9 GewStG ergibt sich dieses Objektsteuerprinzip.
Der "stehende" Gewerbebetrieb des Unternehmers ist somit Steuergegenstand. Dies erfordert
- Kürzungen und
- Hinzurechnungen
von Ergebnissen, die nicht mit diesem objektiven Gewerbebetrieb im Zusammenhang stehen (z.B. Ergebnisse eines anderen Betriebs [wie dem einer Unterpersonengesellschaft]; Finanzierungsanteile, die die Ertragskraft des objektiven Betriebs beeinflussen usw.). Dies ist z.B. der Hintergrund, weshalb die gewerbesteuerlich vorgetragenen Fehlbeträge nach § 10a Abs. 1 S. 1 GewStG bei einem Entfallen der Unternehmensidentität nicht mehr berücksichtigt werden und wegfallen.
III. Beginn der sachlichen GewSt-Pflicht aus Sicht der Rechtsprechung
1. Abstellen auf Rechtsform
Unterscheidung nach Rechtsform ...: Hier ist zunächst zu unterscheiden zwischen den einzelnen Rechtsformen:
Während die GmbH kraft Rechtsform einen Gewerbebetrieb unterhält und die sachliche GewSt-Pflicht grundsätzlich mit der Erlangung der Rechtsfähigkeit durch die Eintragung ins Handelsregister beginnt, beginnt die sachliche GewSt-Pflicht der gewerblich geprägten GmbH & Co. KG erst, wenn der werbende Betrieb in Gang gesetzt wurde.
Beachten S...