1. BFH v. 1.9.2022 – IV R 13/20
In diesem Fall entschied der IV. Senat des BFH, dass die sachliche GewSt-Pflicht eines gewerblichen Grundstückshändlers frühestens mit dem Abschluss eines (wirksamen) Kaufvertrags über eine erste Immobilie beginnt, denn erst hierdurch werde er in die Lage versetzt, seine Leistung am Markt anzubieten.
Anknüpfung an bisherige BFH-Rechtsprechung: Der BFH hat in diesem Urteil zunächst an seine Rechtsprechung angeknüpft, wonach der stehende Gewerbebetrieb eines Handelsunternehmens nicht bereits mit den Vorbereitungshandlungen begründet wird. Vielmehr stellt erst der Abschluss des Kaufvertrags den Beginn der werbenden Tätigkeit dar. Auch sämtliche vorherigen Handlungen – wie Besichtigung der Immobilie und Maklerkosten – sind vorbereitende Handlungen vor Aufnahme der werbenden Tätigkeit.
Die Vorinstanz sah zwar die Ausgabe von Genussrechten nicht als Beginn des Gewerbebetriebs, die Besichtigung der Immobilie sah das FG jedoch bereits nicht mehr als Vorbereitungshandlung. Der BFH folgte dem nicht.
Gewerblich geprägte vermögensverwaltende Personengesellschaft: Bei einer, nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägten, vermögensverwaltenden Personengesellschaft führt auch die vermögensverwaltende Tätigkeit zu einem stehenden Gewerbebetrieb, obwohl diese Gesellschaft keine originär gewerblichen Einkünfte erzielt. Für den Beginn des Gewerbebetriebs einer solchen Gesellschaft ist zwar grundsätzlich auf die Aufnahme der vermögensverwaltenden Tätigkeit abzustellen.
Beachten Sie: Ist eine Personengesellschaft allerdings
- zu dem Zweck gegründet worden, eine originär gewerbliche Tätigkeit zu entfalten, und
- erfüllt diese Gesellschaft im Übrigen die Merkmale des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG,
beginnt der Gewerbebetrieb nicht allein wegen der in der Vorbereitungsphase der originär gewerblichen Tätigkeit üblicherweise anfallenden vermögensverwaltenden Tätigkeiten bereits mit deren Aufnahme.
Daher können selbst mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene vermögensverwaltende Tätigkeiten einer gewerblich geprägten Personengesellschaft – wie im Streitfall – noch als Vorbereitungshandlungen einer späteren werbenden originär gewerblichen Tätigkeit zu werten sein.
Etwas anderes gelte nur, wenn die vermögensverwaltenden Tätigkeiten das Maß dessen überschreiten, was zur Aufnahme der originär gewerblichen Tätigkeit erforderlich und üblich ist. Dann würde hiermit die gewerbliche Tätigkeit "in Gang" gesetzt.
Der BFH lässt die Folgefragen allerdings offen:
- Wann überschreiten vorbereitende, vermögensverwaltende Tätigkeiten bei der Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit das übliche Maß?
- Weshalb sollte nach Intensität der Vorbereitungshandlungen unterschieden werden, wenn es nach der BFH-Rechtsprechung auf die werbende Tätigkeit ankommt?
- Wenn die vermögensverwaltende Tätigkeit ein übliches Maß überschreitet, übersteigt diese dann auch die Grenzen der Vermögensverwaltung – ist also bereits selbst eine originär gewerbliche Tätigkeit? Das jüngste Urteil des BFH v. 30.11.2023 jedenfalls setzt die Grenze zum Überschreiten der Vermögensverwaltung recht hoch.
- Wenn die Tätigkeit die Grenze der Vermögensverwaltung überschreitet, wäre bei anschließender Aufnahme der "eigentlichen" originär gewerblichen Tätigkeit durch die KG ein Abzug der in der "Vorbereitungsphase" erlittenen Verluste dann mangels Unternehmensidentität auszuschließen?
Von Letzterem ist jedenfalls nach den jüngsten BFH-Urteilen auszugehen.
2. BFH v. 30.8.2022 – X R 17/21
Im Fall des X. Senats des BFH vom 30.8.2022, bei dem ein Unternehmer
- einen Imbissbetrieb eines anderen Gewerbetreibenden im Ganzen nach § 2 Abs. 5 GewStG übernahm,
- dieses Ladenlokal sanierte und
- im Anschluss eröffnete,
versagte der BFH den Abzug der Sanierungskosten als Aufwand bei der Ermittlung des Gewerbeertrags, da diese vor Eröffnung des Lokals entstanden sind.
Dies ist schon deshalb unsachgemäß, weil Sanierungskosten, die als Herstellungskosten zu aktivieren wären, sich erst nach Betriebseröffnung auswirken und nach dieser Rechtsprechung des BFH zu berücksichtigen wären, obwohl die Veranlassung dieser Kosten vor "Beginn der GewSt-Pflicht" liegt.
GewSt-Recht ist vom Äquivalenzprinzip geprägt: Nach Auffassung des BFH sei das Einkommensteuerrecht – anders als das GewSt-Recht – nicht vom Leistungsfähigkeitsprinzip, sondern vom Äquivalenzprinzip geprägt. Das bedeute, dass Gegenstand der GewSt der auf den laufenden Betrieb entfallende Gewinn ist. Das Leistungsfähigkeitsprinzip habe dagegen alle betrieblichen Handlungen des Steuerpflichtigen in den Blick zu nehmen.
Daher seien gewerbesteuerlich
- zum einen die Veräußerungs- und Aufgabegewinne bei Personenunternehmen (Einzelgewerbetreibender, Personengesellschaft) nicht zu besteuern, da zu diesem Zeitpunkt der laufende Betrieb bereits beendet worden ist;
- zum anderen könnten au...