Kommentar
Das Recht auf Vorsteuerabzug steht und fällt mit der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers. Bei Kapitalgesellschaften, insbesondere der GmbH, ist der Beginn der Unternehmereigenschaft nicht ganz einfach zu beurteilen, weil sich die Gründung nach dem Zivilrecht in mehreren Phasen vollzieht. Die OFD Koblenz hat die aktuelle Verwaltungsmeinung nochmals veröffentlicht und auf wichtige Problembereiche hingewiesen.
Der Gründungsprozess einer GmbH stellt sich vereinfacht wie folgt dar:
Vorgründungsgesellschaft |
Sie ist i. d. R. eine Personengesellschaft, z. B. GbR, die sich aus den Gründern zusammensetzt und bis zum Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrags besteht. |
Vorgesellschaft |
Sie wird auch Gründungsgesellschaft genannt. Es handelt sich dabei um die Gesellschaft, die nach Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrags bis zur Eintragung ins Handelsregister existiert. |
GmbH |
Die eigentliche GmbH existiert (erst) ab Eintragung im Handelsregister. |
Die Finanzverwaltung unterscheidet bei der Beurteilung der Unternehmereigenschaft einer Vorgründungsgesellschaft Fälle, in denen die Vorgründungsgesellschaft selbst nachhaltig Leistungen erbringt von denen, in denen sie nur Vorbereitungshandlungen ausführt. Sobald die unternehmerische Tätigkeit bereits im frühen Gründungsstadium aufgenommen wird oder wenn ein bestehendes Unternehmen eines Gründers von der Vorgründungsgesellschaft übernommen und fortgeführt wird, ist die Vorgründungsgesellschaft Unternehmer. Folglich ist sie auch vorsteuerabzugsberechtigt.
Führt die Vorgründungsgesellschaft lediglich Vorbereitungshandlungen für die noch zu gründende Kapitalgesellschaft aus, kann sie ebenfalls die Unternehmereigenschaft erlangen. Nach der EuGH- und BFH-Rechtsprechung wird die (Personen-) Vorgründungsgesellschaft unternehmerisch tätig, wenn sie die bezogenen Leistungen (Vorbereitungshandlungen) nach Gründung der Kapitalgesellschaft in einem Akt entgeltlich auf diese überträgt. Es handelt sich dabei häufig um Rechtsberatungskosten, Aufwendungen für die Anmietung eines Geschäftslokals, Erwerb von Einrichtungsgegenständen oder Reisekosten.
Dass die spätere Vorgesellschaft Unternehmereigenschaft besitzt, war bereits geklärt, weil sie nach ständiger Rechtsprechung des BFH nach den gleichen steuerlichen Grundsätzen zu behandeln ist, wie die nachfolgend eingetragene Kapitalgesellschaft. Insoweit wurde die im Zivilrecht entwickelte Identitätstheorie für das Steuerrecht übernommen. Die Unternehmereigenschaft der Vorgesellschaft kann daher mit Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrags unterstellt werden. Die an die Vorgesellschaft erbrachten Leistungen werden so behandelt, als seien sie an die eingetragene Kapitalgesellschaft bewirkt worden. Ein Vorsteuerabzug daraus ist zulässig.
Sollte es ausnahmsweise nicht zur Eintragung und somit nicht zur Entstehung der endgültigen Kapitalgesellschaft kommen, sind die Vorgründungsgesellschaft und die Gründungsgesellschaft als einheitliches Rechtssubjekt anzusehen. Die Unternehmereigenschaft dieser Personengesellschaft richtet sich nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens v. 2.12.1996, BStBl 1996 I S. 1461. Daraus folgt, dass der Vorsteuerabzug erhalten bleibt, sofern die Beteiligten ernsthaft beabsichtigt hatten, steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu erzielen. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wollte eine GmbH, deren Gründung gescheitert ist, nur steuerfreie Umsätze, z. B. im Immobilienbereich, ausführen, sind auch die Vorsteuerbeträge aus der gescheiterten Gründung verloren.
Zur Behandlung der Vorsteuerbeträge, die in direktem Zusammenhang mit der Gründung einer Kapitalgesellschaft, der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bar-/Sacheinlage oder der Ausgabe neuer Aktien/Anteile stehen, wird auf das BMF-Schreiben v. 4.10.2006, IV A 5 – S 7300 – 69/06, BStBl 2006 I S. 614, verwiesen.
Die Unternehmereigenschaft und damit auch das Recht auf Vorsteuerabzug enden, wenn ein Unternehmer nachhaltig keine Umsätze mehr ausführt. Somit ist es denkbar, dass eine GmbH, auch wenn sie zivilrechtlich fortbesteht, die Unternehmereigenschaft verlieren kann, sofern sie auf Dauer gesehen keine Umsätze mehr ausführt.
Zu beachten ist, dass der BFH mit Urteil v. 9.12.1993, BStBl 1994 II S. 483, entschieden hat, dass eine Kapitalgesellschaft so lange fortbesteht, bis alle Rechtsbeziehungen der Gesellschaft beseitigt sind. Hierzu gehört auch das Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Finanzamt. Die in Auflösung befindliche Gesellschaft kann deshalb das Unternehmen der Gesellschaft fortführen und nach ihrer Löschung im Handelsregister Umsätze im Rahmen ihres Unternehmens ausführen. Die Unternehmereigenschaft einer GmbH ist somit weder von ihrem Vermögensstand noch von ihrer Eintragung im Handelsregister abhängig. Ihr können deshalb auch nach ihrer Löschung im Handelsregister ausgeführte Umsätze zuzurechnen sein, z. B. aus der Lieferung von Sicherungsgut an den Sicherungsnehmer.
Gerade im Gründungsstadium einer Gesellschaft muss dam...