Leitsatz
1. Ob Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen mit den ausländischen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen i.S.d. § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, bestimmt sich nach dem Veranlassungsprinzip (§ 4 Abs. 4 EStG).
2. Weisen die Aufwendungen sowohl mit ausländischen Einkünften i.S.d. § 34d EStG als auch mit inländischen Einkünften oder mit mehreren Arten von ausländischen Einkünften einen Veranlassungszusammenhang auf, so sind sie aufzuteilen oder den Einkünften zuzurechnen, zu denen sie vorwiegend gehören.
3. Diese Zurechnungsgrundsätze verstoßen weder gegen Verfassungs- noch gegen Unionsrecht.
Normenkette
§ 34c Abs. 1 Satz 4 EStG 2002 i.d.F. des StVergAbG, § 26 KStG 2002, § 4 Abs. 2, § 15 Abs. 1 Satz 3 InvStG, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 182 Abs. 1 Satz 1 AO, Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 63 AEUV, Art. 56 EG
Sachverhalt
Der klagende Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (eine Krankenversicherung) bildete im Streitjahr 2005 sog. Alterungs- bzw. Deckungsrückstellungen (§ 12 Abs. 1 Nr. 2, § 12a VAG a.F.; § 341f HGB) sowie Rückstellungen für Beitragsrückerstattung (§ 341e Abs. 2 Nr. 2 HGB). Von den Zuführungen zu den Rückstellungen entfielen ca. 217 Mio. EUR auf rechnungsmäßige Zinsen (§ 12c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VAG a.F. i.V.m. § 4 der KalkulationsVO) sowie ca. 103 Mio. EUR auf außerrechnungsmäßige Zinsen (§ 12a Abs. 1 Satz 1 VAG a.F.). Der Kläger erzielte laufende Erträge aus Kapitalbeteiligungen i.H.v. 325.502.773 EUR; davon entfielen 8.058.683 EUR auf ausländische Kapitalanlagen, die ihm aufgrund der von ihm gehaltenen Anteile an inländischen, dem InvStG unterliegenden Investmentvermögen zugerechnet wurden. Die von den Erträgen aus ausländischen Kapitalanlagen einbehaltenen und abgeführten ausländischen Quellensteuern i.H.v. 1.040.145 EUR behandelte er als in vollem Umfang anrechnungsfähig. Das FA ging hingegen von ausländischen Einkünften i.H.v. 1.966.932 EUR und anzurechnenden ausländischen Steuern i.H.v. 489.817 EUR aus. Höchstbetragsmindernd berücksichtigte es Teile der rechnungsmäßigen und der außerrechnungsmäßigen Zinsen (Zuführung zu der Alterungs- bzw. Deckungsrückstellung und der Rückstellung für Beitragsrückerstattung) sowie einen Teil der für die Verwaltung von Kapitalanlagen aufgewandten Kosten.
Entscheidung
Der BFH hob das angefochtene klageabweisende Urteil (FG Münster, Urteil vom 17.9.2014, 10 K 1310/12 K, Haufe-Index 7560205, EFG 2015, 303) auf und setzte die Steuer in einer Höhe fest, die weitgehend dem Klageantrag der Klägerin entsprach (bei der Steuerermäßigung für ausländische Einkünfte sind die auf die rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen entfallenden Zuführungen zu den Rückstellungen bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte nicht als Betriebsausgaben oder Betriebsvermögensminderungen zu berücksichtigen).
Hinweis
1. Besteht eine "Sperrwirkung" einer Entscheidung in einem Grundlagenbescheid? Es geht hier um die Höhe der nach § 34c Abs. 1 EStG (i.V.m. § 26 KStG) auf die inländische KSt anzurechnende ausländische Steuer – darüber ist im KSt-Festsetzungsverfahren unabhängig davon zu entscheiden, ob die ausländischen Einkünfte über Anteile an einem inländischen Spezial-Sondervermögen i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 InvG bezogen wurden und gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 InvStG i.V.m. § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festzustellen sind.
Denn der Streit bezieht sich nicht auf gemeinschaftlich erzielte Besteuerungsmerkmale, sondern auf solche, die im Bereich der persönlichen Tatbestandsverwirklichung liegen: Ob der Anleger i.S.v. § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG einen inländischen Betrieb unterhält, zu dem die ausländischen Einkünfte der in § 34d Nrn. 3, 4, 6, 7 und 8 Buchst. c EStG genannten Art gehören, und welche Aufwendungen im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen stehen, ist allein der Ebene des Anlegers zugeordnet. Dass abweichend zu entscheiden ist, wenn es um einen Betrieb und ausländische Einkünfte im Gesamthandsbereich einer Mitunternehmerschaft geht (Wacker, IStR 2016, 671) steht and einem anderen Blatt.
2. Einzelheiten zur Anrechnung ausländischer Steuern bei Erträgen aus Investmentanteilen lassen sich § 4 Abs. 2 Satz 1 InvStG entnehmen. § 4 Abs. 2 Satz 4 InvStG sieht eine sinngemäße Anwendung des § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG vor. Danach sind, wenn es sich u.a. um ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 34d Nr. 6 EStG handelt, die zum Gewinn eines inländischen Betriebs gehören, bei der Ermittlung dieser Einkünfte (seit VZ 2003) "Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen abzuziehen, die mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen". Dabei geht es nicht um einen abkommensrechtlichen Einkünftebegriff, sondern um eine nationale Regelung zur Ermittlung/Begrenzung des Anrechnungshöchstbetrages für die ausländischen Steuern.
3. Der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs ist in § 34c Abs. 1 Satz ...