OFD Chemnitz, Verfügung v. 09.10.1992, S 7168-9-St 34
1. Unterbringung von Aus- und Übersiedlern sowie Asylbewerbern und Asylanten
Nach § 4 Nr. 12a UStG ist die Vermietung oder die Verpachtung von Grundstücken steuerfrei. Nicht befreit ist nach Satz 2 der Vorschrift die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von fremden bereithält. Hierbei kommt es nicht auf die tatsächliche Dauer der Vermietung an; entscheidend ist vielmehr die aus äußeren Umständen ableitbare Absicht des Unternehmers, die in Frage stehenden Räumlichkeiten zur vorübergehenden Beherbergung bereitzuhalten. Bietet ein Unternehmer die Räume wahlweise zur langfristigen oder kurzfristigen Beherbergung an, so besteht Steuerpflicht hinsichtlich sämtlicher Umsätze (vgl. BFH-Urteile vom 20.04.1988 und vom 13.09.1988, BStBl. II S. 795, 1021).
Bei der Unterbringung von Mietern, die dem Vermieter vom Sozialamt zugewiesen wurden, hat der Bundesfinanzhof im Urteil vom 26.10.1989, V R 88/86 (UR 1990 S. 80) ein steuerpflichtiges wahlweises Anbieten zur kurzfristigen und nicht kurzfristigen Beherbergung angenommen, weil hierbei mit unterschiedlichen Nutzungszeiten zu rechnen ist.
Bei der Unterbringung von Aus- und Übersiedlern sowie Asylbewerbern und Asylanten liegen vergleichbare Verhältnisse vor. Die führt dazu, dass die entsprechenden Umsätze nach § 4 Nr. 12 S. 2 UStG steuerpflichtig sind.
2. Vermietungsleistungen an die für die Unterbringung von Aus- und Übersiedlern sowie Asylbewerbern und Asylanten zuständigen Behörden
Ein steuerpflichtiges Bereithalten zur kurzfristigen Beherbergung i.S. des § 4 Nr. 12 S. 2 UStG liegt nicht vor, wenn der Vermieter längerfristig konkret bezeichnete Räume an die Behörde vermietet, die ihrerseits in diesen Räumen Aus- und Übersiedler sowie Asylbewerber und Asylanten unterbringt. Hiervon kann im allgemeinen ausgegangen werden, wenn für den Vermieter eine Bindungsdauer von mindestens 6 Monaten besteht.
Beispiel 1:
Der Hotelbetreiber A vermietet sämtliche Hotelzimmer im 1. Stock seines mehrstöckigen Hotels zu einem festen Mietzins an das Landratsamt. Nach dem Mietvertrag kann das Mietverhältnis frühestens am Ende des 6. Monats gekündigte werden. Wird das Mietverhältnis nicht gekündigt, verlängert es sich automatisch um jeweils 3 Monate. Für A besteht hinsichtlich der Räume keinerlei Belegungsrecht.
Beurteilung:
Die Vermietung der Räume durch A an das Landratsamt ist nach § 4 Nr. 12 S. 2 UStG steuerfrei, da die Räume von A aufgrund des Mietvertrages mit dem Landratsamt nicht zur kurzfristigen Beherbergung bereitgehalten werden. Sie sind vielmehr langfristig im Rahmen eines Mietvertrages i.S. von § 535 BGB überlassen. Dies gilt auch für Zeiträume, um die sich der Mietvertrag bei Nichtkündigung automatisch verlängert. Dass das Landratsamt seinerseits die Räume zur kurzfristigen Beherbergung i.S. des § 4 Nr. 12 S. 2 bereithält, hat auf die umsatzsteuerliche Beurteilung der längerfristigen Vermietung von A keinen Einfluss. Bei dem gegebenen Sachverhalt liegt auch kein steuerpflichtiges wahlweises Anbieten zur kurzfristigen und nicht kurzfristigen Vermietung vor.
Beispiel 2:
Wie Beispiel 1 mit dem Unterscheid, dass das Mietverhältnis bereits zum Ende des 4. Monats gekündigt werden kann. Im übrigen ist auch eine automatische Verlängerung wie im Beispiel 1 vereinbart.
Beurteilung
Es handelt sich um eine steuerpflichtige Vermietungsleistung. Aus der kurzen Bindungsdauer von 4 Monaten ist die Absicht des A abzuleiten, die in Frage stehenden Räume zur kurzfristigen Beherbergung bereitzuhalten. An dieser Beurteilung ändert sich auch dann nichts, wenn durch eine automatische Verlängerung des Mietvertrages die tatsächliche Vermietung 6 Monate oder länger dauert.
Beispiel 3:
Wie Beispiel 1 mit der Abweichung, dass vom Landratsamt nicht belegte Räume von A im Rahmen seines Betriebs zur Unterbringung von Gästen genutzt werden können.
Beurteilung:
Da die Räume sowohl längerfristig als auch zur kurzfristigen Beherbergung angeboten werden, liegt eine steuerpflichtige Vermietungsleistung gem. § 4 Nr. 12 S. 2 UStG vor (steuerpflichtiges wahlweises Anbieten i.S. der angeführten BFH-Rechtsprechung).
Beispiel 4:
Wie Beispiel 1 mit dem Unterschied, dass nicht der gesamte 1. Stock an das Landratsamt vermiete wird, sondern nur eine bestimmte Anzahl von Räumen, ohne dass diese konkret bezeichnet sind.
Beurteilung:
Da die Räume des Hotels sowohl zur längerfristigen als auch zur kurzfristigen Beherbergung angeboten werden, liegt eine steuerpflichtige Vermietungsleistung gem. § 4 Nr. 12 S. 2 UStG vor (wahlweises Anbieten wie im Beispiel 3). Anders wäre es, wenn im Beispielsfall konkret bezeichnete Räume vermietet würden, die bei Nichtbelegung durch das Landratsamt von A nicht für die Unterbringung von Gästen genutzt werden dürften. Dann würde wie im Beispielfall 1 eine steuerfreie Vermietungsleistung vorliegen.
Das Sächsische Staatsministerium der Finanzen hat mit Erlass vom 14.09.1992, Sz. 35-S 7168-7/2-33183 dem Sächsisch...