Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Entnimmt ein Unternehmer einen Gegenstand aus dem Unternehmen und transportiert ihn anschließend in das Drittlandsgebiet, liegt keine Steuerbefreiung als Ausfuhrlieferung vor.
Sachverhalt
Der Kläger war als Tierarzt selbstständig tätig und zog aus dem Kauf eines Fahrzeugs, das er dem Unternehmen zuordnete, die Vorsteuer (damals beschränkt nach § 15 Abs. 1b UStG a.F.) ab. Nach zwei Jahren stellte der Tierarzt seine unternehmerische Tätigkeit ein und nahm in Kenia eine Tätigkeit als angestellter Tierarzt auf. Das Fahrzeug entnahm er aus dem Unternehmen und transportierte es nach Kenia. Die Entnahme sah er als steuerfreie Ausfuhrlieferung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG an. Das Finanzamt unterwarf hingegen die Entnahme des Fahrzeugs als steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz der Besteuerung.
Entscheidung
Das Gericht sah die Klage als unbegründet an. Der Tierarzt hat nach Auffassung des Gerichts den Gegenstand in Deutschland steuerbar entnommen. Eine Ausfuhrlieferung nach § 6 UStG liegt in dem vorliegenden Fall auch nicht vor.
Das Gericht sieht den Ort der Entnahme analog einer unentgeltlichen Lieferung nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG an dem Ort, an dem der Gegenstand sich im Zeitpunkt der (unentgeltlichen) Lieferung befindet. Die im nationalen Gesetz für die unentgeltlichen Lieferungen nach § 3 Abs. 1b UStG geltende Regelung des § 3f UStG sah das Gericht - da dafür keine Rechtsgrundlage im Gemeinschaftsrecht vorhanden ist - als nicht einschlägig an. Im Ergebnis ergaben sich dadurch aber keine Auswirkungen, da bei Anwendung des § 3f UStG wie bei Annahme einer unbewegten Lieferung nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG der Ort der Lieferung im Inland war und damit ein steuerbarer Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegt.
Da es sich um eine unbewegte Lieferung handelt, kann nach Auffassung des Gerichts die Steuerbefreiung als Ausfuhrlieferung nicht in Frage kommen, da dies eine Warenbewegung in das Drittlandsgebiet voraussetzt. Für die Entnahme des Fahrzeugs ist die nachfolgende Versendung funktional bedeutungslos, sie vollzieht sich vielmehr schon in der Privatsphäre des Entnehmenden.
Da eine Steuerbefreiung nicht vorliegt, ist die Entnahme des Fahrzeugs in Deutschland der Umsatzsteuer zu unterwerfen.
Hinweis
Gegen das Urteil ist Revision zugelassen worden, da zu dieser Rechtsfrage keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt.
Ob die nationale Regelung des § 3f UStG tatsächlich gegen Gemeinschaftsrecht verstößt, war im entschiedenen Fall nicht erheblich. Im Ergebnis hat das Gericht mit der Versagung der Steuerbefreiung bei der Entnahme formal Recht, da die Warenbewegung des Gegenstands nach der Entnahme und damit im Privatbereich des Entnehmenden erfolgt. Ob sich dies aus § 6 Abs. 5 UStG ableiten lässt oder ob die Regelung des § 6 Abs. 5 UStG systemwidrig ist, hat das Gericht recht einseitig abgeprüft. Gegen die Vorgabe des § 6 Abs. 5 UStG können berechtigte Zweifel eingewendet werden, die aber aus den genannten Gründen nicht den vorliegenden Sachverhalt betreffen. Die Versagung der Steuerbefreiung ist somit im Ergebnis zutreffend.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 01.12.2010, 3 K 1286/07