Leitsatz
Liegt eine Teilbetriebsveräußerung vor, stehen die Verluste, soweit sie auf den veräußerten Teilbetrieb entfallen, mangels (Teil-)Unternehmensidentität nicht für eine Kürzung von Gewerbeerträgen in späteren Erhebungszeiträumen zur Verfügung.
Normenkette
§ 10a GewStG
Sachverhalt
Eine KG hatte ihren ursprünglich auf Gewebeherstellung spezialisierten Betrieb um eine Sparte "Recycling" zur Verwertung der bei der Gewebeproduktion anfallenden Abfälle erweitert. Nachdem sie hohe Verluste von ca. 12 Mio. DM erlitten hatte, von denen ca. 85 % auf die Gewebeherstellung entfielen, veräußerte die KG den Geschäftsbereich Gewebeherstellung mit allen Geschäftsgrundlagen und einem Gewinn von ca. 10 Mio. DM. Anschließend unterhielt die KG nur noch den Recyclingbetrieb.
Das FA kürzte bei der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts den Vorjahresbetrag um den auf die Gewebeherstellung entfallenden Anteil von 85 %.
Entscheidung
Mit ihrer Klage hatte die KG weder vor dem FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.06.2005, 3 K 210/00, Haufe-Index 1394909, EFG 2005, 1794) noch vor dem BFH Erfolg. Aus dem Objektsteuercharakter der GewSt folge, so der BFH, dass sich die für die Verlustnutzung erforderliche Unternehmensidentität auf Teilbetriebe erstrecke. Werde ein Teilbetrieb veräußert, entfalle der anteilige gewerbesteuerliche Verlustvortrag.
Hinweis
1. Das Urteil klärt eine Grundsatzfrage des GewSt-Rechts und stützt sich dazu auf den Objektsteuercharakter der GewSt.
Gewerbesteuerrechtlich können Verluste nur zur Verrechnung mit späteren Gewinnen genutzt werden, soweit der Gewinn von einem identischen Unternehmen erzielt worden ist. Die Rechtsprechung verlangt dazu Unternehmer- und Unternehmensidentität.
2. Die Unternehmeridentität wird subjektiv danach beurteilt, ob der Gewinn demselben bzw. denselben Unternehmer(n) zuzurechnen ist wie der frühere Verlust. Bei Personengesellschaften wird auf die Mitunternehmer abgestellt, sodass bei Ausscheiden eines Mitunternehmers auch der auf ihn entfallende Verlustvortrag verlorengeht.
3. Im Besprechungsfall ging es demgegenüber um die Unternehmensidentität, die nach dem Gesamtbild der Betätigungen des Gewerbebetriebs beurteilt wird. Die Rechtsprechung stellt dazu etwa auf die Art der Betätigung, den Kunden- und Lieferantenkreis, die Arbeitnehmerschaft, die Geschäftsleitung, die Betriebsstätten sowie Umfang und Zusammensetzung des Aktivvermögens ab. Unter Berücksichtigung dieser Merkmale muss ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang zwischen den Betätigungen bestehen, um Unternehmensidentität annehmen zu können.
4. Daraus hat nun der BFH im Besprechungsurteil geschlossen, dass auch Teilbetriebe die Identität eines Gewerbebetriebs bestimmen. Der Teilbetrieb ist im GewSt-Recht eine relevante Größe, wie man etwa an der ausdrücklichen Erwähnung in § 8 Nr. 1 GewStG a.F. ablesen kann. Dementsprechend wird auch der Gewinn aus der Veräußerung eines Teilbetriebs ebenso wie der Gewinn aus der Veräußerung eines ganzen Betriebs nicht der GewSt unterworfen. Dann ist es aber konsequent, den anteiligen Verlustvortrag mit der Veräußerung des Teilbetriebs untergehen zu lassen.
5. Solange ein Unternehmen mehrere Teilbetriebe hat, ist zwischen diesen natürlich ein Verlustausgleich weiterhin möglich. Das Unternehmen gewinnt seine Identität ja gerade aus der Summe der Teilbetriebe. Um Missverständnissen vorzubeugen, weist der BFH deshalb ausdrücklich auf den Verlustausgleich zwischen Teilbetrieben hin.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 07.08.2008, IV R 86/05