Leitsatz
Eine Entscheidung im Rechtsstreit des leistenden Unternehmers über die Steuerpflicht seiner Umsätze berührt die rechtlichen Interessen des den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfängers, der den Vorsteuerabzug aus diesen Leistungen begehrt. Der Leistungsempfänger kann deshalb zum Rechtsstreit des leistenden Unternehmens, in dem es um die Steuerbarkeit und Steuerpflicht dieser Leistungen geht, beigeladen werden (Änderung der Rechtsprechung).
Normenkette
§ 60 FGO , § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980
Sachverhalt
Im Streit ist, ob die Klägerin in Berlin hergestellte Waren entgeltlich an die Antragstellerin geliefert hat und damit Kürzungsansprüche nach §§ 1, 2 BerlinFG beanspruchen konnte. In diesem Rechtsstreit hat die Antragstellerin ihre Beiladung beantragt, nachdem das FG in ihrem Klageverfahren mit Rücksicht auf die Vorgreiflichkeit des vorliegenden Klageverfahrens das Ruhen des Verfahrens angeordnet hat.
Entscheidung
Unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung sieht der BFH nunmehr die rechtlichen Interessen des Leistungsempfängers berührt, soweit es um die Beurteilung der Ausgangsumsätze des Leistenden geht. Da der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger voraussetze, dass eine Steuer für den berechneten Umsatz des leistenden Unternehmers geschuldet werde, sei damit die frühere Rechtsprechung überholt, wonach die Umsatzsteuerschuld des Leistenden und der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers nicht materiell im Sinn einer gegenseitigen Abhängigkeit miteinander verknüpft seien.
Hinweis
Das Urteil des BFH vom 2.4.1998 hat insoweit zu einer anderen Sichtweise des Vorsteuerabzugsberechtigten geführt, als er nur noch diejenige offen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuern abziehen kann, die für den an ihn ausgeführten Umsatz geschuldet wird (vgl. auch Abschnitt 192 Abs. 6 UStR 2000). Daraus ergibt sich für den Vorsteuerabzugsberechtigten die zwingende Notwendigkeit der vollständigen rechtlichen Überprüfung des an ihm ausgeführten Umsatzes. Nur der steuerbare, steuerpflichtige und mit dem richtigen Steuersatz abgerechnete Umsatz kann zum Vorsteuerabzug führen.
Folglich hat der Leistungsempfänger ein elementares Interesse an der rechtlichen Beurteilung des Ausgangsumsatzes durch den Leistenden. Der BFH hat in Änderung seiner Rechtsprechung diesem Umstand Rechnung getragen und nunmehr wegen der gegenseitigen Abhängigkeit von Umsatzsteuer und Vorsteuer ein rechtliches Interesse des Leistungsempfängers im Sinn von § 60 FGO bejaht.
Angesichts dieses Urteils wird zu hinterfragen sein, ob der Leistungsempfänger nicht generell auch von den Finanzbehörden bereits ein Auskunftsrecht hinsichtlich des Ausgangsumsatzes an ihn begehren kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 1.2.2001, V B 199/00