Leitsatz

Wer im Klageverfahren beigeladen war, ist Beteiligter des nachfolgenden Verfahrens wegen Nichtzulassung der Revision, auch wenn er selbst keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat (Fortentwicklung des BFH-Beschlusses vom 24.4.1992, IV B 115/91, BFH/NV 1993, 369).

 

Normenkette

Art. 103 Abs. 1 GG , § 96 Abs. 2 FGO , § 116 Abs. 6 FGO , § 116 Abs. 7 FGO , § 122 Abs. 1 FGO , § 303 ZPO

 

Sachverhalt

Die Kläger erhoben Klage vor dem FG mit dem Ziel, die Schuldübernahme des Klägers für ein Grundstück, das seine Schwester im Rahmen einer Erbauseinandersetzung erhielt, bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abzuziehen. Das FG lud die Schwester des Klägers zum Verfahren bei. Die Beigeladene beantragte ebenso wie das FA, die Klage abzuweisen. Gegen das klageabweisende Urteil des FG wenden sich die Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

Die Beigeladene (Schwester) des Klageverfahrens beantragt, am Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde beteiligt zu werden, insbesondere die gewechselten Schriftsätze der Kläger und des FA zur Stellungnahme zu erhalten.

 

Entscheidung

Der BFH ist der Auffassung der vom FG Beigeladenen gefolgt, sie sei kraft dieser Beiladung auch Beteiligte des Beschwerdeverfahrens. Nach der Neufassung des § 116 FGO sei diese Annahme – in entsprechender Anwendung des § 122 Abs. 1 FGO – insbesondere deshalb geboten, weil andernfalls das rechtliche Gehör des Beigeladenen verletzt würde (Art. 103 Abs. 1 GG;§ 96 Abs. 2 FGO). Nur auf diesem Weg könne sein Interesse am Bestand des finanzgerichtlichen Urteils hinreichend berücksichtigt werden, da er andernfalls von der durch andere Beteiligte eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde nichts erfahren würde und ein zu seinen Gunsten wirkendes finanzgerichtliches Urteil gemäß § 116 Abs. 6 FGO ohne Gelegenheit zur Äußerung aufgehoben werden könnte.

 

Hinweis

Ist streitig, ob jemand Beteiligter eines finanzgerichtlichen Verfahrens ist, kann darüber durch Zwischenentscheidung entschieden werden (§ 155 FGO i.V.m. § 303 ZPO).

Nach § 122 Abs. 1 FGO ist Beteiligter des Revisionsverfahrens, wer am Klageverfahren beteiligt war. Danach wird der im Klageverfahren Beigeladene selbst dann Beteiligter des Revisionsverfahrens, wenn er nicht selbst Revision eingelegt hat. Dies galt nach der bis einschließlich 2000 geltenden Fassung der Vorschrift und der dazu ergangenen BFH-Rechtsprechung (Beschluss vom 24.4.1992, IV B 115/91, BFH/NV 1993, 369) nicht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde, weil es als selbstständiges Verfahren ausgelegt sei und mit der Zulassung (oder Nichtzulassung) ende.

Diese Rechtslage hat sich durch die ab 2001 geltenden Neufassung des § 116 FGO geändert (Zweites Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19.12.2000, BGBl I, 1757); das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde ist nunmehr kein selbstständiges Verfahren mehr, sondern wird nach der Zulassung als Revisionsverfahren fortgesetzt (§ 116 Abs. 7 Satz 1 FGO).

Auch die Richtigkeit des FG-Urteils kann gleichermaßen wie bei einer Revision Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sein: Der BFH kann die Vorentscheidung aufgrund eines Verfahrensfehlers aufheben und die Sache an das FG zurückverweisen (§ 116 Abs. 6 FGO); damit ersetzt die Nichtzulassungsbeschwerde insoweit die frühere Verfahrensrevision.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 28.7.2004, IX B 27/04

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