Leitsatz
Die Beiträge für eine Kapital-Lebensversicherung/Berufsunfähigkeitsversicherung mindern nicht die Einkünfte und Bezüge des Kindes. Bei einem geringfügigen Überschreiten des Grenzbetrags nach § 32 Abs. 4 EStG ist verfassungsrechtlich keine Härtefallregelung geboten.
Sachverhalt
Der Sohn der Klägerin, welcher das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, war vom 1. - 30. April 2000 arbeitslos. Die Familienkasse setzte das Kindergeld für den Monat April auf 0 DM fest, da die Einkünfte und Bezüge des Sohnes den anteiligen Grenzbetrag überstiegen hätten. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren beantragte die Klägerin im Klageverfahren unter Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG vom 11. 1. 2005 - 2 BvR 167/02 die von dem Sohn im April 2000 gezahlten Beiträge zur Kapital-Lebensversicherung und zur Berufsunfähigkeitsversicherung bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge für den Monat April zu berücksichtigen. Außerdem trägt die Klägerin vor, dass bei einer geringfügigen Überschreitung des anteiligen Grenzbetrages aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Härtefallregelung anzuwenden sei.
Entscheidung
Nach Auffassung des Finanzgerichtes mindern die Beiträge für die Kapitallebensversicherung und die Berufsunfähigkeitsversicherung die Einkünfte und Bezüge des Kindes nicht, da diese Aufwendungen nicht mit den gesetzlichen Sozialabgaben, die der Entscheidung des BVerfG vom 11. 1. 2005 zu Grunde lagen, vergleichbar sind. Aufwendungen für solche Versicherungen sind weder notwendig noch zwangsläufig. Auch wenn gerade für junge Leute die Absicherung des Risikos "Berufsunfähigkeit" sehr empfehlenswert sein mag, ist keine Zwangsläufigkeit zum Abschluss solcher Versicherungsverträge gegeben. Diese Aufwendungen beruhen auf einem freiwilligen Entschluss des Kindes. Die Beiträge zu diesen Versicherungen sind deshalb nicht mit den gesetzlichen Sozialabgaben vergleichbar. Trotz der geringen Überschreitung des Grenzbetrages in Höhe von 24,00 DM sieht der Senat unter Hinweis auf die Ausführungen des BFH in den Urteilen vom 14. Mai 2002 VIII R 57/00 (BStBl. II 2000, 546) und 21. Juli 2000 VI R 153/99 (BStBl II 2000, 566) keine Veranlassung eine Bagatellgrenze einzuführen bzw. eine Entscheidung des BVerfG einzuholen.
Hinweis
Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin war jedoch erfolgreich und die Revision wird bei dem BFH unter dem Az. III R 54/06 geführt. Da es im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung der Finanzgerichte eher unwahrscheinlich ist, dass der BFH die Berücksichtigung der "freiwilligen" Versicherungsbeiträge bejaht, ist mit einer erneuten Entscheidung des BFH zur fehlenden Härtefallregelung zu rechnen. Betroffene sollten daher in vergleichbaren Fällen Einspruch einlegen und auf das Ruhen des Verfahrens nach § 363 (2) AO verweisen.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 15.12.2005, 11 K 401/00