1 Die 4-Jahresfrist
Der Anspruch auf Erstattung der zu Unrecht entrichteten Beiträge verjährt 4 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Für die Verjährung des Anspruchs ist also der Zeitpunkt der Entrichtung der Beiträge maßgebend, nicht etwa der Zeitpunkt der Fälligkeit.
Verjährung des Erstattungsanspruchs
Der Beitrag für November 2019 wurde im November 2019 gezahlt.
Ergebnis: Der Verjährungseintritt ist am 1.1.2024. Wenn der Beitrag für November 2019 verspätet erst im Januar 2020 bei der Krankenkasse eingegangen ist, so verjährt dieser Beitrag erst am 1.1.2025. Daraus ergibt sich, dass die bis einschließlich 31.12. eines Jahres entrichteten Beiträge am 1.1. des darauffolgenden 5. Jahres verjähren.
Beanstandet ein Sozialversicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahres der Beanstandung.
Bei einer auf Antrag rückwirkend ausgesprochenen Befreiung von der Versicherungspflicht – und damit von der Pflicht zur Zahlung von Beiträgen – sind die bereits verjährten Beiträge von der Erstattung ausgeschlossen. Dem steht nicht entgegen, dass der Erstattungsanspruch überhaupt erst mit der rückwirkend ausgesprochenen Beitragsbefreiung entstanden ist. Er hätte sogar bei noch früherem Befreiungsantrag bereits die Beitragsentrichtung vermeiden können. Gegen die Verjährung der einzelnen Erstattungsansprüche innerhalb von 4 Jahren nach dem Ende des Jahres der Entrichtung braucht er deshalb nicht durch eine analoge Anwendung von § 198 BGB (i. d. F. bis 31.12.2001 = Verjährungsbeginn mit Entstehung des Anspruchs) geschützt zu werden.
2 Einrede der Verjährung
Die Verjährung des Erstattungsanspruchs wird auf Einrede wirksam. Das bedeutet, der Versicherungsträger ermittelt, ob Beitragserstattungen noch vorgenommen werden können oder ob die maßgebliche Erstattungsfrist bereits abgelaufen ist (= verjährt ist). Dies lässt sich aus der Rechtsprechung herleiten. Ob sie ggf. von Amts wegen zu beachten ist – wie dies für die Verjährung der Beitragsansprüche praktiziert wird, hat das BSG offengelassen. Solange bei Erstattungsansprüchen die Verjährung von der Einrede des Versicherungsträgers abhängt, sind die – nachfolgend beschriebenen – Grundsätze zur Einrede der Verjährung zu beachten.
2.1 Treu/Glauben
Durch die Bezugnahme in § 27 SGB IV auf die Vorschriften des BGB ist auch der Grundsatz von Treu und Glauben bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen. Die Einrede der Verjährung scheidet hiernach aus, wenn die Beitragsentrichtung auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln des Versicherungsträgers oder der Einzugsstelle beruht.
Prüfung des Verjährungsendes von Amts wegen
Der Versicherungsträger hat neben der Prüfung, ob die Ausübung der Verjährung mit Treu und Glauben vereinbar ist, zu prüfen, ob es der Zweckmäßigkeit und der Billigkeit entspricht, in dem gegebenen Einzelfall von der Verjährungseinrede Gebrauch zu machen.
Der Verwaltungsakt, in dem sich der Versicherungsträger oder die Einzugsstelle auf die Einrede der Verjährung beruft, muss erkennen lassen, ob Ermessen ausgeübt und von welchen Ermessensgesichtspunkten die Entscheidung geleitet wurde.
2.2 Ermessen des Versicherungsträgers
Der Versicherungsträger kann von der Einrede der Verjährung – ermessenfehlerfrei – Gebrauch machen, wenn sich die durchgeführte Versicherungspflicht
- über mehrere Jahre hinweg als unrichtig erweist und
- nicht auf einen Fehler der Einzugsstelle zurückzuführen ist.
Dieser Sachverhalt ist häufig in der Arbeitslosenversicherung anzutreffen, weil dort beim Antrag auf Arbeitslosengeld separat geprüft wird, ob die Beschäftigung, aus der der Anspruch auf Arbeitslosengeld hergeleitet werden soll, tatsächlich der Versicherungspflicht unterlag. Wird bei der Prüfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld das Bestehen der Versicherungspflicht verneint, besteht dem Grunde nach ein Erstattungsanspruch. Soweit dieser Zeitraum auch verjährte Zeiträume umfasst, ist die Bundesagentur für Arbeit berechtigt, die Beitragserstattung für die verjährten Zeiträume zu verweigern.
3 Hemmung
Für die Hemmung der Verjährung gelten die §§ 203 bis 211 BGB sinngemäß. Die Hemmung bedeutet ein vorübergehendes Ruhen der Verjährungsfrist, die nach Wegfall des Hinderungsgrunds weiterläuft. Der Zeitraum der Hemmung wird also nicht in die Verjährungsfrist einbezogen, die sich im Ergebnis um den Hemmungszeitraum verlängert.
Die Verjährung ist gehemmt, solange zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände geführt werden. Die Verjährung wird u. a. gehemmt ...