Leitsatz
Führt das FA bei einer KG eine Außenprüfung durch, um u.a. zu prüfen, ob es sich bei den bisher festgestellten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung um solche aus Gewerbebetrieb handelt, und ist das nicht der Fall, entfaltet die Prüfungsanordnung (für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betreffende Feststellungen) gegenüber den Kommanditisten keine den Ablauf der Feststellungsfrist hemmende Wirkung, wenn sie nur der KG (bzw. deren rechtlich identischer Rechtsnachfolgerin) bekannt gegeben und auf § 193 Abs. 1 AO gestützt worden ist.
Normenkette
§ 171 Abs. 4, § 193 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 194 Abs. 1, Abs. 1 Satz 3, § 171 Abs. 8 Satz 1, Abs. 9 AO
Sachverhalt
Eine gewerblich entprägte GmbH & Co. KG erklärte Einkünfte aus VuV, die das FA als solche vorläufig feststellte. Eine Außenprüfung sollte u.a. klären, ob die KG originär gewerbliche Einkünfte erzielt hatte. Die Prüfungsanordnung war nur an die KG (bzw. Rechtsnachfolgerin) gerichtet und wurde nur ihr bekanntgegeben. Die Prüfung führte zur Änderung der Höhe der Einkünfte; die Einkunftsart VuV blieb dagegen unverändert. Gegen den geänderten Feststellungsbescheid wehrten sich die Gesellschafter und wandten Verjährung ein.
Entscheidung
Das FG hat die Klage abgewiesen (FG Köln, Urteil vom 5.7.2018, 12 K 1003/17, Haufe-Index 13615969, EFG 2020, 329). Die Prüfung sei zulässigerweise auf § 193 Abs. 1 AO gestützt worden, um die Gewerblichkeit zu prüfen; die Prüfungsanordnung sei nicht nichtig und nicht angefochten worden. Auf die Revision der Kläger hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Die Festsetzungsverjährung war jedenfalls nicht nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt. Gegenüber den Klägern als Gesellschaftern entfaltet die auf § 193 Abs. 1 AO gestützte Prüfungsanordnung keine die Verjährung hemmende Wirkung, weil sie ihnen nicht bekannt gegeben worden ist. Erforderlich wäre dafür eine auf § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO gestützte und den Gesellschaftern bekannt gegebene Prüfungsanordnung gewesen. Das FG muss aber noch feststellen, ob die Verjährung gemäß § 171 Abs. 8 AO gehemmt war; dazu enthält das Urteil nicht bindende Hinweise des BFH.
Hinweis
Positiv gewendet könnte der Leitsatz wie folgt lauten: Will das FA nicht nur klären, ob eine vermögensverwaltende KG in Wirklichkeit gewerbliche Einkünfte erzielt, sondern zugleich auch die Höhe der bisher erfassten Einkünfte aus VuV, muss es die Prüfungsanordnung (zumindest auch) gegen die Gesellschafter der KG richten und diesen bekanntgeben, denn anderenfalls entfaltet die Prüfungsanordnung keine die Verjährung hemmende Wirkung, wenn sich aufgrund der Prüfung die Einkunftsart nicht ändert.
1. Voraussetzung für den Eintritt der Hemmungswirkung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO ist neben anderen eine wirksame Prüfungsanordnung. Sie bestimmt in persönlicher wie in sachlicher Hinsicht die Reichweite der Hemmungswirkung. Zu ihrer Wirksamkeit bedarf die Prüfungsanordnung der Bekanntgabe.
a) Grundsätzlich muss die Prüfungsanordnung jedem bekannt gegeben werden, der die Prüfung zu dulden hat (richtiger Inhaltsadressat). Gegenüber Personen, an die die Prüfungsanordnung hätte gerichtet werden oder denen sie hätte bekanntgegeben werden müssen, entfaltet sie keine Wirkung, wenn dies nicht geschehen ist.
b) Der Gegenstand der Prüfung kann beschränkt werden. Wird die Außenprüfung wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für einen bestimmten Feststellungszeitraum angeordnet, erstreckt sie sich aber auf alle Besteuerungsgrundlagen, die Inhalt des Feststellungsbescheids sein können.
c) Rechtmäßig ist die Prüfungsanordnung nur, wenn der Inhaltsadressat die Prüfung gerade wegen des darin bestimmten Gegenstands zu dulden verpflichtet ist. Anderenfalls (richtiger Prüfungsgegenstand, aber falscher Inhaltsadressat oder umgekehrt) ist sie aber nicht nichtig, sondern rechtswidrig.
2. Bei Gewerbetreibenden (§ 193 Abs. 1 AO) ist die Anordnung einer Außenprüfung auch zulässig, wenn geklärt werden soll, ob ein Gewerbebetrieb vorliegt. Insofern genügt die Bekanntgabe gegenüber der Gesellschaft. Auf die Verhältnisse der Gesellschafter erstreckt sich die Prüfungsanordnung dann jedoch nur, soweit die Gewerblichkeit bestätigt wird.
3. Stellt sich dagegen heraus, dass die Gesellschaft wie erklärt Einkünfte aus VuV erzielt hat, entfaltet die Prüfungsanordnung in Bezug auf diese Einkünfte die verjährungshemmende Wirkung nur, wenn sie auf § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO gestützt und allen Gesellschaftern bekannt gegeben worden war. Anderenfalls können die Konsequenzen aus der Prüfung nicht gezogen werden, wenn bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.10.2020 – IX R 16/19