Dipl.-Betriebsw. Armin F. Schiehser, Dipl.-Kfm. Dirk Klinkenberg
3.1 Begriffsdefinition Marketing
Im wissenschaftlichen Sinne ist Marketing "die konsequente Ausrichtung des gesamten Unternehmens an den Bedürfnissen des Marktes."
In den folgenden Ausführungen werden nicht nur die Begriffe ersetzt – also Marketing als konsequente Ausrichtung der gesamten Kanzlei an den Bedürfnissen der Mandanten, sondern es wird eine praxisnahe Definition genutzt und für die Zwecke des Steuerberaters definiert. Marketing beschreibt somit die Summe aller Maßnahmen, die dazu beitragen, dass die Mandanten auf die angebotenen Dienstleistungen aufmerksam werden und die dazu beitragen, dass eine positive Einstellung zu diesen Dienstleistungen sowohl bei den Mandanten als auch innerhalb der Kanzlei existiert.
Die Akquisition ist der Teil des Marketings, der auf die konkrete Auftragsvereinbarung abzielt und zum Auftrag führt. Umgangssprachlich könnte man sagen: "Marketing ist säen – Akquisition ist ernten".
Dabei beschränkt sich Marketing nicht nur auf Maßnahmen vor der Erteilung des Auftrags. Auch während der Abwicklung des Auftrags – speziell bei der Ergebnispräsentation – gehören Gedanken zur Vorbereitung des Folgeauftrags und zur Initiierung von positiver Mund-zu-Mund-Propaganda zu den Marketinggedanken.
3.2 Planung als wichtiger Bestandteil des Marketings
Grundvoraussetzung für erfolgreiches Marketing ist ein planvolles Vorgehen. Zum Marketingplan gehören die Beurteilung der nötigen Ressourcen und die Bereitstellung derselben. Dies betrifft weniger den Faktor Geld, als vielmehr:
- die zeitlichen Ressourcen beim Kanzleiinhaber und den involvierten Mitarbeitern
- die Festlegung von Beratungsschwerpunkten
- der Aufbau des notwendigen Knowhows bei den Mitarbeitern, damit die Zuarbeit auch qualitativ gelingt
Der Umsetzungsplan sollte konkret sein, messbare Ziele beinhalten und eine Zeitschiene festlegen, bis zu der die geplanten Ziele erreicht sind, damit danach ein Soll-Ist-Vergleich stattfinden kann. Ziele könnten z. B. sein:
- bis Mitte des Jahres sollen zwei Mitarbeiter jeweils zu einem einen bestimmten Beratungsschwerpunkt ausgebildet sein
- bis Ende des Jahres sollen X Mandanten auf den Beratungsschwerpunkt konkret angesprochen worden sein
- von diesen Mandanten sollen X % das Angebot angenommen haben
Die Ziele dürfen ehrgeizig sein, müssen aber erreichbar bleiben. Mindestens einmal im Jahr sollte dann überprüft werden, ob die definierten Ziele auch tatsächlich erreicht wurden. Wenn dies nicht der Fall ist, sollten die Ursachen dafür in einer Analyse betrachtet werden. Darauf aufbauend, werden dann neue Ziel festgelegt.
Der häufigste Grund, warum definierte Ziele nicht erreicht wurden, ist die Bereitstellung der zeitlichen Ressourcen und dies insbesondere beim Kanzleiinhaber selbst. Dieser hat dann aufgrund des eigenen Zeitmangels die angestrebten Ziele nicht nachhaltig genug verfolgen können. Deshalb sollte ein Augenmerk auf eine realistische Planung und dem Schwerpunkt "Entlastung der Kanzleiführung durch Mitarbeiter" liegen.
3.3 Positionierung als neutraler Experte
Die rechtlichen Grenzen, die den Steuerberater auf Objektivität und Neutralität verpflichten, stellen auf den ersten Blick eine Beschränkung bei der inhaltlichen Umsetzung bestimmter Marketingthemen dar. Bei näherer Betrachtung aber können sie einen immensen Wettbewerbsvorteil bedeuten. Dazu muss zunächst die Frage gestellt werden, warum Privatpersonen überhaupt private Finanzplanungen nachfragen und welche Ansprüche sie an diese Dienstleistung haben. Wesentliche Ansprüche sind unter anderem:
- eine Hochqualifizierte und kompetente Beratung
- eine Beratung, die unabhängig von Verkaufsinteressen erfolgt
Diese beiden Erwartungshaltungen werden durch die Existenz des Berufsrechts der Steuerberater bestätigt. Durch das Ablegen des Berufsexamens hat der Steuerberater seine Kompetenz in den Augen der Mandanten nachgewiesen, auch wenn das Steuerberaterexamen im Wesentlichen steuerliches Wissen abverlangt. Das Verbot der Annahme von Provisionen unterstützt die neutrale Position des Steuerberaters. So entsteht durch das Berufsbild ein Vertrauensvorsprung für den Steuerberater gegenüber allen Finanzdienstleistern, denen vergleichbare berufsrechtliche Beschränkungen fehlen.
Die Bedeutung dieses Aspektes wird deutlich, wenn man beobachtet, wie im Bereich der gehobenen Vermögens- und Finanzplanung Verbände gegründet wurden, die eigene qualifizierte Examina verlangen und ihren Mitgliedern sehr weitgehende ethische und fachliche Selbstverpflichtungen auferlegen. Diese Selbstverpflichtungen gehen teilweise sogar über die Verpflichtungen hinaus, denen Steuerberater unterliegen wie z. B. die Verpflichtung zur stetigen und nachzuweisenden Fortbildung.
Die grundsätzliche Bereitschaft der Mandanten für eine private Vermögens- und Finanzplanung ihren Steuerberater zu beauftragen, wurde bereits in empirischen Untersuchungen nachgewiesen. In einer Zielkundenbefragung nannten 26 % der Befragten den Steuerberater...