Leitsatz
1. Üblicher Endpreis i.S. von § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der Endverbraucherpreis und damit der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische bzw. gleichartige Waren tatsächlich gezahlte günstigste Einzelhandelspreis am Markt (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).
2. Liefert der Arbeitgeber die Ware in die Wohnung des Arbeitnehmers, liegt eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer vor. Der Vorteil hieraus ist in die Berechnung der Freigrenze von 44 € einzubeziehen.
3. Entsprechendes gilt, wenn der günstigste Einzelhandelspreis des Sachbezugs am Markt im Versand- oder Onlinehandel gefunden wird. Ist der Versand dort als eigenständige Leistung ausgewiesen und nicht bereits im Einzelhandelsverkaufspreis und damit im Endpreis i.S. von § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG enthalten, tritt der geldwerte Vorteil aus der Lieferung "nach Hause" bei der Berechnung der Freigrenze von 44 zum Warenwert hinzu.
Normenkette
§ 8 Abs. 2, Abs. 3, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 38 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 1, § 38a, § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin gewährte ihren Mitarbeitern in den Lohnzahlungszeiträumen 2006 bis 2009 verschiedene Sachprämien. Hierzu bediente sie sich der Firma X. Jeder Arbeitnehmer der Klägerin konnte dort über einen Onlinezugang monatlich einen Sachbezug auswählen und erhielt diesen geliefert. Für den Sachbezug stellte die X der Klägerin einen Betrag i.H.v. 43,99 EUR in Rechnung. Darüber hinaus hatte die Klägerin in der Regel für jede Bestellung eine Versand- und Handlingpauschale i.H.v. 6 EUR zu zahlen. Die monatlichen Lohnabrechnungen der Arbeitnehmer wiesen jeweils Sachbezüge i.H.v. 44 EUR aus. Lohnsteuer hierfür erhob die Klägerin wie auch für die Versand- und Handlingpauschale nicht. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung erließ das FA einen Lohnsteuernachforderungsbescheid. Die 44 EUR-Freigrenze sei überschritten, denn die Versand- und Handlingpauschale sei dem Wert der Sachzuwendung hinzuzurechnen. Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das FG ab (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 8.4.2016, 10 K 2128/14, Haufe-Index 9861460, EFG 2016, 2060).
Entscheidung
Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen sei nicht zu erkennen, ob das FG die streitigen Sachbezüge mit dem niedrigsten Endverbraucherpreis bewertet habe. Vielmehr lege das Geschäftsmodell der X nahe, dass der Rechnungsbetrag von 44 EUR (43,99 EUR) den üblichen Einzelhandelspreis der zugewendeten Wirtschaftsgüter gerade nicht abbilde. Denn die X habe ihre Waren nicht wie ein Einzelhändler Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr, sondern einen Komplettservice im Hinblick auf "lohnsteueroptimierte" Sachbezüge angeboten. Überdies liege es wegen der Verschiedenheit der zugewandten Sachbezüge eher fern, dass der abgerechnete Verkaufspreis von jeweils 43,99 EUR bzw. 44 EUR zuzüglich der Handlingspauschale stets den niedrigsten Marktpreis des jeweiligen Sachbezugs darstellte, der von einem Dritten im allgemeinen Geschäftsverkehr hätte aufgewendet werden müssen. Im zweiten Rechtsgang habe das FG die dem Nachforderungsbescheid zugrundeliegende lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Hierzu sei der übliche Endpreis i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG der an die Arbeitnehmer ausgekehrten Sachbezüge nach Maßgabe der in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen – notfalls im Wege der Schätzung – zu ermitteln.
Hinweis
1. Sachbezüge, die unter den weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG (nunmehr § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG) steuerlich außer Ansatz bleiben, sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ein Sachbezug liegt auch vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Anspruch einräumt, eine Sach- und Dienstleistung beziehen zu können.
2. Der Wert des vom Arbeitnehmer erlangten Sachvorteils ist, wie alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen, mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG). Eine Bewertung der Sachbezüge nach § 8 Abs. 3 EStG kommt nur in Betracht, wenn die zugewandten Waren oder Dienstleistungen – anders als im Streitfall – vom Arbeitgeber hergestellt, vertrieben oder erbracht werden.
3. Üblicher Endpreis i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der Preis, der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische bzw. gleichartige Waren tatsächlich gezahlt wird. Vergleichspreis ist grundsätzlich der günstigste Einzelhandelspreis am Markt. Markt in diesem Sinn sind alle gewerblichen Anbieter, von denen der Steuerpflichtige die konkrete Ware oder Dienstleistung im Inland unter Einbeziehung allgemein zugänglicher Internetangebote oder auf sonstige Weise gewöhnlich beziehen kann. Denn maßgebliche Handelsstufe ist in der Regel der Einzelhandel.
Einzelbewertung
Der übliche Endpreis ist für die konkrete – verbilligt oder unentgeltlich – ...