Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
Auch ein Arbeitnehmer, der bei einem nicht der bergbehördlichen Aufsicht unterstehenden Unternehmen angestellt ist, kann Arbeitnehmer des Bergbaus i.S.d. § 1 Abs. 1 BergPG sein und Anspruch auf die Bergmannsprämie haben.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 BergPG, § 1 BergPDV
Sachverhalt
K, gesetzlich krankenversichert bei der Bundesknappschaft, ist als Elektroinstallateur nicht selbstständig bei L beschäftigt. L ist im Bereich Elektroinstallationen, Industrie- und Telefonanlagen, TV, Hi-Fi, Video, Einbauküchen und Reparaturservice tätig. Seit 1972 ist L von der S-GmbH (GmbH) beauftragt, Elektroarbeiten im Bergbau auszuführen. Die GmbH betreibt eine Schwerspatgrube und untersteht nach § 69 BBergG der Bergaufsicht durch das zuständige Bergamt. Sie beschäftigt keine eigenen Elektriker, die Instandsetzung und Erweiterungsarbeiten ihrer elektrischen Anlagen werden von L ausgeführt.
Diese unter Tage notwendigen Arbeiten zur Aufrechterhaltung des Grubenbetriebs verrichtet seit 1982 ausschließlich K, der dort auch als Bohrhelfer, Ausbauhelfer sowie Laderfahrer tätig ist. K beantragte die Bergmannsprämie gem. § 3 Abs. 1 S. 5 BergPG, weil er Schichten unter Tage abgeleistet habe und nicht nur gelegentlich, sondern ständig und ausschließlich unter Tage beschäftigt sei.
Das FA lehnte ab und auch das FG (FG Münster, Urteil vom 09.10.2007, 12 K 4223/05 P, Haufe-Index 1936145, EFG 2008, 588) gewährte die Prämie nicht.
Entscheidung
Der BFH sprach, wie unter Praxis-Hinweisen dargestellt, die Bergmannsprämie zu. Allerdings ist für ihre Höhe noch festzustellen, wie oft K unter Tage beschäftigt war.
Hinweis
Die Bergmannsprämie ist eine Subvention. Wer erhält sie? "Arbeitnehmer des Bergbaus", so § 1 Abs. 1 BergPG. § 1 BergPDV konkretisiert das. Danach sind Arbeitnehmer des Bergbaus Personen, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Unternehmen des Bergbaus stehen und in den der bergbehördlichen Aufsicht unterstellten Betrieben beschäftigt werden. § 1 Abs. 2 BergPDV nennt zwei Formen der Unternehmen des Bergbaus: 1. Unternehmen, die der bergbehördlichen Aufsicht unterstellte Betriebe unterhalten, 2. die "Bergbauspezialgesellschaften", das sind Unternehmen, die ständig Schachtbau oder andere bergbauliche Aufschließungs- und Vorrichtungsarbeiten als spezifisch bergmännische Arbeiten in den unter Nr. 1 bezeichneten Betrieben verrichten.
1. Nachdem der BFH zuletzt vor 50 Jahren zu den Voraussetzungen der Bergmannsprämie entschieden hatte (BFH, Urteil vom 16.09.1960, VI 299/58, HFR 1962, 122), nahm er den Streitfall zum Anlass, u.a. mittels Rückgriff auf die Gesetzes- (BTDrucks. 2/2351, S. 4) und Verordnungsbegründung (BRDrucks. 218/57, S. 1) die Voraussetzungen für die Prämie näher zu konkretisieren. Aus dem Zusammenwirken von § 1 Abs. 1 BergPG und § 1 BergPDV mit den dort nebeneinander enthaltenen Tatbestandsmerkmalen Arbeitsverhältnis und beschäftigt entnahm er zwei Voraussetzungen für die Bergmannsprämie: (1.) die rechtliche Bedingung der arbeitsvertraglichen Rechtsbeziehung zu einem Unternehmen des Bergbaus i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BergPDV und (2.) die tatsächliche Bedingung der Beschäftigung im Sinn der Ausübung einer spezifischen bergmännischen Betätigung.
2. Die zwei Voraussetzungen waren hier erfüllt: K stand in einem Arbeitsverhältnis zu L, einer Bergbauspezialgesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 2 BergPDV. Er war als deren Arbeitnehmer in einem der bergbehördlichen Aufsicht unterstellten Betrieb, der GmbH, beschäftigt. Denn er verrichtete dort tatsächlich spezifisch bergmännische Arbeiten. Damit war er Arbeitnehmer des Bergbaus i.S.d. § 1 Abs. 1 BergPG und damit anspruchsberechtigt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.06.2010 – VI R 18/08