Leitsatz
Werden durch einen die Festsetzung der Einkommensteuer ändernden Steuerbescheid die Einkünfte in abweichender Weise erfasst und führt diese Änderung zu einer entsprechenden Änderung der gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die Einkommensteuer anzurechnenden Beträge, ist die erforderliche Berichtigung einer früheren Anrechnungsverfügung durch eine neue mit dem Steueränderungsbescheid verbundene Anrechnungsverfügung oder einen Abrechnungsbescheid innerhalb der fünfjährigen Zahlungsverjährungsfrist vorzunehmen, die insoweit durch die Bekanntgabe des Steueränderungsbescheids in Lauf gesetzt wird. Ob die Frist ggf. schon durch einen entsprechenden Feststellungsbescheid in Lauf gesetzt wird, bleibt offen.
Normenkette
§ 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 180 Abs. 5 Nr. 2, § 182 Abs. 1, § 228 AO, § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Nach einem im Jahr 2002 von dem für die X-GmbH & Co. KG (KG) zuständigen Finanzamt (Feststellungs-FA) erlassenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen hatte die Klägerin im Veranlagungszeitraum 2001 aus einer Beteiligung an der KG gewerbliche Einkünfte erzielt. Zugleich wurden auf die festzusetzende Steuer anzurechnende Steuerabzugsbeträge (Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag) sowie anrechenbare Körperschaftsteuer in bestimmter Höhe gem. § 180 Abs. 5 Nr. 2 AO festgestellt. In der mit dem Einkommensteuerbescheid für 2001 verbundenen Anrechnungsverfügung berücksichtigte das FA u.a. diese Beträge.
2006 erhielt das FA eine geänderte Mitteilung des Feststellungs-FA über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2001. Danach hatte die Klägerin gem. einem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid aus ihrer Beteiligung an der KG geringere Einkünfte, als bisher festgestellt, erzielt, während die Steuerabzugsbeträge und die anrechenbare Körperschaftsteuer nunmehr mit jeweils 0 DM festgestellt wurden. Daraufhin erließ das FA 2006 einen gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2001, welcher der Besteuerung die gem. dem geänderten Feststellungsbescheid verminderten gewerblichen Einkünfte zugrunde legte. In die mit dem Steuerbescheid verbundene Anrechnungsverfügung wurde die geändert festgesetzte Einkommensteuer eingestellt. Die Steuerabzugsbeträge und die Körperschaftsteuer wurden indes nicht dem geänderten Feststellungsbescheid entsprechend berichtigt, sodass die Anrechnungsverfügung im Ergebnis einen Erstattungsbetrag auswies.
Nachdem dieser Irrtum im Jahr 2008 bemerkt worden war, erließ das FA eine gem. §§ 129, 130 AO berichtigte Anrechnungsverfügung, die keine auf die Einkünfte aus der Beteiligung an der KG entfallenden Steuerabzugsbeträge und anrechenbare Körperschaftsteuer enthielt und somit im Ergebnis zu einem von der Klägerin noch zu entrichtenden Betrag führte. Die dagegen mit dem Einwand der Festsetzungsverjährung erhobene Klage ist erfolglos geblieben (FG Köln, Urteil vom 19.10.2011, 9 K 1772/10, Haufe-Index 2864732, EFG 2012, 200).
Entscheidung
Der BFH hat das klageabweisende Urteil des FG bestätigt.
Hinweis
Die (ggf. geänderte) Feststellung von Steuerabzugsbeträgen sowie anrechenbarer Körperschaftsteuer hat für das Veranlagungs-FA gem. § 182 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 i.V.m. Satz 1 AO ebenso Bindungswirkung wie die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Nach § 182 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 AO ist eine solche geänderte Feststellung ggf. in entsprechender Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO umzusetzen, eine vorhergegangene Anrechnungsverfügung also zu korrigieren.
Der Änderung der Anrechnungsverfügung steht ggf. auch eine Zahlungsverjährung nicht entgegen. Auf die nach Änderung der Steuerfestsetzung erforderliche Änderung der mit dem Steuerbescheid verbundenen Anrechnungsverfügung bzw. auf einen entsprechenden Abrechnungsbescheid finden die Festsetzungs-Verjährungsvorschriften keine Anwendung, weil Anrechnungsverfügung und Abrechnungsbescheid Verwaltungsakte im Steuererhebungsverfahren sind, in dem es nur die fünfjährige Frist der Zahlungsverjährung gem. § 228 AO gibt.
Insofern hat der BFH klargestellt, dass die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen nach Ablauf der Zahlungsverjährungsfrist weder zugunsten noch zulasten des Steuerpflichtigen geändert werden kann.
Ändert sich indes die Festsetzung der Einkommensteuer nach Maßgabe der dafür einschlägigen Vorschriften, ist im Umfang dieser Änderung selbstverständlich auch die mit dem Änderungsbescheid verbundene Anrechnungsverfügung anzupassen, ohne dass der Anpassung bis dahin ggf. bereits abgelaufene Zahlungsverjährungsfristen bezüglich früher entstandener Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entgegenstehen könnten. Dies folgt aus der durch § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG a.F. hergestellten Verknüpfung zwischen Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren, die dem Steuerbescheid eine einem Grundlagenbescheid ähnliche bindende Wirkung für die ihm folgende Anrechnungsverfügungen bzw. Abrechnungsbesch...