Dipl.-Kfm. Thomas Budde, Dipl.-Kfm. Georg van Hall
Rz. 33
Das politische Ziel, den auf die Gewinnverlagerung in Steuerhoheitsgebiete ohne oder mit sehr niedriger Besteuerung abzielenden Steuerpraktiken multinationaler Unt ein Ende zu setzen, hat seinen Niederschlag in dem Bericht über das OECD/G20-Projekt "Steuerliche Herausforderungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Wirtschaft – Mustervorschriften zur weltweiten Bekämpfung von Gewinnverkürzung (zweite Säule)" (im Folgenden "OECD-Mustervorschriften") gefunden. Der Bericht ist am 14.12.2021 vom Inclusive Framework on BEPS, einem Zusammenschluss von mehr als 140 Staaten und Jurisdiktionen gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting – BEPS) gebilligt worden. Seine Mitglieder haben sich verpflichtet, das Zwei-Säulen-Konzept umzusetzen. Für die Europäische Union erfolgte diese Umsetzung mittels der Richtlinie (EU) 2022/2523.
Die Regelungen sehen vor, dass in Fällen, in denen ein multinationales Unt in einem Steuerhoheitsgebiet effektiv weniger als 15 % Steuern zahlt, eine zusätzliche Steuerabgabe ("Ergänzungssteuer") erhoben wird. Die Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht erfolgte durch das MinBestRL-UmsG.
Danach bleiben Differenzen aus der Anwendung des deutschen Mindeststeuergesetzes und ausländischer Mindeststeuergesetze gem. §§ 274 Abs. 3, 306 Satz 5 HGB i. d. F. d. MinStG sowohl beim Ansatz als auch bei der Bewertung latenter Steuern unberücksichtigt. Sinn und Zweck dieser verpflichtenden Ausnahmeregelung besteht darin, die Komplexität der Umsetzung des Mindeststeuergesetzes zu reduzieren.
Diese handelsbilanzrechtliche Einschränkung der Ansatzregelung für latente Steuern ist der Ausnahme in den internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS 12.4A) nachgebildet und soll für einen Übergangszeitraum etwaigen Benachteiligungen von HGB-Bilanzierern entgegenwirken. Sobald in allen Mitgliedstaaten der EU bzw. der OECD hinreichende gesetzliche Regelungen erlassen worden sind und entsprechende Rechtssicherheit über Art und Zeitpunkt der nationalen Anforderungen besteht, soll der Übergangszeitraum enden.
Zur Sicherstellung eines Mindestmaßes an Transparenz gegenüber den Abschlussadressaten sind zusätzliche Anhangangaben zu machen (Rz 37).
Die Nachversteuerungsregelungen sollen eine globale effektive Mindestbesteuerung sicherstellen, schädlichem Steuerwettbewerb und aggressiven Steuergestaltungen entgegenwirken und damit zur Förderung der Steuergerechtigkeit und Wettbewerbsgleichheit beitragen.