PD Dr. Markus Philipp Kreipl, Prof. Dr. Stefan Müller
Rz. 30
§ 248 Abs. 2 HGB erlaubt die Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen VG des AV. § 255 Abs. 2a HGB konkretisiert die Abgrenzung der dabei notwendigen Entwicklungskosten. Allerdings dürfen nur diejenigen selbst geschaffenen immateriellen VG des AV aktiviert werden, deren Entwicklung nicht bereits im letzten Gj vor Anwendung des BilMoG begonnen wurde. Damit soll der Nachaktivierung von bereits angefallenen Entwicklungskosten vorgebeugt werden. Soweit bis zum 31.12.2009 (nicht aktivierungsfähige) Forschungskosten angefallen sind, sind diese allein für die Aktivierung unschädlich. Maßgeblich ist vielmehr der Abgrenzungszeitpunkt zwischen Forschungs- und Entwicklungsphase.
Rz. 31
Laut Gesetzesbegründung ist es aus Wesentlichkeitsgründen nicht zu beanstanden, wenn unwesentliche Teile der Entwicklungskosten bereits im vorhergehenden Gj angefallen sind. Die Nachaktivierung dieser Aufwendungen ist allerdings ausgeschlossen; sie hindern lediglich nicht die Anwendung von § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB. Diese Regelung gilt auch für den Fall, dass ein Unternehmen sich im Übergangszeitpunkt zunächst gegen die Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen VG des AV entscheidet, in einem späteren Gj dann aber doch die Aktivierung wählt. Auch für diesen Fall gilt, dass keine Projekte aktiviert werden dürfen, die bereits vor dem 31.12.2009 entwickelt wurden. Somit ist ein Umgehen dieser Regelung ausgeschlossen.
Rz. 32
Entscheidet sich ein Unternehmen zu einem Methodenwechsel, d. h. es wird das Aktivierungswahlrecht später doch in Anspruch genommen, bedeutet dies eine Durchbrechung des Stetigkeitsgebots aus § 252 Abs. 2 HGB, was Angabepflichten nach § 284 Abs. 2 Nr. 2 Hs. 1 HGB nach sich zieht (§ 252 Rz 161). Technisch können nur die in dem Jahr des Methodenwechsels angefallenen Aufwendungen aktiviert werden – eine Nachholung der Aktivierung von Aufwendungen früherer Perioden ist ausgeschlossen (DRS 24.86 Satz 2).
Ein MaschinenbauUnt hat im Gj 2011 zwei Entwicklungsprojekte:
- Ein Projekt zur Entwicklung einer neuen Maschinengeneration wurde im März 2009 initiiert. Die Forschungsphase endete im September 2009. Mit der Entwicklung wurde ab Oktober 2009 begonnen. Bis 31.12.2009 fallen Entwicklungskosten in Höhe von 800.000 EUR, im Lauf des Jahrs 2010 in Höhe von 1 Mio. EUR und bis zum Abschluss der Entwicklung Mitte 2011 nochmals in Höhe von 500.000 EUR an. Die Aktivierungsvoraussetzungen von den §§ 248, 255 Abs. 2a HGB liegen theoretisch seit Oktober 2009 vor.
- Das zweite, den Ausbau des Angebotsportfolios für Förderanlagen betreffende Projekt, wurde im Oktober 2009 begonnen. Die Forschungsphase dauerte bis August 2010 und verursachte Aufwendungen in Höhe von 400.000 EUR in 2009 und in Höhe von 900.000 EUR in 2010. Im August 2010 erfolgte der Eintritt in die Entwicklungsphase; es fielen Aufwendungen in Höhe von 500.000 EUR in 2010 und in Höhe von 600.000 EUR in 2011 an.
Das Unt entschied sich beim Übergang auf das BilMoG im Gj 2010 gegen die Aktivierung, möchte aufgrund angespannter Ertragslage aber im Gj 2011 zur Aktivierung wechseln.
Da die Entwicklung des Projekts "Neue Maschinengeneration" in einem vor dem 31.12.2009 beginnenden Gj gestartet wurde, greift die Übergangsregelung in Art. 66 Abs. 7 EGHBG. Die Entwicklungskosten sind insgesamt als laufender Periodenaufwand zu verbuchen; eine Aktivierung kommt nicht in Betracht. Dagegen hat die Entwicklung beim Projekt "Förderanlagen" erst in 2010 begonnen, sodass dieses Projekt aktiviert werden darf.
Bilanzierung für das Gj 2011:
- Als Aufwand zu erfassen sind zunächst die 500.000 EUR Entwicklungskosten des Projekts "Neue Maschinengeneration", die aufgrund des Entwicklungsbeginns im Jahr 2009 nicht aktivierungsfähig sind.
- Dagegen darf das Projekt "Förderanlagen" aktiviert werden. Allerding ist eine Nachaktivierung der im Gj 2010 angefallenen Entwicklungskosten in Höhe von 500.000 EUR ausgeschlossen. Erlaubt ist aber – mit Begründung des Methodenwechsels nach § 252 Abs. 2 HGB – die Aktivierung der im Gj 2011 angefallenen Entwicklungskosten in Höhe von 600.000 EUR. Entsprechend ergibt sich zum 31.12.2011 folgende Buchung:
Datum |
Konto |
Soll |
Haben |
31.12.2011 |
Selbst geschaffene immaterielle VG des AV |
600.000 |
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Andere aktivierte Eigenleistungen |
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600.000 |
Rz. 33
Da Art. 66 Abs. 3 Satz 6 EGHGB die vorzeitige Anwendung der durch das BilMoG eingeführten Vorschriften bereits in Gj, die nach dem 31.12.2008 begonnen haben, ermöglicht, bezieht sich das Aktivierungswahlrecht auf selbst geschaffene immaterielle VG des AV, mit deren Entwicklung in einem Gj begonnen wurde, das nach dem 31.12.2008 beginnt. Somit wäre in diesem Fall auch die Wirkung des Aktivierungsausschlusses ein Jahr früher anzusetzen.