a) Ansicht des BFH (vgl. BFH v. 14.10.2020 – II R 30/19)
Der BFH geht bei einer Haushaltsauflösung von abzugsfähigen Nachlassregelungskosten aus, wenn die Auflösung des Haushalts des Erblassers (auch) darauf gerichtet ist, den dem Erblasser als Eigentum zuzuordnenden Nachlass zu klären, fremdes Eigentum und ggf. bestehende Herausgabeansprüche zu ermitteln (Miete, Leihe etc.). Vor diesem Hintergrund kann die Durchsicht des gesamten Hausrats wesentlicher Bestandteil einer Räumung sein. Damit berücksichtigt der BFH unter Beachtung des Grundsatzes der Einzelfallbeurteilung die Ambivalenz einer Haushaltsauflösung in Zusammenhang mit einem Erbfall, die sich sowohl auf die Herstellung der Verkaufsfähigkeit der Immobilie als auch zusätzlich bzw. alternativ auf die Feststellung des konkreten Umfangs des Nachlasses beziehen kann.
Für die steuerliche Praxis bedeutet dies, dass damit die Kosten einer Haushaltsauflösung nicht per se steuerlich abzugsfähig sind, sondern lediglich bei einem bestehenden Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG. Der BFH fordert damit für die steuerliche Abzugsfähigkeit aber nicht, dass die Feststellung des Nachlasses der maßgebliche Anlass der Haushaltsauflösung sein muss. Damit eröffnet das Gericht den betroffenen Steuerpflichtigen grundsätzlich einen verhältnismäßig leichten Zugang zur steuerlichen Abzugsfähigkeit. Allerdings kann prima facie davon ausgegangen werden, dass je länger zeitlich die Haushaltsauflösung durch Erben hinausgeschoben wird und je näher diese zeitlich an einem Verkauf bzw. einer Weiternutzung des Grundbesitzes liegt, umso eher eine steuerliche Abzugsfähigkeit zu verneinen ist. Eine Beauftragung der Haushaltsauflösung erst nach der Abgabe der ggf. nicht nur vorläufigen Erbschaftsteuererklärung kann in Abhängigkeit vom Einzelfall auch nach Ansicht des BFH indiziell gegen eine steuerliche Abziehbarkeit dieser Kosten sprechen.
b) Ansicht der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung folgt in den Ländererlassen v. 9.2.2022 der Ansicht des BFH zur Berücksichtigungsfähigkeit von Kosten der Haushaltsauflösung. Ergänzend dazu nimmt sie eine Negativabgrenzung derart vor, dass Kosten für die Räumung von vom Erblasser selbst bewohnten Grundbesitz als Teil der Nachlassverwertung nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG nicht abzugsfähig sind, weil insb. Eigentum und Besitz des Erben geklärt sind oder es sich dabei um Kosten für das Herrichten des Grundbesitzes zwecks Verkaufs, Vermietung oder Selbstnutzung handelt und damit zur Verwaltung des Nachlasses gehören. Eine Abstellung alleine auf den Grundbesitz als maßgeblichem Nachlassgegenstand kommt in diesem Zusammenhang auch für die Finanzverwaltung nicht in Betracht. Bei einem solchen Ansatz wäre der Aufwand für die Räumung per se Teil der steuerlich unbeachtlichen Nachlassverwertung.
Im Hinblick auf vor dem Hintergrund der BFH-Entscheidung absehbare langwierige Diskussionen zwischen Finanzverwaltung und Erben über den Zweck der Haushaltsauflösung lässt es die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen zu, dass die Kosten für die Auflösung des Haushalts und Räumung des Grundbesitzes des Erblassers, welche in den ersten sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgen, der Feststellung des Nachlasses zugerechnet werden. Für die erst nach diesem Zeitraum entstehenden Kosten verpflichtet die Finanzverwaltung den Steuerpflichtigen zur Darlegung, dass diese Kosten aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls zur Feststellung des Nachlasses gehören. Zu beachten ist, dass in Anbetracht der Praxis der Abläufe von Erbauseinandersetzungen der zeitliche Rahmen der Anwendung der Vereinfachungsregelung mit sechs Monaten ab dem Erbfall im Ergebnis knapp bemessen ist. Zahlreiche praktische Schwierigkeiten (Ermittlung sämtlicher Erben, Erbenstreit, etc.) können schnell dazu führen, dass diese Frist nicht eingehalten werden kann.