Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Eine doppelte Haushaltsführung ist privat veranlasst, wenn der Steuerpflichtige seine Familienwohnung aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und weiterhin von einer dort begründeten Zweitwohnung seiner bisherigen Beschäftigung nachgeht.
Sachverhalt
Der seit 1992 in K-Stadt (K) wohnende und beschäftigte Kläger wurde Anfang 1995 nach L-Stadt (L) versetzt. Den Weg von K nach L fuhr er arbeitstäglich. Ab Januar 1997 mietete er zusammen mit seiner Verlobten eine Wohnung in der von der Arbeitsstätte 328 km entfernten V-Stadt (V) an. Zudem mietete der Kläger ein 8 km von der Arbeitsstelle in L entferntes Zimmer an. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung des Klägers für das Jahr 1997 ab und berücksichtigte die geltend gemachten Familienheimfahrten als Fahrten zwischen Lebensmittelpunkt und Arbeitsort.
Entscheidung
Das FG hat das Vorliegen einer beruflich begründeten doppelten Haushaltsführung verneint. Der Kläger hat durch Verlegung seines Familienwohnsitzes die Entfernung zum Beschäftigungsort erheblich erhöht. Erst dieser Umzug aus privaten Gründen war Veranlassung für die Anmietung eines Zimmers am Beschäftigungsort, d. h. die Anmietung dieser Unterkunft war nicht beruflich, sondern privat veranlasst. Dies ergibt sich insbesondere aus dem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen der Verlegung des Familienwohnsitzes von K in das 328 km vom Beschäftigungsort des Klägers entfernte V und dem gleichzeitigen Zuzug zum Beschäftigungsort.
Hinweis
Auf die Revision des Klägers hat der BFH die Entscheidung des FG aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (BFH, Urteil v. 5.3.2009, VI R 54/05, n. v.). Er hält an seiner bisherigen, langjährigen Rechtsprechung nicht mehr fest, nach der in den sog. Wegverlegungsfällen ein Abzug von Kosten der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten ausscheidet.
Der Haushalt in der Wohnung am Beschäftigungsort ist beruflich veranlasst, wenn ihn der Steuerpflichtige nutzt, um seinen Arbeitsplatz von dort aus erreichen zu können. Der so beruflich veranlasste Zweithaushalt am Beschäftigungsort qualifiziert auch die doppelte Haushaltsführung selbst als eine aus beruflichem Anlass begründete i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG. Dies gilt selbst dann, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und eine bereits vorhandene oder neu eingerichtete Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen als Zweithaushalt nutzt. Denn auch dann findet die nunmehr doppelte Haushaltsführung ihre berufliche Veranlassung darin, dass ein weiterer Haushalt in einer Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Motiven begründet wird.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 21.04.2004, 4 K 339/98