Leitsatz
Eine Schulausbildung ist nicht nur dann als Berufsausbildung anzuerkennen, wenn der Schüler in eine schulische Mindestorganisation eingebunden ist, die eine gewisse Lernkontrolle ermöglicht.
Bereitet sich ein Kind ohne regelmäßigen Besuch einer Ausbildungsstätte selbstständig auf Prüfungen vor, sind an den Nachweis und die Ernsthaftigkeit der Vorbereitung grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen.
Sachverhalt
Der im Jahr 1992 geborene Sohn des Klägers besuchte ab dem Schuljahr 2010/2011 eine Fernschule mit dem Ziel des Erwerbs des türkischen Gymnasialabschlusses. Die Familienkasse (FK) hob die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2010 auf, da der Besuch der Fernschule nicht als Ausbildung i.S.v. § 32 Abs. 4 EStG anerkannt werden könne. Von einer Ernsthaftigkeit der Ausbildung könne nur dann ausgegangen werden, wenn geeignete Nachweise in Form von Bescheinigungen über die regelmäßige Einreichung von Hausarbeiten zur Korrektur, Nachweise über abgelegte Zwischenprüfungen, und über den Fortgang der Ausbildung vorgelegt würden. Im Klageverfahren trägt der Kläger vor, entgegen der Ansicht der FK liege die Ausbildung nicht überwiegend in der Gestaltungsfreiheit des Schülers. Der Schüler sei in eine Mindestorganisation eingebunden, die dauernde Lernkontrollen ermögliche. Die Schüler würden ihre Lehrbücher jeweils vor Beginn des jeweiligen Ausbildungsabschnittes direkt aus der Türkei erhalten und müssten sich dann selbständig auf die Prüfungen vorbereiten. Das Schuljahr sei in 3 Abschnitte unterteilt. Die Prüfungen fänden jährlich im Februar, Mai und August statt und würden daher ständige Leistungskontrollen der Schüler erlauben.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG wurde im Streitfall die Ausbildung nicht mit der erforderlichen Ernsthaftigkeit betrieben. Der Sohn hat sich nicht zur Abiturprüfung angemeldet und hat auch nicht die Zwischenprüfungen bestanden. Die an den Nachweis und die Ernsthaftigkeit der Vorbereitung zu stellenden strengen Anforderungen wurden nicht erfüllt. Nachdem im Streitfall die Durchführung der Ausbildung weitgehend in den Verantwortungsbereich des Schülers liegt, hätte zum Nachweis der Ernsthaftigkeit eine der herkömmlichen Schulausbildung vergleichbare Stetigkeit und Regelmäßigkeit der individuellen Lernanstrengungen des Kindes belegt werden müssen.
Hinweis
Die Entscheidung zeigt, dass Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Schulausbildung nach den Regeln der objektiven Beweislast zu Lasten des Kindergeldberechtigten gehen. In vergleichbaren Fällen ist es daher wichtig, ausreichende Nachweise für die Ernsthaftigkeit der Schulausbildung zu erbringen. Im Streitfall hat der Kläger NZB eingelegt, welche beim BFH unter dem Az. III B 98/12 geführt wird.
Link zur Entscheidung
FG Nürnberg, Urteil vom 09.05.2012, 3 K 896/11